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Wilhelm Pieck Neue Aufgaben der Partei Mai 1937 |
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Quelle: Die Internationale, Heft 3/4, 1937. Abgedruckt in: Wilhelm Pieck: Reden und Aufsätze, Auswahl aus den Jahren 1908‑1950 - Band 1. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.), Berlin, Dietz, 1951, S. 237‑255. |
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Erstellt: Januar 2013 |
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Die akute Kriegsgefahr, die durch die frechen Provokationen des Hitlerfaschismus über Deutschland und über die ganze Welt heraufbeschworen wurde, macht den Kampf für den Frieden, gegen die Kriegswirtschaft, gegen die wahnsinnige Eroberungspolitik, gegen die schändliche Intervention in Spanien zum entscheidenden Kettenglied im Kampfe gegen den Hitlerfaschismus. Dieser Kampf ist identisch mit dem Kampf gegen die Rüstungslasten, gegen Lohndruck und Lebensmittelmangel, gegen Steuerlasten und Abgaben, gegen Zwangsmaßnahmen und Terror, mit dem Kampf für die Verbesserung der Lebenshaltung und für die Volksrechte. In diesen Kampf müssen aber nicht nur die antifaschistisch, sondern auch die nationalsozialistisch eingestellten Massen Deutschlands einbezogen werden. Nur durch eine solche Vereinigung der deutschen Volksmassen zum Kampfe wird der Krieg verhindert, wird dem Hitlerfaschismus die Fortsetzung seiner Kriegsprovokationen unmöglich gemacht werden. Hitler weiß, daß er auch trotz des schärfsten Terrors und des vollen Druckes seines faschistischen Machtapparates gegen den entschlossenen Widerstand des deutschen Volkes keinen Krieg zu führen vermag. Es ist die Aufgabe, diese Erkenntnis auch in das Bewußtsein des deutschen Volkes einzuhämmern, damit es die Konsequenz daraus zieht und sich zum Widerstande, zum Kampfe gegen die Kriegspolitik des raubgierigen deutschen Imperialismus und seiner Hitlerregierung verständigt und einigt. Das deutsche Volk muß die ungeheure Gefahr erkennen, in der es infolge der mit Macht zum Kriege drängenden Politik des Hitlerfaschismus schwebt. So offen die Gefahr des Krieges bereits zutage liegt, sowenig sieht sie leider das deutsche Volk. Es ist sogar die Illusion verbreitet, als ob die auf dem Nürnberger Parteitag der NSDAP von Hitler verkündeten Eroberungspläne[1] ohne Krieg verwirklicht werden könnten, daß die anderen Staaten sich den Provokationen der Hitlerregierung einfach unterwerfen werden. Aus einer solchen Illusion kann es eines Tages ein fürchterliches Erwachen geben. Das deutsche Volk muß deshalb mit allen Mitteln der Aufklärung gewarnt und ihm die ungeheure Kriegsgefahr verständlich gemacht werden. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Aufklärungsarbeit, durch Aufzeigung aller Tatsachen dem deutschen Volke bewußt zu machen, daß die Kriegspolitik des Hitlerfaschismus zwangsläufig zum Kriege führt. Diese Aufklärung ist um so notwendiger, als von Hitler fortgesetzt beteuert wird, daß er für den Frieden, für die Verständigung sei. Aber können die Beteuerungen eines Mannes ernst genommen werden, der zahllose Beweise dafür geliefert hat, daß er sein gegebenes Wort nicht hält? Dienen diese Friedensbeteuerungen nicht vielmehr dem Versuch, die Weltöffentlichkeit und vor allen Dingen das deutsche Volk irrezuführen, um unverhofft den Krieg zu entfachen? Liegt nicht ein berechtigter Grund vor, anzunehmen, daß wir dem Kriege um so näher sind, je mehr Hitler vom Frieden redet? Die vorliegenden Beweise bestätigen, daß das letztere tatsächlich der Fall ist. Wenn Hitler und der deutsche Imperialismus wirklich den Frieden und nicht den Krieg wollten, wozu wird dann seit dem Machtantritt des Hitlerfaschismus in unerhörter Weise für den Krieg gerüstet? Der überwiegende Teil der Produktion Deutschlands ist auf die Herstellung von Vernichtungsmitteln, die ganze Wirtschaft des Landes auf den Krieg eingestellt. Das deutsche Volk muß die wichtigsten Lebensmittel entbehren, weil die für die Einfuhr erforderlichen Devisen für Rohstoffe der Kriegsindustrie verwandt werden und weil die Zwangswirtschaft zum Hindernis der landwirtschaftlichen Produktion und des Lebensmittelhandels geworden ist. Dient nicht der gegenwärtige, dem General Göring zur Durchführung übertragene "Vierjahresplan"[2] der unmittelbaren Vorbereitung zum Kriege? In den ersten Jahren der faschistischen Diktatur führte Hitler die Kriegspolitik des deutschen Großkapitals unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die Versailler Verträge durch, unter der betrügerischen Losung, Deutschland müsse frei und unabhängig sein, müsse als gleichberechtigte Macht von den anderen Staaten anerkannt werden. Hitler rühmt sich, daß es ihm durch diese aggressive Politik möglich gewesen sei, durch die Einführung der allgemeinen Militärdienstpflicht und durch die militärische Besetzung der Rheinlandzone die Ketten des Versailler Vertrages zu sprengen. Jetzt aber zeigt der Hitlerfaschismus immer offener, daß es ihm nicht auf Gleichberechtigung und Schutz Deutschen Reiches, sondern auf die Eroberung fremder Gebiete und die Unterdrückung anderer Völker ankommt. In Spanien hat die Hitlerregierung mit ihrer militärischen Intervention bereits den Krieg gegen ein anderes Volk begonnen. Der Hitlerfaschismus begründet seine Kriegsrüstungen damit, daß Deutschland durch sie stark und unabhängig werde, daß es sich durch sie vor jedem feindlichen Angriff schütze, daß die anderen Mächte genötigt wären, den Ansprüchen Deutschlands auf Weltgeltung und Kolonialbesitz entgegenzukommen. Es handelt sich hierbei jedoch um die raubgierigen Ansprüche des deutschen Imperialismus, des reaktionärsten Teils der deutschen Bourgeoisie, des Finanz- und Monopolkapitals. Kein Staat der Welt hat die Absicht, Deutschland irgendwie militärisch anzugreifen. Aber alle Staaten fühlen sich durch die aggressive Kriegspolitik des deutschen Imperialismus bedroht. Die gewaltige Kriegsrüstung Deutschlands hat eine allgemeine Wettrüsterei in der ganzen Welt zur Folge, die die Völker in die größte Not treibt und die, wie die Erfahrung des letzten Weltkrieges zeigt, eines Tages einen neuen Weltkrieg auslösen wird. Deutschland mit seiner hochentwickelten Industrie hat andere Kräfte als die der Kriegswaffen zur Verfügung, um sich Ansehen und Geltung in der Welt zu verschaffen. Die hochqualifizierte Arbeiterschaft, die bestgeschulten Ingenieure und Techniker sind es, die Deutschland Namen und Geltung in der Welt verschafft haben. Der Hitlerfaschismus tut dagegen alles, um dieses Ansehen Deutschlands herabzuwürdigen. Die untragbaren Ketten des Versailler Vertrages wären auch ohne die frechen Kriegsprovokationen Hitlers gefallen, allein durch die immer mehr um sich greifende Einsicht, daß es unmöglich ist, ein so großes Volk das deutsche Volk dauernd zu fesseln. Ein Frankreich der Volksfront hätte sich darüber in der friedlichsten Weise mit dem deutschen Volke verständigt. Aber gerade gegenüber dem in der Volksfront geeinten französischen Volke unternimmt der Hitlerfaschismus fortgesetzt die frechsten Provokationen und Beschimpfungen und bringt damit zum Ausdruck, daß es ihm nicht auf den Weg der friedlichen Verständigung ankommt. Der Hitlerfaschismus versucht mit seinen Begründungen für die gewaltigen Rüstungen nur von den wahren Kriegsabsichten des deutschen Imperialismus abzulenken. Er will damit die Tatsache verschleiern, daß er der Hauptbrandstifter eines neuen Weltkrieges ist. Faschismus bedeutet Krieg. Seine ganze Ideologie, seine bornierte Rassentheorie, seine nationalistische und chauvinistische Verhetzung des deutschen Volkes und besonders der deutschen Jugend, seine "Volk-ohne-Raum"-Theorie sind aggressiv und auf die Vorbereitung und Durchführung von Eroberungskriegen, auf die Unterjochung und Beherrschung anderer Völker eingestellt. In dem Programm, das Hitler in seinem Buche "Mein Kampf", das zur Bibel des deutschen Faschismus erklärt wurde, vertritt, wird offen der Krieg zum Kampfmittel des Hitlerfaschismus · erklärt. Es heißt dort: Wir Nationalsozialisten müssen unverrückbar an unseren außenpolitischen Zielen festhalten, nämlich dem deutschen Volke den ihm gebührenden Grund und Boden auf diese Weise sichern [...] Den Boden und damit das Leben für unser Volk wird keine völkische Gnade zuweisen, sondern nur die Gewalt eines siegreichen Schwertes. Das deutsche Blut soll also vergossen werden, das deutsche Volk soll ausgehungert werden, um für die deutsche Finanzoligarchie Kolonien zu ·erkämpfen und die räuberischen Gelüste dieser Herren in Europa zu befriedigen. Die Hitlerregierung hat durch ihren Austritt aus dem Völkerbund, durch die Zerreißung des Locarnovertrages[3] und durch ihre Ablehnung des Beitritts zu den von der Sowjetunion mit Frankreich und der Tschechoslowakei abgeschlossenen kollektiven Sicherheitsverträgen[4] klar zum Ausdruck gebracht, daß es ihr nicht auf eine Sicherung des Friedens ankommt. Die von der Hitlerregierung anderen Staaten angebotenen zweiseitigen Bündnisverträge sollen nicht der Sicherung des Friedens, sondern der Durchführung des Krieges dienen. Hitler hat das in seinem Buche "Mein Kampf" mit diesen Worten zum Ausdruck gebracht: Ein Bündnis, dessen Ziel nicht die Absicht zu einem Kriege umfaßt, ist sinn- und wertlos. Keine Illusionen! Hitler versucht den Brand des Krieges zu entfesseln, sowohl im Westen wie im Osten. Es ließen sich sehr viele Äußerungen von Hitler, Göring, Goebbels, Ley[5] und anderen Führern des Hitlerfaschismus anführen, die aufzeigen, daß der Hitlerfaschismus und der deutsche Imperialismus nicht nur die Sowjetunion, die östlichen Randstaaten, die Tschechoslowakei und Rumänien mit ihren Annexionsgelüsten bedrohen, sondern daß sich ihre Kriegspolitik auch gegen die westlichen Staaten, gegen Frankreich, England, Belgien richtet. Ley erklärte am 27. Juni 1936: England muß uns unsere Kolonien wiedergeben. Wenn England nicht will, werden wir sie uns selber nehmen. Goebbels erklärte auf dem Berliner Gauparteitag der NSDAP im Januar 1936: Daß wir Kolonien nötig haben, muß jeder einsehen [...] Einmal muß der Kessel platzen. Der deutsche Generalstab trifft alle Vorbereitungen, um die Eroberungspläne des deutschen Imperialismus durch den Krieg zu verwirklichen. In der "Militärwissenschaftlichen Rundschau", der Zeitschrift des deutschen Generalstabes, sang der General Seeckt[6] dem Krieg ein Loblied, das durchaus den faschistischen Ideologien entspricht: Der Krieg ist die Höchststeigerung menschlicher Leistung. Er ist die natürliche letzte Entwicklungsstufe in der Geschichte der Menschheit. Solche Worte nehmen aus der Feder eines rein militärischen Fachmannes, eines Generals, nicht wunder, weil ihm tatsächlich der Krieg als die höchste Steigerung menschlicher Leistung erscheint. Aber solche Bekenntnisse werden den breiten Volksmassen vorenthalten, weil ihnen damit offenbar würde, worauf Politik des Hitlerfaschismus hinausläuft. Die Volksmassen wollen den Krieg nicht, sehen ihn als das größte Unglück an. Das ist auch der Grund, warum Hitler sich ihnen gegenüber als ein angeblicher Freund des Friedens und der friedlichen Verständigung ausgibt, warum er sie über seine Kriegspolitik und die tatsächlich vorhandene Gefahr eines Krieges hinwegzutäuschen versucht. Die "Erziehungsarbeit" des Hitlerfaschismus an der Jugend zeigt, wie versucht wird, den "Kriegsgeist" eines General Seeckt, das Herostratentum am eigenen Volke in der Jugend zu züchten, und das nicht nur bei den Jungen, sondern auch bei Mädchen. Der Oberstleutnant Siebert, Leiter der Münchener Kriegsschule, äußerte sich darüber wie folgt: Die nationalsozialistische Partei hat Wunder vollbracht, indem sie im deutschen Volke die Sympathie für das Heer geweckt hat. Aber all das ist nur ein Beginn: die militärische Erziehung der deutschen Jugend hat erst begonnen. Den Idealismus der Jugend, ihren Enthusiasmus, ihren Opfermut und ihre große Heimatliebe versucht der Hitlerfaschismus in einen wüsten Chauvinismus umzumünzen. Indem er die Zukunft und Größe Deutschlands den nächsten Lebensinteressen der Jugend gegenüberstellt, will er die Jugend zum Verzicht auf die Freiheit und die materiellen Jugendforderungen, zum blinden Kadavergehorsam zwingen. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Partei wie aller Antifaschisten, den Idealismus der Jugend mit dem Geist des Friedens, der Freiheit und des Fortschritts zu erfüllen, sie gegen die chauvinistische Hetze des Faschismus unempfänglich zu machen und sie in die große Kampffront für die Rechte und Freiheiten des Volkes und für seinen materiellen Wohlstand einzubeziehen. Die Kriegspolitik des Hitlerfaschismus ist auf die Überrumpelung des Gegners eingestellt, er will ihn in Sicherheit wiegen, um ihn dann plötzlich aus dem Hinterhalt zu überfallen. Hitler hat diese Taktik auf dem Parteitage der NSDAP 1935[7] vor den Auslandsdelegationen des Bundes Deutscher Mädchen wie folgt entwickelt: Wenn ich einmal einen Gegner überfallen will, dann würde ich das anders machen als Mussolini. Nicht monatelang vorher verhandeln und Vorbereitungen treffen, sondern, wie ich es in meinem Leben immer gemacht habe, plötzlich, wie aus der Nacht emporschnellend, mich blitzartig auf den Gegner stürzen. Aus allen diesen Tatsachen geht klar hervor, was das deutsche Volk von der Hitlerregierung und von dem deutschen Imperialismus zu erwarten hat. Es ist nicht Glück und Wohlstand, nicht Freude und Frieden, so wie es Hitler und seine Agenten dem deutschen Volke einreden möchten, sondern es ist Not und Knechtschaft und der Krieg, das größte Unglück auf der Welt. Die Kriegsgefahr ist riesengroß. Über Nacht kann dieses Unglück über das deutsche Volk hereinbrechen. Der Hitlerfaschismus wendet die Taktik der Überrumpelung auch gegen das deutsche Volk an. Die Unehrlichkeit der Beteuerungen Hitlers über seinen angeblichen Willen zu einer friedlichen Verständigung mit anderen Völkern kann nicht besser demonstriert werden als durch die freche Einmischung des Hitlerfaschismus in die inneren Angelegenheiten anderer Völker. Hitler erklärte am 22. März 1936 in einer Rede in Breslau: Wir kümmern uns nicht darum, was andere Völker innerhalb Ihrer Grenzen tun. Ja, wir halten das überhaupt geradezu als eine Voraussetzung für den Aufbau einer wirklichen Völkerordnung und Völkergemeinschaft. Wir glauben, daß es einer der primitivsten Grundsätze eines wirklichen Völkerverständnisses ist, daß jedes Volk das andere in seinem Raum leben läßt, so wie es leben will. Und einige Tage vorher, am 19. März 1936, erklärte er in Königsberg: Deutschland hat keine Eroberungswünsche in Europa, Deutschland hat nicht die Absicht, irgend jemand in Europa irgend etwas zuleide zu tun. Die abgrundtiefe Unehrlichkeit, dieser Erklärungen Hitlers zeigt sich besonders kraß in der unerhörten militärischen Intervention des Hitlerfaschismus in Spanien, die alles in den Schatten stellt, was er sich bisher an Provokationen gegenüber anderen Ländern erlaubt hat. Hier tritt klar zutage, daß der Hitlerfaschismus das deutsche Volk bereits dicht an den Abgrund eines neuen Weltkrieges gebracht hat. Es ist durch aufgefundene Dokumente in den Büros der "Auslandsorganisation der NSDAP" in Spanien erwiesen, daß der Hitlerfaschismus den Aufruhr der faschistischen Generale organisieren half und sie schon vor dem Ausbruch des Aufruhrs Kriegsmaterial versorgte. Als die faschistischen Generale nicht vermochten, das spanische Volk niederzuwerfen und die faschistische Diktatur aufzurichten, schickten der deutsche und italienische Faschismus Kriegsschiffe, Kriegsmaterial und Truppen zur Unterstützung des Aufruhrs der faschistischen Generale nach Spanien. Die damit verfolgte Absicht ist klar. Der deutsche und italienische Faschismus will in Spanien und im Mittelmeer militärische Stützpunkte und Angriffsbasen gegen das demokratische Frankreich schaffen. Deshalb werden vom Hitlerfaschismus deutsche Soldaten nach Spanien geschickt, die dort ihr Leben lassen müssen. Deshalb wird deutsches Kriegsmaterial, Bombenflugzeuge, Bomben, Tanks, Geschütze, Granaten, Maschinengewehre, Gewehre und Munition, in großen Mengen nach Spanien transportiert, um der Vernichtung des werktätigen spanischen Volkes zu dienen. Dieses Kriegsverbrechen gegen· das spanische Volk wird sorgfältig vor dem deutschen Volke verheimlicht. Eltern und Geschwister der in Spanien gefallenen deutschen Soldaten werden über die Todesursache angelogen. Jede Verbreitung der Todesnachricht wird ihnen untersagt. Die militärische Intervention des Hitlerfaschismus in Spanien schlägt alle Beteuerungen Hitlers über seinen angeblichen Friedenswillen als erbärmliche Lügen zu Boden. Diese Beteuerungen stehen auf dem gleichen Niveau wie seine oft wiederholten Erklärungen, daß bei "seiner Revolution" nicht einmal eine Fensterscheibe zertrümmert wurde und daß auf dem Wege zur Macht von "seiner Bewegung"· kein einziger Gegner getötet wurde. Die Einmischung des Hitlerfaschismus in die Angelegenheiten anderer Völker ist von ihm zu einem wahren System entwickelt worden. Die Hitlerregierung schickt ihre Spione und Agenten in alle Länder. Die von ihr in allen Ländern unterhaltenen "Auslandsorganisationen der NSDAP"· dienen der faschistischen Verhetzung und der Spionage. Die diplomatischen Vertretungen der Hitlerregierung sind Stützpunkte dieses verbrecherischen Treibens, durch das das Emporkommen der faschistischen Bewegung in anderen Ländern gefördert, die Massen gegeneinander gehetzt und Provokationen gegen die Bevölkerung verübt werden. Die dummdreisten Lügen und Verleumdungen, die täglich durch die faschistische Presse und das Radio besonders gegen die demokratisch regierten Länder gerichtet werden, zu deren Erfindung von dem Hitlerfaschismus eigens eine Lügenfabrik "Antikomintern"[8] geschaffen wurde, dienen nur dem Zwecke der Provozierung des Krieges mit diesen Ländern. In der Tschechoslowakei, in Frankreich, in Österreich wurden durch diese Hetze starke Beunruhigungen hervorgerufen, die die Regierungen dieser Länder zwingen, energische Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Diese Entwicklung, die den neuen Weltkrieg zu einer unmittelbaren Gefahr gemacht hat, stellt der Kommunistischen Partei und allen Antifaschisten die große Aufgabe, durch eine gründliche Aufklärungsarbeit den werktätigen Massen diese Gefahr bewußt zu machen. Das gilt besonders auch gegenüber den Massen, die heute noch dem Nationalsozialismus folgen und den unehrlichen Beteuerungen Hitlers über seinen Friedenswillen Glauben schenken. In einfacher Sprache, mit überzeugenden Argumenten muß den Massen auseinandergesetzt werden, daß die Politik der Hitlerregierung dem deutschen Volke niemals zum Nutzen, sondern zu größtem Unglück gereichen muß. Es muß ihnen gezeigt werden, daß jene Teile der deutschen Bourgeoisie an dem Ausbruch des Krieges interessiert sind, die ungeheure Gewinne an den Kriegsrüstungen und am Kriege machen. Erst wenn die Massen das verstehen, wird es möglich sein, sie in die Kampffront gegen die Kriegspolitik des Hitlerfaschismus einzubeziehen. Die in den Massen vorhandenen starken antikapitalistischen Tendenzen werden uns diese Aufklärungsarbeit wesentlich erleichtern. Die werktätigen Massen Deutschlands, die Arbeiter, Angestellten, Beamten, der städtische Mittelstand und die Bauernschaft, spüren die Auswirkungen der großkapitalistischen Politik des Hitlerfaschismus sehr empfindlich am eigenen Leibe. Der Haß gegen die Großkapitalisten, gegen die Krupp, Thyssen, Vögler, Klöckner, Wolff, Flick und andere Kapitalmagnaten, die Hitler finanzierten und mit der Aufrichtung der faschistischen Diktatur beauftragten, um sich ihre Herrschaft zu sichern, steigt in den Massen von Tag zu Tag. Hitler und seine Trabanten sind genötigt, in der Agitation auf diese antikapitalistischen Stimmungen in den Massen Rücksicht zu nehmen, und flechten einige antikapitalistische Phrasen in ihre Reden ein. Das Finanzkapital verlangt aber die rücksichtslose Unterdrückung jedes Bestrebens auf Verbesserung der Lebenshaltung der werktätigen Massen. So treten zwischen der Agitation und der Politik des Hitlerfaschismus immer größere Widersprüche hervor, die er durch seine nationalistische und chauvinistische Hetze zu verdecken sucht. Für die werktätigen Massen, auch die nationalsozialistischen, ist für ihren Kampf um den Frieden von großer Bedeutung die Erkenntnis, daß der Krieg für das deutsche Volk mit einer noch schwereren Niederlage als 1918 enden wird. Wenn auch der Kriegsplan des deutschen Generalstabes auf der Taktik Überrumpelung aufgebaut und damit die Rechnung verbunden ist, daß der Krieg in kurzer Zeit zu Ende geht, so hat diese Rechnung ein großes Loch. Die Mächte, gegen die der deutsche Imperialismus den Krieg provoziert, stehen dieser Überrumpelungspolitik nicht unvorbereitet gegenüber. Hitler versucht, das deutsche Volk über die militärischen Kräfte dieser Mächte zu täuschen, um es in den Glauben zu wiegen, es werde Deutschland ein leichtes sein, mit diesen Kräften fertig zu werden. Das deutsche Volk muß vor einer solchen gefährlichen Illusion gewarnt werden. Den Mächten, gegen die Hitler zum Kriege rüstet, kommen außerdem ihre größere wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit, ihre größeren Reserven für die Versorgung der Kriegführung (Lebensmittel, Rohstoffe usw.), ihre größere Finanzkraft zugute. Das sind für die Kriegführung sehr wesentliche Kräfte. Deutschland ist infolge der Krise, aus der es nur langsam herauskommt, wirtschaftlich außerordentlich geschwächt. Die Verschuldung wächst infolge der vom Staate subventionierten Kriegswirtschaft außerordentlich schnell. Lebensmittel, Rohstoffe fehlen. Die jetzt auf Grund des "Vierjahresplanes" eingeleitete Produktion von Ersatzstoffen ist nicht nur sehr viel kostspieliger als die Verwendung normaler Rohstoffe, sondern hat auch ihre natürlichen Grenzen. Dazu kommt noch ein anderer für Kriegführung außerordentlich wichtiger Faktor. In Deutschland und in den mit dem Hitlerfaschismus verbündeten faschistischen Staaten vertiefen sich die Konflikte zwischen den Volksmassen dem faschistischen Machtapparat und seiner Kriegspolitik immer mehr und machen damit den Krieg immer aussichtsloser diese Staaten. Die entwickelte Kriegstechnik mit ihren infernalischen Möglichkeiten der Vernichtung des Lebens, der Soldaten an der Front und der Männer, Frauen und Kinder im Hinterlande, wird den Krieg zu einer fürchterlichen Katastrophe für das deutsche Volk machen. Es steht die gewaltige Aufgabe vor uns Kommunisten, daß wir im Bunde mit allen Antifaschisten den werktätigen Massen im Lande verständlich machen, daß sie sich alle vereinigen müssen, um dieses größte Unglück, um den Krieg zu verhindern. Nur diese Vereinigung wird die Kräfte erzeugen, die fähig sind, den Frieden zu erhalten. Die Schwierigkeiten dieser Aufklärungsarbeit sind unter dem faschistischen Terror sehr groß. Die Faschisten versuchen durch ihren Terror jede Agitation zu unterbinden. Es kommt darauf an, die ganze Aufklärungsarbeit auf die Entfaltung des Kampfes zur Verhinderung des Krieges zu konzentrieren. Es müssen hierzu neue Formen und Methoden gefunden werden, um diese Aufklärungsarbeit in breitester Weise entfalten. Wir müssen den Stimmungen entgegentreten, daß unter dem faschistischen Terror keine erfolgreiche Massenarbeit und Massenpolitik, keine breiteren Massenbewegungen möglich seien und daß man eigentlich nur abwarten müsse, bis sich der Hitlerfaschismus abgewirtschaftet habe oder sich selbst durch den Krieg umbringe. Solche Stimmungen sind schlimmster Fatalismus, der in Wirklichkeit dem Hitlerfaschismus zugute kommt, da er ihm ermöglicht, seine verbrecherische Kriegspolitik fortzusetzen. Es liegen eine Reihe guter Beispiele vor, die beweisen, daß auch unter dem faschistischen Regime Massenarbeit betrieben, der Widerstand organisiert und die Kampfentschlossenheit gesteigert werden können. Es ist also die Gewähr dafür vorhanden, daß· bei einer systematischen Massenarbeit und Massenpolitik breite Kräfte für den aktiven Widerstand gegen die Kriegspolitik des Hitlerfaschismus mobilisiert werden können. Der Faschismus hat alle Volksrechte und demokratischen Einrichtungen liquidiert. Als Vertreter der reaktionärsten Gruppen des Großkapitals und des Großgrundbesitzes hat er Deutschland um Jahrhunderte zurückgeworfen. Es entsteht und wächst eine tiefe Sehnsucht nach demokratischer Freiheit, die die Arbeiter, Bauern, den Mittelstand, die Intelligenz und auch gewisse Kreise des Bürgertums erfaßt. Die Losung einer demokratischen· Republik ist die Losung, die in der jetzigen Etappe die breitesten Massen des Volkes vereinigt. Durch den Kampf für eine demokratische Republik, in der das Volk den überwiegenden Einfluß hat, die Vorrechte des Großkapitals vernichtet und die Wurzeln des Faschismus ausgerottet werden, tritt die Arbeiterklasse als Trägerin und Vorkämpferin der Einigung des Volkes zum Sturz der Hitlerdiktatur auf. In Deutschland zeigt sich eine immer größere Unzufriedenheit der werktätigen Massen, besonders in den Betrieben, auch unter den nationalsozialistisch eingestellten Massen, gegen die Auswirkungen der Kriegswirtschaft. In der Hauptsache richtet sich diese Unzufriedenheit gegen versuchte Lohnherabsetzungen durch die Unternehmer, aber es wird auch schon immer häufiger die Forderung nach Lohnerhöhungen auf Grund der Leistungssteigerung und der Teuerung erhoben. Hitler hat sich auf dem letzten Parteitag der NSDAP kategorisch gegen jede Lohnerhöhung gewandt, da sie die Durchführung des "Vierjahresplanes" gefährde, und hat gefordert, daß die Arbeiterschaft auf Lohnerhöhungen verzichtet und alle Opfer, die die Kriegswirtschaft erfordert, willig auf sich nimmt. Diese Aufforderung Hitlers enthüllt vor den Massen das Wesen der großkapitalistischen Politik des Hitlerfaschismus. Die Arbeiter sollen Opfer bringen, aber die Großkapitalisten machen ungeheure Gewinne. Die Dividenden wachsen in die Milliarden, und das Volk leidet bittere Not. Dieses Resultat der faschistischen Politik ist der Grund, warum auch Teile der nationalsozialistischen Anhängerschaft mit dieser Politik immer unzufriedener werden. Sie beginnen, an die Versprechungen zu erinnern, die der Hitlerfaschismus vor seiner Machtübernahme machte, und fordern, daß auch die Kapitalisten Opfer bringen, daß die Milliardengewinne aus der Produktion dem Volke und nicht den Kapitalisten zugute kommen sollen. Aber mit diesen Forderungen stoßen sie auf die entschiedenste Ablehnung bei den faschistischen Führern, die solche Forderungen als kommunistische bezeichnen. Sehr häufig werden SA-Leute wegen ihrer Forderungen und ihrer Teilnahme an Widerstandsbewegungen verhaftet und ins Konzentrationslager gesperrt. Die nationalsozialistischen Massen fangen an, den wachsenden Gegensatz zu begreifen, der zwischen ehemaligen Versprechungen des Hitlerfaschismus und den Resultaten seiner vierjährigen Diktatur besteht. Diese Entwicklung gibt uns die Möglichkeit, unter Anknüpfung an Versprechungen des Hitlerfaschismus, die nationalsozialistischen Massen in Bewegung zu bringen und sie an den Kampf gegen die faschistische Politik heranzuführen. Dafür bietet sich für uns eine günstige Gelegenheit durch unsere Tätigkeit in den faschistischen Massenorganisationen (Deutsche Arbeitsfront[9], Kraft durch Freude, NS‑Volkswohlfahrt, Luftschutz, Mittelstandsorganisation, Reichsnährstand, Sportorganisationen und andere), wo wir mit diesen Massen in Berührung kommen. Gegenüber den Auffassungen vieler Antifaschisten, daß sich in diesen Massenorganisationen keine Möglichkeit einer erfolgreichen Arbeit bietet, steht die Tatsache, daß die Massen innerhalb dieser Organisationen beginnen, auf neue Weise zu handeln, indem sie in diesen Organisationen für ihre wirtschaftlichen Forderungen und Rechte eintreten. Dabei bestätigt ihnen die Erfahrung, daß es auch unter dem faschistischen Regime möglich ist, gewisse wirtschaftliche Verbesserungen für die Werktätigen zu erkämpfen. Die Lohnbewegungen der letzten Zeit haben ein gemeinsames Handeln der nationalsozialistischen und antifaschistischen Arbeiter ergeben. Es steht vor uns die neue Aufgabe, noch viel stärker als bisher dieses gemeinsame Handeln weiter zu entwickeln und zu versuchen, die nationalsozialistischen Massen für den· Widerstand gegen die großkapitalistische Politik der Hitlerregierung zu gewinnen. Aber für die Erfüllung dieser Aufgaben müssen wir sehr viel Neues lernen. Bei dieser Aufklärungsarbeit unter den nationalsozialistischen Arbeitern, Handwerkern, Beamten, Intellektuellen, Bauern müssen wir an ihre Denkweise anknüpfen und vorsichtig, Schritt für Schritt, an Hand praktischer Beispiele aus dem täglichen Leben den Gegensatz zwischen ihren Lebensinteressen und der faschistischen Politik aufzeigen, sie von der Notwendigkeit des Widerstandes überzeugen und sie so allmählich an die faschistische Kampffront heranführen. Ein Versuch in dieser Richtung wurde in dem schon erwähnten Oktoberaufruf[10] der Parteileitung gemacht. Natürlich dürfen wir bei der Anknüpfung an die Denkweise der nationalsozialistischen Massen nicht in die Sprache der Faschisten verfallen, die ein Ausdruck ihrer nationalistischen und chauvinistischen Ideologie ist. Wir können aber zu ihnen auch nicht mit der uns gewohnten Sprache kommen, weil sie ihnen unverständlich ist. Sie erwarten vom Hitlerregime immer noch eine Erfüllung ihrer Hoffnungen. Von hier aus müssen wir mit unserer Arbeit beginnen. Wir müssen Forderungen aufgreifen und sie dafür in Bewegung bringen. In der Bewegung aber werden sie lernen und erkennen, daß ihre Hoffnungen falsch und nichtig sind. Aber auch da, wo es uns noch nicht gelingt, sie in Bewegung zu bringen, müssen wir sie davon überzeugen, daß das faschistische Regime im Dienste des Finanz- und Monopolkapitals steht und daß es deshalb niemals die von den Arbeitern, Handwerkern und Bauern erhobenen Forderungen erfüllen wird. In dem Aufruf der Parteileitung vom Oktober vorigen Jahres wurden diese Aufgaben aufgezeigt. Der Aufruf entsprang der richtigen Initiative, die Taktik der Partei in der Richtung einer breiten Massenpolitik zu entwickeln. Ausgehend von den gemeinsamen Interessen des ganzen werktätigen deutschen Volkes wurden solche Losungen und Aufgaben in den Vordergrund gestellt, die seinen täglichen Bedürfnissen entsprechen. Es wurde die Notwendigkeit und Möglichkeit des gemeinsamen Vorgehens aller Werktätigen, einschließlich der nationalsozialistischen, gegen die oberen kapitalistischen Schichten und gegen die faschistische Bürokratie aufgezeigt. Es wurde an jene Versprechungen des Hitlerfaschismus angeknüpft, auf die die werktätigen Massen Gewicht legen, und deren Einlösung gefordert, um dadurch den Weg zur Annäherung und zum gemeinsamen Kampf der antifaschistischen und nationalsozialistischen Massen zu finden. Bei dieser völlig richtigen Aufgaben- und Zielstellung wurde in dem Aufruf die Losung aufgestellt: "Versöhnung des deutschen Volkes für Frieden, Freiheit und Wohlstand", die mißverständlich ist und von den Feinden der antifaschistischen Bewegung ausgenutzt werden kann, als ob es sich um eine politische Versöhnung mit der nationalsozialistischen Partei handle, was selbstverständlich eine bewußte Verdrehung ist. Es handelt sich um eine Einigung mit den nationalsozialistischen werktätigen Massen für den Kampf zur Verhinderung des Krieges, für demokratische Rechte, für eine bessere Lebenshaltung, für den Kampf gegen die oberen kapitalistischen Schichten und gegen die faschistische Bürokratie, wobei diese Massen sich im Verlaufe des Kampfes immer mehr von der Notwendigkeit des Sturzes des faschistischen Regimes überzeugen werden. Auch die Frage der Volksrechte und der Freiheit, der Mitbestimmung der Massen in den Massenorganisationen, in den Betrieben und in den Gemeinden muß in geschickter Weise bei den Unterhaltungen mit nationalsozialistischen Werktätigen gestellt und ihnen unsere Forderung nach der Demokratie, nach der Durchbrechung des faschistischen Führerprinzips verständlich gemacht werden. Es sind Millionen von Arbeitern, Handwerkern und Bauern, die heute noch gläubig dem Faschismus folgen. Wir aber müssen sie ihm abspenstig machen, wir müssen sie für den Kampf um eine bessere Lebenshaltung, für den Kampf um Demokratie, für den Kampf gegen die großkapitalistische Kriegspolitik des Hitlerfaschismus gewinnen. Ohne diese Massen werden wir den Hitlerfaschismus nicht stürzen, werden wir den Krieg nicht verhindern können. Die Schaffung der Einheits- und Volksfront der werktätigen Massen Deutschlands ist die alles überragende Aufgabe, durch deren Erfüllung das deutsche Volk vor dem Unglück eines neuen Weltkrieges bewahrt und von der Pest des Hitlerfaschismus wieder befreit werden wird. Die Stimmung in den werktätigen Massen Deutschlands für die Volksfront wächst, obwohl sie häufig noch nicht die Möglichkeit zu ihrer Verwirklichung sehen. Aber das große Beispiel, das in Frankreich und Spanien mit der Schaffung der Volksfront den Massen gegeben wurde, die großen Solidaritätsaktionen für die Hilfe an die Opfer des Faschismus, die erzwungene Befreiung des Genossen Dimitroff[11], die Protestkundgebungen gegen die Hinrichtungen freiheitlicher Kämpfer schaffen in den Massen die Zuversicht, daß auch in Deutschland die Volksfront gegen den Hitlerfaschismus, vor allem für die Verhinderung des Krieges zustande kommen wird. Wir Kommunisten sind für die Einigung des deutschen Volkes, sind für die Einigung der antifaschistischen Massen mit den nationalsozialistischen, wir wollen die Zersplitterung der werktätigen Massen beseitigen, um ihnen zu helfen, erfolgreich den Kampf um die Verbesserung ihrer Lebenshaltung, für demokratische Rechte und Freiheiten, für die Verhinderung des Krieges und für den Sturz des Hitlerfaschismus zu führen. Die Kommunistische Partei Deutschlands, die schon so große Opfer im Kampfe gegen den Hitlerfaschismus gebracht hat und die für sich das Verdienst in Anspruch nimmt, den Kampfgeist der deutschen Arbeiterklasse wachgehalten zu haben, unternimmt alles, um die Einheitsfront der Arbeiterklasse und die Volksfront mit ihren Verbündeten, dem Mittelstand und der Bauernschaft, zu schaffen. Sie hat dafür die Losung der Verbesserung der Lebenshaltung des deutschen Volkes, der Erkämpfung demokratischer Rechte und Freiheiten und als Hauptlosung die Verhinderung des Krieges, die Erhaltung des Friedens aufgestellt. Sie ruft die werktätigen Massen, Sozialdemokraten, Kommunisten, Katholiken und Nationalsozialisten, auf, sich für diese Forderungen in den Betrieben, in den faschistischen Massenorganisationen zum gemeinsamen Kampfe zu vereinigen. Sie kann mit Genugtuung die Tatsache verbuchen, daß die Erkenntnis von dieser Notwendigkeit in den Reihen der sozialdemokratischen und katholischen Arbeitermassen immer mehr Wurzel schlägt und daß sich im Lande der Gedanke der Einigung immer stärker seinen Weg bahnt. Ein sehr großes Hindernis für das Zustandekommen der Einheits- und Volksfront ist das Verhalten des sozialdemokratischen Parteivorstandes, dessen Mehrheit jedes Angebot der Kommunisten auf gemeinsames Vorgehen, selbst wenn sie bestimmte begrenzte Aufgaben beschränkt sind, ablehnt. Eine Ausnahme davon bildet in gewissem Sinne die Verständigung über die Regelung der Emigrationsfrage und über den Kampf um das Asylrecht. Die ablehnende Stellungnahme des sozialdemokratischen Parteivorstandes entspringt dem Unglauben an die Kraft der Arbeiterklasse, und seine Begründung für diese ablehnende Stellungnahme läßt erkennen, daß er immer noch seine Hoffnung auf Kräfte der Bourgeoisie setzt, mit deren Hilfe er eine Befreiung vom Hitlerfaschismus herbeizuführen hofft. Aber diese· Spekulation arbeitet nur dem Faschismus in die Hände, weil sie die Einigung des deutschen Volkes zum Kampfe gegen den Faschismus erschwert. Es sind auch Kräfte am Werke, die mit der Behauptung auftreten, daß die Schuld an der Niederlage gleichermaßen bei den Kommunisten und bei den Sozialdemokraten liege, daß beide Parteien versagt hätten und daß deshalb eine neue dritte Kraft geschaffen werden müsse, die die Führung des deutschen Volkes übernimmt. Diese dritte Kraft soll der sogenannte "Volkssozialismus" unter Führung des Nationalsozialisten Otto Strasser sein. Dieser will den Nationalsozialismus reformieren und dadurch retten, daß er angeblich die großkapitalistische Politik des Hitlerfaschismus bekämpft, gegen seine Bonzokratie auftritt. Er beschuldigt Hitler des Verrats am Nationalsozialismus. Es ist klar, daß auf einer solchen nationalsozialistischen Basis keine Einigung des deutschen Volkes herbeigeführt werden kann und daß dieses Bestreben der "volkssozialistischen" Kräfte nur dazu beiträgt, das deutsche Volk weiter zu zersplittern und dem Hitlerfaschismus zu helfen. Die Kommunisten kämpfen ehrlich für die demokratischen Rechte und Freiheiten des deutschen Volkes, für eine demokratische Republik, die an die Stelle der faschistischen Diktatur treten soll. Sie gehen dabei von der Auffassung aus, daß der Hitlerfaschismus nur durch die Einigung des deutschen Volkes gestürzt werden kann und daß gegenwärtig nur unter dieser Losung die breitesten Massen des Volkes für diesen Kampf gesammelt werden können. Die Kommunisten respektieren dabei den tief in den deutschen Volksmassen wurzelnden Willen zur Demokratie, die selbstverständlich nicht auf eine Wiederholung der Weimarer Republik hinauslaufen darf. Diese Demokratie wird von den Massen unter schweren Opfern und gewaltigen Kämpfen gegen den Machtapparat der faschistischen Diktatur errungen werden, sie wird rücksichtslos alle Wurzeln des Faschismus ausrotten, und das Volk wird unter dieser Demokratie selbst über den Inhalt der Volksrepublik und ihre Regierung entscheiden. Auf diesem Wege wird sich das deutsche Volk seine Freiheit erkämpfen und den Weg zum Sozialismus frei machen. Alle Einwendungen gegen diese demokratische Losung der Kommunisten entspringen entweder der Unkenntnis oder der Verwirrung über die Möglichkeit des Sturzes der faschistischen Diktatur oder sollen diesen Kampf erschweren. Es ist die höchste Aufgabe aller Kommunisten, das Verständnis in den Massen für die Notwendigkeit dieses Kampfes zu erwecken. In sachlich überzeugender Weise muß allen Einwendungen gegen diese Aufgaben- und Zielsetzung entgegengetreten und auf allen Kampfgebieten müssen alle Kräfte dafür eingesetzt werden. Das gilt besonders für die Aufklärungsarbeit unter der deutschen Jugend und den deutschen Frauen, auf die sich der Hitlerfaschismus mit seiner nationalsozialistischen und chauvinistischen Ideologie und Hetze besonders stürzt, um sie für seine Kriegspolitik zu gewinnen. In dem großen Kampfe, den die Kommunistische Partei für die Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus führt, in dem sie das große Bündnis zwischen der Arbeiterklasse, dem städtischen Mittelstande und der Bauernschaft schaffen will, in dem sie sowohl die Forderungen der Arbeiterschaft wie die Forderungen des Mittelstandes und der Bauernschaft mit gleicher Energie verficht, wird die Partei immer mehr zur Führerin des deutschen Volkes werden und die Garantien für den Sieg des werktätigen Volkes über den Hitlerfaschismus und das Monopolkapital schaffen. Die Partei muß den werktätigen Massen Deutschlands das große Beispiel vor Augen führen, das in der Sowjetunion durch die Verwirklichung des Sozialismus geschaffen wurde, wie unter Führung der bolschewistischen Partei dieses 170‑Millionen-Volk zu dem glücklichsten der Erde gemacht wurde. Durch die Popularisierung der großen Siege des Sozialismus, die unter der weisen Führung unseres Genossen Stalin errungen wurden, werden wir dem werktätigen Volk Deutschlands den Glauben und die Zuversicht bringen, daß es durch seine Einigung die Kraft findet, den Hitlerfaschismus zu stürzen und sich Recht und Freiheit zu erobern. Es sind gewaltige Aufgaben, die von den deutschen Kommunisten erfüllt werden müssen. Ihre Erfüllung wird nur möglich sein, wenn jeder einzelne sich an den Lehren von Marx, Engels, Lenin, Stalin für diesen Kampf schult, wenn jeder einzelne unbeirrt die Taktik zur Schaffung der Einheits- und Volksfront anwendet, unermüdlich in der Aufklärungsarbeit unter den werktätigen Massen tätig ist. Jeder Kommunist muß sich unseres Führers, Genossen Ernst Thälmann, würdig erweisen, der seit vier Jahren im Kerker sitzt, der sich aber trotz dieser Isolierung fest mit unserer Partei verbunden fühlt und die unerschütterliche Zuversicht hat, daß das deutsche Volk über den Hitlerfaschismus siegen wird. Wir kämpfen um seine Befreiung, um die Befreiung unserer anderen Genossen und aller Antifaschisten, wenn wir verstehen, die Aufgaben in die Tat umzusetzen, die die Parteileitung unseren Genossen im Kampfe gegen den Hitlerfaschismus, für die Verhinderung des Krieges, für die Schaffung der Einheits- und Volksfront stellt. |
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[1]. Vom 8. bis 14. September 1936 fand in Nürnberg der Parteitag der NSDAP statt (genannt "Parteitag der Ehre"), auf dem insbesondere ein Vierjahresplan angekündigt wurde. Am 26. August 1936 hatte Adolf Hitler eine von ihm verfaßte geheime Denkschrift im engsten Kreise vorgestellt, die dann am 4. September der Regierung unterbreitet wurde. Darin heißt es: "Ich stelle damit folgende Aufgaben: 1. Die deutsche Armee muß in vier Jahren einsatzfähig sein, 2. Die deutsche Wirtschaft muß in vier Jahren kriegsfähig sein."
[2]. Cf. Fußnote 1.
[3]. Am 5. Oktober 1925 begann in der Locarno eine internationale Konferenz über europäische Sicherheitsfragen, an der neben Reichskanzler Hans Luther und Außenminister Gustav Stresemann die führenden Staatsmänner Italiens, Frankreichs, Großbritanniens, Belgiens, Polens und der Tschechoslowakei teilnahmen. Am 16. Oktober wurden Verträge abgeschlossen, welche ein europäisches Sicherheits- und Friedenssystem begründen sollten. Deutschland, Frankreich und Belgien verzichteten auf eine gewaltsame Veränderung ihrer Grenzen. Die im Versailler Vertrag festgelegte deutsche Westgrenze wurde vom Deutschen Reich ebenso bestätigt wie die Entmilitarisierung des Rheinlands. Großbritannien und Italien übernahmen die Garantie, bei einer Vertragsverletzung der jeweils geschädigten Seite zu Hilfe zu kommen.
Zudem war auf der Konferenz der Beitritt Deutschlands zum Völkerbund verabredet worden, der am 10. September 1926 erfolgte. Eine Anerkennung der deutsch-polnischen Grenze kam in Locarno hingegen nicht zustande, Deutschland behielt sich ausdrücklich die Möglichkeit einer Revision seiner Ostgrenze offen.
[4]. Am 2. Mai 1935 wurde der Vertrag über den gegenseitigen Beistand zwischen der UdSSR und Frankreich abgeschlossen; am 16. Mai 1935 folgte ein vergleichbarer Vertrag zwischen der UdSSR und der Tschechoslowakei. Die Verträge sahen den gegenseitigen Beistand der drei Länder vor, falls eine der vertragschließenden Parteien mit der Aggression eines fremden Staates konfrontiert werden sollte. Die UdSSR sagte ihren Beistand der Tschechoslowakei nur für den Fall zu, wenn auch Frankreich seiner Verpflichtung nachkommt und ebenfalls Beistand leistet. Die französische Seite machte ihrerseits den Vorbehalt, daß die UdSSR nur dann Hilfe erhält, wenn das Bündnis mit der UdSSR nicht den Verpflichtungen Frankreichs gegenüber den osteuropäischen Nachbarn der UdSSR widerspricht.
[5]. Robert Ley: Reichsführer der Deutschen Arbeitsfront (DAF).
[6]. Hans von Seeckt wurde am 1. Oktober 1919 zum Chef des Truppenamts ernannt, am 26. März 1920 jedoch abgelöst. Von Juni 1920 bis Oktober 1926 war er Chef der Heeresleitung der Reichswehr. In den Jahren 1930 bis 1932 und 1934/35 diente er in der Republik China als Berater von General Chiang Kai-shek. Im Herbst 1935 wurde er zum Chef eines Infanterie-Regiments ernannt.
[7]. Vom 10. bis 16. September 1935 fand in Nürnberg der Parteitag der NSDAP statt (genannt "Parteitag der Freiheit").
[8]. 1932 hatte Eberhard Taubert als Antibolschewismus-Referent der Berliner Gauleitung der NSDAP den "Gesamtverband deutscher antikommunistischer Vereinigungen" geschaffen. Nach der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur wurde er Referent im Propagandaministerium und wurde mit der "Gegnerbekämpfung“ betraut. Er baute die Vereinigung zu einer als Verein getarnten Dienststelle des Ministeriums unter dem Namen "Antikomintern" aus.
[9]. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) wurde am 10. Mai 1933 gegründet. Sie sollte als neue einheitliche Organisation "durch Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft, die dem Klassenkampfgedanken abgeschworen hat" die Interessen "aller schaffenden Deutschen" wahrnehmen. Die Vertreter der Großindustrie setzten sich gegen die Perspektive ein, daß die DAF sich zu einer Institution der Vertretung der Arbeiterinteressen entwickle. Das am 19. Mai 1933 angenommene Gesetz über Treuhänder der Arbeit schuf dann zur Regelung der Arbeitsverträge und zur "Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens" öffentliche Verwalter, was dem Wunsch der Unternehmer entgegenkam. Letzten Endes wurde der DAF ein Tätigkeitsbereich zugewiesen, der die Betriebe ausschloß. Die DAF zählte zwar 1942 25 Millionen Mitgliedern, aber mit 44 000 hauptamtlichen und 1,3 Millionen ehrenamtlichen Mitarbeitern war sie zu einer rein bürokratisch-zentralisierten Organisation geworden.
[11]. Am 21. September 1933 wurde in Leipzig der Prozeß betreffend den Reichstagsbrand eröffnet. Georgi Dimitrov, Blagoï Popov und Vassili Tanev waren am 9. März verhaftet und am 24. Juli unter Anklage gestellt worden. Das Urteil wurde am 23. Dezember verkündet. Marinus van der Lubbe wurde wegen Hochverrats und Brandstiftung zum Tode verurteilt und am 10. Januar 1934 hingerichtet. Dimitrov, Popov und Tanev wurden "wegen Mangels an Beweisen" freigelassen und am 27. Februar 1934 nach der UdSSR ausgewiesen, Der ebenfalls angeklagte Ernst Torgler (von der KPD) wurde gleichfalls freigelassen, blieb aber bis November 1936 in "Schutzhaft".