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Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands

Aufruf:
Versöhnung des deutschen Volkes
für Frieden, Freiheit und Wohlstand, gegen 3000 Millionäre!

Oktober 1936

 

 

Quelle:

Die Rote Fahne, 1936, Nr. 8.

Abgedruckt in:

Ursula Langkau-Alex: Deutsche Volksfront 1932‑1939 - zwischen Berlin, Paris, Prag und Moskau - Band 3. Berlin, Akademie Verlag, 2005. S. 155‑162.

 

 

 

 

 

 

Erstellt: Januar 2013

Druckversion
KPD 1918 1945 - Inhalt

 

 

 

 

 

 

Deutsches Volk!

Vier Jahre sind vergangen, seit Hitler erklärte: Deutsches Volk, gib mir vier Jahre Zeit! Ich will Deutschland zum Aufstieg und das deutsche Volk zum Wohlstand führen![1] ‑ Vier Jahre hat das deutsche Volk hart gearbeitet und riesige Opfer gebracht. Viele Volksgenossen erwarteten daher, daß auf dem Nürnberger Parteitag[2] nunmehr ein Programm für das Wohlergehen des deutschen Volkes verkündet und daß der Grundsatz: "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" zur Tat würde.

Hat Nürnberg dem deutschen Volke neue Wege gewiesen ‑ Wege, die zum Wohlstand führen und den Frieden erhalten?

Die erste und wichtigste Voraussetzung für das Gedeihen unseres Landes ist die Erhaltung des Friedens. Ohne Frieden keine Wohlstand des Volkes. Ohne Frieden keine gesicherte Arbeit. Ohne Frieden kein Familienglück. Der Weltkrieg hat allen Siegern und Besiegten gelehrt: Der Krieg ist der furchtbarste Feind des Volkes, der Feind des Wohlstandes.

Hat Nürnberg dem deutschen Volke neue Wege gewiesen, die die Programmforderungen der NSDAP auf "Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens" verwirklichen, auf daß es dem Volke besser gehe?

Ist es wirklich notwendig, wie in Nürnberg gesagt wurde, daß es ohne weitere Opfer und Entbehrungen des Volkes nicht gehe?

Deutsche Arbeiter!

Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt. Die Fabriken arbeiten, die Schornsteine rauchen. Wir haben eine hochentwickelte Landwirtschaft. Der deutsche Arbeiter ist wegen seiner Qualitätsarbeit in der ganzen Welt bekannt. Gegenwärtig steigen während der Konjunktur die Löhne in Frankreich, England, Amerika. Warum sollen da die Löhne bei uns in Deutschland so niedrig bleiben wie in der Krisenzeit?

Die Arbeitskraft ist unser wertvollstes Gut. Wäre es deshalb nicht recht und billig, daß wir deutschen Arbeiter an den gewaltig gestiegenen Erträgnissen der Wirtschaft unseres Landes durch Erhöhung der Löhne teilnehmen? Der Zweck der Wirtschaft soll doch das Wohl des Volkes sein.

Dr. Ley[3] hat am 1. Mai 1935 die Einführung des gerechten Lohnes versprochen.

In Nürnberg wurde erklärt, daß Deutschland gleichberechtigt unter den Völkern sei. Wäre es jetzt nicht erst recht die wahre Ehrung der Arbeit, eine Ehrung der Mühe und des Schweißes der deutschen Arbeiter, wenn nunmehr der gerechte Lohn in jedem Betrieb festgestellt und bezahlt würde? Kann es einen Aufstieg Deutschlands geben, ohne daß die Arbeiter höhere Löhne bekommen?

Aber statt dessen verschlechtern die Unternehmer auf Grund ihres Herr-im-Hause-Standpunktes die Löhne, drücken die Akkordsätze herab und sind so die alleinigen Nutznießer unserer Leistungssteigerung. Wie ist eine solche Handlungsweise zu vereinbaren mit dem Paragraphen des Arbeitsgesetzes, in dem es ausdrücklich heißt, daß die Ausnutzung der Arbeitskraft verhindert werden soll? In Nürnberg wurden die berechtigten Lohnforderungen der Arbeiter mit dem Hinweis auf die Kosten der Rüstungen abgelehnt. Wir deutschen Arbeiter wollen aber nicht den Krieg, sondern Frieden und höhere Löhne.

Es wird Zeit, daß die Deutsche Arbeitsfront[4] dafür eingesetzt wird, die Löhne der Arbeiter entsprechend der Leistungssteigerung und Teuerung zu erhöhen. Sorgen wir alle gemeinsam dafür, daß nun endlich ein gerechter Lohn bezahlt wird!

Volksgenossen!

Ohne ausreichende Ernährung ist eine gute Arbeit unmöglich. Unsere Frauen wissen, wie schwer es bei dem Lebensmittelmangel ist, ein nahrhaftes Essen für ihren schwerarbeitenden Mann auf den Tisch zu stellen. Die Lebensmittelversorgung ist das erste, was im Interesse der Arbeitskraft und der Volksgesundheit gesichert werden müßte.

Sind die jetzigen Ernährungsschwierigkeiten wirklich unvermeidlich?

Wir denken an das Jahr 1929. Damals war die Zahl der Beschäftigten noch größer, die Löhne waren höher, Deutschland hatte auch nicht mehr Raum als heute und mußte noch dazu Tribute zahlen ‑ und dennoch fehlte damals kein Fleisch, kein Fett, keine Eier. Notwendig ist daher, daß auch heute soviel Lebensmittel eingeführt werden wie früher!

Muß das zur Verminderung der Rohstoffeinfuhr und damit zur Vermehrung der Erwerbslosigkeit in Deutschland führen? Keineswegs.

Was könnte geschehen?

Bei einer entschiedenen Friedenspolitik könnte an Stelle der riesigen unproduktiven Rüstungen, die eine besonders große Rohstoffeinfuhr erheischen, die Einfuhr von Lebensmitteln und solchen Rohstoffen erfolgen, die zur Produktion für den Bedarf der Volksmassen und für Exportwaren verwendet werden. Wäre es nicht für unser Volk nützlicher, wenn statt Granaten Wohnungen gebaut würden? Fehlen nicht in Deutschland 1,6 Millionen Wohnungen, durch deren Bau friedliche Arbeit für Hunderttausende geschaffen werden könnte? Wäre nicht die Verbesserung des Lohnes der richtige Weg, um in Deutschland die Konjunktur wie in den anderen Ländern zu beleben, indem mehr Nahrung, mehr Kleidung, mehr Schuhe, mehr Möbel usw. gekauft werden könnten? Hätten nicht die Mittelständler durch diesen erhöhten Konsum den großen Vorteil eines wachsenden Umsatzes? Wenn man den Bauern wieder das Recht der freien Produktion und des Selbstmarkes gibt, werden auch wieder mehr Lebensmittel auf den Markt kommen. Wäre es nicht auch möglich, durch die Herstellung von freundschaftlichen Beziehungen zu den anderen Ländern den friedlichen Austausch deutscher Qualitätswaren gegen Rohstoffe und Lebensmittel zu erhöhen? Auf diesem Wege k[ö]nnten Arbeit und ausreichende Ernährung für unser Volk geschaffen werden.

Es gibt keinen Aufstieg des deutschen Volkes ohne ausreichende Ernährung. Wenn die oberen Zehntausend euch Volksgenossen sagen: "Ihr müßt euch einschränken, weil wir uns auf den Krieg vorbereiten müssen" ‑ dann gebt zur Antwort: Wir wollen keinen Krieg, wir wollen genügen Fleisch und Fett, wir wollen den Frieden.

Deutsche Bauern!

Euch wurden im Sofort-Programm der NSDAP von 1932 gerechte Preise und Brechung der Zinsknechtschaft zugesagt. Es hieß dort

"Hebung des landwirtschaftlichen Preisstandes, Ausschaltung ungerechter Verdienstspannen des Zwischenhandels, Herabsetzung der Zinslasten auf etwa die Hälfte des bisherigen Zinses."

Außerdem wurden euch in jenem Programm Entschuldung und billige Betriebskredite in Aussicht gestellt. Wäre es nicht an der Zeit, das zu verwirklichen? Wir sollten alle innerhalb des Reichsnährstandes verlangen, daß diese Forderungen jetzt in die Tat umgesetzt und auf diese Weise die dringendsten Lebensinteressen der Bauernschaft gegen die Monopolherren und Bankiers befriedigt werden.

Und wie steht es mit den Steuern, deutsches Volk?

Prüfe du, deutscher Arbeiter, du, deutscher Mittelständler, du, deutscher Bauer, ob es heute nicht notwendiger denn je ist, den Programmpunkt 21 der NSDAP zu verwirklichen, der lautet[5]:

"Durchgreifende Umgestaltung des Steuerwesens nach sozialen, volkswirtschaftlichen Grundsätzen. Befreiung der Verbraucher von der Last der indirekten Steuern sowie der Erzeuger von einengenden Steuern (Steuerverbesserung und Steuerbefreiung)."

Früher zahlte das Volk schon viel zu viel Steuern, aber jetzt, obwohl es keine Versailler Tributszahlungen mehr gibt, sind die Steuerlasten noch größer geworden. In den letzten drei Jahren ist der Anteil der Massensteuern am Gesamtsteueraufkommen von Dreifünftel auf Dreiviertel gestiegen.

Wo bleibt da die Steuergerechtigkeit?

Der Fleischermeister Hintze muß sein Geschäft zusperren, da er nicht mehr die Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, die Bürgersteuer und die anderen vielen Abgaben zahlen kann. Aber die Krupp, Thyssen, Siemens, Hösch, Springorum, Poensgen und die Bankiers häufen in ihrem hemmungslosen Egoismus zur selben Zeit neue Millionen aus riesigen Rüstungsgewinnen an. Wie verträgt sich das mit dem Punkt 16 im Programm der NSDAP?

"Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine Erhaltung."

Sollte nicht endlich in den Innungen beraten werden, wie diese Forderung verwirklicht werden kann? Denn wie kann es einen Aufstieg Deutschlands geben, wenn der kleine Mann von schweren Steuern niedergedrückt wird?

Wenn das anders werden soll, dann müßte fest gegen die Großverdiener zugefaßt werden. Sie sind auch die neuen Kriegsgewinnler. Sie profitieren in der Zeit der allgemeinen Entbehrung und Opfer gewaltig an der Aufrüstung. Ist es daher nicht notwendig, daß auf sie der Punkt des NSDAP-Programmes "Beschlagnahme der Kriegsgewinne" jetzt angewendet wird? Ist es nicht im höchsten nationalen Interesse, daß die eigennützigen Reichen zum Gemeinnutz des Volkes zahlen müssen und damit die Steuerlasten für den Mittelstand, die Bauern und die Arbeiter fühlbar erleichtert werden? Das würde dem Antrag der nationalsozialistischen Reichstagsfraktion vom 14. Oktober 1930 entsprechen, in dem es u. a. heißt:

"Der Reichstag wolle beschließen: das gesamte Vermögen der Bank- und Börsenfürsten [...], ferner der seit diesem Tage durch Kriegs-, Revolutions-, Inflations- oder Deflationsgewinne erworbene Vermögenszuwachs wird zum Wohle der Allgemeinheit entschädigungslos enteignet. Alle Banken, einschließlich der sogenannten Reichsbank, sind ungesäumt in den staatlichen Besitz zu überführen."

Wenn die Herren Krupp und Thyssen samt den anderen Industrie-, Bank- und Börsenfürsten sagen: "Ihr müßt Steuern zahlen, damit noch mehr gerüstet werden kann!" ‑ dann antworten wir: Wir wollen weniger Steuern zahlen, denn wir sind für den Frieden.

Die Reichen sollen zahlen.

Deutsches Volk!

Wir alle wollen Wohlstand und Frieden, aber dunkle Kräfte sind am Werk, um Deutschland in einen neuen Krieg hineinzutreiben. Es sind dieselben Kräfte, die uns schon 1914 ins Unglück getrieben und die selber den Krieg gesund und reich überlebt haben. Sie haben Deutschland schon einmal in die Katastrophe gehetzt, ‑ nun spielen sie wieder ihr altes schmutziges Spiel mit den Volksinteressen, mit der nationalen Existenz Deutschlands.

Ein neuer Krieg wäre das furchtbarste Unglück, das unser Land treffen könnte.

Fliegerbomben und Giftgas würden ihr fürchterliches Vernichtungswerk in unseren Städten vollführen. Mit unbarmherziger Hand würde der Tod in alle Familien greifen. Hunger mit Dörrgemüse, Rübenmarmelade und Brennesselsalat als Nahrungs-Ersatz würde wieder bei uns Gast sein.

Die anderen Völker hassen den Krieg, genau wie wir. Auch sie haben aus dem Weltkrieg gelernt, daß ein sogenannter Sieg nur Wirtschaftskrise, Schulden, Arbeitslosigkeit, Zerrüttung bedeutet. Auch die anderen Völker haben gelernt, daß es im Krieg nur einen Sieger gibt: die Millionäre, die Rüstungsgewinnler, die Giftgas- und Kanonenkönige. Wir wollen doch nicht unsere Hände nach fremdem Boden ausstrecken. Wir wollen im eigenen Lande den Großverdienern, den Zitzewitzen die Möglichkeit nehmen, den deutschen Lebensraum für ihre egoistischen Profitinteressen auszunützen.

Das französische Volk, das sich eine Volksfrontregierung geschaffen hat, die Völker der Sowjetunion, die ihr Land in Frieden weiter entwickeln und aufbauen wollen, ‑ sie alle wollen mit dem deutschen Volk in Eintracht leben. Welche Unterschiede auch gegenwärtig in den Regierungssystemen der Länder sind, ‑ der Friede ist das Lebensinteresse aller Völker.

Was könnte Deutschland tun, um den Frieden zu sichern?

Wie könnte es das bestehende Mißtrauen zwischen Deutschland und den anderen Staaten überwinden helfen? Ein gewaltiger Schritt im Interesse des Friedens wäre es, wenn Deutschland heute allen Völkern, Frankreich, der Tschechoslowakei, der Sowjetunion u. a. erklären würde:

"Wir wollen nicht ein Stück fremden Bodens. Wir respektieren die Unabhängigkeit und Sicherheit jedes anderen Volkes, so wie wir wollen, daß unsere Unabhängigkeit und unsere Grenzen respektiert werden. Wir sind bereit, uns mit allen Völkern zu einem Bündnis des Friedens zusammenzuschließen."

Würden alle Mitglieder der Deutschen Arbeitsfront, der Innungen, des Reichsnährstandes und der Reichskulturkammer in diesem Sinne laut und deutlich ihren Friedenswillen bekunden, - wer könnte da noch in der Welt an dem Friedenswillen des deutschen Volkes zweifeln? Welchen gewaltigen Einfluß könnte heute Deutschland in der Welt ausüben, wenn es seine Kraft für die friedliche Verständigung aller Völker einsetzen würde!

Eine solche Politik würde den Ausbau der friedlichen Handelsbeziehungen mit Frankreich, mit der Sowjetunion, mit Amerika, mit England, mit der Tschechoslowakei und vielen anderen Ländern fördern. Eine solche Politik würde überflüssig machen, immer neue Milliarden in den Aufbau der Ersatzmittel-Industrie zu stecken, die künstlichen Produkte zum drei- bis zehnfachen Preis der natürlichen Rohstoffe erzeugt und damit die allgemeine Preissteigerung antreibt.

Erinnern wir uns, daß die Sowjetunion dem deutschen Volke ein starker Verbündeter war, als Deutschland einst durch den Versailler Vertrag völlig isoliert in der Welt dastand! Die Sowjetunion war der einzige Staat, der den Versailler Vertrag nicht anerkannte, durch die Verträge von Rapallo und Berlin Deutschland stärkte und durch Milliardenaufträge in früheren Jahren vielen Hunderttausenden deutscher Arbeiter friedliche Beschäftigung gab. Wer könnte wagen, Deutschland anzugreifen, wenn es ein enges Freundschaftsbündnis mit der mächtigen Sowjetunion haben würde?

Wer verhindert eine solche Friedenspolitik in Deutschland?

Es sind dieselben reaktionären Kräfte, die den Lohn drücken und das Steuerunrecht schützen. Es sind dieselben Kräfte, die dem Volke alles vorenthalten, was es braucht. Es sind die Rüstungsgewinnler, die am letzten Krieg verdient haben und hoffen, am nächsten Krieg zu verdienen. Es sind die oberen Zehntausend, die nach Eroberung fremder Gebiete und nach militärischen Lorbeeren dürsten. Es sind die 3000 Millionäre und jene reaktionären Kräfte, die ihre Geschäfte besorgen.

Es sind die oberen Zehntausend, die in ihrer maßlosen Profitgier den Kreuzzug gegen alle friedens- und freiheitsliebenden Kräfte in der Welt unternehmen wollen. Sie sind das alte Unglück Deutschlands. Unter dem Kaiser Wilhelm nannten sie sich Monarchisten, unter Ebert spazierten sie als Republikaner herum und jetzt nennen sie sich "Pgs". Es sind die Krupp, Thyssen, IG-Farben, Springorum, Siemens, Flick, Blohm u. a., die alten Fürsten, Großagrarier, die reaktionären Generäle und die ganze hauchdünne Schicht der oberen Zehntausend. Es ist jene Schicht, die immer oben blieb, wie das Rad sich auch gedreht hat. Ob Krieg oder Inflation, Reparation oder Aufrüstung, ‑ sie haben immer profitiert! Je schlechter es dem deutschen Volke ging, desto bessere Geschäfte machten sie, desto gefährlicher ihre Arbeit hinter den Kulissen gegen das Wohl des Volkes.

Die 3000 Millionäre mit dem alten Reaktionär Schacht an der Spitze, der im Jahre 1924 den Dawes-Tribut-Plan mitunterzeichnet hat, haben bisher rücksichtslos ihre Vorrechte durchgesetzt.

Die 3000 Millionäre haben Deutschland schon einmal in die Niederlage getrieben.

Die 3000 Millionäre sind wieder an einem neuen Krieg interessiert, weil sie Milliarden an den Rüstungen verdienen.

Die 3000 Millionäre wollen die Löhne niedrig halten, denn desto höher ist dann ihr Profit.

Die 3000 Millionäre wollen keine hohen Steuern zahlen, denn umso mehr muß dann das Volk bezahlen. Diese 3000 Millionäre sind daran interessiert, daß niemand den Mund auftut, um ihr dunkles Treiben zu enthüllen.

Die 3000 Millionäre sind Gegner der Ordnung und Sauberkeit in Deutschland, denn ihre korrupten Interessenvertreter in den Ämtern sind solche Leute wie Kube, die das Volksvermögen für ihren persönlichen Vorteil verludern.

Die 3000 Millionäre verteilen die öffentlichen Aufträge unter sich und treiben den Mittelstand in den Ruin.

Die 3000 Millionäre spielen eine Schicht des Volkes gegen die andere aus, denn umso besser können sie dann oben bleiben und ihre Profite machen. Diese Reaktionäre sind gegen die Volksrechte, gegen die freie Meinungsäußerung des Volkes. In ihrem Interesse werden deutsche Volksgenossen, Arbeiter, Mittelständler, Bauern in Gefängnisse und Konzentrationslager gesperrt. In ihrem Interesse wird die Gewissensfreiheit unterdrückt und werden die Rechte der christlichen Organisationen beseitigt. Wurde nicht dadurch der Name Deutschlands in der Welt aufs schwerste geschädigt?

Muß das alles so sein, deutsches Volk?

Wir können das ändern, alle zusammen. Welch eine Macht sind die Millionen des Volkes gegen die dünne Schicht der 3000 Millionäre!

Wollen wir uns alle wieder versöhnen, damit des Volkes Wille oberstes Gesetz wird und nicht der Wille von 3000 Millionären

Du, Nationalsozialist, du, Sozialdemokrat, du, Katholik, du, Kommunist, du, Arbeiter, du, Bauer, du, Handwerker, du, Wissenschaftler - haben wir alle, Söhne des deutschen Volkes, nicht die gleiche Sehnsucht nach einem Leben in Friede, Freude und Wohlstand? Haben wir heute nicht gleich alle die gleichen Nöte?

Schließen wir treue Kameradschaft zur Verteidigung unserer Lebensinteressen und des Friedens, zur Verteidigung Deutschlands gegen die raffende Oberschicht von 3000 Millionären!

Nationalsozialistische und nichtnationalsozialistische Werktätige haben sich in der Vergangenheit hart bekämpft. Nationalsozialistische Volksgenossen, ihr habt geglaubt, daß der deutsche Sozialismus auf diesem Wege erkämpft werden würde. Vier Jahre sind vergangen. Was wurde von euerm Programm erfüllt? Was ist die Ursache, warum ach so viele Versprechungen nicht erfüllt wurden? Es ist die Macht der alten Reaktionäre, der Herren Industrie-, Bank- und Börsenfürsten, der Herren von A[h]r und Halm, die dem Volke nehmen, was des Volkes ist. Sie sind die Nutznießer der Zersplitterung des Volkes, des gegenseitigen Kampfes nationalsozialistischer und nichtnationalsozialistischer Werktätiger.

Reichen wir einander brüderlich die Hände zur Versöhnung!

Im Kampfe gegen die 3000 Millionäre wirst du, deutsches Volk, erfolgreich sein, wenn du gegen diese kapitalistischen Despoten das Freiheitswort unseres großen deutschen Dichters Friedrich Schiller aus dem "Tell": "Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern ...!" wahr machst. Wenn du die wahre Kameradschaft herstellst. Kameradschaft im Betrieb, Kameradschaft in der Deutschen Arbeitsfront, damit die Arbeitsfront die Interessen der Arbeiter vertritt gegen die Millionäre. Kameradschaft in den Innungen, damit die Innungen die Interessen des Mittelstandes vertreten gegen die Monopolherren. Kameradschaft im Reichsnährstand, damit der Reichsnährstand die Interessen der Bauern vertritt gegen die Junker und ihren teuern Beamtenapparat. Kameradschaft in der Reichskulturkammer, damit die wahre Kultur des Volkes und die Freiheit der Forschung und Wissenschaft sich durchsetzt gegen das Dunkelmännertum. Wahre wissenschaftliche Leistung ist ohne innere Freiheit des Wissenschaftlers nicht möglich. Kameradschaft in den Gemeinden, um das Recht der Selbstbestimmung und Selbstverwaltung durchzusetzen. Kameradschaft für Recht und gerechte Ordnung, ohne die das Volk nicht atmen kann.

Volksgenossen!

Wir deutschen Kommunisten sind die Partei des Volkes. Wir haben keine anderen Interessen als das schaffende deutsche Volk. Wir wollen nichts anderes als den Wohlstand unseres Volkes und den friedlichen Aufstieg unseres Landes. Wir lieben unsere Heimat. Wir lieben unsere Jugend. Darum wollen wir nicht, daß sie, die Blüte unserer Nation, als Kanonenfutter verblutet.

Wir wollen, daß unsere Heimat stark und glücklich durch den Frieden wird und nicht unglücklich durch einen Krieg.

Das Volk soll selbst entscheiden, welches die besten Wege zur Erhaltung des Friedens sind. Wir Kommunisten sagen euch allen: Ohne den Kampf gegen die Millionäre kann es keinen gesicherten Frieden, keine soziale Gerechtigkeit und auch nicht einen Schritt zum Sozialismus geben!

Daher führen wir unseren alten Kampf gegen die alten Verderber Deutschlands, der in Wahrheit ein Kampf für Deutschland ist.

Für Deutschland ‑ das heißt: alles für die Erhaltung des Friedens!

Für Deutschland ‑ das heißt: alles für den Aufstieg und Wohlstand des Volkes!

Für Deutschland ‑ das heißt: für Ordnung und Sauberkeit im Lande!

Für Deutschland ‑ das heißt: Volksrechte gegen die reaktionären Vorrechte der Millionäre!

Für Deutschland ‑ das heißt: Versöhnung des Volkes gegen die Macht der 3000 Millionäre, gegen die Herrschaft der oberen Zehntausend!

Für Frieden, Freiheit, Wohlstand!

Für eine glückliche Zukunft des deutschen Volkes!

Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands.

 

 

 

 

 



[1]In einer Rundfunkrede am 1. Februar 1933 sagte Adolf Hitler: "Die nationale Regierung wird das große Werk der Reorganisation der Wirtschaft unseres Volkes mit zwei großen Vierjahresplänen lösen: Rettung des deutschen Bauern zur Erhaltung der Ernährungs- und damit Lebensgrundlage der Nation. Rettung des deutschen Arbeiters durch einen gewaltigen und umfassenden Angriff gegen die Arbeitslosigkeit. [...] Nun, deutsches Volk, gib uns die Zeit von vier Jahren und dann urteile und richte uns." Diese "zwei Vierjahrespläne" verschwanden bald nach der Rede wieder aus der Propaganda. Sie wurden erst reaktiviert, als 1936 tatsächlich ein ‑ als zweiter bezeichnete ‑ Vierjahresplan aufgestellt wurde.

[2]. Es handelt sich um den vom 8. bis 14. September 1936 in Nürnberg abgehaltenen Parteitag der NSDAP.

[3]. Robert Ley: Reichsführer der Deutschen Arbeitsfront (DAF).

[4]. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) wurde am 10. Mai 1933 gegründet. Sie sollte als neue einheitliche Organisation "durch Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft, die dem Klassenkampfgedanken abgeschworen hat" die Interessen "aller schaffenden Deutschen" wahrnehmen. Die Vertreter der Großindustrie setzten sich gegen die Perspektive ein, daß die DAF sich zu einer Institution der Vertretung der Arbeiterinteressen entwickle. Das am 19. Mai 1933 angenommene Gesetz über Treuhänder der Arbeit schuf dann zur Regelung der Arbeitsverträge und zur "Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens" öffentliche Verwalter, was dem Wunsch der Unternehmer entgegenkam. Letzten Endes wurde der DAF ein Tätigkeitsbereich zugewiesen, der die Betriebe ausschloß. Die DAF zählte zwar 1942 25 Millionen Mitgliedern, aber mit 44 000 hauptamtlichen und 1,3 Millionen ehrenamtlichen Mitarbeitern war sie zu einer rein bürokratisch-zentralisierten Organisation geworden.

[5]. Cf. Gottfried Feder: Das Programm der NSDAP. und seine weltanschaulichen Grundgedanken. München, F. Eher Nachf., 1934.