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Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands

Programm der Hilfe für die werktätigen Bauern

14.‑15. Mai 1931

 

 

Quelle:

Die Rote Fahne vom 22. Mai 1931 [1].

Abgedruckt in:

Ernst Thälmann: Reden und Aufsätze zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung - Band 3 - September 1930‑Februar 1932. Berlin, Dietz, 1956. S 341‑343.

Das Dokument in Französisch 

 

 

 

 

 

 

Erstellt: Januar 2020

Druckversion
Dokumente der KPD 1918-1945 - Inhalt

 

 

 

 

 

 

Bauernhilfsprogramm der KPD

Ein historisches Dokument im Dienst der Volksrevolution
Arbeiter und Bauern im gemeinsamen Kampf gegen die Volksfeinde!

Auf der Tagung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei am 14. und 15. Mai, sowie in seiner Rede am Vorabend der Wahlen in Oldenburg hat der Führer der deutschen Kommunisten, Genosse Ernst Thälmann, das wegweisende KPD-Programm der Hilfe für die werktätigen Bauern der Öffentlichkeit übergeben. Die Kommunistische Partei ruft die Arbeiter, Angestellten, die unteren Beamten und Kleingewerbetreibenden auf, den Kampf der leidenden Bauernmillionen um ihre nackte Existenz, gegen Pfändungen und Zwangsversteigerungen, zu unterstützen.

Das Bauernhilfsprogramm der KPD setzt klar die Linie des sozialen und nationalen Freiheitsprogramms vom August 1930 [2] fort. Dieses historische Dokument muß in alle Dörfer, auf das ganze flache Land getragen werden. Überall müssen sich die Arbeiter der Stadt mit dem Landproletariat und der werktätigen Bauernschaft verbünden und ihnen beweisen, daß die Kommunistische Partei allein für die Rettung der hungernden Bauernmassen gegen die Hungeraktion der Volksfeinde kämpft.

Hilfe für die unterdrückten Bauern

Die Schulden der kleinen und mittleren Bauern, Winzer, Gemüsebauern und Kleinfischer betragen mindestens 5 Milliarden Mark!

Wir verlangen Niederschlagung dieser Schuldenlast!

Die Schuldenzinsen der werktätigen Bauern an die Banken und Geldwucherer betragen jährlich mindestens 500 Millionen Mark!

Weg mit diesem Tribut an das Finanzkapital!

Die direkten Steuern der kleinen Bauern betragen mindestens 150 Millionen Mark jährlich!

Wir fordern Aufhebung dieser Steuerlast und Herabsetzung der Steuern für die Mittelbauern!

Die indirekten Steuern, die den werktätigen Bauer beim Kauf von Produkten stark belasten und durch Verteuerung der Lebenskosten der städtischen Massen den Absatz der Produkte der Bauernwirtschaft stark einschränken, eine Hauptursache der großen Preisspanne zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen sind, betragen rund 5 Milliarden Mark!

Wir fordern Aufhebung der indirekten Steuern!

Die Pachtlasten der werktätigen Bauern betragen jährlich mindestens 400 Millionen Mark.

Wir fordern Aufhebung dieses Tributs an die Großgrundbesitzer!

18.000 landwirtschaftliche Großbetriebe verfügen in Deutschland über 5,2 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche (ungerechnet Forstbesitz).

Wir fordern entschädigungslose Enteignung des Großgrundbesitzes und unentgeltliche Bereitstellung von Land für die landarmen Bauern und Bauernsöhne!

2,5 Milliarden Mark gibt die Brüningregierung für sogenannte "Osthilfe" den ostelbischen Junkern, Großbauern und Bankherren.

Wir fordern staatliche Beihilfe für die werktätigen Bauern, Bereitstellung der 2,5 Milliarden Osthilfemittel ausschließlich für die Werktätigen!

Die Futtermittel- und Industriezollpolitik der Brüning-Schiele-Regierung erhöhen die Produktionskosten der bäuerlichen Wirtschaft um etwa 40 Prozent. Die Getreidezölle verteuern die Lebenshaltung der auf Zukauf von Brotgetreide angewiesenen Kleinbauern, schränken die Konsumkraft der Massen und damit die Absatzmöglichkeit für die Produkte der Bauernwirtschaft enorm ein.

Wir fordern Aufhebung der volksfeindlichen Zölle!

Hunderttausende kleine Bauern, Bauernsöhne und Töchter haben durch Massenarbeitslosigkeit den zur Erhaltung der bäuerlichen Existenz notwendigen Verdienst aus Lohnarbeit verloren. Die Massenarbeitslosigkeit und Kurzarbeit in Deutschland bedeutet allein eine Verminderung des Masseneinkommens und der Konsumkraft um 5 Milliarden Mark jährlich. Wiederherstellung dieser Konsumkraft bedeutet Erweiterung des Absatzmarktes für landwirtschaftliche Produkte um 40 Prozent des Gesamtwertes der deutschen landwirtschaftlichen Produktion. Das von der Kommunistischen Partei aufgestellte Programm zur Arbeitsbeschaffung durch Arbeitszeitverkürzung auf 40 Stunden in der Woche mit Lohnausgleich, Wohnungs- und Straßenbau, Flußregulierung usw. ermöglicht Arbeit für alle Arbeitslosen und Hebung der Massenkonsumkraft.

Wir fordern beschleunigte Durchführung des Arbeitsbeschaffungsprogramms der KPD!

Durch Gesetze und Verordnungen haben der Reichstag und die Regierung bestimmt, daß Zehntausende der von Arbeitslosigkeit Betroffenen, auf Lohnarbeit angewiesenen Kleinbauern, Bauernjugend, wie auch die Kleinfischer, keine Arbeitslosenunterstützung erhalten, damit der Ruin ihrer kleinen Wirtschaft beschleunigt wird.

Wir fordern volle Unterstützung für die ganze Dauer der Arbeitslosigkeit, auch für die von Arbeitslosigkeit betroffenen kleinen Bauern, die Bauernjugend und Kleinfischer!

Die Belastung durch Altenteile[3], zur wohlerworbenen Sicherung des Lebensabends der alten Bauern und Bäuerinnen, ist für hunderttausende bäuerliche Betriebe untragbar geworden. Ausgaben für erkrankte Familienmitglieder (Arzt und Arzneikosten usw.) können größtenteils von den bäuerlichen Massen nicht mehr getragen werden. Altenteil und Krankenkosten belasten die bäuerlichen Wirtschaften mit mindestens 500 Millionen Mark jährlich.

Wir fordern staatliche Alters- und Krankenfürsorge für die Kleinbauernschaft, Winzer und Fischer!

Durch ihre faschistische Verordnung vom 27. März 1931 verfügte die Brüning-Schiele-Regierung zugunsten der Großagrarier die zwangsweise Einschränkung des Anbaues von Zuckerrüben um 30 bis 40 Prozent für die bäuerlichen Zuckerrübenpflanzer. Mit Hilfe des Reichsbranntweinmonopols verfügt die Regierung zugunsten der großen Brennereien eine unerhörte Einschränkung des Brennrechts der kleinbäuerlichen Brenner.

Wir fordern sofortige Aufhebung der Zuckerrüben-Kontigentierungs-Verordnung vom 27.3.1931 und Aufhebung der Beschränkung des Brennrechts der bäuerlichen Kleinbrenner!

Die Unternehmer fuhren eine unerhörte Offensive zum Abbau der Löhne der Arbeiter und Angestellten um 10 bis 30 Prozent. Die Durchführung dieses Lohnraubes würde eine Senkung der Massenkonsumkraft um weitere 4 bis 5 Milliarden Mark und damit weitere Einschränkung des Absatzmarktes für Agrarprodukte um etwa 30 bis 40 Prozent des Gesamtwertes der deutschen landwirtschaftlichen Produktion bedeuten, ferner auch Senkung des Einkommens der noch in Lohnarbeit stehenden Kleinbauern und der Bauernjugend. Unter Führung der Kommunistischen Partei und der RGO[4] muß deshalb die werktätige Bauernschaft den Kampf des Proletariats unterstützen: Gegen jeden Pfennig Lohnabbau!

Rund 2 Milliarden Mark jährlich betragen die durch den Young-Plan[5] festgelegten Reparationslasten, die die deutschen Kapitalisten voll und ganz aus den arbeitenden Massen herauspressen.

Wir fordern Einstellung der Reparationszahlungen!

Die Bourgeoisie schwätzt von Erleichterungen und Beseitigung der Reparationslasten, denkt dabei aber nur an die Geldsäcke der Reichen und die Erhöhung ihrer Profite.

Ihre Losung ist: Den Reichen geben und den Armen stehlen!

Darum werden alle diese Kampfforderungen zur Hilfe der werktätigen Bauernschaft von dieser Kapitalistenregierung mißachtet und auf das entschiedenste bekämpft.

Das werktätige Landvolk muß sich unter Führung der Kommunistischen Partei für diese Bauernforderungen einsetzen und im festen Bündnis mit dem Industrieproletariat für die Durchführung dieser Forderungen überall kämpfen. Die einzige Garantie für die siegreiche Durchführung der Forderungen ist der gemeinsame Kampf für den Sturz der kapitalistischen Herrschaft, für die Errichtung der Arbeiter- und Bauernregierung, das heißt für ein freies sozialistisches Sowjetdeutschland!

Die Rote Fahne,
22.5.1931

 

 

 

 

 



[1].     [321ignition] Die Fußnoten sind von uns, unter Verwendung von eventuellen in der Quelle enthaltenen Fußnoten, formuliert.

[2].     Cf. dieses Dokument: Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes.

[3].     Altenteil.

Es ist ein alter Brauch in der Landwirtschaft, dass der überlebende Ehepartner nach dem Tode des Hofeigentümers auf dem Hof durch ein "Altenteil" versorgt wird. Das Gesetz definiert nicht näher die konkrete Zusammensetzung dieses Lebensunterhaltes. Üblicherweise wird ein Recht zum Wohnen auf dem Hof gesichert. Darüber hinaus können auch ein Bargeldbetrag sowie Ernährung und Pflege vorgesehen sein. Es liegt beim Hofeigentümer, die Bestimmungen mittels Testament genauer festzulegen.

[4].     Revolutionäre Gewerkschaftsopposition (RGO).

Am 30. November-1. Dezember 1929 wird in Berlin der 1. nationale Kongress der “Revolutionären Gewerkschaftsopposition” (RGO) abgehalten. Mit der RGO bildet die KPD eine eigene Struktur innerhalb des Allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB). Am 15‑16 November 1930 hält die RGO ihren 2. nationalen Kongress ab. Es wird beschlossen, die RGO in eine unabhängige Organisation umzuwandeln, welche ebenso Mitglieder der Gewerkschaften als auch Arbeiter außerhalb der existierenden Gewerkschaften vereinigt.

[5].     Young‑Plan.

Am 1. September 1924 tritt der nach dem amerikanischen Bankier Charles Dawes genannte Dawes Plan in Kraft. Durch ein Expertenkomitee in London angenommen, legt er die Höhe der durch Deutschland auf Grund des Vertrags von Versailles schuldigen Kriegsreparationen fest und sieht deren Zahlung in Form einer Anleihe und von Steuern vor, sowie die schrittweise Evakuierung des Ruhrgebiets durch die französischen und belgischen Truppen.

Am 31. Mai 1929 nimmt ein in Paris versammelter interalliierter Ausschuss einen Plan für die Neustaffelung auf 59 Jahre (bis 1988) des Restbetrages der seitens Deutschlands nach den Bestimmungen des Vertrags von Versailles fälligen Kriegsreparationen. Er wird Young‑Plan genannt, nach einem der Kommissionsmitglieder, Owen Young (Vorsitzender des Aufsichtsrates von General Electric). Er löst den 1924 angenommenen Dawes‑Plan ab. Jedoch lehnen die USA bezüglich der Schulden seitens der Alliierten ihnen gegenüber es ab, dass deren Rückzahlung mit der Frage der deutschen Reparationen verbunden werde. Eine erneute vom 16. Juni bis zum 9. Juli 1932 in Lausanne abgehaltene Konferenz vermindert den Betrag der Reparationen und bewilligt ein Moratorium von drei Jahren. Letzten Endes werden die Konten erst 2010 durch die Deutsche Bundesrepublik endgültig saldiert.