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13. Plenum des Exekutivkomitees
der Kommunistischen Internationale
(Dezember 1933)

Dmitrij Zaharovič Manuilʹskij
Referat : Revolutionäre Krise, Faschismus und Krieg
(Auszüge)

5. Dezember 1933

 

 

Quelle:

D. Manuilskji: Revolutionäre Krise, Faschismus und Krieg - XIII. Plenum des EKKI, Moskau, Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter in der UdSSR, 1934 [1].

 

 

 

 

 

 

Erstellt: November 2016

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Dokumente der Kommunistischen Internationale ‑ Übersicht

 

 

 

 

 

 

Der Inhalt der Verhandlungen des gegenwärtigen Plenums besteht darin, erstens das Neue, das sich seit dem 12. Plenum im Fortgang der Weltkrise wie in der allgemeinen Weltlage vollzog, festzustellen; zweitens eine Analyse der Verschiebungen zu geben, die im letzten Jahr im Verhältnis der Klassenkräfte sowohl innerhalb der kapitalistischen Länder als auch auf der internationalen Arena eingetreten sind; drittens auf der Grundlage dieser Analyse eine richtige Einschätzung der Kräfte der Revolution und der Reaktion vorzunehmen. Die kommunistischen Parteien erwarten von diesem Plenum eine Antwort auf die Fragen: Was stellt das heutige Stadium der Weltentwicklung dar? Welches spezifische Gewicht haben in diesem Stadium die Elemente der revolutionären Krise einerseits und die Elemente des Faschismus und des imperialistischen Krieges andrerseits? Hat die Machtübernahme der Faschisten in Deutschland dort das Heranreifen der Elemente der revolutionären Krise unterbrochen? Worin drückt sich im gegenwärtigen Stadium des Kräfteverhältnisses der Klassen das Heranreifen der revolutionären Weltkrise konkret aus? Und schließlich, viertens, muß das Plenum in Übereinstimmung mit der gegebenen Einschätzung der Kräfte der Revolution (und der Reaktion die Hauptaufgaben der kommunistischen Weltbewegung festlegen.

I. Das Neue in der internationalen Situation

Das Neue an der Entwicklung der Weltwirtschaftskrise besteht in folgendem:

1. In einzelnen kapitalistischen Ländern (Vereinigte Staaten, Japan, Deutschland) kam es im Sommer 1933 zu einer gewissen Belebung der Wirtschaftskonjunktur, die im Zusammenhang stand erstens mit der Zunahme der Rüstungsaufträge, zweitens mit der Einführung der Inflation, drittens mit den Regierungsmaßnahmen, die auf einen künstlichen, und sei es auch äußerst kurzlebigen Aufschwung der Produktion und eine Steigerung der Preise gerichtet waren. Dieser Aufschwung dauerte im ganzen nur wenige Monate und wurde in den Vereinigten Staaten wieder von einer rapiden Abwärtsbewegung der industriellen Produktion und der Preise abgelöst. Nichtsdestoweniger muß betont werden, daß dieser neue Sturz vorläufig noch nicht den Tiefpunkt erreicht hat, der die Entwicklung der Krise in der Vergangenheit charakterisierte.

2. Die Verflechtung der Weltwirtschaftskrise mit der allgemeinen Krise des Kapitalismus ist so weit fortgeschritten, daß, wenn auch die Möglichkeit einzelner Konjunkturbesserungen nicht ausgeschlossen ist, dennoch die Grundlinie der Entwicklung des Weltkapitalismus, die durch seine allgemeine Krise bestimmt ist, abwärtsgehen wird. Millionen Menschen wird es immer klarer, daß es eine Rückkehr des Kapitalismus zum Vorkrisenzustand nicht geben kann, daß die “Prosperität” nur eine kurze Episode auf dem Hintergrund der kapitalistischen Stabilisierung war. Im Zusammenhang damit wird die Krise einerseits immer mehr “politisiert”, andrerseits treten in ihr immer schärfer als Zerstörungsfaktoren des kapitalistischen Systems die Momente der allgemeinen Krise des Kapitalismus hervor: Faschismus, Krieg, revolutionäre Bewegung der Massen.

3. Die Versuche der Bourgeoisie, die kapitalistische Gesellschaft vor dem Untergang zu retten (Roosevelt-Plan, Konferenz von Ottava, wirtschaftliche Autarkie) haben, wenn sie auch hie und da eine Verbesserung vorübergehender, konjunktureller Natur gebracht haben mögen, als Mittel zur Liquidierung der allgemeinen Krise des Kapitalismus dennoch Schiffbruch erlitten. Die Staatsmänner, die in der Rolle von Quacksalbern auftreten, welche ein Mittel gefunden haben wollen, die dem Untergang geweihte Ordnung zu kurieren, erinnern immer mehr an den schweizerischen Bankier Necker am Vorabend der großen französischen Revolution.

4. Im verflossenen Jahr vollzog sich eine raschere Reifung der Elemente des Faschismus und des Krieges als die der Elemente der revolutionären Krise. Und trotzdem ist heute die revolutionäre Krise, die zur Zeit des 12. EKKI‑Plenums nur in einzelnen kapitalistischen Ländern im Heranreifen war, auf dem besten Wege, sich zur revolutionären Krise des gesamten kapitalistischen Weltsystems auszuwachsen. Das bedeutet nicht, daß diese revolutionäre Krise alle kapitalistischen Länder gleichzeitig ergreifen wird. Das bedeutet lediglich, daß die quantitativen Veränderungen, die durch die Wirtschaftskrise in die kapitalistische Weltwirtschaft hineingetragen worden sind, solche qualitative Veränderungen im Gefolge haben werden, daß in dem einen oder anderen Lande möglicherweise keine revolutionäre Krise eintreten, und dennoch die revolutionäre Krise des Gesamtsystems des Weltkapitalismus da sein wird. Diese revolutionäre Krise wird sich auf der Grundlage der weiteren Vertiefung und Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus entfalten. Der innere dialektische Zusammenhang der Reifungsprozesse der revolutionären Krise einerseits, des Faschismus und des Krieges andrerseits ist bedingt durch die äußerst schnellen Verschiebungen im Kräfteverhältnis der Klassen. Der Faschismus wird, wenn die Werktätigen ihm keinen ausreichenden Widerstand entgegensetzen, in den imperialistischen Krieg umschlagen, und der imperialistische Krieg erzeugt, wenn er nicht in die siegreiche proletarische Revolution umgewandelt wird, den Faschismus, wie dies an dem Beispiel Italiens zu sehen ist. Auf der anderen Seite wird der imperialistische Krieg die Revolution zur Folge haben (Beispiele: das zaristische Rußland und die Länder Mitteleuropas), und die Revolution wird den Angriff der kapitalistischen Welt gegen sie hervorrufen, wie die Erfahrungen der Intervention uns lehren. Und wenn es gegenwärtig Kräfte gibt, die den imperialistischen Krieg hindern, so ist es die Drohung der proletarischen Revolution und die Angst der Bourgeoisie vor der Sowjetunion.

5. Die fieberhafte Vorbereitung der kapitalistischen Staaten zu neuen imperialistischen Kriegen hat eine Vorkriegssituation geschaffen. Heute finden die Jahre der im Verborgenen sich vollziehenden Arbeit der Kriegsstäbe, die Jahre der Arbeit des Völkerbundes als eines Werkzeugs imperialistischer Kriege, die Jahre der verderblichen scheinpazifistischen Propaganda der Sozialdemokratie, die den Krieg vorbereitete, ihre Vollendung. Sämtliche charakteristischen Momente einer Vorkriegssituation sind gegeben: Sprengung der internationalen Verträge und Abkommen (Verletzung der Versailler und Washingtoner Verpflichtungen), Steigerung der versteckten und offenen Rüstungen, Militarisierung des wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens der kapitalistischen Länder, Verstärkung der politischen Reaktion. Der Wirtschaftskrieg als Vorspiel zum imperialistischen Krieg ist voll entbrannt. Der Faschismus erzeugt mit seiner hemmungslosen chauvinistischen Propaganda, mit seiner Predigt des barbarischen nationalistischen Menschenhasses die psychologische Atmosphäre für die blutigen Gemetzel. Gegen die Kommunisten ist ein Kreuzzug im Gange, die Äußerungen der Unzufriedenheit der Massen werden mit erbarmungsloser Grausamkeit erstickt, die Diktatur der Bourgeoisie nimmt immer mehr terroristischen Charakter an, der der Bourgeoisie die Möglichkeit gibt, es noch einmal zu wagen, die Völker in ein blutiges Gemetzel zu stürzen. Und die werktätigen Massen der ganzen Welt müssen wissen, daß ein neuer imperialistischer Krieg vom ersten Tage an das Tempo der Faschisierung aller kapitalistischen Staaten noch mehr beschleunigen, daß er eine Atmosphäre der Reaktion erzeugen wird, in der man kaum wird atmen können, wenn die Werktätigen dem kapitalistischen System nicht zuvor ein Ende bereiten, ehe es sie in die Kriegskatastrophe hineingerissen hat.

Doch das bedeutsamste Ereignis des letzten Jahres war der Machtantritt der Faschisten in Deutschland. Die Bedeutung dieses Ereignisses ist keine geringe. Erstens hat die Etablierung der faschistischen Diktatur in Deutschland eine der größten Parteien der Kommunistischen Internationale, die KPD, in die Illegalität getrieben, eine überaus schwere Illegalität, wie sie in der Geschichte noch nicht dagewesen ist. Millionen von Werktätigen folgten dieser Partei. Unter den kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder stand sie der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse am nächsten. Schon allein auf Grund dieser Tatsache können wir an diesem Ereignis nicht vorübergehen, ohne die Lehren des Henkerstreichs gegen das deutsche Proletariat für alle anderen Sektionen der Kommunistischen Internationale auszuwerten. Die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland bewirkt eine neue Umgruppierung der Kräfte unter den kapitalistischen Mächten, sie rückt den neuen imperialistischen Kriegsbrand unendlich näher, sie trifft nicht nur das deutsche Proletariat, sondern ihre Spitze richtet sich gegen den Herd des Weltbolschewismus ‑ die Sowjetunion. Die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland hat ganz Mitteleuropa in die Bahn der faschistischen Entwicklung gezogen und die Faschisierungsprozesse in allen kapitalistischen Ländern beschleunigt, indem sie dort der Reaktion den Wind in die Segel trieb, der mit seinen heftigen Stößen den Sturm der Revolution trägt.

Das Plenum kann auch noch aus dem Grunde nicht an diesem Ereignis vorbeigehen, weil es im Bewußtsein des Weltproletariats eine ungeheure Umwertung der Werte hervorrief, in ihrem Ausmaß zwar geringer als während des Weltkrieges, aber eine Umwertung, deren Bedeutung nicht unterschätzt werden darf. Es beschleunigte den Zersetzungsprozeß in der internationalen Sozialdemokratie, und das ist ebenfalls ein neues Moment in der politischen Entwicklung seit dem 12. EKKI‑Plenum. Die Erfolge des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion auf der einen Seite, die Wirtschaftskrise in den kapitalistischen Ländern auf der anderen Seite haben eine Krise der Sozialdemokratie nach sich gezogen. Der Bankrott der deutschen Sozialdemokratie angesichts des Faschismus, neben den fieberhaften Vorbereitungen der kapitalistischen Welt zum imperialistischen Krieg, hat diese Krise in den beginnenden Zerfall der 2. Internationale verwandelt.

Aber die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland hat auch gewisse Schwankungen in den am wenigsten widerstandsfähigen Gliedern der kommunistischen Parteien hervorgerufen. In Frankreich und in England, in der Tschechoslowakei, in der Schweiz, in Österreich, ja in Deutschland selbst fanden sich einzelne Personen, die dieser Prüfung nicht gewachsen waren. Die Stellung zur deutschen Frage wurde zum Prüfstein für den Grad der Bolschewisierung der Sektionen der Kommunistischen Internationale, ihrer bolschewistischen Stählung, ihrer Fähigkeit, hocherhobenen Hauptes den jähen Wendungen der Ereignisse, mit denen das Ende der kapitalistischen Stabilisierung unvermeidlich verbunden ist, entgegenzugehen. Und wir können mit größter Genugtuung auf diesem Plenum sagen, daß die Sektionen der Kommunistischen Internationale in Ehren diese Probe bestanden haben. Man bedenke, Genossen, was geschehen wäre, wenn dieses Ereignis einige Jahre früher eingetreten wäre, als die Bolschewisierung der Komintern-Sektionen in einander abwechselnden Krisen verlief. Ein derartiges Ereignis hätte unweigerlich eine tiefgehende Krise in der Komintern zur Folge gehabt. Heute aber hat die deutsche Kommunistische Partei nicht nur keine solche Krise zu verzeichnen, sondern sie hält noch heroischer, noch höher die Fahne, die vom Blute ihrer besten Söhne, der besten Kämpfer der Arbeiterklasse getränkt ist. Schon allein die Haltung Dimitrows auf dem Leipziger Prozeß läßt das Herz voll Stolz höher schlagen bei dem Gedanken, daß unsere kommunistische Weltpartei Dimitrows großgezogen hat, daß Zehntausende deutscher Kommunisten durch ihre Standhaftigkeit und durch ihre grenzenlose Ergebenheit der Sache der proletarischen Weltrevolution selbst ihren Feinden Achtung abringen. Und auf dem Hintergrund dieses Massenheldentums erscheint um so schmählicher die Desertion der Remmele und Neumann, deren politische Linie die Demoralisation jener zurückgebliebenen Arbeiterschichten widerspiegelt, die mit der Sozialdemokratie gingen und nun nach der Kapitulation der deutschen Sozialdemokratie vor dem Faschismus desorientiert sind. Engels schrieb einmal[2]: "Die Bewegung des Proletariats macht notwendig verschiedene Entwicklungsstufen durch, auf jeder Stufe bleibt ein Teil der Leute hängen und geht nicht weiter mit." Auch Remmele und Neumann sind im sozialdemokratischen Sumpf steckengeblieben, sie sind steckengeblieben deshalb, weil sie in verbrecherischer Weise den Schlag, der der deutschen Arbeiterklasse versetzt wunde, ausnutzen wollten, um die Partei und ihre bolschewistische Führung zu diskreditieren.

Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß die Linie der KPD und ihres Führers, des Genossen Thälmann, die einem offenen bewaffneten Kampf mit den faschistischen Banden ausgewichen sind, absolut richtig war. Wie aus dem Reichstagsbrandprozeß zu ersehen ist, war es gerade der Plan des faschistischen Gesindels, diesen Kampf zu provozieren, um die Avantgarde der deutschen Arbeiterklasse physisch abzuschlachten. Dasselbe wollte auch die deutsche Sozialdemokratie und die gesamte 2. Internationale, als sie das Angebot der Komintern vom 5. Marz über die kämpfende Einheitsfront gegen den Faschismus ablehnten. Die deutschen Kommunisten unter das Henkerbeil des Faschismus zu führen, eine der Vortruppen des Weltbolschewismus, die KPD, mit einem Schlage zu erledigen, das entsprach den Wünschen auch der Herren Wels. Gerade deswegen haben die Wels, die gegen den Faschismus nicht kämpfen wollten, die wiederholten Versuche der KPD, den gemeinsamen Kampf der sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiter gegen den Faschismus zustande zu bringen, abgelehnt. Auf die Zerschlagung der kominterntreuen Partei Thälmanns arbeitete auch der Lump Trotzki hin, der zum Hauptlieferanten von “Ideen” für die internationale Reaktion geworden ist. Und diese ruchlosen Pläne des deutschen Faschismus und Sozialfaschismus gegenüber der KPD sind aufs engste verknüpft mit der ganzen Stellung der 2. Internationale zum Weltbolschewismus und zur Sowjetunion. Die internationale Sozialdemokratie im Verein mit den Trotzkis möchte die bewaffnete Zertrümmerung der Sowjetunion, denn sie weiß, daß der Sieg des Sozialismus der Sozialdemokratie den Tod bringt. Und es wäre reinster Putschismus, wenn die deutsche Kommunistische Partei, die sich auf einen Teil des durch die Sozialdemokratie gespaltenen Proletariats stützte, einen Teil, der obendrein von der Bauernschaft und dem städtischen Kleinbürgertum isoliert war, der über keinerlei bewaffnete Kräfte verfügte, sich in einen Kampf mit den vereinigten faschistischen Banden und der Reichswehr eingelassen hätte.

Auf derselben Höhe liegen auch die Beschuldigungen, die von einzelnen Niederlagenstrategen gegen die KPD erhoben worden sind, daß sie nach der Ablehnung ihres Angebots über die kämpfende Einheitsfront durch die Sozialdemokratie keine selbständige Aktion unternommen habe, wenn auch keine bewaffnete, so doch überhaupt eine Aktion. Auch hier ist es vollkommen klar, daß wir es mit dem sozialdemokratischen Abklatsch bei Leuten zu tun haben, die dem Druck der Sozialdemokratie unterlegen sind und die Verantwortung von dieser auf die deutsche Kommunistische Partei abwälzen. Statt vor den Arbeitern ihres Landes die deutsche Sozialdemokratie an den Schandpfahl anzunageln, die in schwerster Stunde das Proletariat verließ, die es bewußt materiell und politisch wehrlos unter das Beil des faschistischen Henkers führte, werfen diese Leute mit Steinen auf die Partei, die mutig ihre Pflicht vor dem Proletariat erfüllte und erfüllt. Solche Leute sind ein Hindernis für die Gewinnung der sozialdemokratischen Arbeiter, und ihre Entlarvung ist die Vorbedingung für den erfolgreichen Kampf gegen die Sozialdemokratie.

II. Die Verschiebungen im Verhältnis der Klassenkräfte

Die Bedeutung des faschistischen Machtantritts in Deutschland besteht ferner darin, daß er auf das Kräfteverhältnis zwischen Proletariat und Bourgeoisie in den anderen kapitalistischen Ländern eine Wirkung ausübte. Die Quelle der Selbstsicherheit der reaktionären Kräfte ist in der Spaltung der Arbeiterklasse zu suchen, die die Folge der verräterischen Politik der internationalen Sozialdemokratie ist. Der Verrat der Sozialdemokratie half der Bourgeoisie in den Jahren 1919‑1921 die proletarischen Revolutionen in den mitteleuropäischen Ländern zu ersticken und auf den Knochen der Arbeiterklasse eine Stabilisierung des Kapitalismus herbeizuführen. Er hilft jetzt der Bourgeoisie, entweder einen Kurs auf den Krieg und die Errichtung der faschistischen Diktatur einzuschlagen oder in einzelnen kapitalistischen Ländern heute schon das eine und das andere zu verwirklichen. Die Arbeiterklasse ist nicht erst seit heute und nicht erst seit dem letzten Jahre gespalten. Hier handelt es sich nicht um quantitative Veränderungen. Das Neue besteht in der Bedeutung, die die Spaltung der Arbeiterklasse angesichts des heranreifender! Faschismus und des imperialistischen Krieges gewinnt. In der Periode der kapitalistischen Stabilisierung hatte die Sozialdemokratie die Streiks verraten, aber die Arbeiter erlitten dabei Teilniederlagen. Der Verrat im Angesicht des angreifenden Faschismus trifft die gesamte Arbeiterklasse. Das ist ein Verbrechen von fast ebenso großer historischer Bedeutung, wie der Verrat des 4. August, wie die blutige Niederschlagung der deutschen proletarischen Revolution. Man braucht sich nur für einen Augenblick vorzustellen, wie die Welt jetzt aussehen würde, wenn das niederträchtige sozialdemokratische Geschmeiß innerhalb der Arbeiterklasse erledigt, wenn die internationale Arbeiterbewegung unter der Führung der kommunistischen Parteien und der Kommunistischen Internationale vereinigt gewesen wäre, bei der Existenz der Sowjetunion und dazu der Sowjets in China. Dann gäbe es keinen deutschen Faschismus und keine Gefahr imperialistischer Kriege. Die Errichtung der faschistischen Diktatur gestattet der Bourgeoisie, vorübergehend die Interessen der verschiedenen Gruppen zu überbrücken, diese Gruppen zu einer gepanzerten Faust gegen die Arbeiterklasse zusammenzufassen und dadurch in hohem Grade den Widerstand der Bourgeoisie gegen die proletarische Revolution zu steigern. Dieser Zusammenfassung der Bourgeoisie und der Kräfte der Reaktion steht aber eine gespaltene Arbeiterklasse gegenüber. Schon das allein ändert das Kräfteverhältnis in den kapitalistischen Ländern zuungunsten des Proletariats. Das bedeutet natürlich nicht, daß diese Dynamik des Kräfteverhältnisses sich nicht ändern kann, es kann sich sogar sehr rasch ändern. Das geschieht bereits und wird unausbleiblich unter den Bedingungen des Endes der kapitalistischen Stabilisierung in katastrophal schnellem Tempo geschehen, aber vorläufig verschlechtert die Entwicklung der faschistischen Tendenzen in der kapitalistischen Welt die Kampfbedingungen für das Proletariat. Die Krise übt eine ungeheuer revolutionierende Wirkung auf die Massen aus, aber sie schafft zugleich auch ungeheure Kader von Arbeitslosen, besonders unter den Jugendlichen, von denen der Faschismus heute einen Teil durch seine skrupellose soziale Demagogie mitreißt. Auf diese Weise dringen faschistische Einflüsse in einzelne Schichten des Proletariats. Man bedenke ferner die gesteigerten Schwierigkeiten des Streikkampfes unter den Bedingungen der Krise, den Unternehmerterror in den Betrieben, den unerhörten Druck des Staatsapparats der terroristischen Diktatur auf die Arbeiterklasse, die großen Schwierigkeiten, offene Formen der Arbeiterbewegung zu entwickeln, und es wird euch klar werden, wo die Ursachen der relativen Stockung der Arbeiterbewegung in den kapitalistischen Ländern zwischen dem 12. und dem 13. EKKI‑Plenum zu suchen sind und warum die Arbeiterbewegung in diesen Ländern nicht ununterbrochen aufwärts geht. Und in denselben Veränderungen ist auch die Erklärung für die Tatsache zu suchen, daß die Gesamtzahl der Parteimitglieder in den Sektionen der Komintern im Vergleich zu den Zahlen des 12. EKKI‑Plenums nicht gestiegen ist. Das bedeutet natürlich nicht, daß einzelne Sektionen nicht gewachsen sind. Die Kommunistische Partei Chinas z. B. hat in einem Jahre um hunderttausend Mitglieder zugenommen und zählt gegenwärtig rund 400.000 Mitglieder. Aber es gibt Sektionen, die in diesem Jahre unter den Schlägen des Klassenfeindes stark mitgenommen worden sind. Und zweifellos steht in bezug auf die gebrachten Opfer an erster Stelle die Kommunistische Partei Deutschlands, die seit dem Machtantritt der Faschisten mehr als 2000 an Ermordeten verloren hat, 60‑70 000 sind in den Konzentrationslagern eingesperrt, und trotzdem behielt sie, nach der Erklärung des Genossen Pieck, in ihren Reihen etwa 100.000 Mitglieder. Wäre die Kommunistische Partei Deutschlands heute vor das Plenum selbst mit der Hälfte, mit einem Drittel dieser Zahl getreten, auch in diesem Falle hätten wir sagen müssen, daß die KPD eine vorbildliche Sektion der Kommunistischen Internationale bleibt. Indessen wütet der Terror nicht nur in Deutschland, er hat in diesem Jahre in höherem oder geringerem Grade die Mehrzahl der Sektionen der Kommunistischen Internationale betroffen. In 8 Monaten des Jahres 1933 wurden, nach den Angaben des Exekutivkomitees der Internationalen Roten Hilfe, 46.000 Personen getötet, 160.000 verletzt und zu Krüppeln geschlagen, 228.000 revolutionäre Arbeiter und Bauern verhaftet, in ihrer erdrückenden Mehrzahl Mitglieder der kommunistischen Parteien und aktive Anhänger der kommunistischen Ideen. In Japan sind in zwei Jahren 14.000 Verhaftungen vorgenommen worden, und seit 1929 sind es 30.000. Das ist doch eine ganze Partei! Man darf nicht vergessen, daß dieses Jahr mit dem Übergang einer ganzen Reihe von Sektionen in die Illegalität oder Halblegalität verbunden war. Die Kommunistische Partei ist nicht nur in Deutschland verboten, sondern auch in Österreich und in anderen Ländern; die kommunistische Presse ist verboten, die roten Gewerkschaften geschlossen. Und wenn unter diesen Bedingungen des um sich greifenden weißen Terrors die kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder, die keine Erfahrungen der Illegalität hinter sich haben, die in der Atmosphäre des bürgerlichen Legalismus aufgewachsen sind, einen geordneten Rückzug in die Illegalität durchführen konnten und es verstanden haben, wenn auch mit Mühe, ihre Arbeitsmethoden umzustellen, so ist das schon eine ernste Errungenschaft der Komintern. Man muß begreifen, daß die allgemeine Entwicklungstendenz unter den Bedingungen des unvermeidlichen Zusammenstoßes zweier Klassen und zweier Welten, der zunehmenden Gegensätze zwischen ihnen, zu einem Regime gegenüber den Organisationen der gegnerischen Klasse führt, wo es für Elemente der sogenannten demokratischen Freiheiten keinen Raum geben wird. Die bürgerliche Diktatur wird erbarmungslos die revolutionären Organisationen der Arbeiterklasse drosseln und vernichten. Auch dieser Umstand bildet ein charakteristisches Symptom der Epoche der Revolutionen und Kriege. Die Veränderungen im Kräfteverhältnis der Klassen in den kapitalistischen Ländern sind ferner mit der Verstärkung des faschistischen Einflusses unter der Bauernschaft und dem städtischen Kleinbürgertum verbunden. Unter den Sektionen der Komintern haben nur einzelne kommunistische Parteien, wie etwa die bulgarische, es verstanden, ihren Einfluß auf die Bauernschaft zu festigen, während in der überwiegenden Mehrzahl der kapitalistischen Länder die Bauernschaft bisher den bürgerlichen Parteien .gefolgt ist. Das Neue im letzten Jahr besteht hier darin, daß unter dem Einfluß der heftigen Agrarkrise in einzelnen Ländern ein Abwandern mehr oder weniger bedeutender Gruppen der Bauernschaft ins Lager des Faschismus eingetreten ist. Noch deutlicher traten diese Prozesse bei dem städtischen Kleinbürgertum und den durch die Krise ruinierten Mittelschichten in Erscheinung. Hier muß offen ausgesprochen werden, daß keine einzige kommunistische Partei der kapitalistischen Länder der Gewinnung des städtischen Kleinbürgertums für das Proletariat oder zumindest seiner Neutralisierung Aufmerksamkeit geschenkt hat. Der Faschismus aber hat, wenn es ihm auch nicht gelungen ist, die Reserven des Proletariats für sich zu gewinnen, so doch einen Schritt vorwärts auf diesem Wege unzweifelhaft getan. Die Anziehungskraft des Proletariats auf diese Reserven wurde geschwächt durch den Zustand der Spaltung der internationalen Arbeiterbewegung, denn das Kleinbürgertum schätzt die Autorität der Kraft, es schwankt nach der Seite hin, die ihm durch ihre Kraft mehr imponiert. Endlich in den Kolonien, wenn man von China absieht, war das verflossene Jahr, infolge der Differenzierung der nationalrevolutionären Bewegung, im Vergleich zu den früheren Jahren, durch ein gewisses Nachlassen der Wucht der Bewegung gekennzeichnet, das zwar an die Stille vor dem Sturm erinnert, aber immerhin eine Stille, die der Bourgeoisie gestattete, sich um so wütender auf das Proletariat zu stürzen. Diese ganze Situation trug zweifellos zu einem rascheren Heranreifen der Elemente des Faschismus- und des Krieges bei, als es früher der Fall war. Und zugleich gab sie der internationalen Sozialdemokratie und ihren Nachbetern, den Renegaten, Veranlassung, die eingetretene Periode als eine Periode der Konterrevolution zu bezeichnen. Kann man diese Periode nur als eine Periode der schwärzesten Reaktion bezeichnen nach dem Beispiel derjenigen, die in Europa nach der Niederschlagung der Revolution von 1848 oder nach der Zertrümmerung der Pariser Kommune von 1871 eintrat? Nein, Genossen, die Geschichte kennt verschiedene Typen der Reaktion, aber im wesentlichen lassen sie sich auf zwei Arten zurückführen: eine Reaktion, die sich nach einer Niederlage der Revolution und der Niederschlagung des Proletariats auf einer abebbenden revolutionären Welle vollzieht. Zu diesem Typus der Reaktion gehört eben die Periode, die nach 1848 oder 1871 eintrat. Aber in der Geschichte gab es auch andere Perioden des Wütens der Reaktion, Perioden, die den Revolutionen voraufgegangen sind. Der Zarismus wendete die grausamsten Terrormaßnahmen gerade unmittelbar am Vorabend der Revolution an. Die im Jahre 1918 wankende deutsche Monarchie ließ wenige Monate vor ihrem Sturz die revolutionären Matrosen erschießen. Die terroristische Diktatur der Kriegszeit 1914‑1918 hat nicht verhindern können, daß in Mitteleuropa die Revolution dem Weltkrieg ein Ende machte. Aber gerade in den Monaten und Wochen, die der Beendigung des Krieges vorausgegangen sind, nahm der Terror gegen die Werktätigen, gegen die Soldaten in allen kapitalistischen Ländern die brutalsten Formen an. Streiks wurden für ungesetzlich erklärt, die frei geäußerte Meinung wurde als Hochverrat geahndet, die militärischen Standgerichte fällten dutzendweise Todesurteile, gegen die Soldaten, die nicht zur Offensive schreiten wollten, wurde das Feuer eröffnet. Der Terror der herrschenden Klassen bewies keineswegs, daß ihre Macht sich gefestigt habe, sie griffen zum Terror als zum letzten Mittel, um die revolutionäre Explosion hinauszuschieben. Gerade für solche Perioden gewinnt der Satz von Marx, daß die Partei der Revolution die Partei der Reaktion zusammenschließe, doppelte Bedeutung. Dieser Satz paßt am besten auf eine Situation, wo die Kräfte des Proletariats noch nicht so weit gereift sind, um mit bewaffneter Hand den Sturz der herrschenden Klassen beginnen zu können, und andrerseits die Positionen der herrschenden Klassen so weit erschüttert sind, daß sie zu außerordentlichen Maßnahmen greifen müssen, um . ihre Herrschaft zu behaupten. Aber, Genossen, der Satz von Marx hat auch seine Kehrseite. Die Kräfte der Reaktion schließen auch die Kräfte der Revolution zusammen. Der Faschismus erschwert nicht nur den Kampf der Arbeiterklasse, er beschleunigt auch die Reifungsprozesse der revolutionären Krise. Gerade solche Perioden wie die gegenwärtige sind durch die Entwicklung zweier einander widersprechenden Prozesse, zweier ansteigender Wellen gekennzeichnet: einer Welle der Revolution und einer Welle der Reaktion. Diese beiden Prozesse erschüttern von verschiedenen Seiten das kapitalistische System immer breiter, tiefer und schärfer, und derjenige, der heute nur . die eine, einseitige Tendenz, nur die Tendenz der politischen Reaktion zugibt und die Elemente der heranreifenden revolutionären Krise außer acht läßt, der stellt sich unausbleiblich auf den Boden der Anerkennung des “organisierten Kapitalismus”, der die ihn zerfleischenden Gegensätze in der Einheit der Reaktion überwinde. Worin äußern sich heute die Elemente der heranreifenden revolutionären Krise? Erstens in einer beispiellosen Spannung der Wechselbeziehungen der Klassen. Die faschistische Diktatur trägt in diese Wechselbeziehungen Elemente der offenen, durch nichts verhüllten Gewalt und des Bürgerkrieges hinein. Ebenso wie seinerzeit der Krieg 1914‑1918 tötet sie, indem sie das Bajonett auf die Tagesordnung setzt, in den Massen die Illusionen des Legalismus und der bürgerlichen Gesetzlichkeit. Dadurch bereitet die bürgerliche Diktatur ihren eigenen Untergang vor. Die menschliche Geschichte kennt keine Präzedenzfälle einer derartigen Spannung der Klassenbeziehungen, nicht etwa deshalb, weil die Klassen früher nicht in noch schärferen Konflikten aufeinandergeprallt wären, sondern weil die ökonomischen Widersprüche, die dieser Spannung zugrunde liegen, über alles hinausgehen, was die Menschheit bisher kannte. Die fürchterliche Kraft des Drucks des Monopolkapitals auf die Massen wird unvermeidlich solche revolutionären Explosionen zur Folge haben, die ihrem Ausmaß nach in der Vergangenheit ihresgleichen nicht haben. Der Faschismus erzieht in den werktätigen Massen einen wütenden Haß nicht nur gegen seine Stoßtruppbanden, sondern auch gegen die Bourgeoisie als Klasse, die für alle Gewalttaten und für die Niederschlagung der Werktätigen verantwortlich ist. Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Der heuchlerische Pazifismus erleidet vor unseren Augen sowohl in den Beziehungen zwischen den Klassen wie in den internationalen Beziehungen Schiffbruch. Die Herrschaft der offenen Gewalt sowohl in den Beziehungen zwischen den Klassen als auch in den Beziehungen der kapitalistischen Staaten untereinander bildet den Hauptinhalt der Epoche des im Zerfall begriffenen Kapitalismus nach der Beendigung der kapitalistischen Stabilisierung. Das ist ein charakteristisches Merkmal des zweiten Turnus der Revolutionen und Kriege.

Das zweite Element der heranreifenden revolutionären Weltkrise ist die wachsende Empörung der Massen. Niedergehalten, in die Tiefe gedrängt, befindet sich diese Massenempörung in den Ländern der faschistischen Diktatur in tiefster Illegalität. Die im verborgenen sich abspielenden Prozesse dieser Empörung sind oft mit dem bloßen Auge nicht wahrzunehmen, daher führen sie auch zu unerwarteten Explosionen. Lenin schrieb bereits im Jahre 1916[3]: "Die sozialistische Revolution kann nicht nur aus einem großen Streik, oder einer Straßendemonstration, oder einem Hungeraufstand, einer Militärempörung, oder einer Meuterei in den Kolonien, sondern aus einer beliebigen politischen Krise, wie der Prozeß Dreyfus oder der Zabern-Inzident, oder im Zusammenhang mit dem Referendum in der Frage der Lostrennung der unterdrückten Nationen und ähnlichem mehr, entflammen." Die französischen bürgerlichen Geschichtsschreiber behaupten, daß, wenn jemand wenige Tage vor dem Fall der Bastille durch die Straßen von Paris gegangen wäre, er nichts bemerkt hätte, was auf den 14. Juli 1789 hindeuten könnte. Die oberflächliche “Ruhe” erzeugt bei den herrschenden Klassen eine politische optische Täuschung. Die faschistische Diktatur, die die Mißstimmung der Massen in die Tiefe jagt, verliert den Sinn für die Realität, sie urteilt über die Lage nach den Rapporten jener hysterischen Kretins, die sie als SA‑Leiter eingesetzt hat. Die Genossen, die Nikolaus II bewacht haben, könnten erzählen, welche fast idiotische Verständnislosigkeit für den Sinn der sich in dem revolutionären Lande abspielenden Ereignisse der Mann zeigte, der an der Spitze eines Riesenreiches stand. Der Faschismus zerschlägt wie ein hemmungsloser Vandale das ganze System jener Gradmesser, die zur Beurteilung der Massenstimmung dienen können: die Statistik, die Gewerkschaften, die Wahlen usw. Und jede Reaktion folgt in größerem oder geringerem Maße seinen Spuren. Daraus entspringt der “unerwartete” Charakter der Massenexplosionen. Wir hatten am 1. Mai 1926 den Generalstreik in England, am 15. Juni 1927 den Aufstand der Wiener Arbeiter, im Herbst 1931 die Bewegung in der englischen Flotte als Anzeichen der wachsenden Empörung der Massen über die kapitalistischen Zustände. Kann irgend jemand behaupten, daß mit der Entwicklung der Krise diese Empörung sich vermindert hat? Kann man jetzt in den Ländern der faschistischen Diktatur den Grad dieser Empörung einzig und allein an den Streiks und Demonstrationen messen? Signalisieren nicht solche Tatsachen, wie das Blutbad in Genf, wie die Ereignisse in Rumänien, wie der Aufstand der vereinigten holländischen und malayischen Seeleute in der holländischen Flotte diese zunehmende Empörung?

Drittens schließlich spielt eine nicht geringe Rolle bei dem Heranreifen der Elemente der allgemeinen revolutionären Weltkrise der wachsende Einfluß der kommunistischen Parteien und überhaupt der kommunistischen Ideen. Dieser Einfluß bewegt sich auf drei Hauptlinien. Vor allem vergrößert er die Zahl der unmittelbaren Anhänger der Ziele und Aufgaben der kommunistischen Partei in der Arbeiterklasse; zweitens wächst die Zahl derer, die sich zwar nicht Kommunisten nennen, aber in der Bewegung instinktiv, aus ihrem Klassengefühl heraus, unsere Losungen, unsere Kampfmethoden aufnehmen, den Zielen ihrer Klasse dienen. Bei einem beliebigen spontanen Streik, in einer beliebigen spontanen Bewegung kann man derartige Elemente finden, die unerwartet die Masse selbst hervorbringt. Schließlich äußert sich der Einfluß der Ideen des Kommunismus darin, daß sie in die Reihen der gegnerischen Organisationen eindringen und vor allem in die Reihen der Sozialdemokratie, wodurch die Zersetzungsprozesse in der Sozialdemokratie beschleunigt werden.

III. Die Kräfte der Revolution

Aber wie verhält es sich mit dem spezifischen Gewicht der Tendenzen der revolutionären Weltkrise im Vergleich zu den Tendenzen des Faschismus und des Krieges? Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn man die Kräfte der Revolution berücksichtigt, die den Weltkräften der Reaktion gegenüberstehen. Die Kräfte der Revolution sind: erstens die kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder, zweitens die nationalrevolutionären Bewegungen in den Kolonien, drittens Sowjetchina und viertens die Sowjetunion, als der ausschlaggebende und wichtigste Faktor der proletarischen Weltrevolution.

Die kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder sind ein sehr wichtiger Faktor der proletarischen Weltrevolution. Aber mit Ausnahme von einzelnen Sektionen haben die kommunistischen Parteien noch keine breite organisatorische Massenbasis, was den Elementen des Faschismus und des Krieges eben gestattet, sehr schnell zu wachsen. Überdies haben die kommunistischen Parteien in ihrer Arbeit noch eine ganze Reihe großer Mängel aufzuweisen.

Erstens haben sämtliche kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder ohne Ausnahme die Weltwirtschaftskrise nicht genügend zu ihrer politischen und organisatorischen Stärkung ausgenutzt. Sie haben nicht überall sich an die Spitze der Bewegung der Arbeiterklasse für ihre Teilforderungen gestellt; sie haben keine gewaltige Massenbewegung der Erwerbslosen, entsprechend dem Ausmaß der gegenwärtigen Krise, entfaltet; sie haben nicht immer verstanden, die Massen um klare, konkrete Losungen, die den Stimmungen dieser Massen entsprechen, zum Kampf gegen den Kapitalismus und die bürgerliche Diktatur zu mobilisieren. Und die Ursache der schwachen Arbeit der kommunistischen Parteien auf diesem Gebiet liegt in der opportunistischen Passivität, in den nicht überwundenen sektiererischen Gewohnheiten, die das organisatorische und das politische Wachstum der Sektionen der Komintern hemmen. Wenn die kommunistischen Parteien, insbesondere die zahlenmäßig kleinen, diese Erscheinungen des Opportunismus überwunden hätten, würden sie heute vor dieses Plenum mit anderen Ergebnissen hin treten als denjenigen, die sie zu verzeichnen haben. Die Fragen der Massenpolitik und der Massenarbeit müssen zum Eckstein der gesamten Tätigkeit der kommunistischen Parteien werden, wenn sie ernsthaft dem Faschismus und dem imperialistischen Krieg den Weg versperren und das Heranreifen der Elemente der revolutionären Weltkrise beschleunigen wollen.

Zweitens, die kommunistischen Parteien haben nicht in genügendem Maße den Bankrott der bürgerlichen Demokratie in Deutschland und die politische und organisatorische Krise der deutschen Sozialdemokratie dazu ausgenutzt, um die Basis des Einflusses der gesamten 2. Internationale zu untergraben. Eine genügend entschlossene bolschewistische Offensive gegen die internationale Sozialdemokratie seitens der Komintern-Sektionen hat es nicht gegeben. Es begannen opportunistische Schwankungen, die in der schweizerischen Kommunistischen Partei bei Humbert-Droz, in der tschechoslowakischen bei Guttmann, in der österreichischen bei Schüller ihre Widerspiegelung fanden, Schwankungen, die auf eine Abschwächung des Kampfes gegen die Sozialdemokratie, auf ein offenes Abgleiten auf sozialdemokratische Positionen hinausliefen und den "Geist des Schwankens und des Opportunismus, den Geist der Zersetzung und der Unsicherheit" (Stalin) hineintrugen. Genosse Ercoli fragt uns, wodurch die Tatsache zu erklären sei, daß es der Sozialdemokratie noch einmal gelungen ist, ein Manöver zu vollführen, eine neue Serie von Theorien und Argumenten zur Rechtfertigung des Verrats der deutschen Sozialdemokratie zu entwickeln. Gerade deshalb, antworten wir, weil die Offensive der Komintern-Sektionen gegen die internationale Sozialdemokratie eine ungenügende war. Es gab Leute, bei denen Bedenken auftauchten, ob die Sozialdemokratie nach dem von Hitler gegen sie geführten Schlag noch die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie bilde. Als ob die Frage der sozialen Funktion der Wels und Blum durch die Form der bürgerlichen Diktatur entschieden würde. Die Grundfrage, die die Rolle der Sozialdemokratie im System der bürgerlichen Diktatur bestimmt, ist: ist die Sozialdemokratie auch nach Hitlers Machtübernahme ein Agent des Kapitals innerhalb der Arbeiterklasse, ein Agent, der das Proletariat spaltet und dadurch den Sieg des Faschismus erleichtert, und folglich hilft sie den Kapitalismus aufrechtzuerhalten? Hat sich die Position der Sozialdemokratie, nachdem man sie aus dem Reichstag hinausgeschmissen hat, in der Frage ihrer Stellung zur kommunistischen Partei, zur Sowjetunion, zur proletarischen Revolution, zum Klassenkampf, zur Einheitsfront für die Abwehr des Faschismus usw. geändert? Nein, Genossen, und daraus folgt, daß die Sozialdemokratie, wie es in den Thesen richtig heißt, die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie bleibt.

Drittens, die kommunistischen Parteien haben, mit Ausnahme der japanischen, der chinesischen und wohl auch der französischen, den drohenden imperialistischen Krieg nicht genügend ausgenutzt, um die Massen zum Kampf gegen den Chauvinismus und die Kriegsgefahr zu mobilisieren. Auch hier trägt die Schuld die fatalistische Einstellung, die in unsere Reihen dringt. Hier und da wird versucht, die Thesen, die W. I. Lenin der Delegation zur Haager Konferenz mitgab, als Fingerzeig auszulegen, daß man den Ausbruch des imperialistischen Krieges nicht verhindern könne, daß die wahre Revolution erst im Ergebnis eines neuen imperialistischen Krieges eintreten werde. Das ist ein Irrtum, Genossen. Die Komintern und ihre Sektionen würden schön aussehen, wenn wir im Augenblick des Überfalls der kapitalistischen Welt auf die Sowjetunion auf das Verbluten des Kapitalismus warten wollten, ehe wir die Kampfaktionen gegen ihn beginnen. Denkt daran, Genossen, daß ihr im Kampfe gegen die Vorbereitung des doppelt reaktionären imperialistischen Krieges der kapitalistischen Welt gegen die Sowjetunion in euren Ländern die ganze Schwere des niedersausenden Schlagen des Klassenfeindes werdet abwehren müssen, und zwar in einer Situation des rasenden Terrors und des Chauvinismus. Ihr müßt darauf gefaßt sein, denn Kleinmut und ein Zurückweichen darf es nicht geben. So ungenügend organisatorisch gekräftigt die Komintern- Sektionen sein mögen, so stark der Klassenfeind scheinen mag, der mit Tanks, mit Geschützen, mit Land-, See- und Luftwaffen aller Art droht ‑ unsere Kraft ist noch nicht entfaltet, sie befindet sich noch in potentiellem Zustande. Eines der Merkmale, wodurch sich die bürgerliche Diktatur von der proletarischen unterscheidet, besteht darin, daß bei der bürgerlichen Diktatur zwischen den Zielen und Interessen, die sie vertritt, und ihrer buntscheckigen Massenbasis eine tiefe Kluft gähnt. Diese Kluft ist bei der proletarischen Diktatur nicht vorhanden. Aber gerade dieser Riß der bürgerlichen, also auch der faschistischen, Diktatur bildet ihr organisches Gebrechen, das unvermeidlich eine Verschiebung und einen “Schwund” in ihrer Massenbasis nach sich zieht. Man darf nicht vergessen, daß dieselben Leute, die im August 1914 mit patriotischen Liedern, mit blumengeschmückten Bajonetten in den Krieg zogen, gegen Ende des Krieges mit denselben Bajonetten ihre Offiziere erstachen. Die Kräfte der Reaktion zeigen am allerwenigsten soziale Stabilität, sie wanken und unterliegen den unterirdischen Stößen und Schwankungen des Bodens unter den Füßen. Die Abwanderung der Massen vom Faschismus ist unvermeidlich, und sie beginnt bereits in Deutschland. Gerade deswegen können wir von einer Unterbrechung in der Entwicklung des revolutionären Prozesses in Deutschland nicht sprechen. Das Heranreifen der Krise in Deutschland ist nicht zu Ende, es hat nur andere Formen angenommen, es entwickelt sich im Zickzack, statt in einer geraden aufsteigenden Linie nach oben.

Es gibt Genossen, die meinen, daß die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland der gesamten internationalen Arbeiterklasse die schwerste Niederlage bringe. Kein Zweifel, daß der Sieg des Faschismus in Deutschland einen schweren Schlag nicht nur für die deutsche Arbeiterklasse bedeutet. Aber in diesem Jahr hat ja die internationale Arbeiterklasse in China und in der Sowjetunion gewaltige Siege errungen. Man darf nicht die Einschätzung des Kräfteverhältnisses auf Grund eines einzigen Landes aufbauen. "Heute muß man", wie Genosse Stalin sagte[4], "von der proletarischen Weltrevolution sprechen, denn die einzelnen nationalen Fronten des Kapitals haben sich in Glieder einer einheitlichen Kette verwandelt, die wir die Weltfront des Imperialismus nennen ..." Die Siege in China und in der Sowjetunion haben das Verhältnis der Klassenkräfte auf der internationalen Arena zugunsten des Proletariats verschoben. In der gleichen Richtung wirkten auch die revolutionären Gärungsprozesse in den Kolonien. Sie sind nicht überall in stürmischen Formen in Erscheinung getreten, aber der Imperialismus hat seine Positionen in den Kolonien nicht gefestigt. Die Differenzierung der nationalrevolutionären Bewegung hat die Wucht der Bewegung geschwächt, aber dafür hat sie den Einfluß der kommunistischen Parteien auf die werktätigen Schichten, die sich von den Nationalreformisten abwenden, gestärkt. In der Mandschurei gibt es gegenwärtig über hunderttausend Partisanenkämpfer statt der früheren mehreren hunderttausend, aber diese Bewegung steht nicht mehr unter der Führung eines Generals Ma oder Hsu Ping Wei, sondern unter der Leitung von Führern, die die Masse selbst hervorbrachte. Ferner, das verflossene Jahr war gekennzeichnet durch den Aufschwung der nationalrevolutionären Bewegung in den arabischen Ländern (Syrien, Palästina, Algerien, Tunis usw.). Aber ohne Zweifel hatte die größten Erfolge die chinesische Revolution in den Sowjetgebieten zu verzeichnen. Die chinesische Kommunistische Partei, die chinesischen Sowjets, die chinesische Rote Armee ‑ das ist nicht mehr einfach eine Bewegung, sondern ein organisierter Arbeiter- und Bauernstaat, und zwar ein besser organisierter und zivilisierterer Staat als irgendein kapitalistischer Staat sonst. Dieser Staat kennt keine Hinrichtungen mit dem Beil, keine Scheiterhaufen für die Werke des menschlichen Geistes, er wird selbst von den verbissensten Feinden der chinesischen Revolution als die festeste und stabilste Regierung Chinas anerkannt. Dieser Staat ist bereits zu einem ernsten Faktor der internationalen Politik, geworden, er führt Verhandlungen mit den Regierungen der einzelnen Provinzen, mit seiner Existenz rechnen die größten kapitalistischen Staaten, die chinesischen Sowjets hängen bereits heute an der Flanke des japanischen Imperialismus und bilden einen Faktor, der den japanischen Imperialismus an der Offensive gegen die Sowjetunion hindert, denn die japanischen Imperialisten begreifen, daß im Falle eines Angriffs gegen die Sowjetunion 400 Millionen Chinesen in Bewegung geraten werden und daß die chinesischen Sowjets sich an die Spitze der Bewegung für die nationalrevolutionäre Befreiung Chinas vom Joch der Imperialisten, für die Säuberung der Mandschurei und Nordchinas von den Besatzungstruppen des Besatzungstruppen des japanischen Räubers stellen könnten. Die Erfolge Sowjetchinas machen nicht nur die chinesische Revolution unbesiegbar, sondern sie festigen auch die Positionen der internationalen Arbeiterklasse im Kampfe gegen die Bourgeoisie und verwandeln Sowjetchina in ein äußerst wichtiges Element der heranreifenden revolutionären Weltkrise.

Und was geschieht in der Sowjetunion? Hier handelt es sich nicht allein um die Hochöfen von Magnitogorsk und die Lichter des Dnjeprostroj. Die Tatsache, daß das Donezbecken seit vielen Jahren zum erstenmal den äußerst angespannten Plan der Kohlenförderung erfüllt, daß das Land des sozialistischen Aufbaus sich einer täglichen Roheisenerzeugung von 26.000 Tonnen nähert, das ist nur eine einzelne kleine Illustration zum grandiosen Bild des heutigen Tages und der nächsten Zukunft, das sich uns entrollt. Wir haben in diesem Jahre eine ausgezeichnete Ernte gehabt, die Aussaatkampagne im Herbst wurde von den Kollektivwirtschaften tüchtig durchgeführt, Millionen Hände von Kollektivwirtschaftlern haben ein großes Stück Arbeit zur Bekämpfung des Unkrauts geleistet. Wir hatten schon seit langem keine so hohe Qualität der Aussaat mehr, keine solche Pflege des Bodens, wie in diesem Jahre. Zur Vorbereitung des Frühjahrsackers für die technischen Kulturen wurde das Brachland gestürzt, etwas, was das alte Rußland nicht kannte. Unser Führer, unser Lehrmeister, unser erprobter Heerführer, der große Stratege der proletarischen Weltrevolution, Genosse Stalin, sagte der Partei und dem Lande der Werktätigen, daß dieses Jahr das letzte Jahr unserer Schwierigkeiten werden müsse, und die gesamte Partei und das ganze Land arbeiten hartnäckig mit einer unbezwinglichen Energie daran, diese Losung in die Tat umzusetzen. Wir arbeiten jetzt daran, Schweine zu züchten und legen darein alle unsere revolutionäre Leidenschaftlichkeit, all unser bolschewistisches Ungestüm, die glühende Energie der ehemaligen Frontkämpfer des Bürgerkrieges. Im Frühjahr schon werden wir eine massenhafte Geflügelzucht entfalten, weil wir wissen, daß im Sowjet-Ei die revolutionäre Weltkrise ausreift; in den nächsten zwei Jahren werden wir den Viehbestand vergrößern, und wir sind überzeugt, daß die Jaroslawler Sowjetkuh nicht nur den Faschismus, sondern auch den gesamten Weltkapitalismus mit ihren Hörnern zu Tode stoßen wird. Ihr begreift nun, warum sich bei uns in diesem Jahre eine beispiellose Festigung des kollektivwirtschaftlichen Systems vollzogen hat, sie vollzog sich auf der Grundlage einer rapiden Steigerung des Wertes des Arbeitstages in den Kollektivwirtschaften. Wenn im Vorjahre eine Kollektivwirtschaft, die drei bis vier Kilogramm pro Arbeitstag herausbekam, als eine gute Kollektivwirtschaft galt, so genießen in diesem Jahr solche Kollektivwirtschaften bei uns kein sonderliches Ansehen. Das gegenwärtige Jahr brachte, dank der richtigen Generallinie unserer Partei, eine Stärkung der Arbeitsdisziplin in den Kollektivwirtschaften, eine Festigung des sozialistischen Verhältnisses zur Arbeit, eine Steigerung des Vertrauens der kollektivwirtschaftlichen Massen zur Partei und zur Sowjetmacht. [...]

IV. Die Aufgaben der kommunistischen Parteien

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Drittens müssen die Kommunisten auf den Beinen sein, um die Errichtung der faschistischen Diktatur dort zu verhindern, wo die Bourgeoisie den Weg der Faschisierung des Staatsapparats eingeschlagen hat. Keinen Zollbreit der Bourgeoisie abtreten ohne Widerstand der kommunistischen Partei, die die Massen dazu mobilisiert. Und jedes Stückchen Freiheit für die Arbeiterklasse und die Werktätigen muß ein unablässiger Kampf geführt werden, der mit der Verteidigung der Tagesinteressen des Proletariats verknüpft sein muß. Denkt daran, Genossen, daß die unerhörte Verschärfung des Klassenkampfes die Teilforderungen der Werktätigen bis zum letzten, entscheidenden Kampf nicht aufhebt, aber sie verleiht diesen Forderungen einen ungeheuren revolutionären Stachel, der sich gegen das gesamte System der bürgerlichen Diktatur richtet. Im Kampfe gegen den Faschismus, der sich anschickt, sich des Staatsapparates zu bemächtigen, wie im Kampfe gegen die bereits errichtete faschistische Diktatur darf im Arsenal der kommunistischen Parteien ein solches Mittel des Klassenwiderstandes, wie der politische Massenstreik, nicht fehlen.

Viertens müssen die Kommunisten alle Kräfte aufbieten, um die faschistische Diktatur dort zu stürzen, wo sie bereits errichtet ist. Die Auffassung, daß die faschistische Diktatur nur durch die proletarische Diktatur ersetzt werden könne, hat etwas Automatistisches an sich. Kein Zweifel, daß in einem Lande wie Deutschland an Stelle des Faschismus die proletarische Diktatur kommt. Aber die Erfahrung lehrt uns auch, daß dort, wo die kommunistischen Parteien schwach sind, wo die Arbeiterklasse nicht unter ihrer Führung als eine selbständige, unabhängige Kraft auftrat, die faschistische Diktatur ersetzt wurde durch eine bürgerliche Diktatur in der Form der Republik (Beispiel Spanien). Deshalb ist die Möglichkeit einer faschistisch-demokratischen Schaukel keineswegs ausgeschlossen, wenn die Kommunisten nicht der Sozialdemokratie den entscheidenden Schlag versetzen. Eine besonders wichtige internationale Aufgabe der gesamten kommunistischen Weltbewegung ist der Kampf gegen den deutschen Faschismus und die allseitige Unterstützung des heldenmütigen Kampfes der deutschen Kommunistischen Partei.

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Heute schon müssen die kommunistischen Parteien, indem sie die Erfahrungen in Deutschland und Italien auswerten, in kürzester Frist das System ihrer Arbeit auf der Grundlage illegaler Betriebszellen umstellen. Das ist die erste und elementare Bedingung für die Vorbereitung auf die Illegalität. Die zweite Bedingung ist die schnellste Ergreifung von Maßnahmen, um die kommunistischen Parteien von dem provokatorischen Gesindel zu säubern, das die Tätigkeit der einzelnen Sektionen der Komintern untergräbt. Die dritte Bedingung ist die geschickte Verbindung der Methoden der legalen und halblegalen Arbeit mit den illegalen Methoden auf Grund der gesamten Erfahrung der revolutionären Weltbewegung. Und hier gewinnt die Frage der Arbeit in den faschistischen Organisationen außerordentliche Bedeutung. Viertens eine Umstellung sowohl der Struktur der Organisation wie ihrer Arbeitsmethoden, damit eine bestimmte Dezentralisation gewährleistet wird, die zur besseren Konspiration der Funktionäre und zur Verwirklichung des alten Grundsatzes der Illegalität beiträgt: jeder weiß nicht das, was er wissen kann, sondern nur das, was er wissen muß. Fünftens die Heranbildung der Kader. Für die eingetretene Periode brauchen wir nicht einfach Kommunisten, sondern illegal tätige Kommunisten. Sie müssen in jeder Beziehung erprobte Leute sein, sie müssen wissen, wie sie sich beim Verhör zu verhalten haben, wie sie sich auf den Prozessen halten sollen, indem sie die Gerichtstribüne zur Entlarvung des Klassenfeindes ausnutzen. Sie müssen ideologisch standhaft, politisch gestählt sein, die auch in der Alltagsarbeit Bolschewiki bleiben und im Augenblick jäher Änderungen der Situation sich nicht verlieren. Sie müssen selbständige Leute sein, die fähig sind, schnell und kühn die verantwortungsvollsten Beschlüsse unter den kompliziertesten Umständen zu fassen. Schließlich müssen sie Revolutionäre und Massenarbeiter sein, die die Vorgänge, welche sich in den Massen abspielen, herausfühlen, die in der Sprache dieser Massen zu reden verstehen, die es verstehen, jeden revolutionären Gedanken und jede revolutionäre Tat in das Ornament des Massenkampfes zu kleiden. Für diese Periode brauchen wir keine Leute vom Schlage eines Neumann, die in der Theorie wie in der Praxis der Arbeiterbewegung gleichermaßen steril sind, sondern Massenkämpfer von dem Typus, wie sie die Kommunistische Partei der Sowjetunion, die deutsche, die chinesische und die polnische Kommunistische Partei hervorgebracht haben und hervorbringen.

Wo sollen diese Kader geschult werden? In der Kampftätigkeit, mitten in der Arbeiterklasse. Das Wachstum dieser Kader ist mit dem Gesamtprozeß der Bolschewisierung der kommunistischen Parteien verbunden. Die kommunistischen Parteien haben auf dem Wege der Bolschewisierung eine große Schule durchgemacht. Aber die geschichtliche Periode, in die die kommunistische Weltbewegung eintritt, stellt an die kommunistischen Parteien erhöhte Anforderungen in bezug auf ihre Bolschewisierung. Im Feuer der revolutionären Kämpfe werden die Sektionen der Kommunistischen Internationale erstarken, indem sie die KPdSU(B) sich zum Vorbild nehmen. Jedoch für den Erfolg dieser Kämpfe ist heute ein noch stärkeres Feuer gegen den Rechtsopportunismus als die Hauptgefahr und gegen die pseudolinken Abweichungen notwendig. Man muß jedem Kommunisten das Gefühl des organischen Hasses gegen den Opportunismus in allen seinen Formen anerziehen, als das Hindernis, welches die Gewinnung der Massen für den Kommunismus hemmt. Die Sektionen der Komintern machen einen schweren Weg durch. Die harte Schule, die die KPD durchmacht, wird sie stählen, wird aus ihr einen hochwertigen revolutionären Stahl machen. Keine schwere Prüfung vergeht für die kommunistische Partei und die Arbeiterklasse umsonst, ohne sie um revolutionäre Erfahrungen zu bereichern und ohne die kommunistische Partei auf eine höhere Stufe ihrer bolschewistischen Stählung zu heben. Eine geschichtlich aufsteigende Klasse und ihre Partei werden unter den schweren Schlägen stärker, während die Klassen, die von der Geschichte dem Untergang geweiht sind, und ihre Parteien unter der Last ihrer Siege zusammenbrechen. Die Siege der Sowjetunion stärken die neue im Entstehen begriffene Welt, die Siege des Faschismus verlängern den Todeskampf der verreckenden alten Welt. Die gehetzte und verfolgte Kommunistische Partei Deutschlands fühlt sich der sich eröffnenden Perspektive gegenüber zuversichtlicher als der sie verfolgende Faschismus. Deshalb ist auf dem Leipziger Prozeß nicht Dimitrow der Angeklagte, sondern Dimitrow klagt den Faschismus an. Deshalb steht der Henker Göring mit wutverzerrtem Gesicht auf dem Leipziger Prozeß bespuckt da, als Verbrecher von der allgemeinen Verachtung begleitet, während der in Ketten gefesselte Dimitrow sich in einen mächtigen Herold verwandelte, der die Werktätigen aller Länder unter die Fahne des Kommunismus ruft. Mögen die faschistischen Bluthunde wüten ‑ die Kommunisten schreiten vorwärts, überzeugt von ihrem Recht, von ihrer Kraft und von ihrem Siege!

 

 

 

 

 

Fußnoten



[1].     [321ignition] Die Fußnoten sind von uns, unter Verwendung von eventuellen in der Quelle enthaltenen Fußnoten, formuliert.

[2].     Marx-Engels, Ausgewählte Briefe, Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter, Moskau-Leningrad, S. 269.

[3].     Lenin, Sämtliche Werke, Bd 19, S. 42.

[4].     Stalin, "Probleme des Leninismus", erste Folge, Verlagsgen. Ausl. Arbeiter, Moskau 1932, S. 32.