|
Wilhelm Pieck Grundfehler von 1918, die nicht wiederholt werden dürfen 7. Mai 1944 |
|
|
Quelle: Freies Deutschland, 7. Mai 1944. Abgedruckt in: Wilhelm Pieck: Reden und Aufsätze - Auswahl aus den Jahren 1908‑1950 - Band 1. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.), Berlin, Dietz, 1951. S. 409‑417. |
|
|
|
|
|
Erstellt: Januar 2013 |
|
|
|
|
|
Die durch den Ablauf des gegenwärtigen Krieges für Deutschland geschaffene Lage unterscheidet sich in vielem grundlegend von der Lage am Ende des Weltkrieges, so daß geschichtliche Vergleiche nur mit großem Vorbehalt gezogen werden können. Trotzdem muß das deutsche Volk in einigen der für seine Zukunft entscheidendsten Fragen sehr ernste Lehren aus dem ersten Weltkrieg und seinem Ausgang ziehen. Je mehr die politische und militärische Lage und vor allem auch die Stimmung des deutschen Volkes der von 1918 nahekommt, um so häufiger und erregter erklären Hitler und Goebbels: Nie mehr 1918! Die Naziführer schufen über 1918 eine ganze Legende, mit der sie heute das deutsche Volk in die Katastrophe hineinzutreiben versuchen. 1918, so erklären sie, heißt fünf Minuten vor zwölf den Kampf einstellen, heißt vorzeitige Beendigung des Krieges, heißt Dolchstoß durch die Erhebung des deutschen Volkes, das auf die "gleisnerischen Versprechungen des Feindes hereinfiel" und seiner "unbesiegten" und "unbesiegbaren" Armee in den Rücken fiel und ihr den weiteren Kampf unmöglich machte. Hier ist jedes Wort eine Lüge. Der Krieg wurde 1918 bis zum militärischen Zusammenbruch, bis zum Ausbluten und zur völligen Erschöpfung von Front und Heimat geführt. Ludendorff hat das in seinen Kriegserinnerungen offen zugegeben, indem er die militärische Lage im August 1918, also schon vor dem Zusammenbruch der Balkanfront, mit folgenden Worten kennzeichnet: Der 8. August stellte den Niedergang unserer Kampfkraft fest. Das Kriegführen nahm damit, wie ich mich damals ausdrückte, den Charakter eines unverantwortlichen Hasardspielens an. Der Krieg war zu beenden. Die Kapitulation erfolgte also nicht auf Grund der Wilsonschen 14 Punkte, sondern auf der Grundlage von Waffenstillstandsbedingungen, die im Wesentlichen bereits die Bestimmungen des Versailler Vertrages enthielten. Die Kapitulation erfolgte nicht auf Forderungen des Volkes, sondern auf die wiederholte ultimative Forderung von Hindenburg und Ludendorff, die in ihrem Appell an die Regierung erklärten, "daß die Armee keine 48 Stunden mehr warten könne". Nicht die Erhebung des deutschen Volkes hat dem Kriege ein Ende bereitet, was sich aber als ein großes Unglück für Deutschland erwies. Eine Beendigung des Krieges durch eine Volkserhebung hätte einen ganz anderen Ausgang des Krieges herbeigeführt. Nehmen wir dafür als Beweis die Ereignisse im Jahre 1917. In Rußland stürzte das Volk durch seine Erhebung die Kriegspartei und beendete damit den Krieg. Wäre das deutsche Volk der Aufforderung des russischen Volkes nachgekommen, das ihm zurief: "Weigert euch, als Mittel der Gewalt und der Eroberung zu dienen ‑ und mit vereinten Kräften werden wir dem blutigen Gemetzel ein Ende setzen", so hätte schon in diesem Jahre der Krieg sein Ende finden können, da ein leidenschaftlicher Friedenswille auch alle anderen Völker erfaßte. Ein Sturz der Kriegsverlängerer durch das deutsche Volk hätte aber nicht nur den bereits verlorenen Krieg früher beendet und Millionen Menschen das Leben gerettet, sondern auch dem deutschen Volk die Achtung und Freundschaft der nach Frieden dürstenden Völker gebracht. Versailles hätte dadurch verhindert werden können. Wenn im Januar 1918 über eine Million deutscher Arbeiter aus Protest gegen die in Brest-Litowsk dem russischen Volke von der deutschen Regierung auferlegten Bedingungen eines Gewaltfriedens und gegen die Fortführung des Krieges in den Streik traten, so waren diese Arbeiter keine Vaterlandsverräter, sondern wahre Patrioten. Daran wird auch dadurch nichts geändert, daß unter der niederträchtigen Hetze der reaktionären Kriegsinteressenten der große nationale Charakter dieser Tat von vielen Menschen im deutschen Volke nicht verstanden wurde. Es ist also als Lehre festzustellen, daß die Volkserhebung 1918 zu spät kam, um entscheidend den Ablauf des Krieges und damit auch die Bedingungen des Friedens zugunsten des deutschen Volkes beeinflussen zu können. Darin liegt der erste verhängnisvolle Grundfehler von 1918, den das deutsche Volk nicht wiederholen darf. Im November 1918 wurden die alten, unmittelbar für den Krieg verantwortlichen reaktionären Kräfte aus der Regierung verjagt. Millionen Menschen im deutschen Volke erkannten, wie schamlos sie 4 ½ Jahre lang über die wahren Ziele des Krieges und die Lage an der Front betrogen waren. Voll tiefsten Hasses wurden die Namen der großen Kriegsinteressenten und Kriegsgewinnler im Volke genannt. So der Name von Krupp, der sein Vermögen während des Krieges verfünffacht, der Name von Stinnes, der sein Vermögen verzehnfacht hatte. So die Namen der Kirdorf, Roechling, Flick, Vögler. So die Herren von der Deutschen Bank und des Mannesmannkonzerns, die mit ihren Bagdadbahn- und Marokkointeressen zu den Hauptinitiatoren des Krieges gehörten. So auch die Namen der alldeutschen Eroberungspolitiker, der Claß[1], Hugenberg, Reismann-Krone (des Schwiegervaters von Hitlers Pressechef Dietrich) und der andren, die sich überschrien in provokatorischen Phrasen: "Viel Feind', viel Ehr'", "Die Weltmacht der Zukunft muß dem deutschen Volk zufallen", "Der Blick schweift vom Nordkap bis zum Indischen Ozean", "Calais ist viel, Suez ist mehr" und damit die Welt gegen Deutschland aufbrachten. Die große Empörung des erwachenden deutschen Volkes veranlaßte die Reaktion, sich zu maskieren und zeitweise in den Hintergrund zu trete. Aber das war auch alles. Die reaktionären kriegslüsternen Großverdiener hielten weiter die entscheidenden Stellen in Staat und Wirtschaft fest in der Hand. Ihre Vermögen, ihre Kriegsgewinne blieben unangetastet. Mehr noch, sie waren die Nutznießer der von ihnen herbeigeführten Inflation und, so unglaublich das klingen mag, sie verdienten sogar Milliarden von Mark an den Reparationslieferungen. In aller Stille, aber auch mit aller Gründlichkeit, bereiteten sie einen zweiten Versuch zur Verwirklichung ihrer nicht aufgegebenen Weltherrschaftspläne vor. In der nationalen und sozialen Demagogie des Hitlerismus und in seinem Rassenwahnsinn fanden die Kriegstreiber die geeignete Lehre zum Betruge und zur Irreführung des deutschen Volkes auf den Weg eines neuen imperialistischen Abenteuers. Sie fanden dazu in den Naziführern, dieser Bande von gewissenlosen und machtgierigen Abenteurern, die geeigneten Kräfte zur brutalen Knebelung des eigenen Volkes und zu den unmenschlichsten Grausamkeiten gegenüber den anderen Völkern. Gerade darin liegt der tiefe Grund der Aufrichtung des barbarischen Naziregimes. Nach 1933 traten auch die alten Kriegstreiber und Eroberungspolitiker wieder in den Vordergrund. Die allgewaltigen Herren von Kohle und Stahl, die Krupp, Roechling, Flick, Vögler, die Herren der deutschen Großbanken und des Chemietrusts wurden staatliche "Wirtschaftsführer". Der ehemalige Präsident des berüchtigten Bagdadbahn-Unternehmens, der Bankier Georg von Stauß, wurde stellvertretender Präsident in Hitlers sogenanntem Reichstag. Der Vertreter des für das Marokkoabenteuer verantwortlichen Mannesmannkonzerns, Zangen, wurde Vorsitzender der Reichsgruppe Industrie. Der Vorsitzende des früheren Alldeutschen Verbandes, der Justizrat Claß, wurde von Hitler mit besonderen Ehren in den Reichstag berufen als Anerkennung für das "Gedankengut", das Hitler von ihm für seine in "Mein Kampf" entwickelte Raubpolitik im Osten entlehnt hatte. Es ist gerade das besondere Kennzeichen des Hitlerstaates, daß noch niemals eine kleine Clique der reaktionärsten und kriegslüsternsten Großverdiener so unbeschränkt herrschte, wie das seit 1933 der Fall ist. Nicht der Staat ‑ wie Hitler sagt ‑ beherrscht die Wirtschaft, sondern die Wirtschaft, das heißt die Monopolherren, beherrschen den Staat und nutzen rücksichtslos die Staatsmacht zur Knechtung und Ausplünderung der Volksmassen aus. Eine gerade Linie führt von 1918 bis zu dem gegenwärtigen Hitlerkriege. Es ist also als weitere Lehre festzuhalten, daß das deutsche Volk schwer dafür zu zahlen hat, daß es 1918 nicht schonungslos mit den kriegsschuldigen Großverdienern und reaktionären Kriegstreibern abrechnete und nicht entschlossen ihre Machtpositionen zerschlug. Darin liegt der zweite verhängnisvolle Grundfehler von 1918, den das deutsche Volk nicht wiederholen darf. Daß in Deutschland diese Bande volksfeindlicher Naziführer an die Macht kommen konnte, zeigt die ganze Schwäche der Weimarer Republik, die ihr vom Tage der Geburt an anhaftete. Die Demokratie wurde nicht in den Millionenmassen des Volkes verankert. Im Gegenteil, die ersten Ansätze dazu wurden schon nach kurzer Zeit wieder liquidiert. Das war keine kämpferische Demokratie, in der der an der Spitze der Verfassung stehende Grundsatz "Alle Gewalt geht vom Volke aus" verwirklicht wurde. Dazu kam, daß der gesamte Staatsapparat nicht von den volksfeindlichen Gegnern der Demokratie gesäubert wurde. Es wurde der Reaktion ermöglicht, ihre Kräfte zu sammeln und ungestraft und unbehelligt ihre Anschläge gegen die Demokratie und gegen ihre Verfechter zu organisieren. In aller Legalität, ja sogar unter dem Schutze des immer mehr von ihr durchsetzten Staatsapparates wurde der Schlag gegen die in der Volkserhebung von 1918 erkämpften und in der Weimarer Verfassung niedergelegten Rechte geführt und schließlich die Weimarer Demokratie vollends erledigt. So konnte es auch geschehen, daß die reaktionären Kriegsinteressenten die Regierungsgewalt gegen den Willen des Volkes der volksfeindlichen Nazibande übertrugen, was Hitler höhnisch triumphierend mit den Worten quittierte: "Ich habe die Demokratie in der Demokratie und mit der Demokratie beseitigt." Es ist also die weitere Lehre zu ziehen, daß das Volk nach seiner Erhebung den gesamten Staatsapparat von allen volksfeindlichen Elementen säubern, daß es eine starke, wirklich demokratische Staatsmacht schaffen muß, die unversöhnlich und entschlossen gegen ihre Feinde auftritt. Daß das 1918 nicht geschehen ist, war der dritte verhängnisvolle Grundfehler, der vom deutschen Volke nicht wiederholt werden darf. In diesen drei Grundfehlern liegen die Hauptursachen dafür, daß das deutsche Volk in diesen zweiten entsetzlichen Raubkrieg hineingetrieben werden konnte, in dem von der Hitlerclique die gesamte Volkskraft und sogar die nationale Existenz des deutschen Volkes aufs Spiel gesetzt wird. Aber wie ist es zu diesen Grundfehlern gekommen? War etwa das deutsche Volk zu schwach dazu, seinen Willen gegenüber dieser Clique kriegstoller Großverdiener und machtgieriger Abenteurer durchzusetzen? Keineswegs. Dieser volksfeindliche Klüngel ist ohnmächtig gegenüber der gewaltigen Kraft der Millionenmassen des werktätigen Volkes, wenn diese entschlossen für ihre Interessen eintreten, die zugleich die Interessen der ganzen Nation sind. Die Ursache dafür, daß das deutsche Volk die Reaktion nicht zu schlagen vermochte, lagen darin, daß es sich durch die imperialistische Propaganda dieser machtgierigen Großverdiener und ihrer Ideologen betrügen und sich einreden ließ, daß die Größe Deutschlands und der Wohlstand des deutschen Volkes die Eroberung fremden "Lebensraumes" und die Errichtung einer deutschen Vorherrschaft über andere Völker zur Voraussetzung habe. Ferner lag die Ursache darin, daß das deutsche Volk nicht einig war gegen diese Clique reaktionärer Volksfeinde, die aus Macht- und Profitgier Volk und Vaterland aufs Spiel setzten. Das deutsche Volk zog zwar wiederholt geschlossen in den Kampf, aber nicht für seine eigenen Interessen, sondern immer nur als Heerhaufen der Reaktion, der raubgierigen Monopolherren gegen andere Völker. Wenn es in den großen historischen Wendepunkten darum ging, im Kampfe gegen den größten Feind der Nation, gegen die Reaktion im eigenen Lande, die wahren nationalen Interessen zu vertreten, dann war das deutsche Volk in seiner Mehrheit passiv und in Dutzende sich befeindende weltanschauliche und politische Gruppierungen gespalten. So war es 1848, 1914, 1918. So war es auch 1933, als es galt, die Errichtung des Naziregimes und damit die Vorbereitung und Auslösung des zweiten Weltkrieges zu verhindern. Ein wesentlicher Umstand, warum die nationale Einheit des Volkes nicht zustande kam, war das Fehlen der Einheit der deutschen Arbeiterschaft gegen die Reaktion. Die Arbeiterschaft ist in ihrer Zahl, ihrer Organisiertheit, ihrer Kampferfahrung nach dazu fähig, das ganze Volk zu sammeln und dessen Kampf Stoßkraft und Entschlossenheit zu geben. Die Interessen der Arbeiter stehen in völliger Übereinstimmung mit denen der Nation. Und die Vertretung dieser Interessen verlangt den schärfsten Kampf und die Todfeindschaft gegen die Reaktion, gegen alle Anschläge auf den Frieden und die politischen und sozialen Rechte des Volkes. Das alles bestimmt die große Bedeutung, aber auch die große Verantwortung, die die Arbeiterklasse gegenüber der ganzen Nation hat. Aber um ihre historische Aufgabe zu erfüllen, muß die Arbeiterschaft selbst einig sein in ihrem Willen und in ihrer Entschlossenheit, die Macht der Reaktion zu brechen. Das war weder 1914, noch 1918, noch 1933 der Fall. In Deutschland sind gewissenlose, zu jedem Verbrechen bereite Abenteurer an der Macht. Es sind die Naziführer, die entschlossen sind, Volk und Vaterland aufs Spiel zu setzen, um ihre Verbrechen weiter zu treiben und sich für ihre Person noch eine Galgenfrist zu verschaffen. Heute geht es für das deutsche Volk um unendlich mehr als 1918. Die Weiterführung des Hitlerkrieges hat zur Folge die weitgehende physische Vernichtung des deutschen Volkes, die Zerstörung seiner Städte, seiner Industrie und Landwirtschaft und damit der Existenzgrundlagen des deutschen Volkes. Das ist gleichbedeutend mit der Gefährdung der nationalen Einheit und Selbständigkeit des deutschen Volkes. Es ist nur zu verständlich, daß sich angesichts dieser drohenden Katastrophe verantwortungsbewußte Deutsche aller politischen Richtungen und Berufsstände zum gemeinsamen Kampf für die Rettung Deutschlands die Hand reichen. Viele Fragen, die 1918 und bis in die letzte Zeit hinein die Geister schieden, enge Parteiinteressen, weltanschauliche und politische Meinungsverschiedenheiten werden entweder überbrückt oder bewußt zurückgestellt im Interesse des gemeinsamen Kampfes für das große Ziel, für die Rettung Deutschlands. Hier liegt auch die Erklärung dafür, warum die Kommunisten mit aller Leidenschaft für das Zustandekommen dieses festen Kampfbündnisses aller verantwortungsbewußten Deutschen eintreten und bereit sind, mit jedem zusammen zu arbeiten, der Volk und Vaterland vor der Vernichtung durch Hitler bewahren will. Die Kommunisten haben unermüdlich immer wieder darauf hingewiesen, daß die Macht der reaktionärsten und kriegslüsternsten Monopolherren gebrochen werden muß, weil sonst von ihnen früher oder später ein neuer Krieg ausgelöst wird. Das hat sich bestätigt. Tausende deutscher Kommunisten wurden von den Hitlerbanditen ermordet, Zehntausende wurden in Konzentrationslager und Zuchthäuser geworfen, weil sie dem deutschen Volk voraussagten: "Hitler, das ist der Krieg!" Auch das hat sich bestätigt. Aber nicht um die Vergangenheit geht es. Es kommt jetzt den Kommunisten darauf an, daß alle Deutschen, die unser Vaterland vor der Katastrophe retten wollen, gemeinsam mit den Kommunisten die Lehren aus den bitteren Erfahrungen der Geschichte ziehen und die so notwendige Einheit des Volkes gegen seine Verderber herstellen. Wenn das 1932 noch nicht gelang, als es galt, den Machtantritt Hitlers zu verhindern, und auch nicht vor 1939, als es galt, alle Hitlergegner in einer deutschen Volksfront zum Sturze Hitlers und damit zur Verhinderung des Krieges zu einigen, so muß heute mit um so größerer Leidenschaft dafür gekämpft werden, daß diese Einheit in letzter Stunde zustande kommt, wo es in der Tat um alles geht, um die Rettung Deutschlands. Heute müssen alle Sonderinteressen hinter dieser großen Aufgabe zurücktreten, und alles muß dem einen Grundsatz untergeordnet werden: Das Wohl des Volkes ist das oberste Gesetz. Seit 1918 hat sich gewiß vieles geändert. Aber eine große Lehre bleibt: Wenn wir Deutschland retten, ihm die Zukunft sichern wollen, dann dürfen wir die verhängnisvollen Grundfehler von 1918 nicht wiederholen. Das deutsche Volk muß so rasch wie möglich den Krieg durch den Sturz der Kriegsverlängerer beenden. Es muß erkennen, daß der Weg der imperialistischen Eroberungen der Weg ins Unglück, der Weg in die nationale Katastrophe ist. Die Verteidigung der nationalen Interessen unseres Volkes erfordert, daß es einig und geschlossen zusammensteht im Kampfe gegen den gemeinsamen Feind, gegen die reaktionären kriegslüsternen Großverdiener und ihre nazistischen Henkersknechte. Die deutsche Arbeiterklasse muß durch das Voranstellen der großen nationalen Aufgaben und durch ihre Einheit, Tatkraft und Opferbereitschaft allen Schichten des Volkes ein Vorbild wahrer nationaler Pflichterfüllung im Kampfe für den Sturz der Hitlerregierung, dieser Verderber Deutschlands, sein. Die Kriegsschuldigen und Kriegsverbrecher müssen schonungslos zur Rechenschaft gezogen, ihre Macht muß ein für allemal gebrochen werden. Ein neuer Rechtsstaat muß an die Stelle der nazistischen Willkürherrschaft gesetzt werden. Dieser neue demokratische Staat, der mit fester Hand die Rechte seiner Bürger wahrt und die nationalen Interessen des ganzen Volkes vertritt, wird auch die Kraft sein, die die alte Zersplitterung des Volkes überwindet und die Nation, wie nie zuvor in ihrer Geschichte, zu einer festen Einheit zusammenschweißt. Eine starke demokratische Staatsmacht wird jeden Versuch des Wiederauflebens von Verschwörungen gegen die Freiheitsrechte des Volkes oder gegen den Frieden Europas im Keime ersticken. Das ist der sichere Weg zur raschen Beendigung des Hitlerkrieges, zur Verhinderung der nationalen Katastrophe und eines neuen, dritten Krieges. Alle wahren deutschen Patrioten müssen ihre ganze Energie und Kraft einsetzen, damit sich die Grundfehler von 1918 nicht wiederholen und sich erfüllen wird, wozu das Nationalkomitee "Freies Deutschland" in seinen 25 Artikeln zur Beendigung des Krieges[2] aufrief und wo es im Artikel 22 heißt: Wenigstens das eine Gute soll der Krieg gehabt haben: Schluß mit der Vergangenheit, Schluß mit der ewig kriegslüsternen deutschen Reaktion! Nicht noch einmal soll sie das Sterben gläubiger deutsche Jugend überleben. Die rückkehrenden Soldaten und das Volk in der Heimat werden unbeugsam an die Säuberung des deutschen Hauses gehen. Für Kriegstreiber, Kriegsgewinnler und unverbesserliche Hitlerleute kein Pardon! Fort mit den Helfershelfern und Spekulanten aller Art! Daß endlich die gesunde Kraft des deutschen Volkes sich entfalte! Wir haben es satt, um ein paar Großverdiener willen der Pechvogel unter den Völkern zu sein! |
|
|
|
|
[1]. Heinrich Claß, Vorsitzender des Alldeutschen Verbandes.
[2]. Um den Widerstand von Deutschen gegen das NS-Regime zu fördern, wurde auf einer Konferenz am 12. und 13. Juli 1943 in Krasnogorsk bei Moskau das Nationalkomitee "Freies Deutschland" (NKFD) gegründet. Am 19. Juli 1943 wurde das "Manifest an die Wehrmacht und das deutsche Volk", das die wesentlichen Ziele des NKFD formulierte, veröffentlicht. Am 25 März 1944 veröffentlichte das Nationalkomitee Freies Deutschland ein Dokument mit dem Titel "25 Artikel zur Beendigung des Krieges", das als zentrale Grundsatzerklärung des NKFD, nach dem Gründungsmanifest, galt.