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Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands

Richtlinien für die Ausarbeitung einer politischen Plattform
der deutschen Volksfront

Juni 1936

 

 

Quelle:

Die Internationale, Prag, 1937, Nr. 1/2, S. 75-82[1].

Abgedruckt in:

Wilhelm Pieck: Gesammelte Reden und Schriften - Band 5 - Februar 1933 bis August 1939. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.), Berlin, Dietz, 1972. S. 356‑373.

 

 

 

 

 

 

Erstellt: Januar 2013

Druckversion
KPD 1918 1945 - Inhalt

 

 

 

 

 

 

Wir, die Vertreter der deutschen Arbeiterschaft und des freiheitlich denkenden Bürgertums, rufen die werktätigen Massen Deutschlands auf, sich in der deutschen Volksfront zum Kampf für den Sturz der faschistischen Diktatur in Deutschland zu sammeln und diesen Kampf auf der Grundlage der nachfolgenden Forderungen und mit dem Ziele der Aufrichtung eines neuen, demokratischen Deutschlands zu führen, dessen wichtigste Staatsgrundsätze in dieser Plattform der deutschen Volksfront niedergelegt sind.

Ungeachtet parteipolitischer, weltanschaulicher und religiöser Verschiedenheiten, vereinigt uns das gemeinsame Ziel: Rettung Deutschlands vor der herannahenden Kriegskatastrophe, Auslöschung der Schande der faschistischen Barbarei, Sturz der deutschen faschistischen Diktatur Hitlers, Errichtung und Sicherung einer demokratischen Republik, eines freien und glücklichen Deutschlands!

Der Sturz der faschistischen Diktatur ist angesichts der von ihr zu Sicherung ihrer Herrschaft geschaffenen Machtmittel eine so gewaltige Aufgabe, daß keine der antifaschistischen Parteien mit ihren Anhängern allein dazu die Kraft hat. Diese Aufgabe kann nur im Zusammenwirken aller antifaschistischen Parteien und Organisationen, Gruppen und Persönlichkeiten, durch die Schaffung der deutschen Volksfront erfüllt werden.

Die faschistische Diktatur konnte in Deutschland nur aufgerichtet werden, weil die deutschen Arbeiterparteien und alle demokratischen Kräfte sich nicht zu einer einheitlichen Aktion zur Verhinderung der faschistischen Diktatur zusammenfanden. Die Uneinigkeit der antifaschistischen Front ermöglichte dem Faschismus, seine Macht zu festigen und die Organisationen seiner Gegner zu zerschlagen oder in die Illegalität zu drängen. Nur durch die Schaffung der deutschen Volksfront wird die Kraft erstehen, die fähig ist, die Barbarei des Faschismus zu vernichten und dem deutschen Volke die demokratischen Rechte und Freiheiten zu erkämpfen, den Frieden zu sichern und eine dem werktätigen Volke dienende Wirtschaftspolitik zu führen.

Die deutsche Volksfront kämpft für ein freies und starkes Deutschland, die dessen durch die Hitlersche Politik geschändetes Ansehen in der Welt wiederherstellen und den deutschen Namen in der Welt wieder zur Ehre bringen wird. Die deutsche Volksfront wird nach dem Sturze Hitlers solche Maßnahmen ergreifen, die eine Wiederkehr der faschistischen Barbarei und Reaktion für alle Zeiten unmöglich machen werden.

Wofür kämpft die deutsche Volksfront?

Die gemeinsamen großen Ziele der Volksfront sind:

1. Kampf für den Frieden, Verhinderung des Krieges.

2. Kampf für die Freiheit, Erkämpfung der Demokratie.

3. Wohlstand und Sicherheit für das schaffende Volk.

Der Kampf für den Frieden

Hitlers gesamte Innen- und Außenpolitik ist auf die Vorbereitung und Auslösung des Krieges eingestellt. Nachdem er das deutsche Volk erbarmungslos unterdrückt und ausplündert, um die Profitgier der Großkapitalisten und Rüstungsgewinnler zu befriedigen, will er andere Völker unterjochen und fremde Gebiete erobern. Diese Katastrophenpolitik gefährdet die gesamte nationale Existenz Deutschlands, den Frieden der ganzen Welt und treibt durch ihre abenteuerliche Schuldenwirtschaft einer Wirtschaftskatastrophe entgegen. Hitler braucht den Krieg. Die Erhaltung des Friedens ist für seine Herrschaft eine tödliche Gefahr.

Die Volksfront sieht ihre entscheidende Aufgabe in dem Kampfe zur Verhinderung des Krieges. Sie kämpft für die Völkerversöhnung, für die Kollektivsicherheit, für Abrüstung, für eine feste Zusammenarbeit mit allen den Frieden fördernden Kräften, insbesondere der Sowjetunion, dem Frankreich der Volksfront und allen den Frieden liebenden Menschen in der Welt.

Die Volksfront stellt ihre ganze Kraft auf die Widerlegung der chauvinistischen Propaganda und Rassenhetze Hitlers ein, sie enthüllt die gefährlichen Betrugsmanöver, die Hitler mit seinen heuchlerischen Friedensphrasen gegenüber dem deutschen Volke unternimmt, um es irrezuführen und die Friedenskräfte in Europa zu zersplittern.

Der Kampf gegen den Krieg erfordert aber zugleich den Kampf um die innere Freiheit des deutschen Volkes. Nur ein Deutschland, das im Innern frei ist, wird nach außen eine konsequente Politik des Friedens führen, wird ein starkes Deutschland sein, das Ansehen und Geltung in der Welt besitzt.

Die Volksfront organisiert den Widerstand des Volkes gegen die wahnwitzige Rüstungspolitik und [die] riesigen Gewinne der Rüstungsproduzenten, gegen die Abwälzung der Rüstungslasten auf die Schultern des werktätigen Volkes.

Der Kampf für Freiheit und Demokratie

Die Hitlerregierung hat das ganze deutsche Volk in Ketten geschlagen, es aller seiner Freiheiten und demokratischen Rechte beraubt und ein unerhörtes Terrorregime gegen alle freiheitlich denkenden Menschen aufgerichtet, die Besten des deutschen Volkes ermorden lassen oder in die Konzentrationslager gesperrt oder des Landes vertrieben.

Die deutsche Volksfront kämpft für die Freiheit und Demokratie, für das allgemeine, gleiche, geheime und direkte[2] Wahlrecht, für die demokratische Republik.

Die deutsche Volksfront kämpft für Presse-, Versammlungs-, Rede- und Vereinigungsfreiheit, für Glaubens- und Gewissensfreiheit, für das freie Recht der Eheschließung, für die Herstellung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden und ihre Befreiung von der korrupten braunen Kommissarwirtschaft, für die Einheit des Reiches unter Wahrung der Eigenarten der Länder und Gebiete.

Die Volksfront kämpft gegen die Verbrechen der Gestapo, für die Aufhebung der Konzentrationslager, gegen die Folterungen und Todesurteile. Die Anhänger der Volksfront verpflichten sich zur aktiven Solidarität mit den Opfern des braunen Terrors, zum gemeinsamen Schutz vor Spitzeln und Verhaftungen, zum Kampf für die Amnestie, für die Abschaffung der sogenannten Volksgerichte und der Gestapo.

Die Volksfront führt den Kampf gegen die Religionsverfolgungen und gegen die Eingriffe des Staates in das innere kirchliche Leben, sie führt den Kampf gegen den barbarischen Rassenwahnsinn und die Sterilisation.

Die Volksfront kämpft in den Betrieben und in allen Organisationen für das Recht der freien Aussprache, gegen die Wirtschaft der Kommissare, für das freie Entscheidungsrecht der Mitglieder, für die Wahl der Funktionäre und Leitungen durch die Mitglieder.

Der Kampf für den Wohlstand des schaffenden Volkes

Die Hitlerregierung betreibt eine Wirtschaftspolitik des Krieges, die dem ganzen Volke unerhörte Lasten auferlegt und die Versorgung des Volkes mit den wichtigsten Lebensmitteln auf das äußerste gefährdet.

Die Volksfront kämpft für eine Wirtschaftspolitik zur Hebung des Wohlstandes der Volksmassen. An Stelle der Rüstungspolitik kämpft sie für eine Politik der Arbeitsbeschaffung durch Hebung der Kaufkraft des Volkes, durch ein großzügiges Wohnungsbauprogramm, durch normale Handelsbeziehungen mit anderen Ländern, die den Absatz deutscher Qualitätsprodukte im Ausland heben. An Stelle der Steuerpolitik im Interesse der Rüstungsgewinnler und reichen Großverdiener kämpft die Volksfront für einen radikalen Umbau der Steuerpolitik, für die Entlastung der ärmeren Bevölkerung, für schärfere Heranziehung der Großverdiener zu den Steuerleistungen, für die Sicherung der Einlagen der kleinen Sparer, für den Schutz der Volksgesundheit, für die Wiederherstellung und den Ausbau der Sozialversicherung.

Für die Arbeiter und Angestellten

Die Hitlerregierung hat die Löhne und Gehälter gekürzt, die Differenzierung der Löhne gesteigert, die Hetzarbeit in den Fabriken erhöht, die kollektive Regelung der Tarifverträge zerschlagen, die Zwangsarbeit eingeführt, die Anzüge von Lohn und Gehalt vermehrt, die Unterstützungen herabgesetzt oder ganz gesperrt, die Gewerkschaftskassen gestohlen und die Gewerkschaften zerstört.

Die Volksfront unterstützt und fördert den Kampf der Arbeiter und Angestellten gegen jeden offenen oder getarnten Lohnabbau, gegen Zwangsabzüge, gegen Zwangsarbeit, für höhere Löhne und Gehälter, für die Vierzigstundenwoche mit Lohnausgleich, für die kollektive Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen, für die Freizügigkeit, für die Abschaffung des Arbeitspasses, für die Hebung der Lage der Landarbeiter, für ausreichende Unterstützung aller Erwerbslosen unter Einbeziehung aller werktätigen Schichten, gegen die Rückzahlung der gewährten Unterstützungen, für verlängerten Urlaub und Urlaubszuschuß für alle Arbeiter und Angestellten.

Für die Bauern

Im Interesse der Rüstungspolitik und der Aufrechterhaltung des korrupten braunen Bonzenapparates schikaniert die Hitlerregierung unausgesetzt den Bauern. Sie hat ihm das Recht zum Schlachten und Markten genommen, bespitzelt seine Wirtschaft durch die faschistischen Kommissare und ruiniert mit ihren Zwangsbestimmungen und Handelsbeschränkungen die Bauernwirtschaften. Sie verteuert das Saatgut, die Futter- und Düngemittel und unterwirft die bäuerlichen Genossenschaften der Willkür der Agenten Darrés[3].

Die Volksfront kämpft für angemessene Preise für die landwirtschaftlichen Produkte der Bauernschaft. Sie kämpft für die Beseitigung des kostspieligen faschistischen Kontrollapparates, für die Beseitigung der Zwangswirtschaft, für den Absatz der landwirtschaftlichen Produkte durch freie Verkaufsgenossenschaften, für die Aufhebung des Erbhofgesetzes[4]. Sie kämpft für die Niederschlagung sämtlicher Steuerrückstände der Bauern, für die Senkung der Futtermittel-, Dünger- und Maschinenpreise, für die Herabsetzung der Pachten und Grundsteuern, für staatliche Hilfe zugunsten der notleidenden Landwirte, für Entschuldung der kleinen und mittleren Bauern, für langfristige Kredite und für die Senkung des Zinsfußes, für Zuteilung von Land auf Kosten des Großgrundbesitzes der ehemaligen Fürsten und Junker.

Für den Mittelstand

Die Hitlerregierung hat den Kleingewerbetreibenden und Handwerkern viel versprochen, aber wenig oder gar nichts gehalten. Sie werden durch die Steuerschraube, durch Miet- und Zinswucher, durch den Spendenzwang fortgesetzt ausgeplündert und durch das Monopolkapital und die wahnwitzigen Rüstungsausgaben dem völligen Ruin ihrer Wirtschaft ausgeliefert.

Die Volksfront kämpft gegen die Monopolwirtschaft, für die Sicherung der Existenz des Mittelstandes, für bevorzugte Berücksichtigung der Handwerker bei kommunalen und staatlichen Aufträgen zu angemessenen Preisen, gegen die Preisdiktatur der Kartelle, für die Senkung der Frachtgebühren[5], der Ladenmieten und Steuern, für die Senkung der Umsatzsteuer, für die Wiederherstellung der Rechte und Freiheiten der Handwerker-, Händler- und Kleingewerbeorganisationen (Innungen, Vereinigungen usw.).

Für die Beamten

Die Hitlerregierung hat gegen die Beamten ein System der Gesinnungsschnüffelei und des politischen und wirtschaftlichen Terrors errichtet. Wer sich ihrem Terror nicht unterwarf, wurde aus dem Amte gejagt, um unfähigen Parteibuchbeamten der Nazis Platz zu machen.

Die Volksfront kämpft für die Wiederherstellung der politischen und wirtschaftlichen Rechte des Berufsbeamtentums, für die Heraufsetzung der niedrigen Gehälter der unteren und mittleren Beamten, für Beförderung nach Befähigung und Dienstalter, für die Wiederherstellung und Entschädigung aller aus parteipolitischen oder Rassegründen entlassenen Beamten, für frei gewählte Beamtenausschüsse.

Für die Geistesarbeiter

Die Hitlerregierung hat die freien Berufe einer skandalösen Dunkelmännerei der Goebbels und Rosenberg unterworfen, sie hat große deutsche Kulturwerte zerstört, durch die Kulturschande der Bücherverbrennung Deutschland entehrt, weltbekannte Gelehrte und Künstler aus dem Lande vertrieben. Sie betreibt eine faschistische Uniformierung und Militarisierung der Geistesarbeiter und zwingt Tausende von Lehrern, Wissenschaftlern, Künstlern und Journalisten, gegen ihre innere Überzeugung zu lehren und zu schreiben. Nicht Fähigkeiten, Wissen und Talent entscheiden, sondern nur das braune Parteibuch.

Die Volksfront verteidigt die deutsche Kultur, sie kämpft für die Freiheit des Geistes, der Wissenschaft und Forschung, gegen die Kriegshetze und den Rassenwahn, gegen Gesinnungszwang und Gleichschaltung, gegen faschistische Entwürdigung der Wissenschaft und der Kunst, gegen die Maßregelung und Landesvertreibung freier, unabhängiger Künstler und Wissenschaftler, gegen den braunen Dilettantismus und die Protektionswirtschaft, für Wissen und Leistung.

Für die Jugend

Die Hitlerregierung will die deutsche Jugend in die Höfle des Krieges, in die lebensvernichtende Pest der Giftgase, in die mörderischen Schützengräben treiben. Die Hitlerregierung hat die freien Jugendorganisationen zerstört und sucht durch die rassenpolitische und völkerverhetzende Agitation die Herzen und Hirne der Jugend in Schule, Jungvolk, Hitler-Jugend, Arbeitsdienst, SA und Militärdienst zu vergiften und den kämpferischen Idealismus der deutschen Jugend für ihre Kriegspläne zu mißbrauchen.

Die Volksfront kämpft für die Rettung der deutschen Jugend vor ihrer Vernichtung in einem neuen Kriege, sie kämpft für die Erziehung der Jugend im Geiste des Völkerfriedens, der Freiheit und des Fortschritts. Sie kämpft für eine gute Berufsausbildung der Jugend, für die Sicherung ihres Arbeitsplatzes, gegen Arbeitsdienstpflicht und Zwangsverschickung auf das Land, für tarifliche Entlohnung, vierwöchigen bezahlten Urlaub und Sechsstundentag der Jungarbeiter und Jungangestellten, für ausreichende Lehrstellen und bezahlte Lehrzeit, für Aufhebung der Studiumsbeschränkungen auf den Hochschulen und Universitäten, für gleiches Studiumsrecht der Mädchen, für freies Vereinigungsrecht. Die Volksfront wird der deutschen Jugend alle Möglichkeiten ihres materiellen und kulturellen Aufstiegs erkämpfen. Sie kämpft für eine menschenwürdige Behandlung der Arbeitsdienstler und Rekruten, gegen den militärischen Drill und Kadavergehorsam.

Für die Frauen

Die Hitlerregierung hat durch das faschistische Herrenrecht die Frau zur Magd und Dienerin des Mannes erniedrigt, der jede Gleichberechtigung vorenthalten wird. Sie zerstört durch die Verschickung der Männer zum Zwangsarbeitsdienst die Familie, hetzt die Kinder gegen ihre Eltern auf und vergrößert durch die Verminderung des Einkommens der Familie die Sorgen der Mütter. Wieder droht den Frauen die große Gefahr, daß durch einen neuen Weltkrieg die Männer und Söhne abgeschlachtet werden.

Die Volksfront kämpft für volle Gleichberechtigung der Frau im Beruf und im öffentlichen Leben, gegen die Ausnahmegesetze gegen verheiratete Frauen, für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit, für Arbeiterinnenschutz, für den Schutz der Familie und eines gesunden Nachwuchses des deutschen Volkes (Schutz von Mutter und Kind, Unterstützung kinderreicher Familien u. a.).

An die werktätigen Anhänger des Nationalsozialismus

Die Volksfront bietet allen Anhängern des Nationalsozialismus, die bereit sind, für die wirklichen Volksinteressen, für Frieden, Freiheit und ein besseres Leben zu kämpfen, die Hand zum gemeinsamen Kampf. Sie haben ehrlich an die “sozialistischen” Versprechungen Hitlers geglaubt, aber sie beginnen, immer mehr zu erkennen, daß heute mehr denn je das Großkapital und die Finanzfürsten das deutsche Land beherrschen. Um deren Forderungen durchzusetzen, hat Hitler seinen Terror auch gegen Tausende von Anhängern des Nationalsozialismus gerichtet, die es wagten, ihre eigenen Lebensinteressen zu vertreten und ihrer Enttäuschung Ausdruck zu geben. Der von diesen Anhängern gewollte Zustand von Frieden, Freiheit und Wohlstand soll durch den Kampf der deutschen Volksfront verwirklicht werden.

Die Staatsgrundsätze des neuen deutschen Reiches

Die Volksfront ruft die Millionenmassen aller Schaffenden in Deutschland auf, den einheitlichen Kampf für ihre Lebensinteressen, für Freiheit und Wohlstand aufzunehmen. Dieser Kampf der Volksmassen für die Forderungen der Volksfront ist der Weg zum Sturze Hitlers. Im Verlaufe dieses Kampfes werden überall in Deutschland die von dem Willen der breitesten Massen des Volkes getragenen Organe der Volksfront erstehen, die diesen Kampf organisieren und führen. Diese Organe der Volksfront werden auch nach dem Sturze Hitlers die provisorische Regierung bestimmen, deren Aufgabe es sein wird, den Sieg zu sichern und die freie Entscheidung des Volkes über das künftige Regime zu ermöglichen.

Die in der Volksfront verbundenen Parteien, Richtungen, Organisationen, Gruppen und Personen erklären als den wichtigsten Staatsgrundsatz, daß das neue Reich eine demokratische Republik sein wird, in der das Volk frei über alle Fragen der Wirtschaft, der Innen- und Außenpolitik des Landes entscheidet und die Regierung durch eine Entscheidung des werktätigen Volkes auf Grund des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts bestimmt wird. Das neue Reich wird alle Forderungen des Volkes, für die die Volksfront den Kampf führt, erfüllen.

Das neue Reich muß eine starke und mächtige Demokratie sein, gestützt auf den Willen der Volksmassen, errungen im Kampf und Sieg Über die faschistische Reaktion. Es wird aus den Fehlern der Vergangenheit die Lehren ziehen, um zu verhindern, daß Deutschland zum zweiten Mal den Angriffen der Reaktion unterliegt.

Zur Sicherung des Friedens

Das neue Reich wird frei, stark und unabhängig sein, weil es sich auf die deutschen Volksmassen stützt, die den Frieden und die Verständigung mit den anderen Völkern wollen. Das neue Reich wird sämtliche von dem Volksfeind Hitler abgeschlossenen Kriegspakte für null und nichtig erklären. Es wird wieder dem Völkerbund beitreten und seine ganze Kraft dafür einsetzen, ihn zu einem wirksamen Werkzeug der kollektiven Friedenssicherung und der Abrüstung [zu] machen. Es wird mit allen Ländern kollektive Verträge für den Frieden und Nichtangriffspakte abschließen.

Das neue Reich strebt keinerlei territoriale Eroberungen oder Kolonien an. Deutschland hat genug Boden, Erwerbs- und Lebensmöglichkeiten für das deutsche Volk. Es ist reich genug, um allen seinen Bewohnern Wohlstand und Glück zu gewähren. Aber die Voraussetzung dazu ist, daß es sich frei macht von der Herrschaft der Kriegstreiber und der Hitlerbarbarei.

Das neue Reich lehnt jeden Versuch ab, die deutschen Minderheiten außerhalb des Reiches chauvinistisch zu beeinflussen oder gewaltsam anzugliedern. Es wird durch eine friedliche und freundschaftliche Verständigung mit den anderen Völkern die Wahrung ihrer nationalen und kulturellen Interessen unterstützen, wie es auch alle Probleme, die die nationale Einheit und die Beziehungen Deutschlands mit anderen Völkern betreffen, durch eine kollektive Verständigung zu regeln versuchen wird.

Die Sicherung der Freiheit

Das neue Reich sichert die volle und uneingeschränkte Freiheit der Person, der Wohnung, der Presse, des Vereins- und Versammlungswesens, der Religion, der wissenschaftlichen Forschung und der Kunst. Es sichert den Angehörigen aller Berufe, aller nichtfaschistischen politischen, weltanschaulichen und religiösen Richtungen das volle und uneingeschränkte Recht, sich zur Vertretung ihrer Interessen und Anschauungen zusammenzuschließen. Es ist bereit, mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften die von ihnen gewünschten Verträge zur Sicherung ihres selbständigen Lebens abzuschließen. Es sichert die Freiheit des Volkes, indem es die faschistischen Terrorbanden zerschlägt, jede Neubildung nationalsozialistischer und reaktionärer Organisationen und jede propagandistische Verteidigung des faschistischen Terrors rücksichtslos verhindert.

Das neue Reich öffnet die Tore der Konzentrationslager und Gefängnisse für die eingekerkerten Antifaschisten und für alle, die wegen Verstoßes gegen die volksfeindlichen Gesetze Hitlers in die Gefängnisse geworfen wurden. Die Gestapo wird aufgelöst, ihre Greueltaten werden vor aller Welt enthüllt. Die Führer des faschistischen Terrors, die korrupten Helfershelfer Hitlers, die jedes Recht brechenden faschistischen Richter, die für die Morde und Folterungen verantwortlichen Gestaposchergen werden für ihre Taten zur Verantwortung gezogen. Die Anhänger des Nationalsozialismus, die das faschistische Terrorregime unterstützten, die sich aber von diesem Regime abwenden und den Kampf der Volksfront für Freiheit und Frieden unterstützen, werden in die Kampffront eingereiht und haben selbstverständlich keinerlei Verfolgungen zu befürchten.

Der Staatsapparat, das Heer, alle öffentlichen Ämter und Behörden werden von volksfeindlichen, faschistischen Elementen gereinigt. Das neue Reich wird ein Reich der Sauberkeit und der Ordnung sein, es wird Schluß machen mit der faschistischen Korruption, mit dem Denunziantentum, mit der Heuchelei und Kriecherei, die das faschistische Regime erzeugt hat.

Die Sorge um die Opfer des braunen Terrors

Das neue Reich wird eine Ehrenpflicht darin erblicken, allen Männern und Frauen, die unter der Hitlerdiktatur heldenmütig für die Freiheit des deutschen Volkes kämpften, schweren Verfolgungen und Mißhandlungen ausgesetzt waren, aus dem Lande vertrieben wurden, große Opfer an Gesundheit, Freiheit und Gut brachten, sowie allen Hinterbliebenen der von den Faschisten ermordeten Helden des deutschen Freiheitskampfes seine größte Sorge zuzuwenden und ihnen materielle Entschädigungen zu leisten.

Alle Arbeiter, Angestellten, Beamten, Ärzte, Rechtsanwälte, Künstler, Lehrer usw., die wegen ihrer Rasse, Religionszugehörigkeit oder politischen Anschauung entlassen oder ihrer Existenz beraubt wurden, werden in ihre alten Rechte wieder eingesetzt.

Das neue Reich wird den Gewerkschaften, Genossenschaften und allen anderen Organisationen der Arbeiter, Angestellten und übrigen Werktätigen ihr ihnen von den Faschisten geraubtes Eigentum zurückgehen.

Sozial- und Wirtschaftspolitik

Das neue Reich wird eine neue, nur den Interessen der werktätigen Massen dienende Wirtschaftspolitik durchführen und eine gründliche Umstellung der von Hitler geführten Kriegswirtschaft vornehmen. Statt der wahnsinnigen Rüstungen wird das neue Reich große öffentliche Arbeiten zu Tariflöhnen organisieren, die der Befriedigung der Massenbedürfnisse und dem Wohnungsbau dienen. Die für die Arbeitsbeschaffung und Verbesserung der Sozialversicherung erforderlichen Beträge werden zu einem Teil durch sofortige Rückforderung aller den Monopolisten und Trustgewaltigen gewährten Subventionen und durch radikale Besteuerung der Rüstungsgewinne des Großkapitals aufgebracht.

Das neue Reich wird den Arbeitern und Angestellten in ihren Bestrebungen zur Verbesserung der Löhne und Gehälter beistehen. Es sichert ihnen den Siebenstundentag und die Vierzigstundenwoche, das uneingeschränkte Streik- und Koalitionsrecht, den freien Abschluß von Tarifverträgen durch ihre Organisationen, die freie Wahl von Betriebsräten, Anspruch auf bezahlten Urlaub[6] von mindestens 14 Tagen, für Jugendliche von mindestens 4 Wochen. Jedem Arbeitenden wird das Recht auf Arbeit zu Tariflöhnen, allen Arbeitsunfähigen und Erwerbslosen das Recht auf ausreichende Unterstützung gesichert. Das neue Reich führt eine obligatorische Alters- und Invalidenversicherung ein.

Das neue Reich wird eine neue Steuerpolitik durchführen, deren Grundprinzip die Entlastung der werktätigen Volksschichten, die stärkere Belastung der Reichen ist. Es beseitigt die in den Krisenjahren eingeführten neuen Massensteuern und deckt den Ausfall ausschließlich durch Erhöhung der oberen Stufen der Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuer und durch die Sonderbesteuerung der Großaktionäre.

Das neue Reich verwendet die Gutshöfe, Erbhöfe und Ländereien, die von Hitler auf Kosten des werktätigen Volkes an die Helfershelfer des faschistischen Terrors verschenkt wurden, für die landarmen Bauern und Landarbeiter. Es wird von den preußischen Junkern die sofortige Rückzahlung der Osthilfe und sonstigen Subventionsgelder fordern und im Unvermögensfalle entsprechende Teile ihres Bodens für Siedlungszwecke einziehen.

Die Banken, deren Aktien im Staatsbesitz sind oder es vor der Hitlerdiktatur waren, werden zu einer Staatsbank verschmolzen, deren Aufgabe darin besteht, das Kreditbedürfnis der Bauern und des Mittelstandes zu befriedigen, unter systematischer Herabsetzung des Zinsfußes.

Das neue Reich wird die Rüstungsindustrie nationalisieren, um den Kriegstreibereien des Rüstungskapitals entgegenzuwirken. Im Interesse der Ordnung und zur Sicherung der Produktion und der Volksernährung wird das neue Reich das Eigentum jener Großkapitalisten und Großagrarier beschlagnahmen, die die ökonomischen Maßnahmen der demokratischen Regierung sabotieren.

Unterricht - Wehrverfassung - Polizei - Justiz

Das neue Reich wird das gesamte Volksschulwesen vollständig umgestalten, nach einem einheitlichen Plane organisieren und den Unterricht völlig unentgeltlich gestalten. Das Leitmotiv der Erziehung wird darin bestehen, den Charakter des jungen Menschen durch die Pflege der freiheitlichen Traditionen, durch die Verbindung mit den großen Werken der deutschen Kultur, durch die großzügige Förderung von Sport und Spiel zu bilden und damit unsere Jugend gesundheitlich zu kräftigen und ihr Lebensfreude und eine sichere Zukunft zu verschaffen. Den befähigten jungen Menschen aus allen Volksschichten wird jedes Studium ermöglicht werden. Minderbemittelte Studenten erhalten einen ausreichenden Staatszuschuß. Die Universitäten werden von den Propagandisten des braunen Terrors gereinigt und in Stätten der freien Forschung verwandelt. Die vertriebenen Gelehrten werden zurückberufen.

Das neue Reich wird das Reichsheer zu einem demokratischen Volksheer umgestalten. Soldaten und Offiziere erhalten die vollen staatsbürgerlichen Rechte. Die höheren Kommandostellen werden nach den Grundsätzen der sachlichen Befähigung und der Ergebenheit für die demokratische Republik besetzt. Jedem Soldaten steht bei entsprechender Eignung die höhere militärische Schulung und Beförderung zum Offizier offen. Besondere Kommissionen der Volksvertretung wachen über die Rechte der Soldaten.

In der Polizei, die den Interessen des Volkes zu dienen hat, wird kein Reaktionär belassen, der dem neuen Reich feindlich gesinnt ist. Kommandostellen dürfen nur solche Personen bekleiden, die die Gewähr bieten, daß sie den Polizeiapparat rücksichtslos gegen alle faschistischen Reaktionäre einsetzen.

In der Justiz wird das Schwergewicht der Rechtsfindung auf die Geschworenen und Schöffen gelegt, die unter Kontrolle der Volksvertretung aus den breitesten Massen gewählt werden. Alle Beschränkungen ihrer Rechte werden aufgehoben. Die Berufsrichter werden aus den Reihen der Juristen, die sich nicht an der Terrorjustiz des Faschismus mitschuldig gemacht haben, in freier Volkswahl gewählt. Es besteht die Freiheit der Verteidigung, der Verteidigerwahl sowie unbedingte Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens.

Wie kämpft die deutsche Volksfront gegen die Hitlerregierung?

Die deutsche Volksfront stützt sich in ihrem Kampfe auf den vielfältigen Widerstand, der in allen Schichten des werktätigen Volkes gegen das faschistische Regime zum Ausdruck kommt und weiter anwachsen wird. Diesen Widerstand gilt es zu entfalten und zu offenen Widerstandsaktionen zu steigern. Ohne eine solche planmäßige, organisierende Tätigkeit der Volksfront kann der Sturz Hitlers nicht vorbereitet und herbeigeführt werden. Die Volksfront muß solchen gefährlichen Illusionen entgegentreten, daß das Hitlerregime automatisch durch die inneren Schwierigkeiten zusammenbrechen oder durch den Krieg gestürzt werden könnte. Das Hitlerregime wird nur stürzen, wenn es von den deutschen werktätigen Massen selbst gestürzt wird und wenn diese von einer Kraft geführt werden, die imstande ist, den Massen Richtung und Weg in diesem Kampfe zu zeigen und die Gestaltung eines neuen Deutschlands den werktätigen Massen verständlich zu machen.

Das Hauptproblem des antifaschistischen Kampfes in der gegenwärtigen Zeit ist die Aktivierung der Arbeiterklasse und der Werktätigen durch die breiteste Volksfrontpropaganda, durch die illegale Organisierung des Kampfes und die Ausnutzung aller legalen Möglichkeiten in den faschistischen Massenorganisationen. Jede kleine Teilbewegung ist ein Schritt im Kampfe gegen die volksfeindliche Hitlerdiktatur. Das organisierte Auftreten in Versammlungen, der Kampf gegen die faschistischen Bonzen und Kommissare, die Forderung auf Wahl der Leitungen und Vertrauensräte, das massenhafte Verlassen von Versammlungen, die Unterstützung der Organisierung von Gewerkschaften, die Verweigerung der Lieferungen an die Zwangsorganisationen des Reichsnährstandes durch die Bauern, die Protestaktionen der Katholiken und Protestanten gegen die Vergewaltigung der Glaubensfreiheit - das alles sind die ersten Anfänge der antifaschistischen Massenbewegung.

Im Betrieb, auf den Stempelstellen, auf den Märkten, im Dorfe, in den Schulen, in den Kirchen, in der Deutschen Arbeitsfront[7], in "Kraft durch Freude", im Luftschutz und in allen anderen faschistischen Organisationen - überall gilt es, das Volk zu beeinflussen, alle Methoden der Aktivität, des Protestes und des Kampfes auszulösen und [den Kampf] zu einer einheitlichen, machtvollen Bewegung gegen die Hitlerdiktatur zu steigern.

Innerhalb der Volksfront kommt der in der Arbeiterschaft herbeigeführten Einheitsfront eine besondere Bedeutung zu. Die in der Einheitsfront vereinigten Arbeiter aller freiheitlichen politischen Richtungen, der katholischen Arbeiterschaft werden durch die Kraft der Einheitsfront nicht nur ihre besonderen Forderungen durchzusetzen imstande sein, sondern auch dadurch eine große Anziehungskraft auf die übrigen werktätigen Schichten zur Einreihung in die Volksfront ausüben. Dadurch werden wiederum auch Teile des freiheitlichen und friedensliebenden Bürgertums sich zur Volksfront hingezogen fühlen und ihren Kampf unterstützen.

Die in dem Ausschuß zur Organisierung der deutschen Volksfront geeinten politischen Parteien, Richtungen und Personen gehen die feierliche Verpflichtung ein, mit ihrer ganzen Kraft für die gemeinsame große Sache einzustehen und alles zu tun, um das Zustandekommen der Volksfront auf breitester Basis zu fördern. Sie verpflichten sich, die illegale Arbeit im Lande als die entscheidende Aufgabe des deutschen Freiheitskampfes zu unterstützen, sich gegenseitig in allen Angelegenheiten dieses Kampfes beizustehen und die planmäßige praktische Zusammenarbeit immer enger zu gestalten.

Sie verpflichten sich, die gemeinsam beschlossene Plattform der Volksfront mit allen ihren Kräften innerhalb und außerhalb des Landes zu propagieren und gemeinsam die Interessen des Freiheitskampfes für ein demokratisches Deutschland überall zu vertreten. Sie verpflichten sich, gemeinsam das Los aller emigrierten Freiheitskämpfer erleichtern zu helfen.

Sie sind sich einig nicht nur in dem Willen zum Sturz der volksfeindlichen Hitlerdiktatur, sondern auch in der Entschlossenheit, alles an den Sturz der Hitlerdiktatur und an die Errichtung und Sicherung eines neuen, demokratischen Deutschlands zu setzen.

Für keinen Deutschen, der das Glück unseres Volkes will, kann es eine Aussöhnung mit dem faschistischen Regime geben. Hitler und sein Regime müssen fallen, damit das deutsche Volk frei werde und Deutschland und die Welt in Frieden leben können.

 

 

 

 

 



[1]. Diese von Wilhelm Pieck entworfenen Richtlinien wurden vom Politbüro des ZK der KPD auf seiner erweiterten Tagung vom 10. bis 24. Juni 1936 beschlossen und am 16. Juni 1936 einer Kommission des Ausschusses zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront in Paris zur Diskussion überreicht.

[2]. In der Quelle: gerechte. [Note IML]

[3]. Richard Walther Darré: Im Mai 1933 zum Reichsbauernführer, im Juni zum Reichs- und Preußischen Minister für Ernährung und Landwirtschaft ernannt.

[4]. Das Reichs-Erbhofgesetz wurde am 29. September 1933 erlassen. Es sollte für "Erhaltung des Bauerntums als Blutquell des deutschen Volkes" sorgen und die Bauernhöfe vor Überschuldung und Zersplitterung schützen. Es bestimmte, daß Bauer nur sein könne, "wer deutschen oder stammesgleichen Blutes" sei. Das war durch "großen Abstammungsnachweis" (bis 1. Januar 1800) zu belegen. Nach dem Gesetz galten als Erbhof alle landwirtschaftlichen Betriebe, die mindestens die Größe einer "Ackernahrung" (= 7,5 Hektar) hatten und 125 Hektar nicht überschritten. Er mußte sich im Alleinbesitz eines Bauern befinden. Das Erbhofgesetz unterband die Erbteilung durch Bestimmung der Vererbbarkeit auf nur einen Nachkommen, in der Regel ausschließlich im Mannesstamm. Der Verkauf von Erbhöfen wurde ebenso verboten wie die Belastbarkeit. Über Ausnahmen entschieden die so genannten Anerbenbehörden. Die Entschuldung und der Vollstreckungsschutz brachten zwar vorübergehend Vorteile, engten aber die Kreditmöglichkeiten der Bauern auf Personalkredite ein und behinderten so die Modernisierung der Landwirtschaft. Das Erbhofgesetz stand damit den auf Autarkie ausgerichteten Zielen der nationalsozialistischen Agrarpolitik entgegen. Es führte zu vermehrter Landflucht und konnte ein Absinken des Lebensstandards der insgesamt 694 997 Erbhofinhaber im "Altreich" (1938) nicht verhindern.

[5]. In der Quelle: Frachten. [Note IML]

[6]. In der Quelle: bezahlter Urlaubsanspruch. [Note IML]

[7]. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) wurde am 10. Mai 1933 gegründet. Sie sollte als neue einheitliche Organisation "durch Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft, die dem Klassenkampfgedanken abgeschworen hat" die Interessen "aller schaffenden Deutschen" wahrnehmen. Die Vertreter der Großindustrie setzten sich gegen die Perspektive ein, daß die DAF sich zu einer Institution der Vertretung der Arbeiterinteressen entwickle. Das am 19. Mai 1933 angenommene Gesetz über Treuhänder der Arbeit schuf dann zur Regelung der Arbeitsverträge und zur "Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens" öffentliche Verwalter, was dem Wunsch der Unternehmer entgegenkam. Letzten Endes wurde der DAF ein Tätigkeitsbereich zugewiesen, der die Betriebe ausschloß. Die DAF zählte zwar 1942 25 Millionen Mitgliedern, aber mit 44 000 hauptamtlichen und 1,3 Millionen ehrenamtlichen Mitarbeitern war sie zu einer rein bürokratisch-zentralisierten Organisation geworden.