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Brüsseler Parteikonferenz der Kommunistischen Partei Deutschlands

Wilhelm Florin

Rede:
Wie stürzen wir Hitler? - Der Weg zur Einheitsfront
und zur antifaschistischen Volksfront in Deutschland

4. Oktober 1935

 

 

Quelle:

Erwin Lewin, Elke Reuter, Stefan Weber (Hg.): Protokoll der "Brüsseler Konferenz" der KPD 1935 - Reden, Diskussion und Beschlüsse, Moskau vom 3.‑15. Oktober 1935. München, K. G. Saur, 1997. S. 133‑181.

 

 

 

 

 

 

Erstellt: Januar 2013

Druckversion
KPD 1918 1945 - Inhalt

 

 

 

 

 

 

I. Die historische Bedeutung des VII. Weltkongresses der Komintern

Genossen! Noch niemals hat ein Kongreß der Kommunistischen Internationale einen so mächtigen Widerhall unter den Werktätigen der ganzen Welt gefunden wie der VII. Weltkongreß. Die programmatische Rede des Genossen Dimitroff über den Kampf der Arbeiter und Werktätigen gegen den Faschismus war an Millionen in der ganzen Welt gerichtet, und Millionen haben gehört, welchen Weg der Genosse Dimitroff, welchen Weg die Kommunistische Internationale aus der Barbarei des Faschismus und der drohenden Kriegsgefahr zeigt.

Die internationale Lage ist ernst und kompliziert. Noch niemals war die Kriegsgefahr in der ganzen Welt so drohend wie jetzt. Noch niemals waren nach 1914 die imperialistischen Gegensätze so zugespitzt wie jetzt. Der italienische Faschismus hat den Krieg gegen den letzten selbständigen afrikanischen Staat, Abessinien, begonnen. Wie wir aus den neuesten Meldungen hören, hat der Faschismus schon seine Brutalität in der Kriegsführung gezeigt, indem er offene Städte mit seinen Bombenflugzeugen angegriffen und in einer Stadt gleich 1700 Menschen gemordet hat. Die Gegensätze zwischen Italien und England stehen auf des Messers Schneide. Noch niemals waren die Kriegsdrohungen der Faschisten, die Kriegsdrohungen der Imperialisten gegen die Sowjetunion so offen wie heute.

Es ist der Bourgeoisie trotz aller Teilerfolge auf wirtschaftlichem Gebiet nicht gelungen, die Krise zu überwinden und aus der Depression herauszukommen. Der Mussolini-Faschismus hat die Illusion, mit dem Krieg aus der Krise herauszukommen. Auf der anderen Seite sehen wir, daß die Sozialistische Sowjetunion immer stärker und mächtiger wird durch den endgültigen Sieg des Sozialismus und durch die Radikalisierung der Massen, die sich immer enger mit dem Land des Sozialismus, der Freiheit und des Friedens verbunden fühlen.

Aber selbst in den sechs Jahren der Krise hat die Arbeiterbewegung, weil sie gespalten und dadurch geschwächt war, nicht vermocht, dem Kapitalismus entscheidende Schläge zu versetzen. Wir sehen, daß in einer Reihe von Ländern, in erster Reihe in Deutschland, aber auch in Österreich und Spanien, wo Teile der Arbeiterklasse im offenen Bürgerkrieg tapfer kämpften, das Proletariat eine Niederlage erlitten hat. Die Gefahr des Faschismus hat sich aber auch in allen anderen kapitalistischen Ländern vergrößert. Der Kapitalismus hat in der Depression den Werktätigen noch neue Lasten aufgebürdet. Und dennoch sind die Faschisten nicht in der Lage gewesen, aus der Depression zu einer wirklichen Konjunktur zu kommen.

Die Bourgeoisie sieht sich daher gezwungen, zu noch schärferen Formen der Offensive gegen das Proletariat und die werktätigen Massen überzugehen. In dem Verhalten der internationalen Bourgeoisie gegenüber den Beratungen unseres Kongresses sehen wir die Bestätigung für die Analyse, die der Kongreß über die Weltlage und die Zuspitzung der inneren und äußeren Gegensätze gegeben hat und für die Richtigkeit der festgelegten Taktik. Wir sehen, wie eine tolle Hetze der internationalen faschistischen Bourgeoispresse gegen die Sowjetunion und gegen die Kommunistische Internationale entfesselt wird. Die Hetze geht von den Blättern des Finanzkapitals bis zu ihren Helfern, den Blättchen der konterrevolutionären Renegaten und Feinden des Kommunismus vom Schlage Trotzkis und Doriots. Es zeigt sich mit jedem Tage deutlicher, daß die imperialistischen Gegensätze, die Gegensätze im Lager der Bourgeoisie und des Faschismus nicht geringer, sondern schärfer werden.

Insbesondere bestätigt die Hetze der deutschen faschistischen Presse, der Ton der Reden von Nürnberg[1], die Drohungen nach außen und nach innen, gegen Arbeiter, Bauern, städtische Werktätige und sogar Teile der Bourgeoisie die Einschätzung unseres Kongresses, daß der Faschismus zwar eine blutige und terroristische, aber keine feste und dauerhafte Herrschaftsform ist.

Was bedeutet angesichts dieser Tatsache die taktische Neuorientierung, die der VII. Weltkongreß beschlossen und eingeleitet hat?

Die taktische Neuorientierung, die der Kongreß den Parteien und der internationalen Arbeiterklasse als Aufgabe gestellt hat, muß durch die Arbeit der Kommunisten zu einer entscheidenden Wendung im Kampf zwischen Sozialismus und Faschismus, zwischen Bourgeoisie und Proletariat werden. Die kühne Behandlung der Fragen der Einheitsfront und Volksfront hat deshalb in den breitesten Massen einen so tiefen und starken Widerhall gefunden, weil wir den unter dem Faschismus und unter der drohenden Kriegsgefahr leidenden Massen in den Beratungen und Beschlüssen des Kongresses eine Antwort auf ihre eigenen Fragen gaben.

Die Arbeiterklasse ist nicht nur unbesiegbar, sie kann auch gewaltige Siege erringen, wenn sie die Waffen anwendet, die der VII. Weltkongreß gibt. Immer breitere Massen beginnen einzusehen, daß der Sieg des Faschismus in einem Land wie Deutschland verhindert werden konnte. Auch die Niederlage in Österreich und Spanien war nicht unvermeidlich. Die Massen erkennen, daß der Sieg des Faschismus verhindert werden kann in Ländern wie Frankreich, und daß der Faschismus gestürzt werden kann in allen faschistischen Ländern, vor allem in Deutschland.

Die Rede Dimitroffs über den Kampf der Arbeiterklasse gegen den Faschismus brachte den Kommunisten und den breiten Massen die heutige Lage und die Aufgaben, die sich daraus ergeben, zum Bewußtsein. Genosse Dimitroff zeigte ganz konkret den Weg zum Sturz des Faschismus. Der Kongreß erfüllte die Kommunisten und die revolutionäre Vorhut des Proletariats und breite Arbeitermassen mit dem Enthusiasmus des bolschewistischen Kämpfers und dem Willen zum Sieg.

Dadurch und deshalb ist die internationale Bourgeoisie so unruhig. Vor allem empfindet der Faschismus Angst vor der proletarischen Aktionseinheit, vor der Vereinigung des kämpfenden Proletariats mit den Millionenmassen des empörten werktätigen Volkes in Stadt und Land. Daß das lauteste Gebrüll über den Kongreß aus dem Mund der Hitler, Goebbels und Rosenberg ertönt, zeigt die große Angst, die gerade der deutsche Faschismus, der sich unsicher fühlt, vor dem Zusammenschluß der Arbeiter und Werktätigen empfindet.

Die Anwendung der bolschewistischen Taktik, die der VII. Weltkongreß ausgearbeitet hat, muß den Todesstoß gegen die faschistische Diktatur herbeiführen. Deshalb die faschistischen Wutausbrüche, deshalb der rüpelhafte und gemeine Ton der Nürnberger Reden, die die ganze Unsicherheit und Besorgnis des Faschismus vor der Taktik des trojanischen Pferdes, vor der unbesiegbaren Einheit der Arbeiterklasse und dem Zusammenschluß der werktätigen Volksmassen beweisen.

Wie reagiert die internationale Sozialdemokratie, wie reagiert die II. Internationale auf den VII. Weltkongreß?

Die Haltung der sozialdemokratischen Führer und der sozialdemokratischen Presse, sowie die vorliegenden Berichte aus der Sozialdemokratie bestätigen die Richtigkeit der Feststellung des Kongresses über die Scheidung der sozialdemokratischen Parteien und der gesamten II. Internationale in zwei Hauptlager: in das Lager der reaktionären Elemente, die die Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie fortzusetzen versuchen, die die proletarische Einheitsfront weiter sabotieren, und das wachsende Lager der sich revolutionierenden linken Elemente der Sozialdemokratie, die wirklich den gemeinsamen Kampf gegen Krieg, Faschismus und kapitalistische Offensive anstreben.

Die Beschlüsse des VII. Weltkongresses zeigen allen Anhängern der Einheitsfront innerhalb der Sozialdemokratie, allen Arbeitern, Funktionären und Führern unseren ehrlichen unbeugsamen Willen zur Herstellung der proletarischen Einheitsfront und zur vollen Einheit der Arbeiterklasse.

Wir wollen ehrlich die Einheitsfront. Unsere tägliche Politik muß es den bisherigen Gegnern der Einheitsfront schwer machen, ihre Politik der offenen Ablehnung der Einheitsfront fortzusetzen. Unsere Politik hilft den sozialdemokratischen Arbeitern und Funktionären, die kämpfen wollen, die nach links wollen. Das gilt in ganz besonderem Maße für Deutschland, wo die Einheitsfront lebensnotwendig ist.

Verschiedene sozialdemokratische Führer versuchen jetzt, die Sache so darzustellen, als habe die Komintern, die Weltpartei Lenins und Stalins, sich zu den Prinzipien der II. Internationale bekannt und eine grundlegende Änderung ihrer Gesamtpolitik vorgenommen, als habe sie ihren früheren Grundsätzen abgeschworen, als habe sie mehr als eine Änderung ihrer Taktik vollzogen. Unter einem solchen Deckmantel wollen diese Leute vor den Massen die Folgen ihrer Koalitionspolitik mit der Bourgeoisie, die nur zu Niederlagen geführt hat, verschleiern.

Wir haben es nicht nötig, uns gegenüber einer solchen Darstellung zu verteidigen. Unsere Antwort besteht in der Durchführung der Wendung, in der Verwirklichung der Neuorientierung, die der Kongreß beschlossen hat.

Die sozialdemokratische Partei trägt die historische Schuld für den Sieg des Faschismus. Es liegt im Interesse der Arbeiterklasse, wenn wir nicht zulassen, daß diese Tatsache durch sozialdemokratische Führer irgendwie verdeckt wird. Die Sozialdemokratie hat dem Faschismus den Weg geebnet und das Tor geöffnet. Sie hat vor dem Sieg des Faschismus und auch nachher den Charakter des Faschismus als offene Diktatur des Finanzkapitals verschleiert.

Wir haben kein Interesse daran, in unnützer Weise Streitfragen der Vergangenheit in die Debatte zu ziehen. Uns geht über alles die Herstellung der Aktionseinheit und der proletarischen Einheit im Kampf gegen den Faschismus, für die Interessen und für den Sieg der Arbeiterklasse. Wir sind aber bereit, wenn reaktionäre Elemente der Sozialdemokratie unsere Neuorientierung zur Irreführung der Massen ausnutzen wollen, über die Fragen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft zu sprechen, weil dies im Interesse der Herstellung der Einheitsfront und der Einheit der Arbeiterklasse auf dem Boden des Klassenkampfes notwendig ist.

Reaktionäre sozialdemokratische Führer warfen uns Kommunisten vor, wir hätten seit der Existenz unserer Partei einen falschen Kampf gegen die Sozialdemokratie und die bürgerliche Demokratie, die die Sozialdemokratie repräsentiere, geführt.

Wir haben von 1918 bis 1923 die bürgerliche Demokratie bekämpft, weil die sozialistische Demokratie, die Herrschaft der Arbeiterklasse, real möglich war. Wir haben später die bürgerliche Demokratie bekämpft, weil sie die Errungenschaften des Proletariats rückgängig machte, weil sie dem Volk die erkämpften Freiheiten wieder nahm. Die Bourgeoisie versucht heute in einer Reihe von bürgerlich-demokratischen Ländern dasselbe. Wir wollen dies durch die Einheitsfront verhindern.

Den sozialdemokratischen Führern gegenüber, die der Kommunistischen Internationale jetzt vorwerfen, sie kehre zur bürgerlichen Demokratie zurück, stellen wir fest:

Ja, wir Kommunisten sind Anhänger der Sowjetdemokratie, der einzigen wirklichen Demokratie des werktätigen Volkes, und gerade wir werden, wie Genosse Dimitroff so glänzend in seiner Rede dargelegt hat, mit dem Mut und der Ergebenheit, die den Kommunisten eigen ist, jeden Fußbreit bürgerlicher Demokratie gegen den Faschismus und die faschistischen Angriffe verteidigen. Lenin und Stalin haben uns immer gelehrt, daß die demokratischen Rechte der Arbeiterklasse zu den notwendigsten Waffen im Kampf um die proletarische Revolution gehören.

Aber wo haben denn die sozialdemokratischen Führer in Deutschland, in Österreich die Demokratie gegen den Faschismus verteidigt? Wo war denn die Koalition mit der Bourgeoisie ein Schutzwall gegen den Faschismus, wie die sozialdemokratischen Führer es behauptet haben? Im Gegenteil. Haben denn nicht die Führer der Sozialdemokratie damals die bürgerliche Demokratie in eine Waffe gegen die proletarische Revolution umgewandelt? Es sind uns noch in lebendiger Erinnerung die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts, die Massaker durch Severing an der Ruhr, im Kapp-Putsch, die Reichswehrprovokationen in Thüringen und Sachsen 1923, die blutigen Attacken Noskes und Zörgiebels gegen die arbeitenden Massen in Deutschland. Dann, als der Faschismus zur Macht drängte und immer stärker wurde, haben die sozialdemokratischen Führer unter dem Vorwand der Verteidigung der Demokratie die Politik des “kleineren Übels” durchgeführt, eine Politik, die in Deutschland und Österreich zum Sieg des Faschismus und zur verhängnisvollen Niederlage des Proletariats geführt hat.

Nehmen wir Deutschland: Selbst bei jenem ganz offenen Bruch der Verfassung, bei dem reaktionären Staatsstreich in Preußen am 20. Juli 1932[2], als die Reaktion durch einen Leutnant mit zwei Mann die demokratischen Hemmnisse zur Seite schob, selbst da raffte sich die Sozialdemokratie nicht auf, die demokratischen Rechte zu verteidigen. Sie lehnte unser Angebot zum gemeinsamen Kampf ab. Sie stützte die Brüningregierung, die die demokratischen Rechte einengte. Sie stützte die Papenregierung, die die demokratischen Rechte mit Füßen trat, selbst noch in einer solchen Situation wie bei dem Berliner Verkehrsarbeiterstreik.

Im Gegensatz zu den Hoffnungen breiter Schichten sozialdemokratisch beeinflußter Arbeiter hat die Koalitionspolitik die Verteidigung der bürgerlichen Demokratie vor dem Angriff des Faschismus behindert. Die Tragödie des Proletariats in Deutschland und Österreich zeigt in erster Linie, daß die Politik der Koalition mit der Bourgeoisie, der Sozialdemokratismus keine Garantien für die Verteidigung und Erhaltung der Demokratie schafft.

Von dieser historischen Schuld können die sozialdemokratischen Führer nicht befreit werden. Mit Recht sagte der Genosse Dimitroff auf dem Kongreß[3]:

In Deutschland kämpften sie (die revolutionären Arbeiter. W. F.) gegen die Weimarer Republik nicht deshalb, weil sie eine Republik war, sondern deshalb, weil sie eine bürgerliche Republik war, die die revolutionäre Bewegung des Proletariats unterdrückte, besonders in den Jahren 1918 bis 1920, 1923.

Die arbeitenden Massen in Deutschland rufen nach Freiheit, aber Freiheit hat nichts zu tun mit der Koalitionspolitik und der Arbeitsgemeinschaft mit dem Großkapital. Dem Sozialdemokratismus, der Theorie und Praxis der Klassengemeinschaft mit der Bourgeoisie als der Politik, die zur Niederlage des Proletariats führt und schon geführt hat, steht gegenüber unsere revolutionäre Politik, die vom Genossen Dimitroff entwickelte Strategie und Taktik der Sammlung zum Vormarsch, zum Kampf und Sieg der Arbeiterklasse und ·der breitesten Volksmassen über den Faschismus.

Aber, Genossen, wir hier auf der Konferenz sind verpflichtet, mit vollem Ernst auch unsere eigene Verantwortung festzustellen für die Fehler, die wir selbst, die wir als Partei gemacht haben, indem wir den Faschismus unterschätzten und nicht verstanden haben, rechtzeitig eine taktische Neuorientierung durchzuführen.

Unser größter Fehler bestand darin, daß wir, als die Lage sich änderte, als der Faschismus mit seiner sozialen und nationalen Demagogie breite Teile des Volkes zu beeinflussen begann und zu einer unmittelbaren Gefahr für die Arbeiterklasse geworden war, aus der veränderten Lage nicht die richtigen Schlußfolgerungen gezogen haben. Wir haben vielmehr mit den alten Methoden, nach der alten Taktik weitergearbeitet. Und noch mehr, Genossen. Wir haben in der Regel nur auf die Spitzen der Sozialdemokratie geschaut und haben nicht die notwendigen Schluβfolgerungen gezogen aus den Wandlungen in der Sozialdemokratie, die im Zusammenhang mit der Offensive des Faschismus und der gesamten sich verändernden Situation vor sich gingen.

Genosse Dimitroff sagte darüber in seinem Schlußwort[4]:

Der Fehler der Kommunisten in einer Reihe von Ländern, und im besonderen in Deutschland, bestand darin, daß sie die eingetretenen Veränderungen nicht berücksichtigten, sondern fortfuhren, jene Losungen zu wiederholen und auf jenen taktischen Positionen zu verharren, die vor einigen Jahren richtig waren, besonders zur Zeit, als der Kampf um die proletarische Diktatur einen aktuellen Charakter trug und als sich um das Banner der Weimarer Republik, wie das 1918 bis 1920 der Fall war, die ganze deutsche Konterrevolution scharte.

Es wäre insbesondere im Jahre 1932 unsere Aufgabe gewesen, den Kampf für die proletarische Einheitsfront durch die Aufstellung demokratischer Forderungen zu führen. Wir hätten z. B. die Massen sozialdemokratischer Arbeiter dadurch in eine gemeinsame Kampffront mit uns bringen können, daß wir in Preußen, wo die Führer der Sozialdemokratie in der Regierung saßen, immer aufs neue Verteidigungsmaßnahmen gegen den Faschismus forderten, daß wir von der Preuβenregierung die Verhaftung der faschistischen Führer, das Verbot der faschistischen Presse, Beschlagnahme des Vermögens der Faschisten, Beschlagnahme des Vermögens der Kapitalisten, die die Nazi offen unterstützen, verlangten. Wir hätten die Auflösung der faschistischen Organisationen, ihre Entwaffnung usw. fordern müssen. Wir hätten das immer wieder und immer aufs neue fordern, darum kämpfen, die Massen mobilisieren und somit die sozialdemokratischen Arbeiter in einen stärkeren Gegensatz zu ihren Führern bringen müssen. Wir hätten in dieser Situation alle anderen Aktionen, die wir in Deutschland durchführten, diesem großen Ziel und dieser großen Aktion unterordnen müssen: dem Kampf um die demokratischen Rechte der Volksmassen. Diese und ähnliche Folgerungen ergaben sich für unsere taktische Orientierung aus der veränderten Situation. Daß wir das nicht erkannten, war ein sehr großer Fehler, der uns in unserer Einheitsfrontpolitik auch nach der Errichtung der faschistischen Diktatur gehemmt hat, und der uns in gewisser Weise auch heute noch hemmt. Das hat dazu beigetragen, daß wir auch nach der Niederlage einen starken Widerstand gegen die Einheitsfront mit den sozialdemokratischen Funktionären und Organisationen in unseren eigenen Reihen hatten. Dieser Widerstand wurde gefördert durch die Erbitterung über die sozialdemokratischen Führer, die bis zur Auslieferung der Gewerkschaften an die Faschisten gingen und der Außenpolitik Hitlers im Reichstag ihre Zustimmung gaben.

Mit vollem Recht hat Genosse Dimitroff darauf hingewiesen, daß die Unterschätzung des Faschismus zur Passivität und zur Einstellung auf Spontaneität im Kampf gegen den Faschismus führen muß.

Wir hatten die Unterschätzung des Faschismus nicht nur früher, sondern haben sie auch heute noch in unseren Reihen. Der ideologische Kampf gegen den Faschismus wird auch heute noch in unserer Partei in unverzeihlicher Weise unterschätzt und darum nicht genügend geführt. Hier gibt uns das Referat des Genossen Dimitroff starke Waffen, die wir handhaben lernen müssen, um der Konterrevolution im ideologischen Kampf gegen den Faschismus immer mehr Massen zu entreißen.

Können wir ferner leugnen, daß innerhalb unserer Partei manchmal Wünsche geäußert werden, daß ein baldiger Krieg eine Lösung aller Fragen bringen möge?

Sehen wir nicht oft eine Schablonisierung der Gegensätze im Lager der Bourgeoisie und des Faschismus, statt konkret die Veränderungen zu studieren und zu berücksichtigen?

Gibt es nicht bei uns eine ernste Unterschätzung der Bedeutung demokratischer Losungen?

Und ist es nicht ferner eine Tatsache, daß bei uns unter der faschistischen Diktatur in der Regel so diskutiert wurde, daß man einfach sagte, nach Hitler kommt die proletarische Diktatur und damit basta?

Aus an dem ergibt sich, daß es besonders in unserer Partei notwendig ist, Schematismus und Sektierertum und die sich daraus ergebende Einstellung auf Spontaneität zu bekämpfen. Die Ausrottung des Sektierertums und des schematischen Doktrinarismus, das ist die allererste Voraussetzung für die Konkretisierung der Beschlüsse des VII. Weltkongresses und ihrer Anwendung auf alle Fragen des politischen Lebens und auf die Organisationsfragen unserer Partei und der Arbeiterklasse.

Deswegen sind die Beschlüsse des VII. Weltkongresses der Komintern eine Waffe zur Aktion. Von der Tribüne des VII. Weltkongresses ging ein ungeheurer Impuls des Kampfes, des revolutionären proletarischen Handelns aus. Es wäre deshalb ein großer Irrtum zu glauben, es habe sich mit den Beschlüssen des VII. Weltkongresses nichts wesentliches geändert. Es hat sich sehr viel geändert, und man muß den Inhalt dieser großen Wendung voll erfassen, um den Beschlüssen des VII. Weltkongresses gemäß handeln und kämpfen zu können.

Der VII. Weltkongreß hat allen etwas grundlegend Neues gegeben. Auch solchen Ländern, die wie Frankreich in der Einheitsfront- und Volksfrontpolitik beispielgebende Erfolge erzielt haben. Die Praxis der französischen Bewegung gab der Bewegung der Arbeiterklasse auf der ganzen Welt einen großen Impuls und hat es dem VII. Weltkongreß erleichtert, die historische, taktische Neuorientierung herauszuarbeiten. Aber die Beschlüsse des VII. Kongresses geben auch der französischen Bewegung einen neuen Stoß zur Weiterentwicklung der proletarischen Einheitsfront und der antifaschistischen Volksfront.

II. Was wollen wir mit der taktischen Neuorientierung?

Wir wollen das Proletariat der ganzen Welt in einen geschlossenen Block mit der Sowjetunion bringen, zum gemeinsamen Kampf für den Frieden, gegen den Faschismus.

Wir wollen die Aktionseinheit schaffen für Lohn und Brot, für den Frieden, gegen den Faschismus, auch bei Fortbestehen mehrerer Arbeiterparteien. Wir wollen in Einheitsfront mit anderen Arbeiterparteien für den Sozialismus kämpfen. Wir stellen aber heute schon, noch vor dem Sturz der Kapitalsherrschaft, den zur Einheit drängenden Proletariermassen das Ziel der Herstellung der politischen Einheit, die Schaffung einer politischen revolutionären Partei der Arbeiterklasse.

Wir wollen durch die breiteste Politik der Einheitsfront und Volksfront das Bündnis der Arbeiterklasse mit den Bauern, dem städtischen Kleinbürgertum, ja Teilen des Mittelstandes herstellen, die Differenzen im Lager des Faschismus ausnutzend, alle Reserven mobilisieren, die zum Sturz des Faschismus miteingesetzt werden müssen.

Wir wollen die fortschrittlichen Errungenschaften der bürgerlich-demokratischen Revolution gegen den Faschismus verteidigen und weiterentwickeln, wollen weitere Siege des Faschismus in anderen kapitalistischen Ländern verhindern und ihn in jenen Ländern, wo er herrscht, mit der Mehrheit des Volkes stürzen. Wir wollen damit den Krieg verhindern, und, wo er ausgebrochen ist, ihm durch die Mobilisierung der Massen einen Damm entgegensetzen und den faschistischen Kriegsmachern die Entfachung eines Weltbrandes unmöglich machen. Wir wollen die kleinen Staaten vor den faschistischen Angriffen schützen. Wir wollen mit dieser Politik ganze Völker als Verbündete für den Kampf um den Frieden an die Seite der Sowjetunion bringen. Wir wollen mit dieser Politik ganze Völker vor der Barbarei des Faschismus schützen.

Der Faschismus ist eine Schwäche der kapitalistischen Gesellschaft. Er kann aber nur durch unsere Arbeit in eine Krise gebracht werden. Er kann nur geschlagen werden bei einer tiefgehenden Änderung unserer Taktik. Darum der neue Weg, der eine Einheitsfrontpolitik auf neue Art erfordert.

Mit der Durchführung der Beschlüsse des VII. Weltkongresses treten die Sektionen der Kommunistischen Internationale in den kapitalistischen Ländern aus der agitatorisch-propagandistischen Periode ihrer Entwicklung heraus. Um als machtvoller Faktor das gesamte politische Leben aller Länder zu beeinflussen, ja, bestimmend zu gestalten, beschreiten wir die breite Bahn der großen Massenpolitik und schicken uns an, wie Genosse Manuilski sagte, nicht mit Hunderttausenden, sondern mit Millionen zu rechnen.

So hat dieser Weltkongreß historische Bedeutung. Wenn die Kommunisten seine Beschlüsse in die lebendige Praxis umsetzen, dann bedeutet die Arbeit von heute ‑ die Zerschlagung und Vernichtung des Faschismus morgen.

Mit vollem Recht hat Genosse Dimitroff gesagt, daß eine richtige politische Linie selbst noch wenig bedeutet. Die politische Linie muß in Aktion umgewandelt werden. Das aber hängt davon ab, ob unsere Organisationen bis zum letzten Glied durchdrungen sind von der Bedeutung und Richtigkeit der Beschlüsse des VII. Weltkongresses.

Genossen! Wenn wir so deutlich die Tatsachen unserer eigenen Fehler unterstreichen, werden wir desto entschiedener jene Versuche einiger sozialdemokratischer Führer, unsere Vergangenheit zu diskreditieren, zurückschlagen. Wir sind stolz auf unsere heldenhafte Partei, auf ihre revolutionäre Geschichte, auf ihre Entwicklung unter Führung des Genossen Thälmann. Aber Genossen, gerade deswegen tragen wir eine besonders große Verantwortung für die Fehler, die wir gemacht haben. Unsere Fehler wiegen deshalb um so schwerer, weil von uns mehr gefordert wird. Vergessen wir nie, daß wir die Hauptarmee des Proletariats und des Kommunismus in Zentraleuropa sind.

III. Das Verhältnis der Klassenkräfte in Deutschland

Genossen! Wie ist das Verhältnis der Klassenkräfte in Deutschland nach dreijähriger Hitlerdiktatur?

Der Hitlerfaschismus, der den Arbeitern und allen Volksschichten demagogische Versprechungen machte, hat die Arbeiter in den Betrieben völlig den Unternehmern ausgeliefert. Er hat den Zinswucher verstärkt und die Bauern durch die Zwangsmarktregelung den Bankherren, den Großagrariern und Junkern unterworfen. Das selbständige Handwerk und der Mittelstand geraten in eine immer schlechtere Lage, während die Reichen, die Monopolkapitalisten und Börsenfürsten die einzigen Nutznießer der wirtschaftlichen Belebung und der Rüstungskonjunktur sind. Der Faschismus hat es bis heute nicht gewagt, wie Brüning und Papen die Löhne der Arbeiter mit einem Schlag durch Gesetzesmaßnahmen herabzusetzen. Die Methoden des schleichenden Lohnabbaues, der Verschlechterung der Lage der Betriebsarbeiter durch Abbau der Akkordsätze, durch Intensivierung der Arbeit, durch hohe Abzüge, durch Teuerung usw. ist bedingt durch die Furcht des Faschismus vor der Rebellion der Massen und ist ein Beweis für die Tatsache, daß es dem Faschismus keineswegs gelungen ist, tief in die Arbeiterklasse einzudringen.

In den Betrieben beginnt der Prozeß des Wachsens sowohl des Widerstandswillens wie der Klassensolidarität und der Sammlung für ein gemeinsames Vorgehen. In den aktivsten Teilen des Proletariats reift die Einsicht, daß der Zusammenschluß zur Einheitsfront notwendig ist. Wir sehen eine beginnende Belebung des Kampfes und zunehmende Aktivität in den Betriebsbelegschaften.

Die Unsicherheit der faschistischen Diktatur hat die Hitlerregierung veranlaßt, bei der Finanzierung der Arbeitsbeschaffung und der wahnsinnigen Rüstungen alle öffentlichen Kassen, alle Sparkassen, Versicherungs- und Kreditanstalten rücksichtslos auszuräubern. Aber die bisherigen Finanzquellen beginnen zu versiegen. Eine ungeheuerliche Milliardenverschuldung lastet auf der Wirtschaft und dem öffentlichen Haushalt, auf dem außerdem noch das Parasitenheer der faschistischen Kommandeure und Kommissare drückt. So ist die faschistische Diktatur heute in noch nie dagewesene finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Hitlerregierung, bedrängt von der Furcht vor den Massen und von den anwachsenden finanziellen Schwierigkeiten, wird zwischen den Problemen der Löhne und Preise hin und hergeworfen. Das Finanzkapital ist bestrebt, die Mehrkosten, die die ungeheuren Rüstungen und der kostspielige faschistische Unterdrückungsapparat verursachen, auf die Schultern des Volkes zu laden. Dazu sollen die vielfältigsten Methoden des Lohnabbaues, der Steuererhöhung, des Beamtenabbaues, der Drosselung der öffentlichen Ausgaben dienen.

Diese Lage führt zu einer neuen Welle der Unzufriedenheit der breitesten Massen. Hier liegen die Wurzeln der verschärften Gegensätze im Lager der deutschen Bourgeoisie und selbst des Faschismus. Die faschistische Diktatur steht heute schwächer da als vor einem halben .Jahr, vor der Saarabstimmung. Die Angst vor den Massen zwingt zur selben Zeit die Hitlerdiktatur, die Offensive des Finanzkapitals mit einer neuen Hochflut sozialer und nationaler Demagogie vorzubereiten und zu verschleiern.

Es wäre falsch zu glauben, daß diese Demagogie unter den neuen Verhältnissen geringer würde. Im Gegenteil: die verstärkten wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten treiben immer tollere Blüten der chauvinistischen und sozialen Demagogie, die die Massen von ihren materiellen und Lebensfragen ablenken sollen. Die neue Schmutzflut des Antisemitismus, den die faschistischen Henker zu ihrer Staatsphilosophie gemacht haben, die chauvinistische Verhetzung der Massen verraten den hohen Grad der Spannungen unter der Decke der Gleichschaltung und der faschistischen Zwangsorganisation. Teile der Bourgeoisie geraten in stärkeren Gegensatz zur Politik des Hitlerfaschismus und den Methoden seiner Innen- und Außenpolitik. Dazu gehören vor allem auch jene Teile, die an normalen Beziehungen zur Sowjetunion interessiert sind.

Dieser Gegensatz zwischen dem aggressivsten Teil der Bourgeoisie, der die schärfste chauvinistische Politik betreibt und der Sowjetunion am feindlichsten gegenübersteht, der einer abenteuerlichen Kriegs- und Kolonialpolitik zuneigt und am engsten mit der Hitlerpartei verbunden ist, und jenem Teil der Bourgeoisie, der am wenigsten von der faschistischen Unterdrückung der Massen profitiert hat und befürchtet, daß der abenteuerliche Hitlerkurs Deutschland in den Abgrund treibt, hat sich wesentlich vertieft.

Die Unzufriedenheit ist heute zweifellos breiter und tiefer als im Juni 1934. Der Unterschied besteht aber darin, daß damals eine offene Rebellion der enttäuschten SA-Massen und nationalsozialistischen Kleinbürger unter dem Losungswort der "zweiten Revolution" zum Ausbruch kam, während gegenwärtig die Unzufriedenheit, obwohl sie breitere Massen erfaßt und tiefer ist, noch nicht zum offenen Ausbruch gekommen ist und sich vor allem in den verschärften Gegensätzen, Auseinandersetzungen und Konflikten in den Spitzen des faschistischen Staats- und Parteiapparates widerspiegelt.

Zu Beginn der faschistischen Diktatur wagten die Faschisten nicht, mit der maßlosen politischen Entrechtung der Werktätigen zugleich die Verschlechterung der Lebenshaltung durch direkten Lohnabbau im Reichsmaßstab und durch direkten Einsatz des Staatsapparates durchzuführen, was seinerzeit Papen versuchte. Jetzt, wo die Gesamtlage neue Kapitalsangriffe erfordert, neigt ein Teil der Bourgeoisie dazu, den Massen diesen wirtschaftlichen Druck durch kleine politische Zugeständnisse annehmbarer zu machen.

Es kommt hinzu, daß die monopolkapitalistische Diktatur auch Teile der Bourgeoisie einem ökonomischen Druck und politischen Zwang unterwirft, wodurch diese Teile veranlaßt werden, selbst nach freier Betätigung, nach Abschüttelung dieses Zwanges zu streben und sich dazu des Volkes zu bedienen.

Hier liegt der Grund für die Bestrebungen, die Totalität der NSDAP anzugreifen und außerhalb des Rahmens der Hitlerorganisationen politische Stützen für die kapitalistische Herrschaft zu suchen und zu fördern.

IV. Zum Nürnberger Parteitag der Faschisten

Der Verlauf des nationalsozialistischen Parteitags in Nürnberg[5] hat gezeigt, daß zunächst diejenigen die Oberhand behalten haben, die einen Ausweg aus den gegenwärtigen Schwierigkeiten durch die Verschärfung des Parteikurses im faschistischen Staatsapparat suchen, die durch gesteigerten blutigen Terror alle Äußerungen der Mißstimmung und Unzufriedenheit niederknüppeln und einen Zusammenschluß der oppositionellen Kräfte mit stärksten Gewaltmitteln verhindern wollen.

Obwohl Hitler auf die weitere Sicherung der Totalität der Nazipartei hinarbeitet, um dadurch zugleich diejenigen Teile der Bourgeoisie, die diese Totalität anzweifeln, zurückweisen zu können, bereitet er doch gleichzeitig die Kapitalsoffensive gegen die Werktätigen vor. Dem dienen auch gerade die neuen Formen der nationalen und sozialen Demagogie, die auf dem Nürnberger Parteitag in der krassesten Weise zum Ausdruck kamen.

Genossen, was bedeutet der Nürnberger Parteitag der Hitlerpartei für die weitere Entwicklung?

Der Nürnberger Parteitag war der Parteitag der beschleunigten Kriegsvorbereitung des deutschen Faschismus.

Wenn der Grundton der Nürnberger Reden auf erhöhte "Opferbereitschaft" in den kommenden Monaten abgestellt war, wenn alle Register des Chauvinismus gezogen wurden, um die Massen gefügig zu machen, dann ist es klar, daß es sich um die Vorbereitung neuer Angriffe auf die Lebenshaltung der Werktätigen vor allem zum Zweck der Finanzierung der beschleunigten und gesteigerten Kriegsrüstungen handelt.

Hitler erklärte, Lohnerhöhung kann es nicht geben. Aber neue Steuern werden angekündigt. Die Werktätigen, die Armen sollen noch mehr zahlen, während die Gewinne der Reichen weiter steigen. Die faschistische Preispolitik der Ausräuberung der kleinbäuerlichen Produzenten wird fortgeführt. Die Preisdiktatur des Großhandels und der großen Spekulanten gegen den Einzelhandel drückt noch stärker. Die von Auslandsrohstoffen abhängigen Industrie- und Gewerbezweige außerhalb der Rüstungsindustrie bleiben angewiesen auf die schlechten, verteuerten Ersatzstoffe, die ihnen die Monopolinhaber bei riesigen Gewinnen liefern.

Hitler drohte den Arbeitern, die Lohnerhöhung fordern, den unzufriedenen Handwerkern, Bauern, der Geschäftswelt und der Intelligenz mit dem Konzentrationslager. Er drohte den alten Berufsbeamten, die gegen Willkür und Nazitotalität sind, mit dem Konzentrationslager. Er drohte den Katholiken und ihren Organisationen, die sich nicht in den faschistischen Zwangsapparat einordnen wollen.

Er stellte die Juden unter mittelalterliche Ausnahmegesetze und erklärte den Deutschnationalen, den Bischöfen und selbst gegenüber gewissen Kräften innerhalb der Reichswehr, daß er die bewaffneten Kräfte der SA und SS einsetzen werde, wenn es nötig sei.

So sprach der Parteitag der faschistischen Terroristen, der Parteitag der Ausbeuter, der Henker und Mörder.

Gemäß den Direktiven von Nürnberg wird das Volk noch mehr uniformiert. Das ganze Leben, angefangen vom Kindesalter bis in das Alter der Militäruntauglichkeit, soll im Zeichen des Kadavergehorsams stehen. Muß da nicht die Sehnsucht des Volkes nach persönlicher und politischer Freiheit unendlich anwachsen? Ich glaube ja.

Das Hauptfeuer der Faschisten richtete sich selbstverständlich gegen uns Kommunisten, gegen die kommunistische Weltpartei, gegen die Sowjetunion, die mit ihren sozialistischen Siegen und ihrer starken Friedenspolitik das deutsche Proletariat im Kampf ermutigt und ihm die Gewißheit seines Sieges gibt.

Nürnberg wurde zur blutigen Terrordrohung der faschistischen Volksbedrücker gegen alle diejenigen, die die Schmach des Faschismus nicht länger ertragen wollen, gegen das wachsende Heer der unzufriedenen und nicht faschistischen Massen, deren Zusammenschluß in der Volksfront Hitler fürchtet.

Hitler nennt in seiner Proklamation von Nürnberg drei Arten seiner Gegner. Der Genosse Pieck hat darauf hingewiesen.

Hitler spricht von "dem jüdischen Marxismus und der parlamentarischen Demokratie". Das sind die kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeiter und Organisationen, deren Aktionseinheit der Opposition, die im ganzen Volk zunimmt, entscheidende Kraft und Organisiertheit verleihen würde.

Hitler spricht von dem "politisch und moralisch verwerflichen Zentrum". Das sind vor allem die Massen der katholischen Arbeiter, werktätigen Bauern und Geistlichen, die mit den Unterdrückungsmethoden der Hitlerregierung und der faschistischen Organisationen nicht einverstanden sind.

Hitler spricht von "gewissen Elementen eines reaktionären, unbelehrbaren Bürgertums". Das sind die Massen des geprellten Mittelstandes, denen Hitler Befreiung aus ihrer Notlage versprochen hat. Das sind Beamte, die mit Hitlers Parteibuchwirtschaft unzufrieden sind. Das sind oppositionelle Wirtschaftskreise, das sind Hitlergegner im Verwaltungsapparat und selbst in den bewaffneten Formationen.

Die Kampfansage Hitlers, seine Drohung mit blutigem Terror zeigen seine Angst vor der Volksfront aller Hitlergegner.

Der Hitlerfaschismus hat in Nürnberg seinen barbarischen kulturfeindlichen Charakter so deutlich gezeigt wie nie zuvor. Das Gesetz, durch welches ein sogenanntes Reichsbürgerrecht geschaffen wurde, schafft zwei Sorten von Staatsangehörigen. Alle diejenigen, die nicht bedingungslos mit den Hitlermethoden einverstanden sind, sollen Staatsbürger zweiter Klasse sein. Sie sollen keine Öffentlichen Ämter bekleiden dürfen. Sie und ihre Kinder dürfen keine Beamte sein, sie sind in jeder Beziehung minderen Rechtes. Wahrscheinlich soll dieses Gesetz bei künftigen Wahlen und Plebisziten die Zahl der Wähler auf die Hälfte reduzieren.

Noch krasser zeigt sich der Barbarismus des Hitlerregimes in den antisemitischen Gesetzen. Der Nürnberger Parteitag hat die Pogrommethoden Streichers zur Methode der faschistischen Staatspolitik erhoben. In Deutschland lebende Juden sollen, nur weil sie Juden sind, in Ghettos getrieben werden. Durch eine wüste Hetze der Vertreibung und Ausrottung der Juden möchte Hitler den Blick der unzufriedenen Massen von den Fragen des Lohnes, der Teuerung und der kapitalistischen Profitmacherei ablenken.

Genossen! Die gegenwärtigen Differenzen im Lager der Bourgeoisie und des Faschismus, wie sie auf dem Nürnberger Parteitag zum Ausdruck kamen, sind sehr viel ernsterer Natur als in früheren Jahren, als 1933 und 1934. Gegenüber damals besteht heute der wesentliche Unterschied darin, daß die ökonomischen Schwierigkeiten ganz erheblich gewachsen sind, daß sich breite Teile des Kleinbürgertums und der Bauern in Gärung befinden, und daß das Proletariat sich zu sammeln beginnt. Genosse Pieck hat diese Situation ganz deutlich dadurch charakterisiert, daß er sagte, die beginnende Aktivität in der Arbeiterklasse, in den Betrieben fällt zusammen mit der wachsenden Unzufriedenheit in den bäuerlichen und kleinbürgerlichen Schichten. Deshalb brachte der Parteitag von Nürnberg immer wieder die Furcht vor der Gefahr zum Ausdruck, daß es den Kommunisten gelingen könnte, die gesamte Opposition in Deutschland auf einer Plattform des gemeinsamen Handelns zu vereinigen, daß es ihnen gelingen könnte, der Opposition im Kampf zum Sturz des Hitlerfaschismus Programm und Marschroute zu geben. Genossen! Wir haben weder vor dem 30. Juni 1934[6], noch nachher die Massenstimmung gegen die Maßnahmen des Regimes in die Bahnen des organisierten und gemeinsamen Kampfes zu lenken verstanden. Nur dadurch ist es verständlich, daß wir gegenwärtig keinen offenen Widerstand der großen Massen haben. Den breiten Massen des enttäuschten Kleinbürgertums haben wir nicht den Weg des Kampfes der Einheits- und Volksfront gezeigt. Wir haben sie im allgemeinen sich selbst überlassen und haben es nicht verstanden, sie für die große Kampffront des werktätigen Volkes zu mobilisieren. Genossen! Um so schärfer steht angesichts der gegenwärtigen Lage diese Frage. Proletarische Einheitsfront und antifaschistische Volksfront, das ist in der Tat das ernste Gebot der Stunde. Das ist die große Aufgabe, die uns der VII. Weltkongreß gestellt hat und zu deren Erfüllung und Bewältigung uns Genosse Dimitroff die Mittel und Wege gewiesen hat. Diese Frage steht eben deshalb so ernst vor uns, weil die deutsche Arbeiterklasse in den vergangenen Jahren viel verpaßt hat und infolge der unheilvollen Politik der Sozialdemokratie und ihrer Auswirkung, der Bourgeoisie nicht diesen Schlag zu versetzen vermochte. Auch wir selbst als Partei haben viel verpaßt durch unsere Fehler, durch schablonenhaftes Denken, durch Sektierertum in unseren Reihen und Einstellung auf Spontaneität, worüber ja Genosse Pieck im einzelnen gesprochen hat. Aus dieser Beschränkung endlich herauszukommen, sie zu überwinden und durch bolschewistische Beweglichkeit und Konkretheit auf der Grundlage einer ernsten marxistischen Analyse praktisch die Einheits- und Volksfront zu schaffen, das ist unsere große Verantwortung, die wir vor der internationalen Arbeiterklasse tragen.

Genossen! Hitler erklärte auf dem Nürnberger Parteitag, daß die Nationalsozialisten nur siegen konnten infolge der Zerrissenheit der Gegner des Faschismus. Er sagte weiter, daß dem Hitlerregime keine Gefahr drohe, weil die Gegner nach wie vor zersplittert seien und sich niemals einigen könnten. Aus dieser Darstellung Hitlers sprach die Furcht vor dem Zusammenschluß der Massen, vor der Möglichkeit, daß die Beschlüsse des VII. Weltkongresses in Deutschland Wirklichkeit werden.

V. Ein neues Verhältnis zu den sozialdemokratischen Massen

Die zentrale Aufgabe, die am dringendsten die taktische Neuorientierung erfordert, ist die Herstellung der Aktionseinheit aller Teile der deutschen Arbeiterklasse und die Schaffung der Volksfront aller Werktätigen und freiheitsliebenden deutschen Menschen im Kampfe gegen die faschistische Diktatur. Die Erfüllung dieser Aufgabe setzt in erster Linie voraus ein anderes Verhalten zum sozialdemokratischen Arbeiter und die Schaffung eines anderen Verhältnisses zu der Sozialdemokratischen Partei als es früher war. Wir müssen die große Bedeutung der Prozesse erkennen, die in der Sozialdemokratie vor sich gehen. Ich will hier an einigen Beispielen zeigen, wieviel sich geändert hat. Nehmen wir die zahlreichen Briefe, die Wels und andere sozialdemokratische Führer aus dem Lande bekommen, in denen die sozialdemokratischen Arbeiter fordern, daß die SPD-Führer über die Sowjetunion schreiben sollen. Die sozialdemokratischen Führer haben uns das selbst durch ihre Informationsbriefe zur Kenntnis gebracht, daß sozialdemokratische Arbeiter immer im wachsenden Maße von den sozialdemokratischen Führern fordern, daß sie zur Sowjetunion positiv Stellung nehmen sollen. Nehmen wir weiter die Tatsache, daß Aufhäuser[7] und Seydewitz[8] jetzt in den "RS-Briefen"[9] die Sowjetunion als stärkste Stütze des internationalen Proletariats bezeichnen. Wenn auch einige reaktionäre Elemente der Sozialdemokratie, die die Fühlung mit den Massen vollkommen verloren haben, heute noch nicht ungern einen Kurs genommen hätten auf die Einschaltung in eine “normalisierte” faschistische Diktatur, wenn sie geträumt haben von einer Diktatur der Reichswehr, so zeigen in der letzten Zeit die Äußerungen verschiedener Leute im "Neuen Vorwärts", wo es heißt, daß die Spekulation auf die Reichswehr sich als Illusion herausgestellt habe, daß es unmöglich geworden ist, mit solchen Parolen an die sozialdemokratischen Massen heranzutreten. Die sozialdemokratischen Arbeiter in Deutschland glauben nicht mehr daran. Die Sozialdemokratie unter der Hitlerdiktatur ist nicht mehr die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie. Sie als die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie zu erhalten, dazu waren die reaktionären sozialdemokratischen Führer wie Leipart, Löbe und Severing, die es mit allen Mitteln auch noch im Anfang während der Hitlerdiktatur versuchten, nicht mehr imstande. Die deutsche Bourgeoisie, die sich veranlaßt sah, die letzten Reste der bürgerlichen Demokratie zu liquidieren und zur blutigen faschistischen Diktatur zu greifen, griff nicht nur die revolutionäre Vorhut des Proletariats an. Die faschistische Diktatur richtete sich in ihren Methoden und Auswirkungen immer stärker auch gegen diejenigen, die die Träger der sozialdemokratischen Bewegung waren. Die faschistische Diktatur hat den sozialdemokratischen Arbeitern, den gelernten wie den ungelernten, Freiheiten und Rechte entrissen, deren Verluste die organisierten Arbeiter am allerwenigsten überwinden können. Ich glaube, das ist sehr wichtig festzustellen, daß die Millionenfront der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter in Deutschland diesen Verlust an freiheitlichen Rechten am allerwenigsten verschmerzen kann. Wir müssen uns der entscheidenden Bedeutung der Tatsache bewußt sein, daß die sozialdemokratischen Arbeiter mit ihren Forderungen, mit ihrem politischen Willen und Sehnen gegenwärtig in schärfstem Gegensatz zur Bourgeoisie stehen. Genossen, wenn wir die Möglichkeit einschätzen, die für die Schaffung der proletarischen Einheitsfront gegenwärtig gegeben ist und damit den heutigen Stand der Einheitsfront vergleichen, so sehen wir ein sehr großes Mißverhältnis. Durch unser ungenügendes und falsches Herantreten an die sozialdemokratischen Arbeiter und an die sozialdemokratischen Organisationen haben wir viele Anknüpfungsmöglichkeiten und Gelegenheiten zu gemeinsamen Handlungen, Aktionen und Abmachungen verpaßt. Worin bestehen die Fehler in der Einheitsfrontpolitik, die wir gemacht haben? Im Grunde stellten wir die Frage der Einheitsfront als Frage der Vereinigung in den Reihen unserer Partei. Wir haben durch unsere Fehler, die zu einer Entstellung unserer Einheitsfrontpolitik geführt haben, nicht nur den reaktionären Führern der Sozialdemokratie ihre Sabotage der Einheitsfront erleichtert - nein, Genossen, wir haben es auch den linken Elementen erschwert, innerhalb der Sozialdemokratie die Bereitschaft zur Einheitsfront zu fördern, und wir haben durch unsere Fehler den Prozeß der Loslösung der linken Elemente von den reaktionären Teilen der sozialdemokratischen Führung gehemmt.

Diese Hemmungen und Fehler in unserer Einheitsfrontpolitik wirken sich his heute in ernster Weise aus. Die Tatsache, daß wir den 30. Juni nicht zu ernster Einheitsfront ausgenutzt haben, erschwert unserer Partei ohne Zweifel auch die Ausnutzung der heutigen Gegensätze im Lager der Bourgeoisie zur Schaffung einer wirklichen Einheitsfront, wenn wir auch die ersten Schritte dazu bereits getan haben. Wir müssen noch eine sehr große Arbeit leisten, denn gerade in unserer Partei waren von allen großen Parteien der Kommunistischen Internationale die größten Schwierigkeiten und sogar Widerstände in bezug auf eine wirkliche Einheitsfront.

Für die Beschlüsse des VII. Weltkongresses sein, das bedeutet, sich nicht mit der Zustimmung zur Resolution zu begnügen; der Sinn der taktischen Wendung liegt darin, daß wir uns nicht in formaler Weise an die Sozialdemokratie wenden, sondern so an die sozialdemokratischen Organisationen herantreten, daß die sozialdemokratischen Arbeiter erkennen, daß wir wirklich die aufrichtigsten Kämpfer für die proletarische Einheitsfront sind. Es gibt noch Genossen, die im Grunde ihres Herzens doch der Meinung sind, daß es sich bei unserer Einheitsfrontpolitik im Wesen um Manöver zur Entlarvung der sozialdemokratischen Führer handelt, die meinen, es genüge, an die sozialdemokratischen Führer heranzutreten, um sich ihre ablehnende Haltung gegenüber der Einheitsfront bestätigen zu lassen. Nein, Genossen, eine solche Einstellung muß wirklich ausgerottet werden. Wir müssen immer wieder ernst herangehen an die sozialdemokratischen Organisationen mit dem unerschütterlichen Willen, die Einheitsfront tatsächlich zustande zu bringen, allen Hemmungen und Schwierigkeiten, allen Widerständen und aller Sabotage zum Trotz.

Genosse Dimitroff hat charakterisiert, worin das Wesen unserer sektiererischen Fehler in der Einheitsfront bestand: Wir haben die Veränderung in der Lage und den Entwicklungsprozeß innerhalb der Anhänger der Sozialdemokratie vollkommen ignoriert. Wir haben uns an den Buchstaben veraltetet Formeln und Beschlüsse, die die Sozialdemokratie betreffen, geklammert.

Denken wir daran, wie ungenügend und schlecht wir auf die Zerschlagung der Gewerkschaften reagierten, wie wenig wir den 30. Juni auszunutzen verstanden. Und haben wir etwa richtig reagiert auf die Ermordung Husemanns[10]? Haben wir verstanden, das Wachsen der Solidaritätsstimmungen mit den neuen Methoden der Einheitsfront zu organisieren? Haben wir nicht auch die einzelnen Lohnabbaumaßnahmen, die Unternehmerangriffe und alle Vorgänge in den Betrieben nur in den seltensten Fällen zu wirklichen Einheitsfrontaktionen und Abkommen auszunutzen verstanden? All diese Tatsachen, Genossen, hängen doch damit zusammen, daß wir alle uns der eingetretenen Veränderungen der Lage nicht voll bewußt waren und nicht begriffen, daß eine Einheitsfront auf neue Art gemacht werden mußte. Das trifft besonders die Führung der Partei. Dadurch, daß wir nicht in der richtigen Weise die Bildung der Einheitsfront eingeleitet und gefördert haben, wurde in den unteren Organisationen an konkreten Anknüpfungsmöglichkeiten zur Schaffung der Einheitsfront sehr viel verpaßt.

Gewiß sind wir bei verschiedenen Anlässen an den Prager Parteivorstand herangetreten. Wir haben ihm gemeinsames Vorgehen bei den Vertrauensrätewahlen vorgeschlagen.

Wir haben einen gemeinsamen Kampf gegen das Militärgesetz, gegen den blutigen faschistischen Terror, für die proletarische Solidarität vorgeschlagen. Wir haben uns auch vom Zentralkomitee an die Linken im Parteivorstand und im Land und an alle sozialdemokratischen Gruppen mit Einheitsfrontvorschlägen gewandt. Aber da wir in unserer gesamten Einheitsfrontpolitik Hemmungen hatten, konnte dieses Vorgehen keine genügenden Erfolge zeitigen.

Viele von uns haben auch dann noch am schärfsten die linken sozialdemokratischen Führer angegriffen, als sie sich bereits für die Einheitsfront aussprachen.

Ich selbst habe in einem Artikel in der "Rundschau", anstatt daran anzuknüpfen, daß Aufhäuser und Böchel[11] die Notwendigkeit einer Einheitsfront bejahen und so den Hauptstoß gegen die Sabotage der reaktionären Gegner der Einheitsfront zu richten, die Linken der Manöver bezichtigt und durch eine abstrakt-dogmatische Diskussion die Auseinandersetzung über die Einheitsfront gehemmt, statt sie praktisch weiterzutreiben.

Ich glaube, wenn wir alle unsere Artikel durchsehen, nicht nur die offiziellen Dokumente unserer Organisation, wenn wir alle darüber nachdenken, wie wir Stellung genommen haben, von welchen Positionen wir bei der Aufrollung der verschiedenen Fragen ausgingen usw., dann werden wir sehen, daß es Situationen gab, in denen wir die Veränderung der Lage und besonders den großen Prozeß der Veränderungen im Lager der Sozialdemokratie nicht begriffen haben.

Was bedeutet es, die Einheitsfront auf neue Art zu verwirklichen? Das bedeutet, daß wir mit einer ganz anderen Einstellung als bisher an die Schaffung der Einheitsfront herangehen müssen. Die Einheitsfront darf nicht entstellt werden zu einer Methode der Werbung für unsere Partei. Worauf es ankommt, ist die Schaffung einer offenen ehrlichen Kampfgemeinschaft mit den sozialdemokratischen Arbeitern und Funktionären und ihren Organisationen.

Wir müssen die Hemmungen in unseren eigenen Reihen überwinden und durch die Schaffung des innigsten Kontaktes mit den sozialdemokratischen Massen die Sabotage der Einheitsfront durch reaktionäre sozialdemokratische Führer bekämpfen.

VI. Wir wollen die Einheitsfront mit der ganzen Sozialdemokratischen Partei

Genossen! Wir erstreben eine Verständigung mit dem sozialdemokratischen Parteivorstand.

Die ernste Lage, in der sich das werktätige Volk in Deutschland befindet, erfordert von uns, daß wir jeden Versuch machen, zu einer solchen Verständigung zu kommen. Wir müssen leider feststellen, daß der "Neue Vorwärts" schon seine ablehnende Haltung zum Ausdruck brachte, als die Beschlüsse des VII. Weltkongresses und die Kampfrede des Genossen Dimitroff noch kaum bekanntgeworden waren. Auf die positive Fragestellung durch den VII. Weltkongreß antwortete der "Neue Vorwärts" negativ. Er beruft sich auf das Manifest des Parteivorstandes vom 28. Januar 1934[12]. Wir erklären dazu: Niemand vertritt aufrichtiger und ehrlicher die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes als wir. Wir kämpfen mit unserer ganzen Kraft gegen den Faschismus und wollen den gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus. Wir werden jeden Vorschlag annehmen, von welcher Seite er auch kommen mag, wenn er nur der Einheitsfront gegen den Faschismus dient. Wir sind auch bereit, wesentliche Teile des Manifestes vom Januar 1934 anzunehmen, als Grundlage für den einheitlichen Kampf für gemeinsame Forderungen.

Diese Deklaration sagt z. B.: "Im Kampf gegen die nationalsozialistische Diktatur gibt es keine Kompromisse." Das ist auch unsere Auffassung. Mit dem Faschismus gibt es keinen Kompromiß. Das allein schon sollte genügen, um zu einer Verständigung zu kommen.

Die Deklaration besagt: "In diesem Kampf wird die Sozialdemokratische Partei eine Front aller antifaschistischen Schichten anstreben." Sie sagt weiter: "Unterstützung und Förderung erhält jede Gruppe, deren revolutionärer Geist dafür bürgt, daß ihre Tätigkeit dem Sturz der nationalsozialistischen Diktatur im Rahmen der Einigkeit der Arbeiterklasse dient."

Wir erklären dazu: Unsere ganze revolutionäre Politik zielt darauf hin, eine breite antifaschistische Volksfront zu schaffen, alle Gegner des faschistischen Regimes auf einer gemeinsamen politischen Plattform zum Kampf gegen das faschistische Regime zu einigen. Wir wissen, daß dies nicht eine Plattform für den Kampf um die Diktatur des Proletariats sein kann. Es muß aber eine Plattform des Kampfes für den Sturz des Hitlerfaschismus und die freie Entfaltung der Arbeiterbewegung sein.

So bietet auch diese Fragestellung im Manifest der Sozialdemokratie eine Grundlage der Verständigung. Der gemeinsame Kampf der Kommunisten und Sozialdemokraten bedeutet in Deutschland die stärkste Förderung für die Unterstützung und den Zusammenschluß aller revolutionären Gruppen und Bestrebungen gegen die blutige faschistische Diktatur.

Immer stärker wird im deutschen Proletariat der Drang nach Freiheit, nach demokratischen Rechten, nach Koalitionsfreiheit.

Der sozialdemokratische Parteivorstand schreibt in seiner Deklaration: "Die Wiedereroberung demokratischer Rechte wird zur Notwendigkeit." Die Kommunistische Partei kämpft in vorderster Front für jedes Stückchen demokratischer Rechte und Freiheiten. Wir haben diese Frage zur zentralen Achse unserer gegenwärtigen Politik gemacht.

Der sozialdemokratische Parteivorstand schreibt in dieser Deklaration: "Es ist nicht die Aufgabe der Sozialdemokratie, auf den Sturz der Despotie durch den Krieg zu hoffen, es ist vielmehr ihre Aufgabe, den Krieg zu verhindern."

Das ist auch unsere Meinung. Wir sind die glühendsten Verteidiger des Friedens gegen die faschistischen Kriegstreiber. Der Hitlerfaschismus will den Krieg. Wir wollen gemeinsam mit allen Arbeitern und Werktätigen den Frieden. Im Kampf für den Frieden, gegen den Krieg müßte doch vor allem eine Verständigung möglich sein.

Genossen! So wollen wir die Frage vor dem sozialdemokratischen Parteivorstand stellen. Wir suchen das Gemeinsame zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten im Interesse der Verwirklichung der Einheitsfront. Das Gemeinsame liegt aber besonders im Kampf gegen den Faschismus, gegen die Entrechtung der Werktätigen, gegen den blutigen faschistischen Terror. Wir haben einen gemeinsamen Feind: den Faschismus. Wir haben ein gemeinsames konkretes Kampfziel: den Sturz der Hitlerdiktatur. Wir sind verbunden im Kampf für die gemeinsamen Interessen des Proletariats und aller Werktätigen gegen die Kapitalsoffensive und gegen den blutigen Faschismus, der zum Krieg treibt. So stellen wir die Frage.

Trotz der Position, die der "Neue Vorwärts" gegenüber unserem Kongreß bezogen hat, trotz seiner Stellungnahme, die wir bedauern, da sie nicht im Interesse der sozialdemokratischen Arbeiter liegt, und von der wir glauben, daß die Arbeiter im Land sie nicht teilen, halten wir den Zeitpunkt für gekommen, um mit dem sozialdemokratischen Parteivorstand über eine Reihe wichtiger Fragen, die das Interesse der gesamten Arbeiterklasse und aller werktätigen Schichten berühren, in Verhandlungen zu kommen.

Die letzten Beschlüsse des Büros der II. Internationale, die Stellungnahme zur Kriegsgefahr aus Anlaß des abessinisch-italienischen Konflikts, ferner der Protest gegen die Ermordung Husemanns und gegen das Todesurteil gegen den Genossen Kayser zeigen Möglichkeiten der Anknüpfung.

Die Frage der Erzielung praktischer Fortschritte in der proletarischen Einheitsfront steht gerade für Deutschland sehr ernst. Es ist eine Tatsache, daß die Einheitsfront im internationalen Maßstab weitere Fortschritte macht. Bereits nach dem VII. Weltkongreß sahen wir in Schweden, Belgien und anderen Ländern große gemeinsame Demonstrationen gegen den drohenden italienisch-abessinischen Krieg. Es ist auch für Deutschland von größter Bedeutung, daß das Büro der II. Internationale beschlossen hat, die Beschlüsse des VII. Weltkongresses der Komintern hinsichtlich der Möglichkeit zur Bildung der Einheitsfront zu überprüfen. Von großer Wichtigkeit ist ebenfalls, daß unsere französische Bruderpartei sich an die Amsterdamer Gewerkschaftsinternationale und an die II. Internationale mit Einheitsfrontvorschlägen gewandt hat. Die Komintern hat sich, wie euch bekannt geworden ist, ebenfalls mit einem Einheitsfrontangebot an die II. Internationale gewandt.

Genossen, welche positiven Forderungen können wir dem Prager Parteivorstand für den gemeinsamen Kampf vorschlagen?

1. Gegen den blutigen faschistischen Terror, für die proletarische Solidarität.

2. Für demokratische Freiheiten, für Koalitionsrecht und Streikfreiheit, für Versammlungs- und Pressefreiheit usw.

3. Für die Verteidigung von Lohn und Brot, gegen die neuen Kapitalsangriffe.

4. Gegen die Kriegsgefahr, für den Frieden.

Wir wünschen mit dem Prager Parteivorstand eine Verhandlung und sind bereit, Abkommen für den Kampf abzuschließen, und sei es nur in einer einzigen Frage.

Dabei können wir gleichzeitig dem Prager Parteivorstand unsere Auf­fassung über Einheitsfront- und Volksfrontregierung darlegen. Unsere Einheitsfront muß innerhalb Deutschlands liegen. Wir sollten aber auch außerhalb des Landes in jeder erdenklichen Weise die Einheitsfront zur Hilfe für das Land organisieren.

Sollte es nicht möglich sein, mit dem sozialdemokratischen Parteivorstand über ein gemeinsames Auftreten der kommunistischen und sozialdemokratischen Parlamentarier aus Deutschland auf der internationalen Parlamentarierkonferenz eine Verständigung herbeizuführen? Könnten wir uns nicht verständigen über ein gemeinsames Auftreten auf der demnächst stattfindenden zweiten Konferenz zum Kampf gegen den Menschenraub, der von Hitlers Gestapoagenten gegen die Gegner des Faschismus, gegen die deutschen Antifaschisten im Ausland organisiert wird?

Wir schlagen dem Parteivorstand der SPD ferner vor, aus Anlaß des bevorstehenden Thälmann-Prozesses eine gemeinsame Kampagne zu führen für die Befreiung Ernst Thälmanns, Mierendorffs[13] und aller antifaschistischen Gefangenen, gegen Terror und Justizbarbarei, für die antifaschistische Solidarität.

Bei dieser Gelegenheit können wir mit dem Parteivorstand in Beratungen eintreten über die Möglichkeiten, wie die bei den Parteien gemeinsam den im Interesse der ganzen Arbeiterklasse notwendigen Wiederaufbau der Freien Gewerkschaften fördern können. Prüfung der Möglichkeiten der materiellen Hilfe für den Wiederaufbau der Freien Gewerkschaften.

Genossen, ich glaube, daß das Vorschläge sind, die wir angesichts der gegenwärtigen Situation zu machen verpflichtet sind. Wir werden uns von hier aus schriftlich und auch persönlich durch beauftragte Genossen erneut an den sozialdemokratischen Partei vorstand wenden. Die Möglichkeit, über alle Fragen zu sprechen ‑ so werden wir dem Parteivorstand erklären ‑ ist offen. Er hat das Wort. Und wenn er uns abweist, so werden wir es noch zwei- oder dreimal versuchen, und gleichzeitig werden wir uns anstrengen, im Land, in Deutschland, mit den sozialdemokratischen Organisationen in den Betrieben und in allen Orten zu einer Einheitsfront zu kommen, um somit von unten herauf auf jene reaktionären Elemente in der Sozialdemokratie, die die Einheitsfront sabotieren und ablehnen, den notwendigen Druck zu erzeugen.

Genossen! Wir wandten uns besonders an die linken sozialdemokratischen Führer, die sich direkt und indirekt um den Parteivorstand gruppieren und die sich in Artikeln für die Einheitsfront ausgesprochen haben.

Den linken sozialdemokratischen Arbeitern und Funktionären, den Führern der linken Opposition erklären wir kameradschaftlich: die wirkliche Einheitsfront ist nur die gemeinsame Aktion, ist der gemeinsame Kampf auf der Grundlage aufrichtiger Abkommen und Vereinbarungen.

Wir sagen diesen linken Führern: Ihr habt in eurem Programm gesprochen von der Diktatur des Proletariats, von Sowjets und bewaffnetem Aufstand. Ihr habt von der Notwendigkeit der Einheitsfront und von der einheitlichen Partei des Proletariats als Aufgabe der Zukunft gesprochen. Unser VII. Weltkongreß hat gezeigt, daß wir bereit sind zum gemeinsamen Kampf und zum Zusammenschluß, daß wir nichts sehnlicher erstreben als eben den gemeinsamen Kampf und die Einheit der Arbeitermassen. Was hindert euch noch, mit uns den gemeinsamen Klassenkampf zu führen, wenn ihr mit uns der Meinung seid, daß im gemeinsamen Kampf die kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeiter zu einheitlicher Weltanschauung und einheitlicher Politik kommen werden? Was hindert euch noch?

Die proletarische Einheitsfront darf angesichts des gemeinsamen Feindes nicht auf einen Nichtangriffspakt herabgedrückt werden. Sie muß eine aktive Abwehr, ja ein Angriffspakt sein, um den Feind gemeinsam zu schlagen. Erst der gemeinsame Kampf ist die wahre, die echte Einheitsfront. Die Einheitsfront kann sich nicht beschränken auf einen Nichtangriffspakt, sondern die Einheitsfront muß ein Angriffspakt gegen die Faschisten sein. Wenn die Sozialdemokratie, wenn die linken Sozialdemokraten mit uns eine Einheitsfront eingehen, so werden wir ihnen aber auch sagen: wir sind bereit, mit euch einen Nichtangriffspakt abzuschließen, denn wir werden niemals eine Politik treiben, die die Front, die gegen den Faschismus kämpft, schwächt.

Für diesen Kampf wollen wir kurzfristige und dauernde Kampfpakte abschließen von Organisation zu Organisation, von Partei zu Partei. Unsere Genossen dürfen sich im Land nicht abhalten lassen, immer wieder neue Anknüpfungspunkte zu finden, um erneut an die Massen und Organisationen der Sozialdemokratie heranzukommen zwecks Herstellung der Einheitsfront.

Genosse Dimitroff hat betont, daß wir das Hauptaugenmerk darauf lenken müssen, Massenaktionen zu entfalten, die von den unteren Organisationen auf Grund örtlicher Abkommen durchgeführt werden.

Genosse Dimitroff hat ausdrücklich die Richtlinien auseinandergesetzt, die der Einheitsfrontpolitik auf neue Art zugrunde liegen. In erster Linie erfordert sie die Verteidigung der unmittelbaren wirtschaftlichen und politischen Interessen der Arbeiterklasse, ihre Verteidigung gegen den Faschismus. Wie Genosse Dimitroff uns sagte, ist das der Hauptinhalt und der Ausgangspunkt der Einheitsfront der Arbeiter in allen kapitalistischen Ländern.

Genossen! Die Kommunistische Partei Frankreichs, unsere Bruderpartei, mit der wir uns eng verbunden fühlen, hat uns und der ganzen internationalen Arbeiterklasse in ihrer Einheitsfrontpolitik ein entscheidendes Beispiel der kommunistischen Fähigkeit gegeben, den Massen zu sagen, was sie heute tun sollen, um sich vor der kapitalistischen Ausplünderung und der faschistischen Barbarei zu schützen. Die Kampagne der französischen Antifaschisten "Die Reichen müssen zahlen" mobilisiert Millionen Werktätige, die sonst vielleicht Opfer des Faschismus würden, gegen die derzeitigen Notverordnungen der Regierung. Ihr wißt, wie auch in Deutschland die Faschisten die Not des Volkes ausgenutzt haben, wie sie Losungen prägten, die Massenlosungen waren, aber die Massen irreführten, sie vom Kampf gegen den Kapitalismus abhielten, aber als sozialdemagogische Losungen äußerst gefährlich waren. Und wir haben nicht verstanden, diese Losungen auszunutzen oder diese Losungen aufzugreifen und ihnen den Inhalt zu geben, den man ihnen geben mußte, um die Massen in den Kampf zu führen.

Die falsche Einstellung des Prager Parteivorstandes zu den Vertrauensrätewahlen, seine Boykottparole in Verbindung mit der Ablehnung des Einheitsfrontangebotes unserer Partei, hat leider die Ausnutzung der Vertrauensrätewahlen zu einer breiten Einheitsfront erschwert. Aber große Teile der sozialdemokratischen Arbeiter sind der falschen Losung des Prager Parteivorstandes nicht gefolgt. Viele von ihnen sind in Einheitsfront mit kommunistischen Arbeitern vorgegangen. Unsere Losung entsprach der tatsächlichen Lage und dem Willen und Verständnis der Arbeiter.

Die Vertrauensrätewahlen haben gezeigt, daß die Voraussetzungen für die Schaffung der Einheitsfront vorhanden sind. Die Anwendung unserer Taktik bei den Vertrauensrätewahlen hat diese Voraussetzung noch verbessert. Wir hatten eine richtige Taktik, und es hat sich gezeigt, daß, schon in einem Teil der Betriebe ein Zusammengehen der Sozialdemokraten und Kommunisten zustande kam. Das Ergebnis der Vertrauensrätewahlen hat in solchen Fällen den Arbeitern zum Bewußtsein gebracht, welche Kraft wir sind, wenn wir einig und geschlossen handeln.

Dieses Zusammengehen bei den Vertrauensrätewahlen war seit dem Januar 1933 der konkreteste Versuch, im Reichsmaßstabe eine Einheitsfront zustande zu bringen. Ein Versuch, der die ersten konkreten Ansätze schuf, die jetzt weiterentwickelt und gefördert werden müssen.

Die Vertrauensrätewahlen sind so ein Beweis der großen Möglichkeiten für die Schaffung der organisierten Einheitsfront. Die einzelnen Beispiele der proletarischen Einheitsfront zeigen uns, welche Erfolge möglich sind, wenn wir endlich in der ganzen Partei von oben bis unten das Sektierertum in der praktischen Arbeit überwinden, wenn wir es verstehen, die Einheitsfront auf neue Art wirklich mit all den vielfältigen Methoden anzuwenden, von denen der Genosse Dimitroff gesprochen hat.

Wir haben im Land eine Reihe von sehr erfreulichen Tatsachen der revolutionären Entwicklung unter den sozialdemokratischen Funktionären. Ich lenke die Aufmerksamkeit der Genossen auf jenen Kreis von Funktionären der Sozialdemokratie, der in Dortmund, Frankfurt, Baden, auch in Berlin und anderswo die Frage der Einheitsfront als eine Frage der unmittelbaren Verständigung für die gemeinsame Aktion stellt.

Wir richten an diese sozialdemokratischen Funktionäre, die in ihren illegalen Zeitungen mutig die Frage der Einheitsfront gestellt haben, den dringenden Appell, ihre ganze Kraft mit einzusetzen für ein enges Zusammenwirken der sozialdemokratischen und kommunistischen Organisationen zur Schaffung der Aktionseinheit und der Einheitsfront gegen die Hunger- und Kriegspolitik, gegen den blutigen Terror der Hitlerdiktatur. Wir werden das große Ziel der Einheit der Arbeiterklasse gegen Faschismus und Kapitalismus nur dann erreichen, wenn wir gemeinsam die ersten Schritte dazu tun, konkrete Vereinbarungen schließen über den konkreten Kampf gegen die Maßnahmen der faschistischen Diktatur.

Auf den überzeugten Anhängern der proletarischen Einheitsfront liegt ein hohes Maß von Verantwortung. Jeder Kommunist und jeder Sozialdemokrat, der gegen den Faschismus kämpfen will, muß sich dieser Verantwortung bewußt sein.

Aber die Hauptverantwortung tragen die Leitungen der Kommunistischen Partei und der Sozialdemokratie. Ihnen obliegt die Pflicht gegenüber dem werktätigen Volk, über die Parteischranken hinweg zusammenzukommen und zu verhandeln. Darum ist unser Angebot an den Prager Parteivorstand ernst und kein Manöver. Wir sind keine kapitalistischen Regierungen, die ihre Diplomaten vorschicken. Wir wollen direkt miteinander verhandeln.

Jeder von uns sollte wissen, daß die Einheitsfront zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten eine ungeheure Anziehungskraft auf christliche, parteilose und sogar nationalsozialistisch beeinflußte Proletarier ausüben wird. Wir organisieren, das muß besonders betont werden, auch mit den Millionen katholischen Arbeitern und Angestellten und ihren Organisationen die Aktionseinheit. Die Schaffung einer breiten Einheitsfrontbewegung ‑ so lehrt uns das französische Beispiel ‑ erfordert, daß in Deutschland ein ganzes System von Einheitsfrontorganen entstehen muß, angepaßt den örtlichen und betrieblichen Bedingungen, vor allem geschaffen durch den Kampfpakt von Organisation zu Organisation.

Genossen! Unsere französische Bruderpartei hatte, bevor sie mit der Pariser Organisation der Sozialdemokratie als der ersten zu einem Kampfpakt kam, schon ungefähr 600 Einheitskomitees im Land geschaffen, die später die Zahl von Tausenden überschritten haben. Wir haben gesehen, die Einheitsfront wuchs an wie eine Welle. Die Arbeiter sahen die durch den Faschismus drohende Gefahr, und es ist richtig, wenn Genosse Marty sagte, je mehr die Partei selbst die Gefahr aufzeigte, desto mehr wuchs die Lawine des Entstehens von Einheitsorganen an: Antikriegskomitees, Kampfkomitees gegen den faschistischen Terror in Deutschland, Hilfskomitees, Komitees zum Kampf gegen den Reichstagsbrandprozeß, Komitees zur Befreiung des Genossen Thälmann, und wie sie alle heißen. Komitees, die die unmittelbaren Forderungen der Arbeiter verfochten, und solche, die bereits internationalen Charakter tragen. Das müssen wir in Deutschland auch fertigbringen. Wenn wir systematisch vorgehen, können wir das fertigbringen, trotz der schweren Bedingungen unter der faschistischen Diktatur.

VII. Gewerkschaftseinheit - politische Einheit - Einheitsfrontregierung

Einer der wichtigsten Punkte der Einheitsfrontabkommen ist die Forderung des Wiederaufbaus der Freien Gewerkschaften, der Schaffung von Gewerkschaftsgruppen zum Kampf für die Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen und gegen die Kapitalsangriffe.

Der Weg zum Wiederaufbau der Freien Gewerkschaften geht in der Hauptsache über die Tätigkeit in der Deutschen Arbeitsfront[14].

Der Wiederaufbau der freigewerkschaftlichen Bewegung, die Schaffung der Gewerkschaftsgruppen muß auf dem Boden des vollen Mitbestimmungsrechtes und der Gleichberechtigung aller Kollegen, unter größter Sicherung vor Gestapo- und Nazispitzeln durchgeführt werden. Die frühere Zerreißung der gewerkschaftlichen Bewegung nach Parteirichtungen darf sich nicht wiederholen. Die Parteien haben dabei lediglich die Aufgabe, den Gewerkschaftskollegen bei der Durchführung ihrer Arbeiten und Aufgaben behilflich zu sein.

Der Kampf um die Gewerkschaftseinheit muß ein Kernpunkt und Gradmesser unserer gesamten Einheitsfrontpolitik sein. Das Gebiet der Gewerkschaftsarbeit war bisher unser schwächster Punkt. Sogar dort, wo die Partei die besten Organisationen hatte, in Berlin, war es um die Gewerkschaftseinheit immer am schlechtesten bestellt. Das Sektierertum ist in unserer Gewerkschaftsarbeit besonders stark zum Ausdruck gekommen.

Wir sollten an alle ehemaligen Gewerkschaftsführer innerhalb und außerhalb des Landes herantreten und ihnen Vorschläge machen:

für das gemeinsame Hinwirken auf die Schaffung der Einheitsfront zwischen sozialdemokratischen und kommunistischen Organisationen, für den Wiederaufbau der Freien Gewerkschaften, betrieblich, örtlich und im Reichsmaßstab.

Wir Kommunisten verzichteten bereits im Interesse der Herstellung der Gewerkschaftseinheit auf die Weiterführung der selbständigen Verbände und der RGO. Die Kommunisten werden sich durch ihre vorbildliche gewerkschaftliche Arbeit das Vertrauen der Gewerkschaftskollegen erwerben.

Mit Hilfe der Gewerkschaftsgruppen können wir die besondere Aufmerksamkeit auf die Lage der Jungarbeiter, auf die Hilfeleistung im Kampf für deren wirtschaftliche Interessen lenken.

Die Gewerkschaftseinheit muß hergestellt werden trotz der Existenz mehrerer Arbeiterparteien. Die Überwindung der Spaltung, die Schaffung der politischen Einheit der Arbeiterklasse, die Zusammenfassung der Kräfte des Proletariats zu einer einheitlichen revolutionären Massenpartei wird das Ergebnis der verwirklichten Aktionseinheit sein.

Wir Kommunisten werden immer in der entschiedensten Weise gegen jede Theorie und Praxis kämpfen, die die Arbeiterklasse spaltet und schwächt. Die Politik der Arbeitsgemeinschaft mit dem Großkapital haben wir bekämpft, bekämpfen wir, und werden wir im Interesse der Arbeitermassen stets bekämpfen. Es ist klar, daß diejenigen Führer, die die Politik der Zusammenarbeit mit dem Großkapital wollen, immer gegen die Einheitsfront sein werden.

Genossen, in der Vergangenheit haben wir aber nicht verstanden, daß bei uns die Initiative in der Frage der politischen Einheit der Arbeiterklasse liegen mußte, in der Frage der einheitlichen revolutionären Kampfpartei des Proletariats. Gerade unsere Partei, die ideologisch so stark gefestigt ist, unsere Partei, die einen so ernsten Prozeß der Bolschewisierung durchgemacht hat, mußte diese Initiative zeigen. Wir haben aber die praktische Bedeutung der Frage der Einheit für die Bildung der Einheitsfront unterschätzt. Wir haben diese Frage, die viele sozialdemokratische Arbeiter und Funktionäre tief bewegte, nicht mit Initiative behandelt.

Zu der Zeit, in der wir das Banner der proletarischen Einheit und der Einheit der Arbeiterklasse vor der Arbeiterklasse hätten entrollen müssen, haben wir nicht alles getan, um den Massen zu zeigen, daß wir in der Tat die glühendsten und aufrichtigsten Verfechtet der proletarischen Einheit sind. Jetzt hat der VII. Weltkongreß der Arbeiterklasse der ganzen Welt den Weg zur politischen Einheit des Proletariats gezeigt. Wir sind verpflichtet, unsere ganze Kraft daran setzen, um mit der Organisierung des täglichen Kampfes gegen die faschistischen Maßnahmen und gegen die Kapitalsangriffe auch die Fragen des Kampfes für die politische Einheit des Proletariats zu verbinden.

Der sozialdemokratische Parteivorstand stellte auch in seiner Deklaration vom Januar 1934 die Frage der politischen Einheit der Arbeiterklasse, der Schaffung einer revolutionären Partei. Wenn da gesagt wird: "Die Einigung der Arbeiter wird zum Zwang, den die Geschichte selbst auferlegt, so stellen wir die Frage, ob es einen anderen Weg geben kann zur Verwirklichung der Einheit und zur Vollstreckung des geschichtlichen Zwanges als eben den wirklichen unmittelbaren Zusammenschluß zum Kampf gegen die faschistische Barbarei. Nur so entsteht das gegenseitige Vertrauen, nur so werden die Voraussetzungen für die volle Einheit, die das hohe Ziel aller Sozialisten ist, geschaffen.

Wir Kommunisten haben die Initiative zur Schaffung der Einheitspartei des Proletariats, wobei wir den Massen zeigen, daß eine solche Einheitspartei zur Erfüllung ihrer Aufgabe der vollständigen Unabhängigkeit von der Bourgeoisie bedarf. Eine solche Partei muß die Notwendigkeit des revolutionären Sturzes der Herrschaft der Bourgeoisie und der Aufrichtung der Diktatur des Proletariats in der Form der Sowjets anerkennen, sie muß die Unterstützung der eigenen Bourgeoisie im imperialistischen Krieg ablehnen und auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus aufgebaut sein.

Genossen! Der Kampf, den wir für die materiellen Interessen der werktätigen Massen führen, ist mit dem Kampf um die demokratischen Freiheiten des werktätigen Volkes auf das engste verbunden. Wir kämpfen für die Organisations- und Vereinsfreiheit, für die Freiheit der Presse und der Meinung, für die Mitbestimmung und für die Selbstbestimmung des Volkes. Wir sind Anhänger der Sowjetmacht, der Sowjetdemokratie als der einzigen wirklichen Demokratie des Volkes. Aber wir sind auch bereit, eine Regierung der Einheitsfront und Volksfront zu unterstützen und unter bestimmten Bedingungen an einer solchen teilzunehmen, wenn eine politische Krise eintritt und die werktätigen Massen noch nicht zum Kampf um die Sowjetmacht bereit sind.

Eine solche Regierung der Einheitsfront oder Volksfront hat natürlich nichts mit einer Koalitionsregierung der Bourgeoisie zu tun. Es ist eine Regierung, die die Tätigkeit der Kommunistischen Partei im Kampf für die Interessen der Arbeiterklasse in keiner Weise einschränkt und die entschlossene Maßnahmen gegen Faschismus und Reaktion, gegen Großkapitalisten und Großagrarier durchführt. Eine solche Regierung ist nur dann möglich, wenn die werktätigen Massen zum entscheidenden Kampf für den Sturz der Hitlerdiktatur bereit sind und es der Bourgeoisie nicht mehr gelingt, diese Massenbewegung und den Massenkampf des werktätigen Volkes für seine Befreiung von der Hitlerbarbarei aufzuhalten.

Die Deklaration der Sozialdemokratie vom Januar 1934 stellt in breiter Form die Regierungsfrage. Sie stellt eine ganze Anzahl von Forderungen und Bedingungen. Wir glauben, daß die in dem Manifest entwickelten Vorschläge, wie die Sozialdemokratie sich eine künftige Regierung vorstellt, und unsere Richtlinien und Gesichtspunkte für eine Regierung der Einheitsfront oder Volksfront ebenfalls eine Verständigung im Sinne der proletarischen Einheitsfront möglich machen müßten.

Wer wirklich für die Freiheit der Arbeiter ist, ist für die proletarische Einheitsfront und wird alle seine Kraft daran setzen, die Aktionseinheit zu verwirklichen. Wer links ist, muß handeln im Sinne der proletarischen Einheitsfront.

Wir werden uns durch nichts entmutigen lassen, unseren Kampf für die proletarische Einheit auch durch Verständigung mit sozialdemokratischen Führern zu verstärken.

Entscheidend ist, daß an der Basis, im Betrieb, in allen faschistischen Massenorganisationen, in allen Orten die Aktionseinheit zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten festere organisatorische Formen annimmt.

Mir erscheint wichtig, darauf hinzuweisen, daß wir zur Erweiterung der Einheitsfront gemeinsam mit den sozialdemokratischen Organisationen an die katholischen Arbeiterorganisationen herantreten sollten. Das bedeutet nicht, daß wir nicht auch allein an diese Organisationen herantreten können. Wir dürfen nicht vergessen, daß in den Gebieten mit starker katholischer Bevölkerung die dortigen legalen, und man kann sagen, heute auch illegalen katholischen Arbeiterorganisationen dem faschistischen Regime äußerst feindlich gegenüberstehen.

Es gibt in unseren Reihen Auffassungen, als sei die Schaffung von Einheitsfrontkomitees unter den illegalen Bedingungen kaum möglich oder als sei es nicht nötig, dort, wo Abkommen bestehen, Einheitsfrontkomitees zu schaffen. Das ist nicht richtig. Wir müssen darauf drängen, daß in die Einheitsfrontabkommen ein Punkt über die Organisierung von Einheitsfrontkomitees aufgenommen wird, und zwar von Komitees, die unmittelbar unten geschaffen werden. Wenn wir eine solche Situation hätten, wo man die Frage der Wahl schlechthin stellen könnte, würden wir sagen, die unten gewählt werden. Wir erkennen natürlich auch andere Organisationsformen an, wenn sie die Möglichkeit geben, die ersten notwendigen Schritte auf dem Weg zur Aktionseinheit zu tun, aber während der Bewegung müssen alle Anstrengungen darauf gerichtet sein, solche Komitees zu schaffen.

Wir stehen vor dem Prozeß gegen den Genossen Thälmann, für dessen Verteidigung wir die breiteste Einheitsfront schaffen können, wenn wir verstehen, den Massen anschaulich zu zeigen, daß Ernst Thälmann der beste Verfechter der proletarischen Einheitsfront ist, daß man in ihm die proletarische Einheitsfront treffen und vernichten will.

Erinnern wir uns an das große Beispiel des Leipziger Prozesses[15]. Die geschichtliche Bedeutung des Auftretens unseres Genossen Dimitroff bestand darin, daß er die Möglichkeiten einer breiten Einheitsfront und Volksfront zeigte. Wir haben diese Einheitsfrontbestimmungen und den starken Willen zur Einheitsfront damals nicht zu organisieren verstanden. Der Prozeß gegen den Führer unserer Partei, der Kampf für seine Befreiung und die aller antifaschistischen Gefangenen bietet neue große Möglichkeiten für die Einheitsfront und Volksfront. Wir müssen überall in den Betrieben und auch in den faschistischen Massenorganisationen versuchen, Thälmann-Komitees zu schaffen. Gerade diese Komitees sind geeignet, die Einheitsfront vorwärtszutreiben.

Der Nürnberger Parteitag der Faschisten soll zum Ausgangspunkt eines noch rücksichtsloseren, eines noch blutigeren Terrors gegen alle Antifaschisten werden. Angesichts dieser Bedrohung des Lebens deutscher Arbeiter, angesichts des Raubes der elementarsten Lebensrechte, angesichts des heiligen Gefühls der brüderlichen Solidarität, das die Arbeiter der ganzen Welt erfaßt, wäre es verhängnisvoll, noch länger in Deutschland mit der Herstellung der· Solidaritätseinheit für das deutsche werktätige Volk, der Einheitsfront und Volksfront zu zögern. Das sagen wir den sozialdemokratischen Arbeitern, das sagen wir auch an die Adresse der sozialdemokratischen Führer.

Fassen wir zusammen, welches die Hauptgesichtspunkte für unsere Einheitsfrontpolitik auf neue Art sind.

Einheitsfrontpolitik auf neue Art bedeutet:

1. Die Schaffung eines neuen Verhältnisses zu den sozialdemokratischen Massen. Die Gemeinsamkeit des Handelns und die Gleichberechtigung der Einheitsfrontpartner in den Vordergrund zu stellen, anstatt die Einheitsfrontpolitik auf die bloße Werbung sozialdemokratischer Arbeiter herabzudrücken.

2. Mit Leidenschaft und im Bewußtsein der revolutionären Verantwortung alles zu tun, um eine Einheitsfront wirklich zustande zu bringen, anstatt sich auf die bloße agitatorische Entlarvung reaktionärer sozialdemokratischer Führer zu beschränken.

3. Forderungen aufzustellen, die dem Niveau und dem Willen der sozialdemokratischen Massen entsprechen, nicht Forderungen, die die sozialdemokratischen Massen von der Einheitsfront zurückhalten, die für die sozialdemokratischen Arbeiter unverständlich sind, die sie von uns fernhalten.

4. Daß wir Teilziele in den Vordergrund rücken, wie z. B. der Kampf um demokratische Freiheiten, ohne auf die Propaganda unseres Endzieles zu verzichten, statt einer dogmatischen Propaganda des Kampfes für ein Endziel ohne Übergänge und Etappen.

5. Gemeinsamer Wiederaufbau der Freien Gewerkschaften auf der Grundlage der proletarischen Demokratie und der Selbstbestimmung der Mitglieder.

6. Die Erkennung, daß die Schaffung der politischen Einheit der Arbeiterklasse und die Schaffung einer einzigen revolutionären Massenpartei des Proletariats möglich ist und mit aller Kraft angestrebt werden muß, anstatt wie bisher den Linken nicht zu helfen, sich auf revolutionäre Positionen hinzuentwickeln, sondern Hilfe und nochmals Hilfe den Linken, damit sie sich und ihre Organisationen auf eine revolutionäre Position hinentwickeln.

7. Mit den sozialdemokratischen Arbeitern den Kampf zu führen um die Einbeziehung der christlichen Arbeiter und aller werktätigen Massen in die Einheitsfront und antifaschistische Volksfront.

8. In der Agitation und Propaganda eine Sprache zu führen, die den breiten Massen im höchsten Grade verständlich ist und die auch die werktätigen Anhänger des Faschismus nicht abstößt, sondern anzieht.

9. Auf neue Art einen Kampf zu führen gegen die faschistische Ideologie, gegen die chauvinistische Beeinflussung der Massen, gegen den Krieg, für den Frieden.

10. Mit der Taktik des trojanischen Pferdes in allen faschistischen Massenorganisationen zu arbeiten, die Massen zu gewinnen, in den Kampf zu führen, um dort die Basis zu schaffen für die breite Entfaltung der proletarischen Einheitsfront. Nicht wie bisher zu arbeiten in den faschistischen Massenorganisationen vom Standpunkt der Zersetzung, sondern zu arbeiten vom Standpunkt der Gewinnung der Arbeitermassen für den gemeinsamen Kampf.

VIII. Die faschistischen Massenorganisationen und die Taktik des trojanischen Pferdes

Genossen! Auf dem VII. Weltkongreß hat Genosse Dimitroff in einem einzigen Satz das bedeutsame Merkmal unserer neuen politischen Linie der Massenarbeit zur Unterhöhlung der faschistischen Diktatur zum Ausdruck gebracht. In einem einzigen Satz legte er das große Geheimnis der Vorbereitung des Sturzes der Hitlerdiktatur bloß, begründete er, der Meister der Massensprache, unsere Taktik. Er sagte: Wir müssen gegen den Faschismus eine Taktik des trojanischen Pferdes anwenden.

Die Taktik des trojanischen Pferdes, d. h. den Faschismus von innen heraus angreifen und schlagen. Indem wir uns durch alle Tore in seine Massenorganisationen hineinschleichen und dort arbeiten, legal und illegal, in Funktionen, um die Massen zum Kampf für ihre Interessen zu gewinnen, zerstören wir die Massenbasis des Faschismus, schaffen wir die Voraussetzungen für die Massenaktionen des Proletariats und der Werktätigen gegen den Faschismus.

Die Taktik des trojanischen Pferdes ist die Politik des Zusammenschlusses aller Gegner des Faschismus innerhalb aller Zwangsorganisationen des Faschismus, in der Deutschen Arbeitsfront, in den Handwerkerorganisationen, in den Bauernschaften usw.

Die Taktik des trojanischen Pferdes bedeutet vor allen Dingen Herstellung der Einheitsfront in diesen Organisationen zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten, Heranziehung der katholischen Arbeiter an die Einheitsfront und in die Einheitsfront zum gemeinsamen Kampf, um somit alle Gegner des Faschismus anzuziehen und zusammenzuschließen. Diese Taktik bedeutet auch die Einbeziehung der nationalsozialistischen Arbeiter in die täglichen Kämpfe gegen die ungeheure Ausbeutung und Entrechtung bis zu ihrer Einbeziehung in die antifaschistische Front.

Wir sind zu Hunderttausenden in den faschistischen Massenorganisationen, Kommunisten, Sozialdemokraten, katholische Arbeiter; kommunistische, sozialdemokratische und vom Zentrum beeinflußte Handwerker und Mittelständler, kommunistische, sozialdemokratische und zentrumlich beeinflußte Bauern. Wir sind drin. Nur arbeiten wir nicht; nicht systematisch, nicht planmäßig, nicht wirkungsvoll. Wir haben seit längerer Zeit die Formulierung gehabt: Man muß in den faschistischen Massenorganisationen arbeiten. Unsere Genossen aus dem Land haben vielfach gefragt: wie muß man das machen, wie kann man das machen? Weil wir noch nicht die richtige Einschätzung der Lage hatten, weil wir noch nicht verstanden, die neue Taktik zu entwickeln, - darum konnten wir unseren Genossen nicht die richtige Anleitung für die Arbeit geben, darum war es auch so schwer, die sektiererisch beeinflußten Genossen, die die Arbeit nicht durchführen wollten und Widerstand leisteten, von der Notwendigkeit dieser Arbeit zu überzeugen. Wir müssen uns deshalb in dieser Richtung sehr stark anstrengen.

Genossen! Innerhalb der faschistischen Massenorganisationen kann das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern viel schneller geweckt werden.

Die gemeinsame Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen ist ein neuer Motor zur Verbreiterung und Vertiefung der proletarischen Einheitsfront zwischen den kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern und den katholischen Arbeitern.

Die Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen gibt den Kommunisten die Möglichkeit, die wirklichen Stimmungen der Massen zu ergründen und ihre Forderungen und Losungen dementsprechend auszuarbeiten, die Kampfaktionen vorzubereiten, ohne zu übertreiben und ohne sich durch abstrakte Formulierungen, die nicht aus dem Leben genommen sind, von den Massen zu isolieren.

Weil wir nicht die Stimmung der Massen wirklich ergründet haben, und weil wir nicht versucht haben, eine solche Politik zu entwickeln, deshalb haben wir vielfach Losungen gehabt, die die Massen gar nicht verstanden, die uns von den Massen isolierten, die die Massen als übertriebene Losungen empfanden, von denen die sozialdemokratischen Arbeiter sagten, man könne sie nicht erfüllen. Wir fühlten nicht den Puls der Massen, weil wir nicht dort arbeiteten, wo die Massen zusammengeballt waren.

Die Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen bedeutet nicht nur die beste und fast einzige Möglichkeit zur Ausnützung legaler Möglichkeiten, sondern bietet zugleich auch die besten Formen zur Sicherung der illegalen Arbeit.

Die Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen gibt uns die Möglichkeit, besser an die katholischen Arbeiter heranzukommen, und ist damit ein Hebel zur Entwicklung der antifaschistischen Volksfront.

Die Führer der Sozialdemokratie wendeten sich bis in die jüngste Zeit gegen die Arbeit in diesen Organisationen, da ihre ganze Einstellung nur auf Kaderorganisation gerichtet war.

Aber der Faschismus hat mit der Methode des Zwanges das Gros der sozialdemokratischen Arbeiter in diese Organisationen gebracht. Und jetzt muß auch die Führung der Sozialdemokratie ihre bisherige negative Einstellung ändern.

Genossen, haben wir selbst die Bedeutung dieser Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen begriffen? Leider noch viel weniger sogar als vor der Hitlerdiktatur die Notwendigkeit, in den Amsterdamer Gewerkschaften zu arbeiten.

Nachdem die legalen Massenorganisationen, die Gewerkschaften usw. vom Faschismus gleichgeschaltet worden waren, stellten wir uns darauf ein, diese faschistischen Organisationen von außen anzugreifen und zu bekämpfen. Wir stellten die Frage des Boykotts und die Losung der Sprengung dieser Organisationen. Diejenigen aber, die hineingingen, setzten sich dem Vorwurf des Verrats aus. Genossen, ich spreche hier selbstverständlich nicht von denen, die dem Druck der Faschisten unterlagen. Ich spreche von dem Kommunisten, der seine revolutionäre Pflicht erfüllt. Und war es nicht so, daß wir solche sektiererischen Parolen hatten, die uns ganz isoliert haben von der Arbeit in diesen Organisationen? Gab es nicht eine Einstellung, daß man in der Arbeitsfront nicht arbeiten könne, weil das die Liquidierung der RGO bedeuten würde? Und wurde nicht zum Beispiel ein Jugendlicher, der in die Hitler-Jugend ging, als Verräter angesehen, und schämten sich nicht diejenigen, die dort waren, es zu sagen, um sich nicht diesem Vorwurf auszusetzen?

Ihr kennt alle genug Beispiele solchen sektiererischen Verhaltens. Ich will nur noch an eine solche Tatsache erinnern, daß Funktionäre einer gleichgeschalteten Massenorganisation einen Funktionär von uns zur Mitarbeit einluden und ihn gleichsam angefleht haben, er soll kommen und ihnen helfen. Unser Genosse erklärte, das könne er nicht, denn er wolle nicht zum Verräter werden.

Hatten wir nicht lange eine allgemeine Einstellung gegen das Annehmen von Funktionen in der Arbeitsfront, obwohl die Funktionen, wie man sagt, auf der Straße lagen. Sind das alles nicht Tatsachen?

Nehmen wir nun konkret einzelne faschistische Massenorganisationen. Wie können wir dort arbeiten?

a) Unsere Arbeit in der "Deutschen Arbeitsfront"

Die größte Massenorganisation des Faschismus ist die "Deutsche Arbeitsfront". In ihr ist vor allem das Industrieproletariat.

Mit der Zerstörung der Gewerkschaftsbewegung, der gewaltsamen Besetzung der Gewerkschaftshäuser und der darauf folgenden zwangsweisen Gleichschaltung aller Gewerkschafts- und gewerkschaftlichen Organisationen entstand die "Deutsche Arbeitsfront" gegen den Widerstand der überwältigenden Mehrheit der Gewerkschaftler. Ich sage gegen den Widerstand. Das bedeutet nicht, daß der Widerstand stark genug war. Er war nicht stark genug. Durch die sozialdemokratische Politik, durch die Politik der Gewerkschaftsführer, durch die Spaltung innerhalb der Arbeiterklasse war der Widerstand nicht stark genug, aber es war doch Widerstand vorhanden. Daran zu erinnern, ist notwendig, um den Blick aller Antifaschisten auf zwei Tatsachen zu lenken.

Erstens: die Massen in den Gewerkschaften waren Gegner der Faschisten und sind heute mit dem Regime erst recht nicht einverstanden  ‑das sind Millionen ‑ wenn auch zunächst nur der aktivere Teil gegen den Faschismus kämpft. In diese Organisation sind Tausende hineingepreßt worden, die aus Verärgerung über die Politik der Sozialdemokratie die reformistischen Gewerkschaften verlassen hatten, aber doch Gegner des Faschismus waren; zuguterletzt sind größere Teile der ehemals durch die soziale Demagogie beeinflußten Arbeiter bereits bitter enttäuscht.

Zweitens: innerhalb der "Deutschen Arbeitsfront", die Millionen Gewerkschafter durch die Gleichschaltung zwangsweise erfaßte, hat das Bestreben der Mitglieder, ihre gewerkschaftlichen Interessen zu wahren, niemals aufgehört. Auf dem Boden der politischen und gewerkschaftlichen Entrechtung, der materiellen Verschlechterung entstehen ständig Reibungen mit den faschistischen Arbeitsfrontbonzen. Die allgemeine Unzufriedenheit der Betriebsbelegschaften überträgt sich auf die Arbeitsfront und steigert den Haß gegen das Verhalten der faschistischen Treuhänder und Arbeitsfrontkommissare. Das sind auch die Gründe, warum der Oberbonze Ley[16] solche demagogischen politischen Purzelbäume schlägt. Einmal so und einmal so.

Hier liegt das große Arbeitsfeld für Antifaschisten, für Revolutionäre, diesen Massen zu helfen, ihnen eine Führung im Kampf zu geben, mit ihnen gemeinsam, anknüpfend an ihre elementarsten Interessen, die Bewegungen zu organisieren. In Deutschland liegt auch der Schlüssel zum Fortschritt unserer gewerkschaftlichen Arbeit, des Wiederaufbaus der Freien Gewerkschaften in der Massenarbeit innerhalb der Arbeitsfront.

Wir stellen uns das Ziel, die unteren Organisationen der DAF für die Vertretung von Arbeiterforderungen auszunutzen. Das ist nur möglich, wenn wir zäh und beharrlich den Kampf führen um die Besetzung der unteren Betriebs- und Arbeitsfrontfunktionen, um diese für den Kampf um die Arbeiterforderungen auszunutzen. Nur so kann die Ausnutzung der legalen und halblegalen Möglichkeiten zur Hauptmethode unserer gewerkschaftlichen Massenarbeit werden. Wir kämpfen um die Wählbarkeit der Funktionen, machen davon aber die Annahme nicht abhängig. Wir nehmen auch Funktionen an, falls wir dazu bestimmt werden, wenn man Wahlen nicht durchsetzen kann.

Wir müssen systematisch kämpfen, um Einfluß auf die Vertrauensräte zu bekommen, auch wenn sie Nationalsozialisten sind. Unsere Anhänger müssen innerhalb des Vertrauensrates eine politische Linie beziehen, die anderen Mitglieder des Vertrauensrates für die Vertretung der Interessen der Arbeiter zu gewinnen.

Hier können wir an die soziale Demagogie der Faschisten anknüpfen, können wir die sozialen Betrugsmanöver der Faschisten ausnützen und sie umkehren zur Heranführung der Massen an den Kampf.

Anknüpfungsmöglichkeiten, um den. Arbeitermassen zu helfen, sind vorhanden durch die Ausnutzung der Arbeitsordnung, der Krankenkassen, der Unfallschutzbestimmungen, gegen deren reaktionären Inhalt gleichzeitig der Kampf organisiert werden muß. In allen Fragen der Abzüge vom Lohn, der Strafen, der Unterstützungskasse, des Gedinges und Akkords müssen die Arbeiter in den Vertrauensräten ihre Berater und Kampforganisatoren sehen. Die elementarsten Kampfmethoden wie Anfragen, Petitionen, kollektiver Protest, Organisierung des Vorstelligwerdens bei der Betriebsleitung usw. können innerhalb der Arbeitsfront und von dort aus entwickelt werden.

Wir haben eine ganze Anzahl von Beispielen, die die großen Möglichkeiten einer Massenpolitik aufzeigen, wenn wir bloß verstehen, diese Taktik zu entwickeln. Es sind positive und negative Beispiele. Positive Beispiele, wo die Arbeiter schon entsprechend unserer Januar-Resolution begonnen haben, die ersten Schritte zu tun. Ich will nur zwei Beispiele anführen.

In einem Betrieb, in dem inländisches und ausländisches Kapital vertreten ist, hielt ein Arbeitsfrontbonze eine große demagogische Brandrede gegen das internationale Kapital. Unsere Genossen haben verstanden, diese Brandrede sofort in einer solchen Art und Weise auszuwerten, daß in den folgenden Tagen die Schreibstube des Vertrauensrates ständig überfüllt war von Arbeitern, die ihre Forderungen anmeldeten. Daraus entwickelten sich weitere Schritte, Einzelvorstelligwerden beim Meister bis zur passiven Resistenz.

In einer Arbeitsfront-Versammlung hat ein Arbeitsfrontbonze eine Rede gehalten, in der er den unsozialen Unternehmern mit dem Konzentrationslager drohte, wenn in den Betrieben nicht auf die hygienischen Verhältnisse geachtet wird, wenn es für die Arbeiter keine genügenden Waschgelegenheiten gibt usw. Am andern Tage nahm eine Abteilung eines Betriebes Stellung dazu; sie sandte eine Delegation zum Büro der Arbeitsfront mit Forderungen, die auf der Rede vom Tage vorher basierten. Stellt euch vor, Genossen, wenn zehn Abteilungen statt einer Abteilung das getan hätten. Was hätten dann die Arbeitsfrontführer machen müssen? Um nicht entlarvt zu werden, wären sie in diesem Falle gezwungen gewesen, etwas zu tun, und die Arbeiter hätten in uns oder wenigstens in den Kräften, die das organisierten, die wirklichen Vertreter und Anwälte ihrer Interessen gesehen.

Wir müssen in vielen Fällen solche Losungen, die die Arbeitsfrontbonzen stellen, aufgreifen und ihnen einen solchen Inhalt geben, daß die Arbeitermassen an die Kämpfe herangeführt werden.

b) Formen und Methoden der neuen Kapitalsoffensive und die Bedeutung der Teilforderungen

Genossen, ich habe schon gesagt, die ganze Lage im Land zwingt die faschistische Kapitalsdiktatur zu einer verschärften Offensive auf die Lebenshaltung der Arbeiter und Werktätigen.

Der Kapitalismus wird alle jene Formen und Methoden der Offensive anwenden, von denen er sich verspricht, daß sie nicht zu breiteren Streikbewegungen führen, z. B. unmittelbaren Lohnabbau für Abteilungen, Kolonnen, Gruppen usw., Steigerung der unbezahlten Leistung durch neue Rationalisierungsmaßnahmen (Druck auf Akkordlöhne, unbezahlte Überstunden, Vermehrung der Kurzarbeit), Eingruppierung in niedrige Lohnstufen, Neueinstellung zu niedrigen Löhnen, weitere Beseitigung des tariflichen Mindestlohnes und des Garantielohnes, Lohnabbau durch vermehrte Zwangsspenden und Verschärfung der Strafen für Bruch, Preissteigerung, Erhöhung der direkten und Massensteuern, Lohnabbau durch Verwendung von Ersatzstoffen (Textilindustrie, Gummiwarenindustrie). Dabei wird eine der Hauptmethoden die unbezahlte Leistungssteigerung sein.

Und Genossen, die Rationalisierung geht noch viel weiter. Schacht hat in einer Rede unter der Losung einer allgemeinen “Rationalisierung” die Schaffung eines Monopols in der Elektroindustrie begründet, d. h. die Auslieferung aller staatlichen und kommunalen Elektrizitätswerke direkt an das Großkapital und Ausnutzung dieser Betriebe für die Interessen des Großkapitals. Wenn wir fragen, welche Wirkung die Steigerung der Strompreise auf dem Land für die Bauern hat, können wir sehen, daß sich Anknüpfungspunkte entwickeln. Aber auch im Proletariat wird das eine große Rolle spielen.

Wir müssen immer das Schwergewicht darauf legen, Teilforderungen konkret, entsprechend der Lage und Kampfkraft in jedem Betrieb, für jede Arbeiterkategorie herauszuarbeiten. Das schließt selbstverständlich nicht aus, daß wir auch zentrale Losungen solcher Art aufstellen wie zum Beispiel für Teuerungsausgleich und Lohnerhöhung. Wir unterstützen auch die noch vereinzelt auftretende Forderung bei Betriebsbelegschaften: "Wir wollen unseren alten Lohn wiederhaben", um den Willen zum Lohnkampf allgemein zu verbreitern, zu steigern.

Die aufgestellten Forderungen müssen real sein, das heißt, sie müssen den Arbeitermassen, für die wir die Forderung aufstellen, als durchsetzbare Forderungen erscheinen, weil wir sonst die Massen für die Durchsetzung derselben nicht in Bewegung bringen. Überall dort, wo die Voraussetzungen gegeben sind, zum Beispiel in Rüstungsbetrieben, in sonstigen Betrieben mit guter Konjunktur, überall dort, wo Mangel an Facharbeitern besteht, sollen wir die Belegschaft, die Abteilungen oder Gruppen auch unmittelbar für den Kampf um höhere Löhne mobilisieren.

Den Kampf um die wirtschaftlichen Teilforderungen müssen wir unmittelbar verbinden mit dem Kampf um die Betriebsrechte der Arbeiterschaft, um die demokratischen Rechte überhaupt. Auch hier liegt das Hauptarbeitsfeld in der "Deutschen Arbeitsfront".

Der Kampf um das Koalitions- und Streikrecht, um Versammlungs- und Pressefreiheit wird am wirksamsten geführt, wenn wir unmittelbar an die Stimmungen der Arbeitermassen im Betrieb anknüpfen, wenn wir der tausendfältigen Meinung der Arbeiter: "Wir wollen auch was zu sagen haben" dadurch einen lebendigen Kampfinhalt geben, daß wir den Kampf organisieren für die Wählbarkeit der Funktionäre in der "Deutschen Arbeitsfront" und im Betrieb, für das Kontrollrecht der Mitglieder, für Diskussions- und Meinungsfreiheit in den Versammlungen usw.

Wir sollten dabei nicht vergessen, daß die NSBO[17] nach wie vor noch als Nationalsozialistische Betriebsorganisation in den Betrieben und innerhalb der Arbeitsfront weiterbesteht, daß sie nach wie vor eine Organisation ist, die hunderttausende Mitglieder zählt, in deren Reihen sich ehemalige Gewerkschafter und sogar auch kommunistische Anhänger befinden, und daß wir innerhalb dieser Organisation ebenfalls arbeiten müssen, auch wenn sie nach außen hin keine große Rolle spielt. In ihr werden taktische Fragen beraten und mit ihr wollen die Faschisten die Millionenorganisation der Arbeitsfront führen und dirigieren.

In der NSBO sind viele unzufriedene proletarische Elemente der NSDAP, die sehr enttäuscht sind. Andererseits versuchen die Unternehmer, die NSBO zur Überwachung der Belegschaft auszunutzen. Die richtige Anwendung der Taktik des trojanischen Pferdes in dieser Organisation trifft einerseits das Unternehmertum und andererseits die Hitlerpartei an einer besonders empfindlichen Stelle.

Unserer Taktik müssen auch die Organisationsformen der Partei angepaßt sein. Die Arbeitsfront ist in der Regel auf Betriebe aufgebaut. Daher müssen unsere Betriebszellen zugleich Zellen der Arbeitsfront werden. Das bedeutet, daß alle Kommunisten des Betriebes in die Arbeitsfront eintreten müssen. So ist es ebenfalls mit den Straßenzellen, die auf der Grundlage der faschistischen Massenorganisationen im Wohngebiet so organisiert werden müssen. Die Zellen innerhalb der faschistischen Massenorganisationen aufzubauen, das ist nicht nur die Frage einer Tarnung unserer Organisation, sondern vor allen Dingen und in erster Linie die Frage der lebendigen Verbindung mit den Massen, der Arbeit unter den Massen zur Organisierung des Kampfes.

c) Der Kampf um die junge Generation

Genossen, wir müssen mit der neuen Taktik einen Kampf um die junge Generation führen. In der Jugendarbeit und im Kommunistischen Jugendverband ist das Sektierertum mit am stärksten zum Ausdruck gekommen. Genosse Thälmann hat noch unmittelbar vor der Illegalität unserer Partei die Aufgabe gestellt, den Jugendverband, der von der Neumann-Gruppe in Gegensatz zur Partei gebracht worden war, wirklich zur breiten Massenarbeit zu bringen. Wir haben diese Aufgabe nicht erfüllt. Dafür tragen wir die volle politische Verantwortung. Wir haben häufig genug Beschlüsse gefaßt über die Notwendigkeit einer Wendung in der Jugendarbeit, aber dabei ist es in der Regel geblieben. Nehmen wir die Dezemberkonferenz des KJVD. Können wir etwa sagen, daß die damaligen Beschlüsse durchgeführt worden sind? Niemand wird das behaupten wollen. Wir müssen gerade die Frage der jungen Generation vor der Partei mit dem größten Ernst stellen.

Heute ist die Jugend noch das schwächste Glied im proletarischen Klassenkampf. Der Faschismus verstand es, in die Reihen der Jugend einzudringen, sie in den chauvinistischen Strom hineinzuziehen, an den kämpferischen Drang der Jugend anzuknüpfen und durch eine maßlose soziale und nationale Demagogie diese Massen für die konterrevolutionären Ziele des deutschen Finanzkapitals einzuspannen. Mußte das so sein? Muß der Tatendrang der Jugend, ihre Begeisterung für Ideale, für körperliche Ertüchtigung, für Wehrhaftigkeit zwangsläufig reaktionär sein? Gewiß nicht! Die Jugend will das Alte beiseite schaffen, will vorwärts, will den Himmel erstürmen! Wir wollen ihr den Weg zeigen. Wir wollen ihre Energie, ihre Hoffnung in revolutionäre Bahnen lenken, dann wird sie Wunder an Mut und Kühnheit zur Vernichtung der verfaulenden kapitalistischen Gesellschaftsordnung und für den Aufbau einer neuen, der sozialistischen Ordnung vollbringen, so wie es die Jugend der Sowjetunion tagtäglich tut.

Die Partei muß sehen, daß sie bei der organisatorischen Schwäche des KJV die Lösung der weitgesteckten Aufgaben teilweise mit ihren Kräften selbst unmittelbar in Angriff nehmen muß, denn die Jugend dem Faschismus zu entreißen, ist eine Aufgabe der gesamten Arbeiterklasse und aller Antifaschisten. Der Kampf um die Jugend ist ein Problem der Einheitsfront.

Genosse Dimitroff stellte die Aufgabe[18]:

Die kommunistischen Jugendverbände müssen in jeder Weise die Vereinigung der Kräfte aller nichtfaschistischen Massenorganisationen der Jugend anstreben bis zur Bildung verschiedener gemeinsamer Organisationen für den Kampf gegen den Faschismus, gegen die unerhörte Rechtlosigkeit und Militarisierung der Jugend, für die wirtschaftlichen und kulturellen Rechte der jungen Generation, für die Gewinnung dieser .Jugend für die antifaschistische Front, wo immer sie sich auch befinden mag: in Betrieben, in Arbeitsdienstlagern, auf Arbeitsnachweisen, in Kasernen und in der Flotte, in Schulen oder in verschiedenen Sport-, Kultur- und sonstigen Organisationen.

Diese Aufgabe der Entwicklung einer breiten antifaschistischen Massenjugendbewegung steht auch vor uns.

Von welchen Tatsachen müssen wir ausgehen? Die durch die zwangsmäßige Gleichschaltung staatlich aufgezogene Hitlerjugend umfaßt sechs Millionen Jugendliche. Ein Teil davon befindet sich in Verbänden, über die die Faschisten eine mehr oder weniger wirksame Kontrolle ausüben, z. B. über die katholischen Jugendverbände, die Sportlerjugend usw.

Natürlich müssen wir bei unserer Arbeit einen Unterschied machen zwischen den fest in den Händen der Faschisten befindlichen Jugendorganisationen und beispielsweise der sich in Opposition gegen das Hitlerregime befindlichen katholischen Jugend und Teilen der Sportorganisationen.

Wie ist unsere Orientierung? Mit der sozialdemokratischen Arbeiterjugend müssen wir die Bildung einer antifaschistischen Assoziation auf der Plattform des Klassenkampfes, auf der Plattform der Aktionseinheit anstreben, desgleichen mit den noch versprengt bestehenden bündischen Jugendgruppen und anderen. Was heißt das? Das heißt, für beide Organisationen die Einheit des revolutionären Handelns im engsten Arbeitsverhältnis immer in den Vordergrund stellen. Die SAJ soll in der Schaffung der antifaschistischen Massenjugendbewegung von uns immer als gleichberechtigt betrachtet werden. Diese Kräfte sollen vereint werden im Kampf für die Gewinnung der katholischen Jugend und aller antifaschistischen Verbände für die Zusammenarbeit in der Hitlerjugend.

Wir können die SAJ für diesen Kampf gewinnen, wenn wir ernst und vertrauensvoll an die Arbeit gehen. Die Grundlage ist der gemeinsame Kampf für die dringendsten Forderungen der Jugend, für den Sturz der Hitlerdiktatur, für die Erhaltung des Friedens, für eine neue Zukunft der jungen Generation.

Man muß wissen, daß man einen Unterschied machen muß zwischen der SAJ und den Organisationen der Jungkatholiken sowie der demokratischen Jugend. Letztere sind auch gegen Hitler. Das ist der Anknüpfungspunkt. Aber auch sie müssen einbezogen werden in die breite freiheitliche Jugendbewegung. Die Parole der Berliner Bezirksleitung, jeweils einen älteren erfahrenen Arbeiter mit einem jungen Arbeiter zu verbinden, ist wichtig als eine Parole, die allgemein, über Berlin hinaus, gelten kann. Die älteren Arbeiter müssen die Freunde der Jugend sein, das hat in dieser Situation eine besondere Bedeutung. Dieses Freundschaftsbündnis der jungen mit den älteren Arbeitern ist nicht nur eine Aufgabe der KPD-Mitglieder, sondern aller Antifaschisten, der Gewerkschaftler und aller Hitlergegner. Unser Freundschaftsbündnis sollten die Arbeiter auch auf die Angehörigen des Heeres ausdehnen.

Nur dadurch, daß sich die Partei selbst mit allen Jugendfragen stärker beschäftigt, nur dadurch, daß wir alle Zukunftsfragen der Jugend in volkstümlichem Sinne behandeln, ist es möglich, diese breite Bewegung zu schaffen.

Bedeutet das, den revolutionären Kern der Jugend, den KJVD, und man kann zum Teil auch schon die SAJ dazu rechnen, zu liquidieren? Nein. Der Verband muß sogar verstärkt werden, und er wird wachsen, je schneller hier das Sektierertum ausgemerzt wird. Dennoch kann mit der Herstellung der Aktionseinheit eine neue revolutionäre Jugendorganisation entstehen, eine Organisation von anderem Typus.

Der VI. Weltkongreß der Kommunistischen Jugendinternationale hat das Problem der Schaffung von wirklich überparteilichen Massenjugendorganisationen in aller Breite gestellt. Seine Lösung ist aber nicht möglich ohne eine grundlegende Umstellung des Kommunistischen Jugendverbandes, ohne sich abzuwenden von einer sektiererischen Nachahmung der Partei.

Die gesamte Tätigkeit dieser Organisationen muß auf der Grundlage der breiten Demokratie aufgebaut werden, das heißt, die Mitglieder der Organisationen müssen das volle Recht haben, in demokratischer Weise Aufgaben, Arbeitsformen und Charakter ihrer Organisationen zu bestimmen.

Der selbständige und parteilose Charakter solcher Jugendorganisationen schließt die ständige Verbindung dieser Organisationen mit der revolutionären Vorhut des Proletariats ‑ der Kommunistischen Partei ‑ nicht aus.

Die Aufgaben unseres Jugendverbandes bestehen nicht allein darin, leere Aufforderungen zum Sturz der faschistischen Diktatur herauszugeben, sondern darin, es zu verstehen, die Alltagsforderungen und Bedürfnisse der Jugend zu verteidigen, die Jugend zu unterstützen und sie auf dieser Grundlage unter Anwendung der verschiedenartigsten Formen zu vereinigen. Dabei gilt es, die Jugend selbst dazu zu bewegen, hartnäckig auf die Erfüllung der ihr vom Faschismus gemachten Versprechungen zu drängen, um die Jugend auf diese Weise an den wirklichen Kampf gegen den Faschismus heranzuführen.

Genossen, die verschiedensten Formen müssen wir wählen. Wir müssen eigene ausfindig machen, müssen sie entwickeln, um eben zu dieser Massenjugendbewegung zu kommen. Genosse Kuusinen hatte recht mit seiner Charakterisierung der Fluktuation in unserem Jugendverband, als er sagte: "Sie ist die Kritik an unserem Sektierertum seitens der sympathisierenden Massen." Diese Frage ist um so wichtiger, als auch die Sozialdemokratie vor der Hitlerdiktatur keine breite Massenjugendbewegung gehabt hat, auch die Sozialdemokratie in Deutschland nicht die richtigen Formen und Methoden gefunden hat, selbst eine solche Jugendbewegung zu schaffen.

d) Für freien Sport, gegen faschistische Militärknute

Genossen! Unsere Massenarbeit in der deutschen Sportbewegung ist ein Gradmesser für die Anwendung der Taktik des trojanischen Pferdes in unserem Kampf um die junge Generation, im Kampf für demokratische Freiheiten und für den Frieden. Wir haben in Deutschland eine durch Zwang und Terror herbeigeführte einheitliche, zentralisierte, militärisch aufgebaute Sportbewegung, an deren Spitze die Faschisten stehen, in der aber alle im Volk vorhandenen Oppositionsströmungen sich widerspiegeln. Innerhalb dieser Sportbewegung sind daher bereits ausreichende Voraussetzungen für die Schaffung einer antifaschistischen Volksfront.

Die faschistische Reichssportführung hat eine Umorganisierung der ganzen deutschen Sportbewegung in Angriff genommen. Sie will aus militärpolitischen Gründen sogenannte Fachsäulen, reine Spartenvereine schaffen, wobei gleichzeitig die totale Unterwerfung unter die NSDAP gesichert werden soll.

Gegen diese Maßnahmen ist die überwiegende Mehrheit der Sportler. Die Durchsetzung dieser Maßnahmen würden Tausende kleiner Vereine zerstören. Das ist ein zentraler Punkt der Anknüpfung, um innerhalb der Sportbewegung das gemeinsame Handeln der ehemaligen Mitglieder der Deutschen Turnerschaft und aller Richtungen der ehemaligen Arbeitersportbewegung herbeizuführen.

Die Schwierigkeiten bei der Anschaffung von Sportgeräten, Sportausrüstung, Kleidung, Schuhen usw. wachsen. Nur die großen Vereine verfügen über eigene Sportplätze. Die anderen Vereine müssen städtische Plätze und Turnhallen in Anspruch nehmen. Die Gebühren sind für viele Vereine unerschwinglich hoch.

Hier gibt es Anknüpfungspunkte genügend, um die allgemeine Unzufriedenheit in die Bahnen des Kampfes gegen die Organe der kapitalistischen Staatsgewalt, gegen die Kommunal- und anderen Behörden zu leiten.

Die Faschisten gehen dazu über, die Anerkennung der sportlichen Leistung von der "Bejahung des Nationalsozialismus" abhängig zu machen. Die Preisträger müssen nach den Spielen vor den politischen Kommissaren eine gewisse Prüfung über Nationalsozialismus ablegen. Fallen sie durch oder weigern sie sich, so wird ihnen ihr im Sport erworbener Titel oder Preis aberkannt. Hierbei handelt es sich nicht nur um Personen, sondern um ganze Vereine, denen der Meisterschaftstitel aberkannt wurde. Das ist ebenfalls ein Anknüpfungspunkt, um auf der Gesamtlinie die Unzufriedenheit, über die faschistischen Sportführer hinweg, gegen das Regime zu kehren.

Wie zahlreiche Beispiele beweisen, besteht durchaus die Möglichkeit, ganze Vereine zu erobern. Das ist sogar möglich, bevor noch die Sportler politisch unter unseren Einfluß gebracht worden sind. Der Sporttechniker in den bürgerlichen Sportvereinen hat den engsten Kontakt mit den Mitgliedern. Er kann jeden Tag mit den Mitgliedern zusammenkommen, bei Trainingsstunden, bei Benachrichtigung des einzelnen zum festgesetzten Sport usw. Er hat somit die beste Möglichkeit, die Vereinsmitglieder in unserem Sinne zu bearbeiten. Darum müssen unsere Anhänger sich bemühen, sportliche Qualifikationen zu erreichen, um solche Funktionen, die leicht zu erwerben sind, einzunehmen.

In der Sportbewegung kann unsere antimilitaristische Arbeit ihre höchste Entfaltung finden. Dort sind die Massen der Rekruten, der künftigen Soldaten mit jenen, die vom Militär zurückkommen, vereinigt. Dort sind die, die schon den Militärdrill im Arbeitsdienst kennenlernten, mit der militärlustigen Jugend verbunden. Von dort aus können wir, um mit Liebknechts Worten zu sprechen, die Flamme der Revolution in das Militär hineintragen.

Es gibt eine Anzahl von Beispielen, wo bei Abstimmungen über das faschistische Führerprinzip die Nationalsozialisten eine Niederlage erlitten, wo die Chauvinisten nicht die Möglichkeit hatten, den Zwangswehrsport, den beabsichtigten Drill oder die vormilitärische Ausbildung durchzuführen.

Das war aber alles nur möglich durch eine, wenn auch manchmal lose Zusammenarbeit der kommunistischen und sozialistischen Sportler. Diese Zusammenarbeit muß die Grundlage sein zur Eroberung ganzer Vereine und zur Herstellung politischer Beziehungen zwischen ihnen. Von den innerhalb der faschistischen Massenorganisationen zu bildenden Einheitsfrontkomitees kann die Schaffung der Einheitsfront zwischen sozialdemokratischen und kommunistischen Organisationen in den Betrieben und im Ortsmaßstab stark beeinflußt, ja, unter Umständen direkt herbeigeführt werden.

e) Einheitsfront gegen die Genossenschaftszerstörer

Genossen! Die Faschisten raubten den deutschen Arbeitern die Genossenschaften. Einige davon wurden bereits zugrunde gerichtet, andere befinden sich noch in der Krise. Liquidationen versuchen die Faschisten immer noch auf das Konto der Sozialdemokraten zu schieben. Sie wollen in Berlin die beabsichtigte Liquidation sogar als einen sozialen Akt im Interesse der Genossenschaftsmitglieder bezeichnen, denen sie dadurch als letztes Mittel einen Teil ihrer Genossenschaftsanteile retten würden.

Aber die Genossenschafter in Deutschland haben mit eigenen Augen sehen können, wie die parasitären braunen Bonzen ihre in langen Jahren mühseliger Arbeit aufgebauten Genossenschaften zugrunde richteten. In den Genossenschaften haben die faschistischen Spitzen das überwältigende Gros der Mitglieder gegen sich. Dort sind die sozialdemokratischen Massen auch heute noch zusammengeballt. Darum sind die Genossenschaftsbetriebe, in denen wir überall feste kommunistische Parteizellen aufbauen müssen, ein guter Boden zur Herstellung der proletarischen Einheitsfront gegen den Faschismus.

Nicht nur in den Betrieben, auch in den Genossenschaftsorganisationen selbst ist, obwohl das politische Leben in ihnen äußerlich getötet erscheint, obwohl wenige Genossenschaftsveranstaltungen stattfinden, die Möglichkeit sehr günstig, mit den sozialdemokratischen Gruppen Vereinbarungen zum gemeinsamen Kampf zu treffen.

Es besteht kein Zweifel, daß die Kampffragen in den Genossenschaften heute ganz andere sind als vor der Hitlerdiktatur und daß wir auf dem Boden der neuen Kampffragen mit den sozialdemokratischen Massen in eine einheitsfrontmäßige Genossenschaftsbewegung kommen können. Heute steht im Vordergrund die Wahrung der Interessen der Genossenschaftsmitglieder gegen die faschistische Sauwirtschaft,. gegen die Korruptionswirtschaft und die Zerstörung der Genossenschaften. Heute stehen die Fragen des Selbstbestimmungsrechtes der Mitglieder, die freie Wahl aller Leitungen von unten bis oben ganz anders als früher. Heute steht die Frage des Schutzes der Organisation gegen die räuberischen Eingriffe des faschistischen Staates, gegen die Ausräuberung der Genossenschaften für Kriegsrüstungszwecke und die Gefahr der Zerstörung der letzten Genossenschaften durch den Krieg.

f) Die faschistische Knechtung der Frau und unsere Frauenarbeit

Genossen! Die ganze Rede Hitlers in Nürnberg vor den Frauen der NSDAP war darauf angelegt, die Frauen in Deutschland von den Fragen des täglichen Kampfes, von der doppelten Ausräuberung der Frau abzulenken. Die "Deutsche Bergwerkszeitung", das Organ der Industriellen an Rhein und Ruhr, schrieb in ihrer Ausgabe vom 15. Mai 1935: "Die Frauenarbeit zeichnet sich durch große Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit aus, die zusammen mit ihrer größeren Billigkeit ihre bevorzugte Stellung in der Wirtschaft erklären." Die "Bergwerkszeitung" sagt also: "Die Frauenarbeit hat eine bevorzugte Stellung in der Wirtschaft." Die Behauptung, daß die Zahl der arbeitenden Frauen in Deutschland geringer geworden ist, ist nicht richtig. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen sehen, daß die Rolle der Frau im Produktionsprozeß größer wird und nicht geringer. Wenn Hitler sagt, daß die Frau in Deutschland nicht Soldat zu werden braucht, so hat er gleichzeitig ein Gesetz geschaffen, das die Rolle der Frau im Produktionsprozeß während des Krieges charakterisiert.

Genossen! Diese Schreibweise der "Bergwerkszeitung" ist die Theorie des Faschisten Krupp. Ob das “willige” und “billige” Arbeitshände bleiben, wie die faschistische "Bergwerkszeitung" schreibt, hängt von der Entfaltung des Freiheitskampfes der Massen ab, hängt davon ab, welche Schlußfolgerung wir ziehen für die Arbeit unter den Frauen in der Arbeitsfront und den NS-Frauenschaften. Selbst die formale Gleichberechtigung der Frau, wie sie in der Weimarer Aera bestand, wurde vom Faschismus zerstört. Die reaktionären Schlagworte - die Frau gehört an den Kochtopf, die einzige gesellschaftliche Aufgabe der Frau ist die Mutterschaft - waren die Begleitmusik zur Ausschaltung der Frau aus der aktiven Politik und der stärkeren Herausdrängung aus den staatlich-kommunalen Stellen und akademischen Berufen. Das passive Wahlrecht der Frau ist noch geblieben, aber im Hitlerischen Reichstag gibt es keine einzige Frau. Minderes Recht hat die Frau als Ehepartner, minderes Recht auch über ihre Kinder. Diese Zustände haben zur Opposition der Frauen in der NSDAP geführt. Das zeigte z. B. die Absetzung der Frauenleiterin der NSDAP in Hamburg. Wir haben auf diese Fragen nicht genügend reagiert und nicht den Kampf gegen die politische Rechtlosigkeit der Frau aufgenommen. Wir sprachen bisher selten davon, daß der Faschismus die Frauen als Menschen minderen Wertes behandelt, und wir kämpften nicht mit den richtigen Methoden dagegen. Wir kümmerten uns wenig um die Besonderheiten der Frauenausbeutung und reagierten schlecht auf die Eigenheiten der Maßnahmen in Betrieben mit vorwiegend weiblicher Belegschaft.

Wir verhielten uns passiv, obwohl die Frauen mit sechs und acht Mark Wochenlohn nach Hause gehen. Wie im Betrieb, so stellten wir auch in der Arbeitsfront die Fragen mechanisch nur allgemein, als gäbe es keine besonderen Frauenfragen.

In unserer Partei gab es die Einstellung, daß wir keine Frauenorganisationen brauchen, weil es keine besonderen Frauenfragen gibt. Das war auch so ein Schematismus, so eine falsche Fragestellung.

Wir wissen, daß das nicht stimmt. Der Schutz der Frau vor übermäßig schwerer Arbeit, der Schutz der schwangeren Frau, die Sicherung der Kinder während der Arbeitszeit, die Beziehungen zum Haushalt usw. tauchen überall als ungelöste Fragen auf.

In der NSV ist ein Boden für den Kampf um Kinderfürsorge, um Teurungsbeihilfen. Und warum können wir dort und in den Frauenschaften nicht zeigen, welche furchtbaren Kriegsschrecken durch den barbarischen Faschismus über Frauen und Kinder heraufbeschworen werden und nach irgendwelchen verlogenen Friedensphrasen Hitlers oder anderer Naziführer legal Petitionen der Mütter einzureichen? Dem Friedensgerede Hitlers zustimmend, können die Frauen erklären und es durch ihre Unterschrift bekräftigen: "Auch wir sind der Auffassung, daß unsere Söhne für die Schlachtbank zu schade sind" usw. Hier ist der Boden, um auch demonstrativ Forderungen legal aufzustellen und zu propagieren.

Die Arbeiterfrau, die unser Flugblatt weitergibt, die tapfer zu ihrem Mann hält, wenn die Gestapo ihn in ihre Folterhöhlen verschleppt, sie hat ihre Liebe zur Sache des Proletariats tausendfach bewiesen.

Wir haben viele Funktionärinnen, die auf führender Parteistelle verhaftet, kein Wort des Verrats über ihre Lippen brachten und erschlagen wurden; Frauen, die willensstark und fest mit verschlossenem Mund nach viehischen Folterungen brauner Banden ins Grab gingen.

Die Frau des Mittelständlers, die gläubige Katholikin, die Sozialdemokratin, sie alle beweisen täglich ihre rührende Solidarität mit dem Kampf der Arbeiterklasse, ob sie den Illegalen Quartier geben, Spenden für die Eingekerkerten sammeln oder im Betrieb zusammenhalten. Hier müssen wir durch unsere Arbeit ein Versäumnis wiedergutmachen: alle politischen und wirtschaftlichen Fragen der Frau besser stellen, ihnen helfen und energisch die Frauenmassen als aktive Teilnehmer in der antifaschistischen Volksfront mobilisieren.

In Berlin haben Teuerungs- und Butterdemonstrationen stattgefunden. Während in der Sowjetunion das Kartensystem, das dort einen ganz anderen Charakter hatte, abgeschafft wurde ‑ führt der Faschismus Butterkarten ein. In dieser Situation beginnen die Frauen schon mit Demonstrationen. Das soll uns sagen, daß wir dort vieles unterschätzt haben. In der Tat war es so, daß in unserer Partei manchmal Ansichten aufgetaucht sind wie: Mit Frauen unter diesen harten und schweren Bedingungen zu arbeiten, das geht nicht. Aber diese Ansichten sind falsch und müssen von uns bekämpft werden.

g) Ein vergessener Frontabschnitt: die Erwerbslosenarbeit

Ein völlig vergessener Frontabschnitt ist die Erwerbslosenarbeit. Genossen, auch auf dem Gebiet unserer Erwerbslosenarbeit muß das Schwergewicht in die faschistischen Massenorganisationen, in die Arbeitsfront und NSV verlegt werden. Innerhalb der Arbeitsfront besteht die Möglichkeit der lebendigen Verbindung der Erwerbslosenfragen mit den aktuellen Fragen der Betriebsbelegschaften. Das ist in der NSV zwar weniger, bei Aufmerksamkeit und Geschick aber selbst dort möglich.

Die Arbeitsfront zahlt eine Nebenunterstützung an einen Teil von Erwerbslosen. Das geschieht auf Kosten der im Betrieb stehenden Arbeiter. In diesem Sinne sind die Arbeitsfrontbeiträge eine Besteuerung der Betriebsarbeiter. Stellen wir innerhalb der Arbeitsfront die Forderung auf staatliche Unterstützung für alle Erwerbslosen, auf Erhöhung der bisherigen Unterstützung der Versicherten! Dort die Fragen aufrollen und Forderungen erheben, können wir mit Erfolg, weil faßt in jeder größeren Familie ein unsichtbarer Erwerbsloser ist. Wir können die Mitglieder der unteren Arbeitsfrontorganisationen auf Forderungen und Kampfmaßnahmen einigen, die durch Petitionen und Delegationen vertreten werden. Das kann man um so mehr, je eher wir uns mit den sozialdemokratischen Kollegen über ein gemeinsames Vorgehen verständigen. Anknüpfungsmöglichkeiten gibt es genug. Nehmen wir zum Beispiel den Abbau der Gewerkschaftsunterstützung bei höheren Beitragseingängen.

Ähnlich ist es in der NSV, der die Faschisten den Charakter einer Bettel- und Verteilungsorganisation geben. Gleichzeitig stellt diese Organisation die tausenden Bedürftigkeitsprüfer, eine Funktion, die auch wir erobern und ausnützen sollen. Wir sollten erneute Versuche machen, in diese Organisationen alle kleinen Kampffragen der Erwerbslosen hineinzutragen, angefangen von dem Kampf um die Unterstützung bis zur Forderung auf Arbeitsbeschaffung. Das alles bedeutet nicht, daß unsere Arbeit an den Stempelstellen aufgegeben werden soll.

Wir sollten innerhalb der Arbeitsfront mit den sozialdemokratischen Arbeitern gemeinsam die Forderung erheben auf Zusammenfassung der Erwerbslosen an den Stempelstellen. Wir müssen das Recht auf Wahl eines Stempelstellenausschusses propagieren. So können wir zu legalen Ausschüssen der illegalen Freien Gewerkschaften kommen, die zugleich Ausschüsse der Arbeitsfront sind.

Wir haben bisher die sogenannte "Winterhilfe" der Faschisten ganz richtig als Schwindel bezeichnet, aber wir haben uns damit begnügt und übersehen, daß, während einem Teil der werktätigen Bevölkerung die Sammlungen eine Last sind und dauernden Ärger und Empörung gegen den Faschismus hervorrufen, sie auf der anderen Seite aber bei den Erwerbslosen, die ein paar Groschen, Lebensmittel usw. erhalten, gewisse Illusionen hervorgerufen werden.

Indem wir innerhalb der Arbeitsfront, vor allem in den Betrieben an die Tatsache der hohen Dividenden für die Aktionäre, der hohen Tantiemen für die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaften anknüpfen, können wir die Forderung erheben, daß der Fabrikbesitzer, daß der Konzern beziehungsweise der Betrieb eine bestimmte, von den Arbeitern geforderte Summe für das Winterhilfswerk zahlen muß. In dieser Weise können wir auch leichter die Belegschaften gegen die Zwangsspenden mobilisieren. Der Unternehmer soll zahlen! Wie heißt doch die von unseren Genossen in Frankreich herausgegebene Losung: Nicht die Armen, die Reichen müssen zahlen!

Wir müssen jeweils der Lage entsprechend konkrete Forderungen für die Erwerbslosen formulieren. Es gibt eine Anzahl Forderungen der Erwerbslosen, die in ganz Deutschland allgemein propagiert werden können. Zum Beispiel: wir fordern staatliche Unterstützung für alle Erwerbslosen und die Beseitigung der Bedürftigkeitsprüfungen. Wir fordern für Land- und Notstandarbeiter den Industrielohn, bei getrennter Familie Familienzulage. Die Notstands- und Wohlfahrtsarbeiter müssen die Anwartschaft in der Versicherung behalten usw.

Das Wesentlichste ist, die konkreten Tagesforderungen mit den Erwerbslosen selbst aufzustellen. Dabei darf es keinen Schematismus geben. Wohin ein solcher Schematismus führt, zeigt folgendes Beispiel: Eine Parteileitung in Berlin erfuhr, daß bei einer Gruppe von Erwerbslosen, die im Wald arbeiteten, große Unzufriedenheit herrscht; die Leitung war auf der Höhe, schrieb und verbreitete ein Flugblatt, in dem die radikale Forderung erhoben wurde: Zahlung von Tariflöhnen für die im Wald Arbeitenden! Leider verfehlte das Flugblatt seine Wirkung, denn die Erwerbslosen, die im Wald arbeiteten, waren zwar unzufrieden, aber nicht wegen ihrer Entlohnung. Die Lohnfrage stand überhaupt nicht. Die Erwerbslosen rodeten nämlich Baumstumpen für ihren eigenen Hausbrand. Sie waren empört, weil der Förster von ihnen verlangte, daß sie die gebuddelten Löcher wieder zuschütten sollten, und die Erde dafür von weit her vom Rand der Stadt geholt werden mußte. Und unsere Leitung schrieb in dem Flugblatt, weil sie gehört hat, daß die Erwerbslosen unruhig und unzufrieden sind: Her mit den Tariflöhnen für die im Wald beschäftigten Erwerbslosen. Das ähnelt dem Beispiel, das Genosse Dimitroff uns vorgehalten hat. Mir ist eiskalt geworden, wie er das Beispiel gebracht hat. Aber so ist es manchmal.

Dieses Beispiel ist ernst genug, denn wieviel Energie und Mühe mit der Herstellung und Verbreitung des Flugblattes verbunden ist, ist jedem Genossen bekannt. Darum Konkretheit und nochmals Konkretheit und Schluß mit dem Schematisrnus!

h) Wir helfen dem Bauern und dem Mittelstand

Genossen, die Taktik des trojanischen Pferdes ist nicht nur für Organisationen berechnet, in denen überwiegend Proletarier sind, sondern auch für Organisationen wie die der Handwerker, Mittelständler und Bauern. Die proletarischen Antifaschisten sollen diesen Schichten helfen, diese Taktik zu entwickeln. Stehen doch in allen diesen Organisationen die gleichlautenden Fragen des Kampfes um das Selbstbestimmungsrecht der Mitglieder gegen die Zwangskontrolle durch den Staat.

Das Finanzkapital hat alle diese Organisationen seiner Kontrolle und seinem Kommando unterworfen. Das erbittert diese Volksschichten am meisten. Daran und an ihren Tagesnöten sollten wir anknüpfen. Es darf in diesen Organisationen keine Versammlung mehr stattfinden, die nicht durch die Opposition mit unserer Hilfe vorbereitet wird. Mit unserer Hilfe müssen sich die oppositionellen Mitglieder und Funktionäre untereinander verständigen. So werden wir auch unter ihnen die Fähigkeit entwickeln, den Kampf zu organisieren.

Ist es nicht eine Tatsache, daß diese Taktik, richtig und gut angewandt, in den katholischen Gebieten, in Westfalen, der Eifel, im Bergischen Land, in Baden, Bayern und Schlesien zur tatsächlichen Eroberung der Bauernschaft für die antifaschistische Volksfront führen kann und daß damit der Kampf für demokratische Freiheiten, für die freie Wahl des Gemeinderates durch die Bauern selbst auf die Tagesordnung gesetzt wird? Ich glaube ja. Berichte zeigen, daß immer wieder nur der organisierende Faktor fehlt, um den Kampf für die demokratischen Freiheiten in eine allgemeine Massenbewegung zu verwandeln.

Über diesen Weg wird auch der Kampf um die Bauerngenossenschaften geführt, die der Faschismus in den Reichsnährstand gepreßt hat, um sie der Kontrolle der Junker zu unterwerfen.

Mit der Steigerung der Differenzen im Lager der Bourgeoisie werden diese Differenzen von der Bourgeoisie selbst in diese Organisationen hineingetragen mit dem Versuch, die vom Faschismus abtrünnigen Massen ihren eigenen Zwecken dienstbar zu machen. Für uns steht die Frage der Eroberung dieser Schichten als Verbündete für den Kampf um die Befreiung des ganzen werktätigen Volkes.

IX. Die antifaschistische Volksfront

Genossen, unser Kampf für die antifaschistische Volksfront ist mit unserer Einheitsfrontpolitik auf das engste verbunden. Ich will an die Worte des Genossen Dimitroff erinnern, in denen er sich gegen die undialektische Fragestellung auf diesem Gebiet wandte. Er sagte in seinem Schlußwort[19]:

[...] daß die Einheitsfront des Proletariats und die antifaschistische Volksfront durch die lebendige Dialektik des Kampfes miteinander verbunden sind, sich verflechten, im Laufe des praktischen Kampfes gegen den Faschismus ineinander übergehen und keineswegs durch eine chinesische Mauer voneinander getrennt sind.

Ohne den Zusammenschluß aller Werktätigen in Stadt und Land, ohne den festen Bund aller Schaffenden, die unter der Kriegs- und Hungerpolitik, unter den Zwangsmaßnahmen, unter dem Terror und unter der Mißwirtschaft des Hitlerregimes leiden, ist der Sturz des Faschismus nicht möglich. Die proletarische Einheitsfront, die Sammlung der Kräfte der Arbeiterklasse zu einheitlicher Aktion und geschlossenem Handeln und die antifaschistische Volksfront, die Sammlung aller Werktätigen zum gemeinsamen Kampf gegen den blutigen volksfeindlichen Faschismus, sind voneinander nicht zu trennen.

Die Interessen der Arbeiterklasse und die Interessen der vom Hitlerfaschismus mit Füßen getretenen Bauern, Kleingewerbetreibenden, Handwerker und Intellektuellen stehen nicht im Gegensatz zueinander. Die gemeinsamen Interessen erfordern den gemeinsamen Kampf gegen Hitler, gegen die faschistische Barbarei.

Die werktätigen Bauernmassen und die Massen des städtischen Kleinbürgertums, denen Hitler die Brechung der Zinsknechtschaft versprochen hat, und denen er vermehrten Zins- und Steuerdruck und größere Notlage gebracht hat, finden in den ausgebeuteten Proletariern ihre aufrichtigen und treuen Verbündeten.

Die antifaschistische Volksfront ist das Bündnis der Armen gegen die Reichen, der kleinen Leute gegen die großen Kapitalisten, das Bündnis des werktätigen Volkes gegen die kapitalistischen Blutsauger und faschistischen Volksbetrüger.

Der Kampf der antifaschistischen Volksfront ist der Kampf für die Hebung der Lebenshaltung aller Werktätigen, auch des Bauern. Der werktätige Mensch, der durch das Hitlerregime ausgeschaltet wird von jeder Mitbestimmung im gesamten öffentlichen Leben, der keinerlei Recht der Selbstverwaltung in der Gemeinde, in der Genossenschaft, im Verein mehr besitzt, drängt nach Freiheit. Durch den Zusammenschluß der Arbeiter mit allen werktätigen Schichten in Stadt und Land wird die antifaschistische Volksfront zur kraftvollen Freiheitsbewegung der werktätigen Massen gegen die faschistische Diktatur.

Die Faschisten haben an die Stelle der selbständigen freien Vereinigung den Zwang der faschistischen Organisationen gesetzt. Hier in den Zwangsorganisationen des Mittelstandes, im Reichsnährstand, in den Handwerkerorganisationen gilt es, sich zusammenzufinden zur gemeinsamen Vertretung gemeinsamer Interessen. Die hier von den verschiedenen Schichten der Werktätigen, von den Bauern, von den Mittelständlern und kleinen Handwerkern erhobenen Forderungen gegen die Zwangsgesetze, gegen den Steuerdruck, für die Verbesserung ihrer Lebenslage sind die Forderungen aller Werktätigen, sind auch unsere Forderungen.

Wir unterstützen und fördern jede Bewegung und jeden Zusammenschluß gegen die Zwangsmaßnahmen der faschistischen Diktatur. Der werktätige Bauer, dessen Existenz durch den Marktzwang, durch Zinswucher und Steuerdruck immer mehr gefährdet wird, der kleine Geschäftsmann, der zusammenbricht unter der Last der Steuern, Abgaben und der Konkurrenz der Großen, der geistige Arbeiter, dessen Kulturwerk unter dem Stiefel der faschistischen Kommissare zertreten wird, der Sportler, dessen sportliche Betätigung in militärischen Drill verwandelt werden soll, der katholische Werktätige, dessen Organisation durch das faschistische Terrorregime gefährdet ist - mit ihnen allen kämpfen wir gemeinsam.

Im Mittelpunkt unserer Arbeit zur Verwirklichung der antifaschistischen Volksfront muß die Arbeit im Dorf stehen. Die werktätigen Bauernmassen stellen die größten und wichtigsten Massen der Bundesgenossen der Arbeiterklasse im Kampf gegen die faschistische Diktatur dar, jedoch bilden sie heute noch einen der wichtigsten Teile der Massenbasis der faschistischen Diktatur. Die objektiven Bedingungen, sie zu gewinnen, wachsen unter der faschistischen Diktatur, denn alle Fragen des Dorfes stehen heute schärfer als zuvor.

Es genügt nicht allein, Bauernlosungen aufzustellen. Man muß auch den Dorfmassen an Hand der erfolgreichen Aktionen der Arbeiter zeigen, daß die Nazi nicht jene unüberwindliche Macht sind, als die sie sich hinstellen. Wir müssen den Bauern zeigen, daß sie nicht isoliert sind im Kampf gegen die Zwangsmaßnahmen der Hitlerregierung.

Die Zwangswirtschaft schädigt die Bauern nicht nur wirtschaftlich, sie wird zugleich mit dem ganzen System der faschistischen Verwaltung in den Gemeinden, im Reichsnährstand, in den Genossenschaften usw. als ein schwerer Eingriff in die bäuerliche Freiheit empfunden. Die Zwangswirtschaft ist zugleich mit einer ungeheuren Bürokratisierung jeglicher Betätigung der Bauern in der Wirtschaft und auf dem Markt verbunden und schon deshalb den Bauern verhaßt. Wenn der Bauer eine langwierige Buchführung machen muß, wenn er über seine Hühner, Obstbäume usw. Auskunft geben muß, so ist ihm das verhaßt. Wir sollen daran anknüpfen, den Kampf dagegen führen.

Im Dorf selbst müssen wir versuchen, die Frage der demokratischen Freiheiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Gemeinderates zu stellen. Durch ein neues Gesetz wurden in allen Gemeinden Nazikommissare eingesetzt, die die Gemeindevertreter aussuchen und für die Maßnahmen des Gemeinderates verantwortlich sind. Hier können wir anknüpfen. Wir sollen versuchen, den Nazikommissar unter den Druck allgemein von den werktätigen Bauern des Dorfes erhobener Forderungen in Steuerfragen, in Fragen des Gemeindehaushaltes, der Gemeindepolizei usw. zu stellen. Ich lenke die Aufmerksamkeit unserer Genossen ausdrücklich auf diese wichtige Tatsache.

Es gibt Beispiele, wo im Dorf durch die Entwicklung einer solchen Bewegung bereits die Nationalsozialisten völlig isoliert worden sind. Von einem Dorf liegt ein Bericht vor, daß dort der Dorfschulze mit seinem Sekretär noch die einzigen nationalsozialistischen Anhänger sind. Und ein weiteres Beispiel sagt, daß ein Ortsschulze, nachdem die Bauern verschiedene Forderungen erhoben und gegen ihn Stellung genommen hatten, seine Funktion niedergelegt hat, so daß das Dorf im Augenblick ohne Leitung ist.

Können bei einer solchen Lage auf dem Dorf, wenigstens in bestimmten Gebieten Deutschlands, schon festere Formen der Volksfront geschaffen, können schon illegale Volksfrontorgane gebildet werden? Jawohl, die Voraussetzungen sind gegeben. Von unserer Initiative hängt es ab, ob sie wirklich geschaffen werden. Ein wichtiger Ansatzpunkt für Aktionen ist die Frage der Gemeindesteuern. Hier ist Gelegenheit gegeben, die Frage der Steuern mit dem Kampf um Rechte in der Gemeindeverwaltung zu verknüpfen, die eingesetzten faschistischen Gemeindeschulzen, die Ortsbauernführer usw. zu entlarven und die Forderung nach Selbstbestimmung in der Gemeindeverwaltung, nach demokratischen Freiheiten zu erheben. Sehr wichtig ist auch der Kampf gegen die Zwangsspenden, das System der Festsetzung von Spenden pro Hektar, das in vielen Agrargebieten angewandt wird.

In der deutschen Bauernschaft bestehen große genossenschaftliche Traditionen. In diesen in jahrzehntelangem Bemühen aufgebauten Genossenschaften sind durch die Gleichschaltung, durch Kommissare usw. dem Bauern alle Mitbestimmungsrechte geraubt worden. Die genossenschaftlich organisierten Bauern gehörten zu dem fortgeschrittensten Teil auf dem Dorf. Sie sind für das Mitbestimmungsrecht in den Genossenschaften und für die Selbstverwaltung derselben. Hier müssen wir anknüpfen und den Kampf für die demokratischen Rechte und Freiheiten weiterführen.

Schließlich ist von großer Bedeutung der Kampf gegen die sich rapid häufenden Pfändungen und Zwangsversteigerungen von Inventar und von ganzen Wirtschaften. Wir können in diesem Fall an die Traditionen der Bauernbewegung aus der Zeit vor Hitler anknüpfen und müssen wieder die Losung propagieren: Duldet keine Pfändungen und Zwangsversteigerungen, Ächtung aller, die auf den Zwangsauktionen bieten!

Bei dem sehr wichtigen und aktuellen Kampf in den Städten gegen den Lebensmittelpreiswucher muß zur Vermeidung einer falschen Frontstellung der Arbeiter die Gemeinsamkeit der Interessen zwischen werktätigen Bauern und Konsumentenmassen unterstrichen werden. Hervorzuheben ist dabei die Rolle der Zwangswirtschaft als Mittel der Ausbeutung sowohl der Arbeiter wie der werktätigen Bauern. Die Forderung der Preissenkung der Lebensmittel sollen wir mit der Forderung nach Herabsetzung der Futtermittel und Düngepreise usw., sowie der Herabsetzung der Pachten, Zinsen und Steuern für die kleinen Bauern verbinden.

Die faschistische Diktaturregierung schickt jährlich Hunderttausende Arbeiter und Jungarbeiter aus den Städten als Landhelfer, als Arbeitsdienstler auf die Dörfer. Wir sollten diese Arbeitermassen auf die Aufklärung und Organisierung der werktätigen Dorfbevölkerung einstellen. Millionen Industriearbeiter sind Parzellenbauern. Auch mit ihnen können wir unsere revolutionäre Arbeit ins Dorf hineintragen. Es gibt Hunderttausende klassenbewußter Arbeiter, die aus dem Dorf stammen und heute noch Verbindungen zu ihrem Dorf haben, die, ohne aufzufallen, dorthin gehen können. Auch sie müssen wir in den Dienst der Organisierung der antifaschistischen Volksfront stellen.

Sehr wichtig ist die Aufnahme von Verbindungen mit ehemaligen Funktionären und eventuell bestehenden Gruppierungen der christlichen Bauernvereine, der Deutschen Bauernschaft, unter Umständen auch mit ehemaligen Landbündlern in der Eifel, im Taunus, Westerwald, in Baden usw. Gerade unter diesen Leuten gibt es häufig solche, die über einen großen Einfluß im Dorf verfügen und bei richtiger Einstellung von unserer Seite für eine antifaschistische Arbeit gewonnen werden können. Besonders erfolgreich kann eine solche Arbeit in Süd- und Westdeutschland unter den katholischen Bauern werden. Hier spielt der Kampf um die Gewissens- und Bekenntnisfreiheit für die Schaffung der Volksfront eine sehr wesentliche Rolle.

Genosse Dimitroff zeigte uns in seinem Referat, daß wir heute schon die Politik unseres Landes mitbeeinflussen und gleichzeitig die breitesten Kräfte für den Sturz des Faschismus sammeln können, wenn wir den kleinsten Riß im Gebäude der faschistischen Gewaltherrschaft zu erspähen vermögen, jede, auch die kleinste Möglichkeit ausnützen, um Verbündete gegen den einen Feind, den Hitlerfaschismus zu gewinnen. Bei jeder gegen Hitler gerichteten Bewegung müssen wir ihre eigentlichen tieferen Bewegkräfte erkunden, inwieweit sie geeignet sind, durch unsere aktive Einwirkung die Front der antifaschistischen Kräfte zu verbreitern. Ich glaube, daß der in Deutschland entbrannte Kirchenkampf dafür von großer Bedeutung ist. Die Organisierung der Volksfront gegen den Faschismus erfordert für uns die Gewinnung der christlichen Arbeitermassen, aber auch der breiten Schichten der werktätigen Bauernschaft, des Kleinbürgertums, der Intellektuellen. Darum darf unsere Partei in diesem Kirchenkampf nicht neutral beiseite stehen. Die Auffassung, es handle sich dabei um eine Angelegenheit, die die Kommunisten nichts angehe, wäre ein Schulbeispiel der sektiererischen Abkapslung von den Massen. Im Kirchenkampf kämpfen die Nazi um die restlose Durchsetzung ihres Totalitätsanspruchs, um ihr Monopol als Vollstrecker der faschistischen Diktatur. Sie versuchen, sich den gewaltigen Propagandaapparat der beiden Kirchen anzugliedern und die Religion offen in den Dienst ihrer imperialistischen Gewaltpolitik zu stellen. Rosenberg lieferte die “Theorie” von der Notwendigkeit der "Deutschen Volkskirche". Reichsbischof Müller stellte die Losung auf: "Ein Volk, ein Staat, eine Kirche."

Die Mehrzahl der protestantischen Kirchenanhänger und der Geistlichkeit steht heute gegen die vom Faschismus eingesetzte offizielle Kirchenregierung und sieht in der sogenannten "Bekenntnissynode" ihre Führung. Eine weit größere Gefahr jedoch erblicken die Nazi in der katholischen Kirche, hinter der auch wichtige Teile der deutschen Bourgeoisie stehen. Entscheidend aber ist die Verankerung der katholischen Kirche in größeren Teilen der industriellen Arbeiterschaft des Rheinlandes, Ruhrgebiets, Oberschlesiens und in breiten bäuerlichen Schichten Süd- und Westdeutschlands. Sie verfügt über eine Reihe straff organisierter Verbände, Arbeitervereine, Gesellenvereine, Jugend-Caritas, Müttervereine und sogar Bauernorganisationen. Der Faschismus erblickt in jeder dieser legalen Organisationen, selbst bei den Organisationen konfessionellen Charakters, einen Sammelherd gegen die faschistische Totalität gerichteter organisierter politischer Opposition. Er sieht, wie gefährlich die Unzufriedenheit der katholischen Massen auch den unteren Klerus beeinflußt und hat den terroristischen Kampf gegen die sogenannte "Politisierung des konfessionellen Lebens" eröffnet.

Wir sehen die Tatsache, daß zahlreiche Pfarrer heute aus ehrlicher Überzeugung und mit allen Konsequenzen tapfer und unerschrocken dem Faschismus entgegentreten und sich nicht unterwerfen. Die Triebkräfte des Klassenkampfes erwachsen aus den Millionenmassen der christlichen Arbeiter, der Jugend und der werktätigen Bauernschaft.

Wir wären schlechte Kommunisten, wenn wir nicht unsere ganze Kraft der Unterstützung des Kampfes der christlichen Massen gegen den Faschismus liehen, wenn wir nicht sähen, daß der gegenwärtige Kirchenkampf eine die faschistische Diktatur schwächende Massenbewegung ist. Pfarrer wenden sich an uns, daß wir ihnen helfen. Sie wenden sich an uns, ob wir ihnen helfen wollen, ihre Prozessionen, die heute Demonstrationen, die heute politische Demonstrationen sind, zu schützen. Unsere Genossen haben das in manchen Fällen verstanden und in der Tat eine gemeinsame Front aufgerichtet.

Genossen! Unsere ganze Sympathie, unsere Tatbereitschaft ist auf seiten der vom Faschismus verfolgten christlichen Werktätigen und Arbeiter.

Wir erklären mit allem Nachdruck: über alles geht die gebieterische Notwendigkeit, den gemeinsamen Feind, den Schänder des deutschen Volkes, den Faschismus niederzuringen.

Wir kämpfen darum, mit den katholischen Organisationen, ihren Führern und Massen in ein antifaschistisches Kampfbündnis zu kommen. Wir ringen darum. Wir wollen in diesem Sinn überall konkrete Schritte unternehmen. Unsere Jungkommunisten müssen es sich zur Aufgabe machen, die tapferen katholischen Jungarbeiter in der Verteidigung ihrer Vereine, ihres Organisationseigentums zu unterstützen und ihre Hilfe zum Schutz von Versammlungen usw. anbieten. Die Kommunisten begrüßen die eingekerkerten katholischen Werktätigen, die sich gegen den Terror auflehnen, als Verbündete gegen Hitler, denen die Fürsorge der Roten Hilfe zuteil werden soll. Ihnen gehört bei tapferer Haltung unsere Sympathie genau so wie unseren eigenen Opfern im Kampf gegen den Terror.

Wir müssen für unsere Massenarbeit und Einheitsfrontpolitik die erforderlichen Konsequenzen aus der Tatsache ziehen, daß in den katholischen Gebieten in stärkerem Maβe Zentrumsorganisationen neuaufgebaut wurden, die sich zu festigen beginnen.

Wenn wir die Einheitsfront und die antifaschistische Volksfront schaffen wollen, so müssen wir auch an diese Organisationen der Werktätigen herangehen und dürfen uns nicht auf das Herantreten an sozialdemokratische Organisationen beschränken. An einigen Stellen haben wir schon im Kirchenkampf durch die Verteidigung von kirchlichen Veranstaltungen gegen faschistische Provokationen mit antifaschistischen katholischen Funktionären und auch Geistlichen Fühlung bekommen, was sich in der Richtung auswirkte, auch die Einheitsfront mit den sozialdemokratischen Arbeitern besser zu entwickeln. Diese Verbindungen gilt es systematisch auszubauen. Das direkte Herantreten an die bestehenden katholischen Organisationen, an das Zentrum, die verschiedenen Vereine usw. wird das Vertrauen der antifaschistischen katholischen Bevölkerung zur antifaschistischen Volksfront heben.

Wir sehen also einen hartnäckigen Widerstand der katholischen und protestantischen Kreise gegen die Gleichschaltungs- und Terrormaßnahmen des Hitlerregimes. Hier widerspiegeln sich die ersten Schwierigkeiten, auf die der Faschismus stößt bei dem Versuch, seine Totalität zu sichern und auszubauen und die letzten nichtfaschistischen Organisationen zu unterdrücken. Hier zeigt sich die starke antifaschistische Stimmung und der wachsende Widerstand breiter Massen, die zur Einheitsfront und Volksfront drängen und denen wir Weg und Ziel bewußt machen müssen.

Ohne engen Kontakt mit diesen Massen, ohne vollen Einsatz unserer ganzen Kraft und ohne Einbeziehung breiter sozialdemokratischer Kräfte für die Vertretung der Interessen dieser Schichten und den gemeinsamen Kampf ist die Verwirklichung der antifaschistischen Volksfront nicht möglich. In diesem gemeinsamen Kampf müssen wir uns bewähren als wirkliche Anwälte der breiten Massen in ihrem Kampf für demokratische Rechte, für die Befreiung vom faschistischen Joch.

Genossen! Wir müssen uns klare Rechenschaft ablegen über die politische Differenzierung, die wir in Deutschland heute feststellen können.

Neben unserer Partei und der Sozialdemokratie haben wir als sehr beträchtliche Organisation die Zentrumspartei, um die sich im Zusammenhang mit dem verschärften Kirchenkonflikt größere Massen der christlichen Arbeiter sammeln. Die Zentrumspartei reicht mit ihrem Einfluß tief ins kleinbürgerliche Lager und in bürgerliche Kreise.

Aber es sind nicht nur die sozialdemokratischen und Zentrumsorganisationen, mit denen wir Fühlung nehmen und zusammenarbeiten müssen, um die Einheitsfront und die antifaschistische Volksfront gegen Hitler zu verwirklichen.

Wir haben außerdem mehr oder weniger zahlreiche demokratische Gruppen, in denen Mittelständler und vor allem auch Intellektuelle sich zusammenschließen zur Vertretung ihrer Interessen. Diese Gruppen haben im allgemeinen zwar einen sehr losen Zusammenhalt untereinander, aber sie stellen doch für ihren Bereich wichtige Verbindungszentren dar zu breiten Schichten des Mittelstandes, der Intelligenz usw.

Wir können auch nicht vorbeigehen an anderen Gruppen und Vereinigungen, die von jeher oder durch den Parteikurs der Hitlerregierung und die ganze Regierungspraxis der NSDAP im Gegensatz zur Hitlerregierung und ihren Maßnahmen stehen. Es gibt zahlreiche Gruppen der früheren Volkskonservativen, die Leute um Treviranus, die entschieden gegen die Hitlermethoden sind und eine Änderung der politischen Verhältnisse in Deutschland anstreben. Hier sammeln sich vor allem auch hitlerfeindliche Elemente der ländlichen Gebiete, Leute aus bürgerlichen Kreisen, mit denen wir Fühlung halten müssen und können, denn auch mit diesen Kräften verbindet uns die gemeinsame Ablehnung der Hitlerdiktatur. Wenn es auch selbstverständlich ist, daß die führenden Leute dieser Vereinigungen und Gruppen sich über eine kommende Regierung in Deutschland bestimmt andere Gedanken machen als wir, hindert das ein Zusammengehen gegen Hitler? Keineswegs.

Dasselbe gilt auch von den Deutschnationalen, die sich nicht gleichschalten ließen, die empört sind über die Wortbrüche Hitlers, und die durch die Stahlhelmverbote in noch stärkere Oppositionsstellung getrieben worden sind. Die deutschnationalen Strömungen haben für die Antihitlerfront besondere Bedeutung. Denn sie umfassen breite Massen der unzufriedenen Bauern und Landwirte. Aber auch breite Kreise des städtischen Kleinbürgertums und der Intelligenz nennen sich auch heute noch deutschnational in bewußtem Gegensatz zur Hitlerpartei. Weil unter der schwarzweißroten Flagge sich die deutschnationale Opposition breitmacht, darum auch das Flaggengesetz von Nürnberg. Sind wir denn nicht verpflichtet, diesen Gegensatz zum Nutzen des Kampfes gegen die Hitlerregierung, für die antifaschistische Front auszuwerten? Ja, das sind wir.

Innerhalb der verschiedenen Gruppen der bürgerlichen Emigration bemerken wir in letzter Zeit im Zusammenhang mit der Entwicklung, dem Wachsen der antifaschistischen Stimmung in Deutschland ebenfalls eine größere Aktivität. Es sind Bestrebungen im Gange, alle gegen Hitler eingestellten Gruppen und Personen auf einer gemeinsamen Grundlage zu vereinigen. Wie stehen wir zu solchen Bestrebungen? Wir dürfen diese Bestrebungen keineswegs ignorieren, sondern müssen Initiative entwickeln, um uns einzuschalten. Wir nehmen selbstverständlich auch an Besprechungen mit bürgerlichen Politikern teil, wenn es sich darum handelt, die Möglichkeiten für den gemeinsamen Kampf aller Hitlergegner zu prüfen.

Wir erstreben die Schaffung von antifaschistischen Volksfrontkomitees auch in der Emigration. Wir wünschen, daß sich neben der Kommunistischen Partei auch die Sozialdemokratie an solchen Komitees beteiligt. Solche Komitees können eine bedeutende Aufgabe erfüllen, wenn sie ihre Verbindungen zum Land in den Dienst der Vereinigung aller antifaschistischen Kräfte im Land stellen.

Im Stahlhelm[20] selbst sind zahlreiche Landarbeiter und kleinbürgerliche Elemente aus Stadt und Land organisiert, die im Stahlhelm ihren traditionellen Soldatenbund sehen, der jetzt von Hitler angetastet wird. Wir müssen Fühlung haben mit solchen oppositionellen Stahlhelmgruppen.

Auf welcher politischen Plattform können wir den Zusammenschluß der ganzen Opposition in Deutschland erreichen? Wir sagen: für Freiheit, Frieden, Brot und Volksherrschaft.

Der Hitlerfaschismus bedroht den Frieden nicht nur Europas, sondern der ganzen Welt. Er will das deutsche Volk in ein furchtbares Kriegsabenteuer stürzen, in dem die Existenz des deutschen Volkes aufs Spiel gesetzt wird.

Ohne Sturz der faschistischen Hitlerregierung in Deutschland gibt es keine Sicherung des Friedens, keine Beseitigung der drohenden Kriegsgefahr, keine friedliche Verständigung zwischen Deutschland und den Nachbarvölkern.

Wir schlagen der Sozialdemokratie, der Zentrumspartei und allen anderen bürgerlichen Oppositionsgruppen und Organisationen, der ganzen Opposition in Deutschland einen Pakt zur Verteidigung des Friedens vor.

Der Hitlerfaschismus preßt im Dienst der Monopolräuber, der großen Armeelieferanten und Spekulanten alle Schichten des Volkes aus; er nimmt den Arbeitern und Angestellten den Lohn; er besteuert das Handwerk in drückendster Weise und plündert die Ladenkasse des kleinen Geschäftsmannes und sichert den Großen erhöhten Profit. Er prellt den Bauern um den Preis seiner Produkte und mästet damit ein Heer von braunen Kommissaren, er verjagt die Intelligenz aus den Städten ihres Wirkens, wenn sie sich nicht zu Lohndienern der braunen Kulturschmach herabwürdigen lassen wollen, er ruiniert die kleinen Unternehmer und füttert die Großen durch Brandschatzung der Steuerzahler. Wir aber wollen, daß der Verarmung und Ausräuberung unseres Volkes ein Ende gemacht wird.

Die deutsche Heimat kann das deutsche Volk ernähren, wenn die braunen Parasiten und die großen Schieber und Gewinnler nicht mehr vom Schweiße des Volkes leben.

Wir appellieren an die Sozialdemokraten, Zentrumsanhänger und die gesamte Opposition in Deutschland, sich mit uns zu verbinden zum Kampf um das tägliche Brot, für die Forderungen des Volkes.

Der Hitlerfaschismus hat das Volk entrechtet und entmündigt, er hat ihm alle Freiheiten geraubt. Wir wollen, daß das Volk frei werde, und deswegen kämpfen wir für die demokratischen Freiheiten.

Die Interessen des gesamten deutschen Volkes erfordern Koalitions- und Vereinsfreiheit, Presse- und Meinungsfreiheit, Freiheit des Glaubens und des Bekenntnisses, Freiheit der Wissenschaft und der Forschung. Wir sagen:

Hinweg mit der Diktaturregierung!

Wir kämpfen für eine frei gewählte Vertretung des ganzen Volkes!

Wir fordern die Selbstverwaltung der Kommunen.

Wir kämpfen für eine Regierung des Volkes.

Wir kämpfen für den Sturz der Hitlerdiktatur, für die Volksherrschaft.

So und ähnlich wollen wir sprechen zu den Volksmassen. Das ist die Plattform, auf der wir alle vereinigen können, alle vereinigen können, die Gegner der Hitlerregierung sind.

Genossen! Auf diesem Boden können sich alle gegen die Hitlerdiktatur gerichteten Kräfte, ungeachtet ihrer besonderen Interessen und Meinungen vereinigen. In diesem Sinne wenden wir uns an die Sozialdemokratie, an die Zentrumspartei, an alle bürgerlichen Oppositionsgruppen, an die katholischen und protestantischen Organisationen, an die Stahlhelm-Anhänger, an alle innerhalb der bewaffneten Formationen Hitlerdeutschlands in Opposition stehenden Kräfte mit dem Ruf zur Verständigung über den gemeinsamen Kampf gegen den einen Feind aller, gegen den Hitlerfaschismus!

Wir Kommunisten kämpfen mit den breitesten Massen in der proletarischen Einheitsfront und in der antifaschistischen Volksfront für alle demokratischen Rechte und Freiheiten, die Hitler dem Volk geraubt hat.

Wir Kommunisten sind auch bereit, mit Organisationen und Gruppen der bürgerlichen Opposition gegen Hitler zusammenzuarbeiten. Wir treten deshalb heran an die Organisationen der Zentrumspartei, um mit ihnen gemeinsam Kampfmaßnahmen für die Glaubens- und Gewissensfreiheit, für den Schutz katholischer Organisationen, die vom Faschismus bedroht sind, zu beraten.

Wir wollen das deutsche Volk von der Schande der blutigen Hitlerdiktatur befreien. Wir wollen alles daran setzen, um die werktätigen Massen vor den Schrecken und Millionenopfern eines neuen imperialistischen Weltkrieges, dessen Hauptanstifter Hitlerdeutschland ist, zu bewahren, und wir zeigen den konkreten Weg zum Sturz des Faschismus durch die proletarische Einheitsfront in der antifaschistischen Volksfront.

X. Unser Kampf für den Frieden und unsere Militärarbeit

Genossen! Mit Recht hat Genosse Dimitroff in seiner Schlußrede gesagt, daß auch die Frage des Kampfes gegen den imperialistischen Krieg auf neue Art gestellt und beantwortet werden muß. Genosse Dimitroff sagte[21]:

Die Welt ist heute nicht mehr die, die sie im Jahre 1914 war.

Jetzt besteht auf einem Sechstel des Erdballs ein mächtiger proletarischer Staat, der sich auf die materielle Kraft des siegreichen Sozialismus stützt. Durch die weise Stalinsche Friedenspolitik hat die Sowjetunion die aggressiven Pläne der Kriegsbrandstifter mehr als einmal durchkreuzt.

Jetzt verfügt das Weltproletariat im Kampf gegen den Krieg nicht nur über die Waffe seiner Massenaktion wie im Jahre 1914. Jetzt verbindet sich der Massenkampf der internationalen Arbeiterklasse gegen den Krieg mit der staatlichen Einwirkung der Sowjetunion, ihrer mächtigen Roten Armee als der wichtigsten Friedenswacht. Heute befindet sich die internationale Arbeiterklasse nicht wie im Jahre 1914 unter dem ausschließlichen Einfluß der Sozialdemokratie, die in einem Block mit der Bourgeoisie stand. Heute gibt es eine kommunistische Weltpartei - die Kommunistische Internationale. Heute wenden sieh die Massen der sozialdemokratischen Arbeiter der Sowjetunion und ihrer Friedenspolitik, der Einheitsfront mit den Kommunisten zu.

Heute betrachten die Völker der kolonialen und halbkolonialen Länder die Sache ihrer Befreiung nicht als eine hoffnungslose Sache. Im Gegenteil, sie gehen immer mehr zum entschlossenen Kampf gegen die imperialistischen Unterdrücker über. Das beste Zeugnis dafür sind die Sowjetrevolution in China und die Heldentaten der Roten Armee des chinesischen Volkes.

Der Krieg des italienischen Faschismus gegen Abessinien kann durch die Kraft des internationalen Proletariats und der Völker, die in der gegebenen Situation mit Hilfe des Proletariats und der Werktätigen zu einem festen Bund zusammengeschlossen werden können, beendigt werden. Das müssen wir sagen und hervorheben gegenüber der II. Internationale und um den Arbeitermassen der ganzen Welt die wirkliche Bedeutung der Beschlüsse des VII. Weltkongresses zu zeigen.

Der Kongreß hat uns eine starke Waffe gegeben zum Kampf für den Frieden, gegen den imperialistischen Krieg, gegen die faschistischen Weltbrandstifter. Wir sind keine Fatalisten in bezug auf den drohenden Krieg.

Der Kongreß hat das bedeutungsschwere Wort ausgesprochen, daß der Krieg verhindert werden kann, daß er kein unabänderliches Schicksal ist.

Gerade in diesem Augenblick, wo der Krieg durch die Provokationen des italienischen Faschismus gegen Abessinien Tatsache geworden ist, wo durch die offene Kriegsdrohung Hitlers gegen Litauen-Memel die Gefahr eines europäischen Krieges akut ist wie nie seit Beendigung des Weltkrieges, gerade in diesem Augenblick müssen wir die ungeheure geschichtliche Bedeutung dessen erkennen, was uns der VII. Kongreß an Waffen zum Kampf gegen den Krieg gegeben hat. Der Mussolini-Faschismus hat den Krieg in Afrika gegen das schwache Abessinien begonnen. Der deutsche und der japanische Imperialismus warten auf die weitere Zuspitzung dieser Konflikte, um ihre Raubzüge zu beginnen. So kann dieser Krieg einen Weltbrand herbeiführen.

Das hat die Kommunistische Internationale veranlaßt, noch bevor die II. Internationale sich direkt offiziell zu den Beschlüssen unseres Kongresses geäußert hat, ein Einheitsfrontangebot an die II. Internationale zu richten zum gemeinsamen Kampf, um diesem Krieg zu verhindern. Die II. Internationale hat noch nicht geantwortet. Es gibt Differenzen innerhalb der II. Internationale. Weil maßgebende Führer einzelner sozialdemokratischer Parteien die nationalen Interessen ihrer Bourgeoisie vor den nationalen und internationalen Interessen des Proletariats stellen, darum kamen sie selbst in einer so ernsten Situation bisher nicht zu klaren eindeutigen Beischlüssen. Wir können nicht warten, während der Feind handelt. Wir müssen diesem Angebot durch die Entfaltung der stärksten Initiative für die Schaffung der Einheitsfront in unserem Land den notwendigen Nachdruck verleihen. Dieses Angebot ist auch zugleich für uns in Deutschland, dem Land des Hauptbrandstifters, eine Hilfe, die proletarische Einheitsfront vorwärtszutreiben.

Der Nürnberger Parteitag diente der unmittelbaren Kriegsvorbereitung des Hitlerfaschismus. Hitler richtete seine Drohungen gegen die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der kleinen und schwachen Völker, er drohte Litauen mit Überfall und Krieg, denn er spekulierte darauf, durch einen Angriff des italienischen Faschismus auf Abessinien freie Hand für seine Kriegsabenteuer in Osteuropa zu bekommen, die sich hauptsächlich gegen die Sowjetunion richten. Die verbrecherische Politik des Faschismus, die Leben und Freiheit der Völker mit Tod und Vernichtung bedroht, erfordert von uns gemäß den Wei­sungen des VII. Kongresses einen ständigen unversöhnlichen Kampf.

Der VII. Weltkongreß hat uns gewarnt vor der Unterschätzung des Kampfes gegen die faschistische Ideologie. Er hat es uns zur Aufgabe gemacht, den Chauvinismus und die faschistische Ideologie auf neue Art zu bekämpfen, die Sprache zu finden, durch die auch die werktätigen Anhänger des Faschismus nicht abgestoßen werden. Hier haben wir noch nicht die ersten Schritte gemacht. Unser Kampf gegen die faschistische Ideologie war absolut ungenügend. Wir haben die Tiefe der nationalen Gefühle besonders bei den kleinbürgerlichen Massen unterschätzt, was sich besonders in der Führung unseres Saarkampfes gezeigt hat. Der Kampf gegen die faschistische Ideologie und den Chauvinismus ist eine der Hauptaufgaben der Partei.

Wir haben gegenüber der nationalsozialistischen Verfälschung der heroischen Vergangenheit des deutschen Volkes, seiner freiheitlichen und revolutionären Traditionen im Kampf gegen die Volksbedrücker, den breiten Massen nicht in der richtigen Weise gezeigt, daß wir die Erben aller großen und revolutionären Traditionen der deutschen Geschichte sind. Zum Kampf gegen die faschistische Ideologie auf neue Art gehört, daß wir überzeugend zeigen, daß wir in der Tat zu Erben des Geistes der großen Bauernkriege und Thomas Münzers, der großen deutschen Dichter und Denker, aller großen Freiheitskämpfer der deutschen Vergangenheit sind.

Die Schuld der sozialdemokratischen Führer besteht darin, daß sie seit ihrer Kriegspolitik vom August 19l4 den schlimmsten Nationalismus vertreten haben und später durch ihre Politik der nationalistischen und chauvinistischen Verhetzung der Massen durch den Faschismus Vorschub leisteten.

Wir müssen den Massen zeigen, daß der blutige Hitlerfaschismus nicht die nationalen Interessen des deutschen Volkes vertritt, sondern sie mißachtet und verrät zugunsten imperialistischer Raubverträge auf Kosten des deutschen Volkes und auf Kosten der Völker, die der deutsche Faschismus im Bunde mit dem polnischen und japanischen Faschismus zu unterjochen und zu vernichten trachtet.

Wir müssen zeigen, daß es Hitler bei seinen Kriegsprovokationen gegen Litauen-Memel nicht um die Wiedergewinnung verlorenen deutschen Gebietes geht, sondern um den ersten Sprung zum geplanten Antisowjetkrieg imperialistischer Räuber, der Europa in Brand setzen soll und die ganze Menschheit mit entsetzlichen Opfern und Schrecken bedroht. Der Krieg, den Hitler vorbereitet, bedeutet Tod und Vernichtung für das deutsche Volk, das von den faschistischen Machthabern für die Profitinteressen in den Krieg gegen die kleinen und schwachen Völker, gegen die große Sozialistische Sowjetunion hineingejagt werden soll.

Wir wollen den Frieden. Die Sozialistische Sowjetunion ist der Hauptgarant der Freiheit und Unabhängigkeit der kleinen und schwachen Völker. Die Sowjetunion geht in ihrer Friedenspolitik mit allen Völkern zusammen, die ihre Freiheit und Unabhängigkeit gegen den barbarischen Faschismus verteidigen. Mit Recht sagte Genosse Manuilski: Wer für den Frieden ist, muß mit der Sowjetunion gehen. Alles, was freiheitlich gesinnt ist in der Welt, muß die ungeheure Gefahr begreifen, die die faschistischen Abenteurer heraufbeschwören und muß sich gegen die Faschisten zusammenschließen zur Lösung aller nationalen Fragen im Sinne der Freiheit und des Fortschritts der menschlichen Kultur.

In unserem Kampf gegen die faschistischen Kriegstreiber und den Chauvinismus müssen wir uns bewußt sein, daß der Chauvinismus diejenige Waffe des Faschismus ist, mit der er am längsten und nachhaltigsten die Massen zu beeinflussen vermag.

In Deutschland verknüpft sich der Kampf zum Sturz des Faschismus, für die proletarische Revolution mit dem Kampf um den Frieden vor Ausbruch des Krieges, in einer Situation, wo der Krieg durch den Sturz der faschistischen Diktatur verhindert werden kann. Das zu betonen, ist deshalb notwendig, weil bei uns in Deutschland schädliche Stimmungen der revolutionären Ungeduld vorhanden sind, der Art, daß der Krieg günstigere Voraussetzungen für den Kampf gegen den Hitlerfaschismus schaffe und die revolutionäre Entwicklung beschleunige. Es ist klar, daß solche Stimmungen zur Passivität gegenüber den Kriegstreibern, gegenüber dem Chauvinismus führen müssen und den Faschisten ihre Kriegsprovokationen erleichtern. Durch die Feststellung der Möglichkeit der Verhinderung konterrevolutionärer Kriege geben wir unserer zentralen Losung vom Kampf für den Frieden den konkreten revolutionären Inhalt.

Die heutige Arbeit entscheidet, wie lange ein Krieg, sollte er dennoch ausbrechen, gegebenenfalls dauern und welchen Ausgang er nehmen wird. Die Erschütterung der ganzen faschistischen Kriegsmaschinerie, eine ernste Bedrohung der räuberischen Kriegspläne und Kriegsprovokationen ist nur möglich durch die breiteste Einheitsfront zum Kampf für den Frieden.

Die erste Hauptaufgabe der proletarischen Einheitsfront im Kampf für den Frieden ist neben der Enthüllung der verbrecherischen Kriegspläne der Bourgeoisie eine ständige ideologische Offensive gegen die chauvinistische Verhetzung der Massen.

Unzufriedenheit und Mißtrauen sind, wenn ihnen die Klarheit und Stoßrichtung fehlen, keine Garantien gegen die chauvinistische Beeinflussung. Im Kampf gegen den Chauvinismus, insbesondere wenn der Chauvinismus noch nicht das offene Kriegsgesicht zeigt, ist es notwendig, neben der Vertiefung unseres Internationalismus innerhalb der Arbeiterklasse an den nationalen Empfindungen der Werktätigen und Mittelschichten anzuknüpfen, um den Haß des Proletariats gegen den Faschismus, der das Volk wie Sklaven behandelt, der, Heimat und Volk zugrunde richtet, der das Vaterland zu einem einzigen Zuchthaus macht, zu einem wahren Volkshaß zu machen.

Rechtlosigkeit, Schändung der Ehre des Deutschen, Uniformierung der Meinungen des großen deutschen Volkes, erzwungene geistige und militärische Disziplin, niedrigster Kadavergehorsam, das ist eine Schändung von Volk und Vaterland. So müssen wir zu den werktätigen Schichten sprechen, zu den noch von nationalem Empfinden geleiteten Schichten.

Der Hitlerfaschismus will zur Verwirklichung seiner Kriegsziele in kürzester Zeit über eine voll ausgebildete Millionenarmee verfügen. Das hat zur Voraussetzung und Folge, daß Hunderttausenden von Söhnen des Volkes Waffen und Waffenkenntnisse gegeben werden. Auch der deutsche Faschismus verwickelt sich damit in den Grundwiderspruch, der der Militärpolitik der Bourgeoisie eigen ist, sich aber unter der Herrschaft des Faschismus in besonders zugespitzter Form zeigt: aus Gründen des Klassengegensatzes zwischen Bourgeoisie und Arbeiterschaft und der besseren Sicherheit der herrschenden Schicht die Armee klein und zuverlässig zu halten, zur Durchsetzung seiner außenpolitischen Ziele jedoch Millionen Werktätigen, Angehörigen der ihm feindlichen Klasse, Waffen in die Hände zu geben und sie mit der Kriegskunst vertraut zu machen.

Damit steht für uns in Deutschland die Aufgabe, unsere Arbeit unter den Soldaten im revolutionären militärpolitischen Sinne massenmäßiger zu gestalten. Man darf die Armee jetzt nicht mehr mit der Reichswehr vergleichen. Arbeiten wir unter den Rekruten, die sich noch im Arbeitsdienstlager, in den Sportorganisationen und in den Betrieben befinden! Schaffen wir einen Zusammenhalt aller Gleichgesinnten in der neuen Armee zur Herausentwicklung einer illegalen Militärorganisation innerhalb der Armee! Das sind Aufgaben, die vor der Arbeiterklasse stehen.

Wenn Ley in seiner Rede am 17. Juli 1935 auf der Werft in Kiel demagogisch erklärte: "Arbeiter und Soldaten gehören zusammen", so sollten alle Antifaschisten dieser Phrase durch die breiteste Entfaltung einer Werbearbeit unter den Soldaten für den gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus realen Inhalt geben. Jawohl, sagen wir: "Arbeiter und Soldaten gehören zusammen", und wir werden immer wieder betonen, daß Arbeiter und Soldaten zusammengehören. Da hat Ley etwas gesagt, was für uns von außerordentlicher Bedeutung ist. Wir müssen erklären, warum Arbeiter und Soldaten zusammengehören, was sie zusammen machen müssen, wie Arbeiter und Soldaten, wenn sie zusammenkommen, ihre Gedanken austauschen müssen usw.

Wenn wir in der Armee unter der Masse der Rekruten wirklich Fuß fassen wollen, müssen wir ihren Bedürfnissen und Forderungen einen richtigen Ausdruck geben. Wir müssen an ihre unmittelbaren Interessen anknüpfen und fordern z. B. für die Rekruten zur Musterung: Erstattung der Fahrkosten der Hin- und Rückreise zum Musterungsort, Ersatz des Lohnausfalles infolge der Musterung, vollbezahlter Urlaub vor dem Einrücken in die Kaserne. Die Rekruten wollen ihre Dienstzeit am Heimatsort oder in der nächstgelegenen Garnisonstadt abdienen, sie wollen auch beim Militär so zusammenbleiben, wie sie im Arbeitsdienstlager zusammen waren; sie fordern ausreichende Versorgung der Familienangehörigen, Sicherstellung des Arbeitsplatzes, Zusicherung fester Arbeit für die erwerbslosen Arbeitsdienstler und Landhelfer nach der geleisteten Dienstzeit.

Für die Bauernsöhne müssen wir besonders geeignete Forderungen aufstellen wie z. B. Freistellung vom Militärdienst für wichtige Landarbeiten im Frühjahr und Herbst, Unterstützung der Familie in Höhe der für die Anstellung einer anderen Arbeitskraft erforderlichen Mittel.

Es darf keine antifaschistische Zeitung geben, die jetzt der Rekrutenfrage nicht den gebührenden Platz einräumt.

Wir sollten in diesen Zeitungen über die politische Entrechtung des Soldaten schreiben. Der Paragraph 26 des Wehrgesetzes lautet: "Die Soldaten dürfen sich politisch nicht betätigen." Im Kampf gegen diesen Paragraphen können wir auch an die Angehörigen der SA und der Hitler-Jugend herankommen und ihren Oppositionsgeist entwickeln. Immer und überall müssen wir darauf Kurs nehmen, das Zusammengehörigkeitsgefühl der werktätigen Soldaten zu wecken.

Zu unseren wichtigsten Aufgaben gehört die Verstärkung unserer Arbeit innerhalb der SA- und SS-Formationen. Der Nürnberger Parteitag hat beschlossen, daß die aus dem Heer entlassenen Reservisten der SA angeschlossen werden sollen. Das bedeutet, daß der SA im Verlaufe der Entwicklung der Charakter einer allgemeinen Soldatenorganisation gegeben werden soll. Das richtet sich vor allem gegen Stahlhelm und Kyffhäuserbund, dem die meisten Kriegervereine angeschlossen waren, und noch gegen andere Organisationen. Die Möglichkeiten, innerhalb dieser SA-Organisation zu arbeiten, werden für uns dadurch noch günstiger. Die Antifaschisten müssen kameradschaftliche Diskussionen mit einzelnen SA- und SS-Formationen anstreben. Wir sollten an die SA- und SS-Leute von dem Standpunkt aus herantreten, ihre Unzufriedenheit mit ihrer Rolle in der Partei und gegenüber dem Staatsapparat zu schüren. Wir können zum Beispiel an ihre enttäuschten Hoffnungen anknüpfen in bezug auf Beamtenstellung, Gehalt usw. Die SA- und SS-Leute sind keineswegs alle kriegsbegeistert. Wir stellen auch bei ihnen die Frage: Krieg, für wen und gegen wen? Es ist nicht nur die Frage der Zersetzung, wie wir sie bisher meistens verstanden haben. Die Lage und die Möglichkeiten nach dem 30. Juni haben wir in keiner Weise positiv ausgewertet. Als die SA am 30. Juni führerlos auf den Straßen Berlins stand, vermochten wir nicht den oppositionellen Stürmen die richtigen Losungen zu geben. Wir kamen nur vereinzelt und nicht in organisierter Weise an sie heran.

Steht es auf diesem Gebiet heute etwa besser? Und doch ist die Frage nach Nürnberg angesichts des verstärkten Parteikurses noch ernster geworden. Die Differenzierung innerhalb der SA und SS, die Trennung zwischen den streng militarisierten und den allgemeinen Formationen ist krasser geworden, und die Unzufriedenheit der kleinbürgerlichen und proletarischen Elemente ist stark im Wachsen. Nach den eigenen Angaben der Faschisten ist der Rückgang in den ländlichen Gebieten am stärksten, weil sich dort die Unzufriedenheit unmittelbar und direkt auswirkt, anders als in den Städten.

SA- und SS-Leute haben gefragt, was geschieht mit uns, wenn ihr Kommunisten an die Macht kommt? Wir sagen ihnen einfach und klar: Kämpft mit uns gegen die Reaktion, gegen die Macht der Reichen, gegen die Versklavung des Volkes. Macht Mißhandlungen politischer Gefangener nicht mit. Dann gibt es auch keinen Haß zwischen euch und dem Volk. Die Arbeiterklasse kennt keine individuelle Rache. Nur die Verantwortlichen, die direkten und indirekten Anstifter des Arbeitermordes und der Bedrückung der Werktätigen, die Reaktion, die Bank- und Börsenfürsten, die faschistischen Generale und Polizeikommandeure, die Mörder unserer Genossen und der oppositionellen SA- und SS-Männer, all das Geschmeiß, das sich in der Hitlerregierung und um sie herum zusammengefunden hat ‑ sie werden wir vor das Tribunal des Volkes bringen, und auch ihr SA-Leute werdet ihre Ankläger sein.

Genossen, noch ein Wort zur Memelfrage. Wir sind für die nationale Freiheit aller Völker und Volksteile. Wir erstreben diese Freiheit durch den Kampf für die Niederringung des Kapitalismus. Wir sind gegen jeden kapitalistischen Krieg, da er nur Unglück für das deutsche Volk bedeutet. Andererseits sagen, wir, daß der Anschluß des Memelgebietes an Deutschland diesen Volksteilen nicht nur ihre Freiheiten nehmen, sondern ihnen auch wirtschaftliche Nachteile bringen würde. Das Volk an der Memel hilft sich selbst am besten, wenn es auf seinem Posten mitkämpft für den Sturz des Hitlerregimes in Deutschland.

XI. Zur Organisations- und Kaderpolitik

Ich halte es für notwendig, auf einige Grundfragen unserer Organisations- und Kaderpolitik hinzuweisen. Der Durchführung der vom Weltkongreß festgelegten politischen Linie und der Anwendung der neuen Taktik des trojanischen Pferdes müssen unsere Organisationsformen und -methoden angepaßt sein, denn die Voraussetzung jeder revolutionären Massenarbeit ist das Vorhandensein einer aktionsfähigen revolutionären Organisation. Unermüdlich haben Lenin und Stalin auf diese unerschütterliche Tatsache hingewiesen.

Die Praxis hat gezeigt, daß eine Unsumme neuer, oft blutiger und ernstester Erfahrungen nötig wurde, um die Lehren aus den illegalen Kampferfahrungen der internationalen revolutionären Arbeiterbewegung praktisch zu begreifen und unter den wechselnden Bedingungen des revolutionären Tageskampfes richtig anzuwenden. Wir hatten in unserem Organisationsaufbau ebenfalls eine sektiererische Linie.

Obwohl wir uns auf die Illegalität vorbereitet haben, haben wir zuviel für die Umstellung der Partei auf die illegalen Bedingungen unter der Hitlerdiktatur bezahlen müssen.

Die zweieinhalb Jahre Geschichte der KPD unter der Hitlerdiktatur haben bewiesen, daß die bolschewistische Entwicklung unserer Partei unter Führung des Genossen Thälmann, Kader herangebildet hat, deren Heroismus ein unvergängliches Ruhmesblatt in der Geschichte der Arbeiterbewegung und des Kampfes für den Sozialismus darstellt.

Unsere illegale Organisation existiert und arbeitet. Trotz aller Verhaftungen führt unsere Partei ihre Arbeit weiter. Auch die Organisationen, die vorübergehend von der Gesamtorganisation abgehängt sind, zeigen trotz aller Schwierigkeiten, daß sie leben und arbeiten. Das zeugt davon, wie starke Kader die Partei entwickelt hat, die auch unter den schwierigsten Bedingungen bereit sind, ihre revolutionäre Pflicht zu erfüllen.

Weil das so ist, empfinden wir um so stärker, daß diese Organisation von den Massen isoliert ist, eine Organisation, deren Kader täglich neue Proben ablegen von ihrer Ergebenheit und Treue zur Sache des Proletariats, Proben ihrer Entschlossenheit zum Kampf gegen Faschismus und Kapitalismus. Die wirkliche Verbindung zu den Massen schaffen, das, Genossen, ist der Kern der Sache.

Das Prinzip der engsten Verbundenheit mit den Massen muß sich in unserem ganzen Parteiaufbau widerspiegeln, sowohl im System der Zellen wie der Leitungen. Darum sagen wir in erster Linie, unsere Betriebszellen müssen zugleich Zellen in der "Deutschen Arbeitsfront" sein.

Die Straßenzellen in ihrer alten Form sind nicht in der Lage, die vor uns stehenden Aufgaben zu lösen. Daher muß der Umbau der Straßenzellen erfolgen entsprechend der Verlagerung unserer Arbeit in die faschistischen Massenorganisationen. Die Zusammenfassung der Mitglieder der bisherigen Straßenzellen nach der jeweiligen Zugehörigkeit zu den faschistischen Massenorganisationen gibt ihnen erst die Möglichkeit einer organisierten Arbeit in diesen Organisationen. Unsere Leitungen müssen beim Übergang zu diesen neuen Organisationsformen sehr beweglich sein und die konkrete Lage berücksichtigen. Jeder Schematismus wäre hier besonders gefährlich.

Auch unter den schwersten Bedingungen der Illegalität ist das Prinzip des demokratischen Zentralismus in unserer Partei aufrechtzuerhalten. Man darf nur keinen Fetisch daraus machen. Demokratischer Zentralismus schließt kollektive Leitungen in sich. Unter den Bedingungen des barbarischen Terrors der Faschisten ist es manchmal notwendig, von diesem Prinzip abzugehen. Auch hier gibt es kein Schema. Wir dürfen aber einen vorübergehend eingetretenen Notzustand nicht zur Regel werden lassen.

Auch in der Illegalität gibt es sichere Zeichen für ein gutes oder schlechtes Verhältnis der Leitung zu den Massen. Mit den Massen verbundene Kollektivleitungen werden selbstverständlich besser verstehen, die Initiative der Massen zu entwickeln, sich durch taktvolles und verständnisvolles Herangehen an die Fragen der Tagespolitik und der Tagesarbeit das Vertrauen der Massen zu erwerben.

Die Lage unserer Organisation erfordert von uns eine ernste Umstellung, wenn wir eine solche Struktur der Organisation wollen, die uns mit den Massen lebendig verbindet und uns vor den Schlägen der faschistischen Diktatur maximal sichert. Das bedeutet in erster Linie, eine Methode der Organisation auf neue Art, eine wirkliche und entschiedene Dezentralisierung durchzuführen. Die Dezentralisierung kann nur erfolgen, gemäß der Struktur eines Gebietes und seiner Verbindungsmöglichkeiten mit einem Kräftezentrum, das in der Lage ist, beispielgebend zu führen und Kräfte für die Leitung des Gesamtgebietes zu stellen. Wir haben nicht genügend darauf geachtet, kollektive Leitungen zu schaffen, von denen die Mehrheit Genossen sind, die sieh legal bewegen und dadurch tarnen können. Selbstverständlich sollen solche Genossen von Bezirksleitungen in der Regel nicht dort arbeiten, wo sie unter ihrem legalen Namen bekannt sind. Wir müssen auch in der Illegalität dafür Sorge tragen, daß unsere Leitungen von unten heraus wachsen, ohne daß dadurch die Sicherung der Organisation gefährdet wird.

Damit komme ich zur Frage unserer Kader, der der Genosse Dimitroff einen bedeutenden Teil seines klassischen Schlußwortes auf dem Kongreß gewidmet hat.

Unter den Bedingungen des fürchterlichen faschistischen Terrors in Deutschland, der gewaltige Lücken in unsere Kader gerissen hat, ist die Sorge für die Kader in unserer ganzen Politik eine entscheidende Aufgabe. Wir haben in der Kaderfrage viel versäumt und müssen darum mit noch größerem Ernst und noch größerer Sorgfalt und wirklich großer Liebe unsere künftige Kaderpolitik gemäß den ernsten Mahnungen Dimitroffs durchführen. Der Meister der neuen Taktik und Politik hat uns in seinen zehn Geboten zur Kaderfrage den Leitfaden gegeben.

Ein systematisches Studium der Kader ist die Voraussetzung zu einem richtigen Einsatz und für eine richtige Auswahl der Kräfte. Dieses Studium muß den gegenwärtigen Stand und die Tagesnotwendigkeiten mit einer weiten Perspektive verbinden, sowohl hinsichtlich der Kader im allgemeinen als auch des einzelnen Parteiarbeiters. Dabei dürfen wir nicht vergessen, daß es "Idealmenschen nicht gibt, man muß die Menschen nehmen, wie sie sind, muß ihre Schwächen und Mängel ausbessern". Weil die Verteilung der Kader bei uns zur Zeit besonders schwierig ist, muß sie mit aller Sorgfalt durchgerührt werden, muß die stete Hilfe besondere Beachtung finden und die Kontrolle im höchsten Maße kameradschaftlich sein.

Bei der Auswahl dürfen wir uns nicht davon leiten lassen, ob Genossen schön reden, gut schreiben, exakt formulieren können, so wichtig und wünschenswert das alles auch ist.

Das Wesentlichere aber ist die Fähigkeit der vollen Hingabe an unsere Sache, die Fähigkeit, den Pulsschlag der Massen zu fühlen, und der Mut zur Selbständigkeit und Verantwortlichkeit in jeder Situation.

Genossen, denen Erfolge nicht zu Kopf steigen, und die sich durch Niederlagen nicht in Pessimismus und Panikstimmung treiben lassen.

Vergessen wir jene nicht, die vor dem Klassenfeind, in den Händen der SA, SS und Gestapo, in den Konzentrationslagern und vor den faschistischen Gerichten ihre Parteitreue und bolschewistische Härte bewiesen haben, wie wir auch nicht vergessen dürfen, daß sich bei manchen in Momenten der Gefahr Schwächen gezeigt haben, und sie an ihre Gesundheit, an ihre Angehörigen, an ihre eigene Sicherheit mehr gedacht haben als an ihre revolutionäre Pflicht.

Die erfahrenen Kader unserer Partei müssen sich heute viel mehr noch als vor der Hitlerdiktatur der wertvollen Aufgabe widmen, unsere neuen Kader heranzubilden und zu schulen. Wir sollen deshalb Leitungen anstreben, in denen sich die reichen Erfahrungen der alten Klassenkämpfer mit dem Tatendrang und der stürmischen Initiative der Jungen verbinden. Das ist auch eine Hauptvoraussetzung für eine erfolgreiche Konspiration.

Die Vermittlung von Erfahrungen hinsichtlich der Konspiration an unsere Parteiorganisation ist ständig notwendig. Immer wieder werden noch Fehler wiederholt, die es der Gestapo erleichtern, zu Verhaftungen zu schreiten. Bedrohte Genossen müssen rechtzeitig die Funktionen wechseln oder einen Ortswechsel vornehmen. Dabei ist es notwendig, viel sorgfältiger, als es in der Vergangenheit der Fall war, die Überprüfung und Verwendung technischer Hilfskräfte bei den Leitungen vorzunehmen.

Genossen, wenn wir über Kader sprechen, dürfen wir nicht vergessen, daß die Einheitsfront, die Annäherung an die sozialdemokratischen Arbeiter auch bedeutet, daß wir in wachsender Zahl neue Genossen haben werden, die als Führer der illegalen Bewegung tätig sind. Sie verfügen nicht über die Erfahrung unserer alten Kader, und es fehlt ihnen an ideologischer Grundlage und Schulung. Das verpflichtet uns, viel mehr Aufmerksamkeit den Fragen der Schulung, der Propaganda des Marxismus-Leninismus zu widmen.

Genosse Dimitroff forderte[22]:

Alle Sektionen der Kommunistischen Internationale müssen sich, ohne die Sache auf die lange Bank zu schieben, mit der Organisierung der Parteischulen ernsthaft befassen, um sie in Schmieden solcher Kampfkader zu verwandeln.

Für unsere Partei, für die eine solche Schulung heute notwendiger denn je ist, ist die Heranschulung neuer Kader äußerst schwer; im Land eine systematische Kaderschulung durchzuführen, ist geradezu unmöglich. Die Parteiführung wird sich nach der Parteikonferenz ernsthaft mit der Lösung dieser Aufgabe befassen müssen.

Zur Erziehung unserer Kader für die neue Taktik gehört die Verbesserung unserer Sprache. Wir können den Kampf gegen die faschistische Ideologie nur dann erfolgreich führen, wenn wir eine Sprache sprechen, wie Genosse Dimitroff sie verlangt hat, eine Sprache, die für die breitesten Massen bestimmt ist, die von ihnen verstanden wird, und die auch die werktätigen Anhänger des Faschismus nicht vor den Kopf stößt.

Das bedeutet, daß unsere illegale Presse mit wenigen Ausnahmen radikal umgestellt werden muß. In der "Roten Fahne", in der "Jungen Garde" sind bereits die ersten Schritte getan worden. Aber das genügt noch nicht. Unseren Kampf für die Freiheit können wir nur dann erfolgreich führen, wenn wir beim Gegner lernen; die Taktik des trojanischen Pferdes, die Umkehrung der faschistischen Demagogie mit der Spitze gegen diese Demagogie selbst ist nur durchführbar, wenn wir uns intensiv mit den Formen und Methoden und der Sprache der Naziagitation und -propaganda beschäftigen. Goebbels hat eine Rede vor den Agitatoren gehalten. Diese Rede müssen wir studieren. Das hat für uns eine große Bedeutung. Ich glaube, wir sollten ganz offen sagen, wir haben die Nationalsozialisten, die Faschisten, was Agitation und Propaganda anbelangt, oft unterschätzt.

Allzuoft sehen wir heute noch die Anwendung der alten Sprachformen und einer Redeweise, wie sie der Vorhitlerzeit bei uns üblich war. Waren wir damals noch weit von einer Massensprache entfernt, wie sie vor allem Genosse Thälmann immer wieder gefordert hat, so ist jetzt der Abstand zwischen der Art wie wir zu den Massen sprechen, und der Sprache, die für sie verständlich ist und mobilisierend wirkt, häufig direkt katastrophal. Wir Kommunisten sollen keine eigene Parteisprache reden. Hier liegen für uns Aufgaben, die nur bei schärfster Selbstkritik, größtem Fleiß und wirklicher gegenseitiger Hilfe gelöst werden können. Hier sollten unsere Schriftsteller der Partei helfen. Unsere theoretische Zeitschrift "Die Internationale" und unser Zentralorgan "Die Rote Fahne", unsere gesamte Literatur muß von der Verantwortung getragen sein vor dem Ernst, der Bedeutung und Verpflichtung des Wortes, das in die Massen geht. Für jedes Wort tragen wir eine große Verantwortung. Jedes geschriebene und gedruckte Wort kann heute viele Jahre Konzentrationslager, Zuchthaus und Gefängnis, manchmal sogar den Tod für einen revolutionären Kämpfer bedeuten. Genossen! Deshalb darf es bei uns keine leeren und hohlen Worte geben. Unsere Sprache muß zur Aktion, zur revolutionären Tätigkeit, zum Kampf gegen Krieg und Faschismus, gegen die kapitalistische Ausbeutung rufen, sie muß das Bewußtsein der Massen wecken. Deshalb darf in unserer Literatur und Presse kein Raum für revolutionäre Phrasen sein. Was wir brauchen, ist die konkrete, überzeugende Sprache, die die Massen packt, ihnen den nächsten Schritt zeigt, sie anleitet und führt ihm Kampf und zum Kampf.

Genossen, die Gestapo versucht systematisch, durch viele Kanäle Mißtrauen in die revolutionäre Arbeiterbewegung hineinzutragen. Bekanntlich haben sich reaktionäre Führer der Sozialdemokratie, um die Einheitsfront in Betrieben und Orten zu verhindern, derselben Methoden gegen uns bedient. Alle unsere Leitungen können Beispiele anführen, wie die Gestapo versucht, insbesondere führende Genossen unserer Partei zu diskreditieren. Solchen Versuchen können wir am wirksamsten begegnen, wenn die Gesamtorganisation darauf hinwirkt, ein ständiges festes Vertrauensverhältnis zwischen Leitungen und Mitgliedern zu schaffen. Ein gutes Vertrauensverhältnis und trotzdem höchste Wachsamkeit, ständige Kontrolle der Partei über jeden Einzelnen, Nachprüfung jeder Verhaftung zur Feststellung der Ursachen und Begleitumstände, rechtzeitige Einleitung von Maßnahmen zur Sicherung gefährdeter Mitglieder und Organisationsteile - das ist erforderlich, um unter den Bedingungen der faschistischen Diktatur die Politik der breitesten Einheits- und Volksfront entwickeln zu können.

*

Genossen, ich komme zum Schluß. Genosse Dimitroff sagte in seinem Schlußwort[23]:

Zugunsten der Arbeiterklasse wirkt der ganze Lauf der geschichtlichen Entwicklung. Vergebens sind die Anstrengungen der Reaktionäre, der Faschisten aller Schattierungen und der ganzen internationalen Bourgeoisie, das Rad der Geschichte rückwärts zu drehen. Nein, dieses Rad dreht sich und wird sich weiterdrehen in der Richtung der Weltunion Sozialistischer Sowjetrepubliken, bis zum endgültigen Sieg des Sozialismus in der ganzen Welt.

Auch der deutsche Faschismus, der gegen die Sozialistische Sowjetunion, gegen die internationale Arbeiterklasse und den Weltkommunismus geifert, kann das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen.

Und wenn Genosse Dimitroff gesagt hat, das eine, was der Arbeiterklasse in den kapitalistischen Ländern noch fehle, sei die Einheit in den eigenen Reihen, so wissen wir, daß wir die proletarische Einheitsfront auch in Deutschland schaffen werden, allen Schwierigkeiten und Widerständen, allen Schlägen des Klassenfeindes zum Trotz.

Wir sind eine Partei, die eine Niederlage erlitten hat. Wir haben ungeheure Opfer gebracht. Wir haben Kämpfer und Helden verloren wie John Schehr, Fiete Schulze, wie August Lütgens und Hunderte treuester und bester Genossen, die mit uns in unseren Reihen gekämpft haben für den Sieg. Wir waren gehemmt durch Sektierertum in unseren Reihen und sind nicht frei von Streitigkeiten.

Aber das Wichtigste und geschichtlich Einzigartige ist die Tatsache, daß unsere Partei geschlossen dasteht, unerschüttert unter den harten Schlägen des Massenmordes. Die Niederlage hat unsere Reihen nicht verwirrt. Wir haben uns noch fester zusammengeschlossen im Kampf für unser großes Ziel, für die Befreiung der Arbeiterklasse und aller Werktätigen, im Kampf für die Sowjetmacht, für Sowjetdeutschland.

Wir tragen auf unserem Kampfposten eine hohe und angesichts der ernsten Weltlage steigende Verantwortung vor der internationalen Arbeiterklasse. Wir fühlen uns in unserem Kampf aufs tiefste verbunden mit der ruhmreichen Kommunistischen Partei der Sowjetunion, unserer großen Lehrmeisterin, der Partei, unter deren Führung der Aufbau des Sozialismus von Sieg zu Sieg schreitet.

Die Blicke immer breiterer Massen der Werktätigen richten sich mit Stolz und Liebe auf die Sozialistische Sowjetunion, die die unbesiegbare Festung des Weltfriedens, der Hort der Freiheit der Menschen und Völker, der Hort der sozialistischen Kultur ist. Mit Recht sagte Genosse Manuilski in seinem Bericht:

Zehn Jahre Frieden für die Sowjetunion, und selbst die friedlichsten Menschen werden zu Revolutionären gegen den Kapitalismus.

Die Kommunisten haben in der Sowjetunion unter Beweis gestellt, daß sie die Welt zu verändern verstehen.

Wir waren, wir sind und wir werden immer bis zum letzten verbunden sein mit der Sozialistischen Sowjetunion, dem Vaterland aller Werktätigen, der unzerstörbaren Basis der proletarischen Weltrevolution, deren Kurs unter der sicheren Führung Stalins die Sache des Friedens in der ganzen Welt fördert und den Kriegstreibern und Faschisten die Durchführung ihrer blutigen Verbrechen erschwert.

Wir waren und wir bleiben immer das festeste und treueste Armeekorps der kommunistischen Weltarmee. Wir stehen unerschütterlich und treu hinter der bolschewistischen Führung der Komintern und ihrem heldenhaften antifaschistischen Steuermann, dem Genossen Dimitroff.

Wir müssen und werden unsere Wendung durchführen unter dem Banner Stalins. Die Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin sind das Fundament, von dem aus wir unsere taktische Neuorientierung durchführen, die Massen sammeln und führen zu siegreichen Kämpfen gegen den Faschismus, zur Zerschmetterung der barbarischen blutigen Hitlerdiktatur.

Deutschland ist unter dem Faschismus das Konzentrationslager und Gefängnis für alle freiheitsliebenden Menschen und alle Freunde des Frieden. Deutschland ist der Sturmbock der internationalen Konterrevolution geworden. Es ist unter der faschistischen Diktatur der Herd des furchtbarsten Kriegsverbrechens, das die Welt je sehen wird.

Deutschland kann aus der Hitlerbarbarei nur gerettet werden durch den Zusammenschluß aller Proletarier, aller Werktätigen, aller Freunde des Friedens und der Freiheit. Es kann nur gerettet werden durch den Zusammenschluß aller derer, die der Sache des werktätigen Volkes, der Sache des Friedens aufrichtig ergeben sind.

Wir müssen unsere Tagung durchführen ohne den Genossen Thälmann, den Führer unserer Partei. Wir alle sind von dem glühenden Wunsch beseelt, daß es der Kraft des Proletariats und der antifaschistischen Freiheitsarmee der ganzen Welt gelingt, ihn aus den Klauen der faschistischen Henker zu befreien. Setzen wir alle unsere Kraft und unsere revolutionäre Ehre darein zu beweisen, daß wir Ernst Thälmanns würdig sind, des Parteiführers, der zum Symbol des antifaschistischen Freiheitskampfes geworden ist und der uns erzogen hat zu unerschütterlicher Treue zur Kommunistischen Internationale, zur Weltpartei Stalins.

 

 

 

 

 



[1]. Siehe Fußnote 5.

[2]. Am 30. März 1930 folgte auf die von Hermann Müller (SPD) geführte Koalitionsregierung eine von Heinrich Brüning (Zentrum) gebildete Koalitionsregierung, an der die SPD nicht mehr teilnahm. In Preußen bestand weiterhin eine am 5. April 1925 gebildete Koalitionsregierung unter Führung von Otto Braun (SPD). Infolge der Änderung des Kräfteverhältnisses auf nationaler Ebene setzte sich nach und nach innerhalb der Rechtsparteien eine Ausrichtung auf einen Bruch mit der SPD auch in Preußen durch. Nach den Landtagswahlen vom 24. April 1932, bei denen die NSDAP 162 Sitze erhielt und die SPD 94, dankte die preußische Regierung ab. Die Bemühungen, eine vom Landtag eingesetzte neue Regierung zu bilden, blieben erfolglos.

Am 20. Juli 1932 erklärt der Reichskanzler Franz von Papen, daß auf sein Verlangen der Reichspräsident eine "Verordnung betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiete des Landes Preußens" unterzeichnet hat. Die Verordnung ernennt den Reichskanzler zum Reichskommissar für das Land Preußen. Papen teilt mit, daß er den preußischen Ministerpräsidenten Braun und den preußischen Innenminister Carl Severing (ebenfalls SPD) absetzt und Franz Bracht mit der Leitung des Innenministeriums beauftragt. Die anderen Minister werden ebenfalls entlassen.

[3]G. Dimitroff, Arbeiterklasse gegen Faschismus. Prometheus Verlag. Seite 107. Cf. den Text .

[4]G. Dimitroff, Arbeiterklasse gegen Faschismus. Prometheus Verlag. Seite 107. Cf. den Text .

[5]. Vom 10. bis 16. September 1935 fand in Nürnberg der Parteitag der NSDAP statt (genannt "Parteitag der Freiheit").

[6]. Ernst Röhm, Stabschef der Sturmabteilung (SA), hegte die Absicht, diese Organisation zu einer Volkmiliz umzugestalten, in der die Reichswehr einbezogen würde. Er strebte auch eine sogenannte "zweite Revolution" an, die eine radikale soziale Umgestaltung bringen sollte. Adolf Hitler, in Übereinstimmung mit innerparteilichen Rivalen Röhms (Heinrich Himmler, Hermann Göring) entschied sich gegen Röhm. Anläßlich einer Führertagung der SA ließ er am 30. Juni 1934 die gesamte SA-Führung durch SS-Einheiten liquidieren. Gleichzeitig wurden andere störende Personen aus dem Wege geräumt, darunter sowohl Mitglieder der NSDAP wie, unter anderen, Kurt von Schleicher.

[7]. Cf. Fußnote 9.

[8]. Cf. Fußnote 9.

[9]. Von der Gruppe "Revolutionäre Sozialisten" herausgegebene Zeitschrift. 1934 bildete sich um Karl Böchel (Pseudonym K. B. Neuendorf) und Siegfried Aufhäuser, beide Mitglieder des Parteivorstandes der SPD im Exil, der “Arbeitskreis revolutionärer Sozialisten Deutschlands” (RSD) heraus. Diese Gruppe veröffentlichte im September/Oktober 1934 eine Plattform "Der Weg zum sozialistischen Deutschland. Eine Plattform für die Einheitsfront", in der über die schrittweise Annäherung der Arbeiterparteien und ‑organisationen zur Bildung von "revolutionären Vollzugsausschüssen" mit dem langfristigen Ziel der Bildung einer "sozialistischen Einheitspartei" aufgerufen wurde. Im Januar 1935 wurden Böchel und Aufhäuser aus dem Parteivorstand ausgeschlossen.

Weiteres Gründungsmitglied des RSD war Max Seydewitz. Dieser wurde 1931 aus der SPD ausgeschlossen und nahm danach an der Gründung der “Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands” (SAP). 1934 trat er in die KPD ein, 1937 wurde er deswegen aus dem RSD ausgeschlossen.

[10]. Fritz Husemann. Ab 1919 Vorsitzender des Verbandes der Bergarbeiter Deutschlands, ab 1920 Vorstandsmitglied der Bergarbeiter-Internationale, ab 1924 Reichstagsabgeordneter (SPD). Er wurde nach der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur mehrmals verhaftet und am 15. April 1935 im Konzentrationslager erschossen.

[11]. Karl Böchel. Zusammen mit Siegfried Aufhäuser und Max Seydewitz Mitglied der Gruppe "Revolutionäre Sozialisten".

[12]Am 28. Januar 1934 veröffentlichte der Parteivorstand der SPD im Exil in Prag einen Text "Kampf und Ziel des revolutionären Sozialismus. Die Politik der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.", der geläufig als "Prager Manifest" bezeichnet wird. Cf. den Text .

[13]. Carlo Mierendorff trat 1920 in die SPD ein. Ab 1930 war er Reichstagsabgeordneter. Im Juni 1933 wurde er verhaftet, im Februar 1938 freigelassen. Ab 1940 fungierte er in dem oppositionellen "Kreisauer Kreis" als Bindeglied zwischen dem sozialdemokratischen Widerstand um Wilhelm Leuschner und Julius Leber sowie bürgerlich-zivilen und militärischen Oppositionskreisen.

[14]. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) wurde am 10. Mai 1933 gegründet. Sie sollte als neue einheitliche Organisation "durch Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft, die dem Klassenkampfgedanken abgeschworen hat" die Interessen "aller schaffenden Deutschen" wahrnehmen. Die Vertreter der Großindustrie setzten sich gegen die Perspektive ein, daß die DAF sich zu einer Institution der Vertretung der Arbeiterinteressen entwickle. Das am 19. Mai 1933 angenommene Gesetz über Treuhänder der Arbeit schuf dann zur Regelung der Arbeitsverträge und zur "Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens" öffentliche Verwalter, was dem Wunsch der Unternehmer entgegenkam. Letzten Endes wurde der DAF ein Tätigkeitsbereich zugewiesen, der die Betriebe ausschloß. Die DAF zählte zwar 1942 25 Millionen Mitgliedern, aber mit 44 000 hauptamtlichen und 1,3 Millionen ehrenamtlichen Mitarbeitern war sie zu einer rein bürokratisch-zentralisierten Organisation geworden.

[15]. Am 21. September 1933 wurde in Leipzig der Prozeß betreffend den Reichstagsbrand eröffnet. Georgi Dimitrov, Blagoï Popov und Vassili Tanev waren am 9. Mârz verhaftet und am 24. Juli unter Anklage gestellt worden. Das Urteil wurde am 23. Dezember verkündet. Marinus van der Lubbe wurde wegen Hochverrats und Brandstiftung zum Tode verurteilt und am 10. Januar 1934 hingerichtet. Dimitrov, Popov  und Tanev wurden "wegen Mangels an Beweisen" freigelassen und am 27. Februar 1934 nach der UdSSR ausgewiesen, Der ebenfalls angeklagte Ernst Torgler (von der KPD) wurde gleichfalls freigelassen, blieb aber bis November 1936 in "Schutzhaft".

[16]. Robert Ley: Reichsführer der Deutschen Arbeitsfront (DAF).

[17]. Am 1.‑4. August 1929 fand der 4. Kongreß der NSDAP statt. Es wurde die Gründung der “Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation” (NSBO) beschlossen, die alle Mitglieder der Partei in den Betrieben zusammenschloß. Nach der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur übernahm die NSBO zunächst in gewissere Hinsicht die Rolle der Gewerkschaften, sie wurde jedoch allmählich neutralisiert, und 1936 war ihre Auflösung innerhalb der Deutschen Arbeitsfront vollendet.

[18]G. Dimitroff, Arbeiterklasse gegen Faschismus. Prometheus Verlag. Seite 61. Cf. den Text .

[19]G. Dimitroff, Arbeiterklasse gegen Faschismus. Prometheus Verlag. Seite 97. Cf. den Text .

[20]. Die Organisation "Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten" wurde im Dezember 1918 von dem Reserveoffizier Franz Seldte in Magdeburg gegründet. Sie war mit 1930 rund 500 000 Mitgliedern der stärkste Wehrverband des Deutschen Reichs. Im Oktober 1931 bildeten der Stahlhelm, die NSDAP und die DNVP die "Harzburger Front". 1934 wurde der Stahlhelm unter der Bezeichnung "NS-Frontkämpferbund" organisatorisch in die SA eingegliedert und 1935 ganz aufgelöst.

[21]G. Dimitroff, Arbeiterklasse gegen Faschismus. Prometheus Verlag. Seite 132f. Cf. den Text .

[22]G. Dimitroff, Arbeiterklasse gegen Faschismus. Prometheus Verlag. Seite 120. Cf. den Text .

[23]G. Dimitroff, Arbeiterklasse gegen Faschismus. Prometheus Verlag. Seite 125. Cf. den Text .