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Ernst Thälmann

12. Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale:
Schlußwort

15. September 1932

(Auszüge)

 

 

Quelle:

Kommunistische Internationale, Heft 17/18, 1932.

Andere Quelle:

Ernst Thälmann: Reden und Aufsätze 1930‑1933 - Band 2 - März 1932‑Februar 1933. Köln, Verlag Rote Fahne, 1975. S. 238‑284[1].

 

 

 

 

 

 

Erstellt: Januar 2013

Druckversion
KPD 1918-1945 - Inhalt

 

 

 

 

 

 

Genossen, es ist verständlich, daß angesichts der aus der täglich sich verschärfenden Wirtschaftskrise und aus dem beschleunigten revolutionären Aufschwung sich ergebenden politischen Hochspannung in verschiedenen Ländern auf diesem Plenum eine spezielle Diskussion über das Problem der Wirtschaftskämpfe, über eine Reihe von taktischen Fragen auf dem Gebiet unserer gewerkschaftspolitischen Massenarbeit sowie über eine Reihe von Fragen der innergewerkschaftlichen Praxis hinter der Behandlung politischer Probleme zurücktrat. Jeder Delegierte wird mir zustimmen, wenn wir feststellen, daß die Diskussion auf dem 12. Plenum allen Sektionen eine neue Bereicherung der Kampflehren und Erfahrungen übermittelt hat.

Die tschechische Delegation, besonders der Genosse Gottwald, hat uns zum Teil glänzende praktische Beispiele von Einheitsfrontaktionen, von besonderen und neuen Methoden des Herantretens an die Schichten der parteilosen, sozialdemokratischen und gewerkschaftlich organisierten Arbeiter, der Verbesserung unserer Massenarbeit gezeigt.

Man muß dabei erkennen, daß wir unsere Taktik in der Frage der Wirtschaftskämpfe und politischen Massenstreiks, in Verbindung mit den Vorbereitungen zu den entscheidenden Kämpfen für die Diktatur des Proletariats, daß wir die Erfahrungen, die in den einzelnen Ländern gemacht wurden, nicht schematisch übertragen dürfen auf andere Sektionen. Unsere Beschlüsse, die wir hier fassen, dürfen in den einzelnen kapitalistischen und kolonialen Ländern nicht schematisch übernommen werden, sondern müssen nach der gegebenen Situation konkretisiert werden.

Wir müssen dabei berücksichtigen, daß sich die Entwicklungsstufen der revolutionären Bewegung jederzeit verändern, und zwar durch die steigenden Schwierigkeiten der Bourgeoisie und die weitere Vertiefung der Krise. Es hängt von uns ab, wie sich die revolutionäre Schlagfertigkeit unserer Partei entwickelt, und inwieweit es unseren Parteien gelingt, die Massen der Arbeiterklasse gegen die Kapitalsoffensive in Bewegung zu setzen.

Das Tempo des allgemeinen revolutionären Aufschwungs vollzieht sich in den verschiedenen Ländern sehr vielseitig unter den veränderten Bedingungen des Endes der kapitalistischen Stabilisierung. Unsere Taktik muß jeweils diesen Bedingungen angepaßt und konkretisiert werden.

Man kann feststellen, daß sich der Charakter der Kämpfe in der jetzigen Situation schneller verändert, als es in dem vergangenen Zeitabschnitt der Fall war. Eine Reihe neuer Kampfformen zeigten sich in allen Ländern. Gerade auf dem Gebiete der Wirtschaftskämpfe gibt es neue internationale Erfahrungen. Die Methode der passiven Resistenz, die Tatsache, daß ökonomische Kämpfe in Verbindung mit politischen Streiks und die politischen Streiks selbst immer häufiger werden, die Tatsache, daß den einzelnen Wirtschaftskämpfen Solidaritäts- und Demonstrationsstreiks anderer Betriebe folgen, die immer heftiger werdenden Zusammenstöße mit dem Staatsapparat in diesen Kämpfen, ferner die Streiks, die mit Betriebsbesetzungen verbunden sind - alle diese Tatsachen sind von größter internationaler Bedeutung. Dazu kommen die neuen Antikriegsstreiks in einzelnen Ländern, vor allem in Japan und China, die für alle Sektionen der Komintern von außerordentlicher Wichtigkeit sind.

In Deutschland haben wir weiter Fälle zu verzeichnen, wo die im Betrieb stehenden Arbeiter zur Unterstützung der Erwerbslosen in den Streik treten. In Industriezweigen Polens und Belgiens, wo einzelne Industriegruppen streikten, solidarisierten sich durch Streikbeschlüsse andere Industriegruppen mit den Streikenden. Wir haben schon politische Massenstreiks, die in manchen Ländern bereits die Elemente des Bürgerkriegs in sich tragen. Die Streikkämpfe und politischen Massenstreiks verschärfen weiterhin auch die Gegensätze und Differenzen im Lager der Bourgeoisie, sie nehmen an Heftigkeit und Zähigkeit zu, sie vertiefen die beginnende Krise im Lager der II. und der Amsterdamer Internationale und schaffen neue Voraussetzungen für unseren Masseneinfluß unter den Millionen der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter.

Während früher meist nur Streiks in einzelnen Betrieben, in den meisten Fällen nur in Klein- und Mittelbetrieben, und nur vereinzelt in ganzen Industriezweigen große und politische Massenstreiks stattfanden, sehen wir, daß bereits ganze Industriezweige, bzw. mehrere Industriezweige gemeinsam von Massenstreiks und Generalstreiks ergriffen werden.

Die Kunst unserer Streiktaktik muß darin bestehen:

-    rechtzeitig die Tagesforderungen und politischen Losungen den jeweiligen objektiven und subjektiven Bedingungen zur höheren Entfaltung des revolutionären Klassenkampfes anzupassen,

-    die erweiterte Massenkampffront durch geschickte Verknüpfung der wirtschaftlichen und politischen Streiks herzustellen,

-    die größtmögliche Manövrierfähigkeit an den Tag zu legen und die Steigerung der Bewegung auf ein höheres revolutionäres Niveau zu erstreben,

-    alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Massen zu der Erkenntnis der Unvermeidlichkeit und Notwendigkeit des Kampfes für den Sturz der Bourgeoisie und für die Diktatur des Proletariats zu bringen,

-    mit größter Zähigkeit und Überzeugung die mutige und kühne Anwendung der proletarischen Einheitsfrontpolitik von unten mit den richtigen Methoden der proletarischen Demokratie zu verbinden zur systematischen Loslösung der sozialdemokratischen, gewerkschaftlich organisierten und unorganisierten Arbeiter aus der Einflußsphäre der sozialfaschistischen und faschistischen Führer,

-    Herausarbeitung der führenden Rolle der Kommunistischen Partei und der revolutionären Gewerkschaftsorganisationen bei der Vertretung der Klasseninteressen des Proletariats,

-    schonungslose und schnelle Entlarvung und Bekämpfung der “linken” Betrugsmanöver der sozialdemokratisch-reformistischen Gewerkschaftsbürokratie,

-    Stärkung der Positionen der revolutionären Gewerkschaftsbewegung (wie RGO, Oppositionsbewegung und Rote Verbände), wie auch der kommunistischen Parteien und der kommunistischen Jugendverbände in den Betrieben.

Von den verschiedenen Rednern fast aller Sektionen und von den Genossen, die in den revolutionären Gewerkschaftsorganisationen arbeiten, wurden hier mit besonderer Schärfe die mannigfachen “linken” Betrugsmanöver der Amsterdamer und der Sozialdemokratie betont.

Die soziale Demagogie und die besonderen “linken” Betrugsmanöver der Amsterdamer und sozialdemokratischen Führer, die angewandt werden, um die eigenen Anhänger, die zum Kommunismus überzugehen bereit sind, weiter an die II. und Amsterdamer Internationale zu fesseln, zwingen uns, in unseren Reihen die große Gefahr des Rechtsopportunismus als die Hauptgefahr, die Gefahr des Abgleitens von der richtigen bolschewistischen Linie rechtzeitig zu erkennen und gegen sie den Kampf zu eröffnen. Das darf keineswegs das Feuer des Kampfes gegen die “links”-sektiererischen Abweichungen abschwächen. Wir müssen auch sehen, daß seitens aller Feinde der Arbeiterklasse die soziale Demagogie in größerem Maße angewandt wird! Besonders raffiniert arbeiten zum Beispiel die Nazis in Deutschland.

Die brutalen Lohnabbaunotverordnungen in Deutschland werden unter dem Motto der “Arbeitsbeschaffung” verkündet, um die Raubpläne der Papen-Regierung leichter durchzusetzen. Die Subventionierungs- und Sanierungsmaßnahmen für die Großindustrie und die Großagrarier werden als “konjunkturtreibende Maßnahmen”, als Mittel zur “Überwindung der Krise” durch die Bourgeoisie deklariert. Diese Tatsachen und die hier genannten “linken” Betrugsmanöver der PPS in Polen beweisen, daß nur die tägliche und andauernde Entlarvung und der unaufhörliche, zähe und tägliche Massenkampf gegen jedes “linke” Manöver und gegen die soziale Demagogie der SP und Amsterdamer und aller Arbeiterfeinde das Klassenbewußtsein der Arbeiterklasse fördern, unsere Autorität stärken und die Initiative zur selbständigen Kampfführung mehr und mehr wecken und entfachen werden.

Nun zur Frage: Wie kommen wir schneller an die Millionenmassen der Arbeiter heran?

Die Tatsache der Schmälerung der ökonomischen Basis der Arbeiteraristokratie, die Tatsache des Wachstums der oppositionellen Strömungen und darüber hinaus alle mit dem revolutionären Aufschwung gegebenen revolutionären Faktoren bieten uns neue günstige Voraussetzungen für unsere Arbeit in den Massen, für den Kampf an der innergewerkschaftlichen Front, wie vor allem in den Betrieben und unter den Erwerbslosen. Im belgischen Massenstreik erlebten wir in sichtbarster Form die tiefste Empörung, besonders der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter gegen den Klassenverrat der reformistischen Bürokratie. Die Mitteilung unserer belgischen Genossen ist von größter Wichtigkeit, daß der belgische Massenstreik von den Massen selbst, und zwar von den gewerkschaftlich Organisierten gemeinsam mit den Unorganisierten, von einem neuen revolutionären Aktiv geleitet und geführt wurde, von neuen Arbeiterkaders, die im Feuer des Streiks von den Massen selbst an die Spitze des Kampfes gestellt werden.

Wir müssen es erreichen, daß zunächst bei unseren eigenen Genossen in den Parteien die noch vorhandenen inneren Hemmungen bei der Durchführung der innergewerkschaftlichen Arbeit überwunden werden. Die hauptsächlichsten Hemmungen sind im Grunde:

Erstens eine Unterschätzung der Kampffähigkeit der organisierten Arbeiter (“Mit denen ist nichts anzufangen”).

Zweitens aber auch eine Überschätzung des Reifegrades der Organisierten, die sich häufig ausdrückt in Worten wie: “Die kommen von selbst zu uns”.

Drittens fürchten viele Genossen noch die scharfen Auseinandersetzungen mit der Bürokratie in den Verbänden, weil sie sich ihnen nicht gewachsen und politisch nicht stark genug fühlen.

Es kommt nicht darauf an, wie wir es auch in Deutschland eine Zeitlang machten, bürokratische Halbjahrespläne und papierne Sturmpläne aufzustellen und ausgeklügelte Punktsysteme auszuarbeiten; dadurch allein kommen wir nicht viel weiter. Wir brauchen eine unmittelbare systematische revolutionäre Massenarbeit.

Das Plenum hat mit Recht gerade der innergewerkschaftlichen Arbeit eine große Bedeutung beigemessen. Ich muß aber sagen, daß in diesem Zusammenhang das Problem der Unorganisierten in der gesamten Diskussion kaum berührt wurde und viel zu kurz gekommen ist. Wir haben im jetzigen belgischen Generalstreik gesehen, wie die Unorganisierten durch ihre revolutionäre Zusammenarbeit mit den Organisierten eine bedeutende Rolle spielen. Ich will noch an die sehr bedeutsamen Auseinandersetzungen erinnern, die im Anschluß an den VI. Weltkongreß bei der Behandlung der deutschen Frage vor dem Präsidium des EKKI standen. Der Genosse Stalin war es, der damals ‑ und das gilt im vollen Umfang auch für die heutige Situation ‑ ganz besonders auf die große revolutionäre Rolle und Bedeutung der Unorganisierten hinwies. Damals wurde mit vollem Recht bereits die Notwendigkeit der Gründung neuer revolutionärer Gewerkschaftsorganisationen für Deutschland betont. Im Zusammenhang damit begann der Kampf gegen die opportunistischen Auffassungen der Genossen, die sich gegen die Gründung neuer revolutionärer Gewerkschaftsorganisationen wandten. Wir nahmen damals stärksten Kurs auch auf die Gewinnung der Unorganisierten. Heute ist das Problem der stärksten Heranziehung der Unorganisierten nach wie vor eine wichtige Aufgabe in unserer revolutionären Massenarbeit und darf in keinem Falle vermindert oder vernachlässigt werden.

In allen Ländern ist der Drang der Massen zur Einheit auf Grund der neuen Situation stürmisch gewachsen.

In der Arbeiterklasse selbst treten im Drang nach Einheit große Unklarheiten und gefährliche Illusionen auf, die sich besonders dann entwickeln, wenn die Wünsche und Erwartungen mancher Arbeiter über das Tempo der Einheitsfrontentwicklung nicht befriedigt werden. Wir haben auf diesem Gebiet große Erfahrungen in Deutschland. Es waren auf Grund des Naziterrors starke Einheitsstimmungen zu verzeichnen, aber auch folgende gefährliche Auffassungen wie die “Einheit über die Köpfe aller Führer hinweg!” oder solche Auffassungen wie “Einheit über alle Parteien hinweg!” oder “Schaffung der Einheit um jeden Preis”. Die SAP, diese “linke” Filiale des Sozialfaschismus und auch die Brandleristen und Trotzkisten kommen mit der Losung der “Vereinigung der SPD und KPD”, um damit den Einheitswillen der Massen in falsche politische Bahnen zu lenken. Bei der prinzipiellen Ablehnung einer solchen Forderung durch die Kommunistische Partei treten manchmal Verstimmungen in den Massen auf, die ganz bewußt von den Renegaten, von der SAP und manchmal sogar von Teilen der Sozialfaschisten genährt werden. Diese Stimmungen wurden auch noch dadurch genährt, daß man vorübergehend in der Partei an einzelnen Stellen für gemeinsame Demonstrationen, Kundgebungen usw. Vorbereitungen traf, die nicht dem revolutionären Charakter entsprachen und wobei vorübergehend der prinzipielle Charakter der KP gegenüber der Sozialdemokratischen Partei verwischt und abgeschwächt wurde. So entstehen dann die verschiedensten Variationen falscher Auffassungen über die Einheitsfrontpolitik. Zum Beispiel: “Die Führer beider Parteien, der SP und der KP, tragen die Schuld am Mißlingen der Einheitsfront.” Solche Tendenzen dringen sehr oft auch in die Peripherie der Partei ein und können in entscheidenden Situationen der Partei den größten Schaden zufügen. Durch die Wachsamkeit des deutschen ZK wurden die auf dem Gebiete der Anwendung der Einheitsfrontpolitik von oben gemachten Fehler energisch kritisiert und ausgemerzt, zur Verhinderung neuer Schwierigkeiten bei der Durchführung der revolutionären Massenpolitik. Wir hatten bei den Wahlen überall dort große Fortschritte zu verzeichnen, wo wir eine richtige und mutige Anwendung der Einheitsfrontpolitik von unten in den Massen durchführten. Das hat die Autorität der Partei in den Massen erheblich verstärkt.

Wir müssen die Frage stellen: Was ist der Haupthebel zur Mobilisierung und Aktivierung der Massen für die Durchführung der Einheitsfront von unten? Die entscheidende Methode der Anwendung der Einheitsfrontpolitik, die Einheitsfrontbildung von unten, ist die gemeinsame Kampfmobilisierung der freigewerkschaftlichen, sozialdemokratischen, christlichen und unorganisierten Arbeiter zum Kampf für die gemeinsamen Forderungen der Arbeiterklasse.

Dabei stellen wir die Frage unserer Führung nicht als “Bedingung”. Je stärker wir die Frage der Einheitsfrontpolitik von unten stellen, desto leichter werden wir die vorhandenen rechten Fehler in der Verschiebung der Einheitsfrontpolitik nach oben ausmerzen, die manchmal bei einer rein gefühlsmäßigen Auffassung in Teilen der Parteimitgliedschaft und bei manchen Funktionären in dem Glauben gemacht werden, als könnte das unsere Positionen in den Massen stärken.

Es gab hier in der Diskussion über die Frage der Anwendung der Einheitsfrontpolitik einige unklare Formulierungen. Unsere Führerrolle bei allen Streiks darf - ob sie, wie es öfters der Fall war, spontan ausbrechen, ob sie von uns organisiert und ausgelöst wurden oder ob die Reformisten unter Massendruck zum Streik aufrufen - unsere Führerrolle darf nie und nirgends unterschätzt werden. Mit Recht sagte der Genosse Pjatnizki: Wenn wir schon die Massen führen, dann sollen wir auch betonen: Wir Kommunisten sind es, die an eurer Spitze den Kampf um Lohn und Brot fuhren.

Tut man das nicht: Wie sollen wir dann in dieser veränderten Situation die Massen zu höheren Klassenzielen führen? Man darf bei den Aktionen und Streiks unter den Massen das Gesicht, die führende Rolle der Partei nicht verwischen und verstecken. Das wird sehr richtig in den Thesen zum zweiten Punkt der Tagesordnung betont.

Wir stellen die Losung der Einheitsfront und nicht die der Vereinigung. Sprechen wir zum Beispiel in Deutschland von Vereinigung, dann wird jene Illusion von der “Vereinigung der SPD und KPD”, wie es zum Beispiel bei den Renegaten in Deutschland heißt, genährt. Die Losung der Vereinigung wurde von dem Genossen Lenin in der Periode der Spaltung der sozialdemokratischen Parteien bei der Herausbildung von linken revolutionären Flügeln angewandt, und da konnte man selbstverständlich von einer Vereinigung mit den zum Teil schon Bestehenden kommunistischen Parteien sprechen.

Heute haben wir bereits große kommunistische Massenparteien, die reifer geworden und gewachsen sind, die ihre selbständige Rolle als einzige Führerin des Proletariats bereits in höherer Aufgabenstellung erfüllen können.

Gerade in Deutschland müssen wir auf dem Gebiete der Massenpolitik noch vieles lernen von der tschechischen Partei. Wir müssen dort in der Frage der Methoden und des Tones bei der Gewinnung der sozialdemokratischen und freigewerkschaftlichen Arbeiter einen Umschwung vollziehen, obwohl wir in letzter Zeit schon einige Fortschritte auf diesem Gebiet zu verzeichnen haben. Das ist wichtig und absolut notwendig. Aber damit allein ist es nicht getan. Wir müssen einen bedeutenden Schritt vorwärtsgehen.

Genosse Stalin sagte einmal mit Recht, daß die Massen sich von der Richtigkeit der Politik der Partei überzeugen müssen. Wir müssen also alles tun, um durch unsere Losungen und durch unsere Politik die Massen an Hand ihrer eigenen Erfahrungen zu überzeugen, daß es nur eine Arbeiterpartei, eine revolutionäre Partei gibt, die die Klasseninteressen des Proletariats und aller Werktätigen verteidigt und vertritt: die Kommunistische Partei! Wir müssen die führende Rolle unserer Partei gerade deswegen den proletarischen Massen zum politischen und revolutionären Bewußtsein bringen, weil wir sie emporheben und in den Kämpfen erziehen müssen für die großen Ziele - für den Sieg des Sozialismus. Wir dürfen keine falschen Einheitsstimmungen und Einheitsduseleien auf der Linie der “Einheit um jeden Preis” in den Massen aufkommen lassen, wie wir auch jede syndikalistische Auffassung, zum Beispiel eine solche, ohne revolutionäre Partei den Sieg der Diktatur des Proletariats erringen zu können, aufs schärfste bekämpfen müssen. Internationale Beispiele haben gezeigt, daß die Arbeiterklasse ungeheuer empfindlich ist, wenn das Prinzip einer revolutionären Partei und ihrer führenden Rolle irgendwie verwischt, vernachlässigt oder verschoben wird. Wir haben zum Beispiel in Frankreich gesehen, wie die CGT Manöver machte in der Frage der Einheitsfrontpolitik und dadurch eine Zeitlang Hunderttausende von Arbeitern verwirrt wurden, daß unsere Partei und die CGTU einen gewissen Tempoverlust durch die geschickte Taktik der Reformisten erlitten. Erinnern wir uns an das, was bereits auf dem II. Weltkongreß gesagt wurde:

Unter gewissen historischen Verhältnissen ist es sehr wohl möglich, daß die Arbeiterklasse von sehr zahlreichen reaktionären Schichten durchschossen ist. Die Aufgabe des Kommunismus besteht nicht in der Anpassung an diese zurückgebliebenen Teile der Arbeiterklasse, sondern darin, die gesamte Arbeiterklasse bis zum Niveau des kommunistischen Vortrupps zu heben. Die Verwechslung dieser zwei Begriffe ‑ Partei und Klasse ‑ kann zu den größten Fehlern und zur Konfusion führen.

Was wirkliche proletarische Führung ist, das hat der Sieg der Oktoberrevolution im Jahre 1917 bewiesen. Ohne die feste, unversöhnliche, immer mit den Massen verbundene Avantgarde, ohne die im Vordergrund stehende Partei der Bolschewik! hätte das Proletariat die Macht nicht an sich reißen können. Jede, auch nur die geringste Abschwächung der Führerrolle unserer Parteien in den Massen muß in der heutigen zugespitzten Situation verhängnisvolle Auswirkungen zeitigen.

Genossen, die tschechische Partei zeigt uns neue, zum Teil glänzende Erfahrungen in der Massenpolitik. Was wir lernen können von der tschechischen Partei, sind ihre geschickten Methoden bei der Durchführung der Massenarbeit, die wir auch in den anderen Parteien, ganz besonders in der deutschen Partei, anwenden müssen. Aber man kann sagen, daß die tschechischen Genossen auch manchmal von uns lernen können. Ich erinnere an die großen Lehren und Erfahrungen der deutschen Partei auf dem Gebiete der Einheitsfrontpolitik in der Vergangenheit.

Wir haben heute bei einer Perspektive der revolutionären Entwicklung leider auch solche Tatsachen und große Hauptschwächen zu verzeichnen, wie sie bereits vom Genossen Pjatnizki in bezug auf die Schwäche und mangelhafte Arbeit unserer Betriebszellen an Hand von Beispielen aufgezeigt wurden.

Ziehen wir einen Vergleich zwischen den kommunistischen Betriebskadern der polnischen Partei und denen der deutschen Partei in ihrer Beziehung zur Gesamtzahl der Mitgliedschaft. In Deutschland befinden sich nur noch ungefähr 12 bis 15 Prozent der gesamten Parteimitgliedschaft in den Betrieben, während in Polen aus den Teilen der Mitgliedschaft unter dem Industrieproletariat unsere dortige Partei noch annähernd 35 bis 40 Prozent ihrer Mitglieder in den Klein-, Mittel- und Großbetrieben zählt. Diese Tatsachen zwingen uns dazu, auch für die deutsche Partei einen viel stärkeren Kurs der Orientierung unserer Massenarbeit besonders auf die Großbetriebe zur Gewinnung der Betriebsarbeiter für die revolutionären Aufgaben unserer Partei und der revolutionären Gewerkschaftsorganisationen zu nehmen. Wenn wir die Beschlüsse der Komintern und Profintern überprüfen, so haben wir in der Durchführung auf den wichtigen Gebieten der Betriebs-, Gewerkschafts- und Erwerbslosenarbeit noch ungenügende Fortschritte zu verzeichnen. Darüber hinaus müssen wir im Rahmen dieser wichtigen Massenarbeit auch die Frage der Arbeit unter den Jugendlichen und Arbeiterinnen viel stärker stellen. In Deutschland zum Beispiel versuchen wir, durch besondere neue Methoden an die Arbeiterinnen heranzukommen, zum Beispiel durch das Arbeiterinnen-Delegiertensystem, um diese Kreise des Proletariats stärker an die revolutionäre Klassenfront heranzubringen. Die Arbeit unter den Jungarbeitermassen muß unbedingt verbessert werden. Wenn wir auch auf diesen Gebieten überall unsere organisatorischen Positionen verstärken, dann wird die Lösung der Aufgabe der weiteren Entfaltung von größeren Massenstreiks durch die Verbindung der Partei mit den Massen noch leichter sein. Wie ein roter Faden zieht sich bei der Aufgabenstellung durch unsere Resolutionen die Aufgabe der Entfesselung von politischen Massenstreiks. Die untrennbare Verflechtung politischer und ökonomischer Kämpfe, die große Bedeutung der Massenstreiks als Knotenpunkte neuer Klassenauseinandersetzungen, als des wichtigsten Hebels zur Weckung, Stärkung und Hebung des revolutionären Klassenbewußtseins und der Klassenkraft des Proletariats hat gerade Lenin immer wieder betont. Wir müssen die Klassenkraft des Proletariats durch Auslösung von wirklichen Teilkämpfen und politischen Massenstreiks stärken, um die Massen näher und schneller an die Entscheidungskämpfe für die Diktatur des Proletariats heranzubringen.

Das sind die Probleme, an deren konkreter Lösung alle Sektionen auf Grund der Beschlüsse des XII. Plenums mit aller Energie arbeiten müssen.

In der Gewerkschaftskommission dieses Plenums hatten folgende Fragen eine besondere Bedeutung. Wir müssen alles tun, um die Gewerkschaftsmitglieder für die revolutionäre Gewerkschaftsopposition zu gewinnen und einen wirklichen und energischen Kampf um alle wählbaren Positionen in den Gewerkschaften durchführen. Die Eroberung wählbarer Funktionen und Leitungspositionen fördert wiederum die Gewinnung der Gewerkschaftsmitglieder innerhalb der einzelnen Gewerkschaften.

Die zweite Frage war der Beschluß, die Formulierung, "daß der wirtschaftliche Kampf die gegenwärtige Hauptform des Klassenkampfes ist", in der Resolution zu streichen. Dafür wird die Bedeutung der Wirtschaftskämpfe für die Heranführung der rückständigen Teile der Arbeiterschaft an den revolutionären Massenkampf hervorgehoben.

Die dritte Frage betraf die Hauptschwächen der Arbeit unserer roten Verbände. Dabei wurde besonders die mangelhafte Führung des Kampfes um die Tagesinteressen der Arbeiter festgestellt, die ungenügende Anwendung der Einheitsfrontpolitik, Schwächen und Fehler in bezug auf die Anwendung der proletarischen Demokratie in den Verbänden.

Die vierte Frage war der besondere Hinweis auf die Bedeutung der kommunistischen Fraktionsarbeit nicht nur in den roten und reformistischen Verbänden, sondern auch innerhalb der reaktionärsten und faschistischen Verbände.

Zuletzt zur Frage unserer Arbeit unter den Erwerbslosen. Unsere Aufgabe besteht darin, die Erwerbslosenbewegung zu beleben und zu aktivieren, fernerhin revolutionäre Erwerbslosenorganisationen zu gründen, die vorhandenen auszubauen und vor allem auch in den bestehenden reaktionären und zum Teil faschistischen Erwerbslosenorganisationen und -gruppen unsere Oppositionsarbeit zu verstärken.

Die von den verschiedenen kapitalistischen Regierungen propagierten “Arbeitsbeschaffungspläne”, die in der Regel nur Betrug und Schwindel sind und den Erwerbslosen wenig oder gar keine Arbeit geben, müssen die Sektionen veranlassen, unmittelbare Forderungen für die Erwerbslosen zu stellen, zum Beispiel in Fragen der geldlichen Unterstützung, Forderungen zur Bewilligung von Kleidern, Wäsche, Schuhen, Milch und Brot für die Kinder usw. Die Kampfgemeinschaft zwischen Betriebsarbeitern und Erwerbslosen muß gefördert werden.

In unseren Resolutionen zu den beiden ersten Referaten wird auf die Weckung der Kampfinitiative gegen den imperialistischen Krieg besonders eindeutig hingewiesen. Im Zusammenhang mit dem Kampf der Betriebsarbeiter und Erwerbslosen müssen wir hier auf falsche opportunistische Auffassungen achten, wie sie sich zum Teil in einigen Sektionen gezeigt haben.

Wir hatten unter anderem in Frankreich in der RGO eine Tendenz, die darauf hinauslief, zu formulieren: “Der ökonomische Kampf ist schon ein Kampf gegen den imperialistischen Krieg”. Eine zweite Tendenz, die besonders auch in Frankreich auftrat, ging dahin, zu sagen: “Der Antikriegskampf ist ein politischer Kampf und daher nur eine Sache der Partei.” Das sind einander ergänzende Abweichungen, das ist gefährlichster Trade-Unionismus.

Bei der gegenwärtigen Zuspitzung, bei der verstärkt wachsenden Kriegsgefahr, ist die Verbindung der Wirtschaftskämpfe mit dem Kampf gegen den imperialistischen Krieg eine sehr wichtige Frage und wird jedes Abgleiten von der bolschewistischen Linie zu einer Gefahr des Klassenverrats am Proletariat.

Wir sprechen von einer beginnenden Krise in der Amsterdamer Internationale. Das bedeutet, daß der Radikalisierungsprozeß in den Mitgliederkreisen eine höhere Stufe erreicht hat. Diese Gärung, die schon unter fast allen Mitgliederkreisen der Amsterdamer Internationale in den verschiedenen Ländern zu verzeichnen ist, gibt uns zugleich die günstigste Gelegenheit, den immer stärker werdenden Gegensatz zwischen den Mitgliedern und den reformistischen Führern zu vertiefen, diesen Radikalisierungsprozeß systematisch für uns auszuwerten, um die Gewerkschaftsmitglieder in die Bahnen unseres revolutionären Massenkampfes hineinzuziehen. Wir müssen uns an die Spitze der sich gegen die Politik der Gewerkschaftsbürokratie auflehnenden Massen, dieser Besten der Gewerkschaftsmitglieder, stellen und sie erziehen zu heldenmütigen Kaders unserer bolschewistischen Kampfarmee.

Bei den sozialdemokratischen, freigewerkschaftlichen und unorganisierten Arbeitern wächst mit dem Willen für gemeinsame Tagesforderungen der große Kampfwille zum politischen Massenstreik und zum Generalstreik, zum Kampf für den Sozialismus, für die Zertrümmerung des kapitalistischen Systems, für das revolutionäre Endziel, für die Diktatur des Proletariats. Es gilt, alle diese Stimmungen positiv auszuwerten und den kämpferischen Drang der Massen auf eine höhere revolutionäre Stufe zu entwickeln.

Die jetzige Zeit ist reichlich mit neuem Zündstoff geladen, eine Überfülle von Anlässen, die ein Aufflammen revolutionärer Massenkämpfe mit sich bringen, ist vorhanden. Wir müssen schnell reagieren, keiner Situation ausweichen und unsere revolutionäre Kampfesfähigkeit und Kraft schärfen und bolschewistisch entwickeln. Wir wissen, daß unsere Kämpfe neue und große Opfer erfordern. Gefängnis, Zuchthaus, Hunger und Strang stehen einem Teil unserer besten Genossen und der revolutionären Arbeiterschaft bevor. Wir werden auch beim siegreichen Vorwärtsschreiten, bei dem neuen revolutionären Aufstieg nicht immer vermeiden können, daß in einzelnen Ländern, an einzelnen Frontabschnitten, bestimmte Niederlagen eintreten. Aber das darf unsere Parteien keineswegs hemmen in der weiteren großen Kampfesentfaltung. Unsere große revolutionäre Perspektive in der ganzen Welt, das Ende der kapitalistischen Stabilisierung und der neue wachsende revolutionäre Aufschwung werden uns helfen, über einige Fehlschläge hinweg kühner vorwärtszustürmen zu neuen Siegen der Arbeiterklasse.

Der Weg des Proletariats zur Macht ist ein dorniger, opfervoller Weg. Gewappnet mit dem Rüstzeug des Marxismus-Leninismus, in bedingungslosem Vertrauen zur Komintern und zur KPdSU, im eisernen Selbstvertrauen auf unsere eigene Kraft und auf die gewaltige Kraft des Proletariats müssen wir mit neuem revolutionären Kampfesgeist an die Arbeit, an die vor uns stehenden Aufgaben gehen.

*

Genossen, die Bedeutung der deutschen Entwicklung, das brennende Interesse für Deutschland kommt schon darin zum Ausdruck, daß die Debatte über diese Fragen den größten Spielraum in der Diskussion auf dem 12. Plenum eingenommen hat. Ich will bereits Gesagtes über die Entwicklung in Deutschland nicht wiederholen, sondern in erster Linie die jüngste Entwicklung der deutschen Verhältnisse behandeln.

Zunächst einiges zum organisatorischen Wachstum der Kommunistischen Partei Deutschlands im Zusammenhang mit einigen anderen Parteien. Wir haben in Deutschland ein riesiges organisatorisches Wachstum unserer Partei trotz der vorhandenen starken Fluktuation zu verzeichnen, wir haben ebenfalls in der tschechoslowakischen Partei eine günstige Aufwärtsentwicklung bei gleichzeitiger Erweiterung ihrer Massenbasis. Aber man muß hier sagen, daß nicht immer das zahlenmäßige Wachstum einer Partei auch schon ein Zeichen ist für ihr weiteres Eindringen in die Massen und für ihre revolutionäre Festigung im Proletariat.

Wir sahen zum Beispiel durch das Preußen-Wahlergebnis vom 24. April, daß eine beginnende Isolierung der Partei von den Massen zu konstatieren war. Das gab uns Veranlassung, bestimmte praktische Konsequenzen zu ziehen. Wir haben in den drei Monaten vom 24. April bis 31. Juli ungefähr eine Million neuer Stimmen gewonnen und haben durch besondere Methoden in der Anwendung der Einheitsfrontpolitik von unten, durch die Kampagne der Antifaschistischen Aktion, klassenbewußte Elemente aus der Sozialdemokratie und aktive Schichten der "Eisernen Front", die bisher bei den sozialdemokratischen und Reichsbannerarbeitern immer noch als kämpfende antifaschistische Formation angesehen wurde, zu uns herübergezogen. Man kann sagen: Die Antifaschistische Aktion war ein schneller und großer Erfolg.

Aber wenn wir die Erfolge der deutschen Partei den Erfolgen gegenüberstellen, die zum Beispiel die polnische und tschechische Partei in den Streikkämpfen zu verzeichnen haben, so müssen wir sagen, daß beide, insbesondere unsere polnische Bruderpartei, in der Erfüllung ihrer Aufgaben einen großen Vorsprung vor der deutschen Partei hat. Die Erfolge der polnischen Partei, die hier schon durch interessante Beispiele von dem Genossen Lenski angeführt wurden, wurden errungen unter größten und ernstesten Schwierigkeiten. Die Erfolge unserer illegalen polnischen Bruderpartei müssen ein Ansporn und ein besonderes Musterbeispiel, in erster Linie für die deutsche Partei, aber auch für alle übrigen Parteien sein, um von der polnischen Partei auf diesem Gebiet zu lernen.

Es ist für uns ganz klar, daß die nächste Entwicklung in Deutschland nicht nur eine Vertiefung der ganzen Krise, sondern auch eine schnelle Zuspitzung der Klassengegensätze, eine ungeheure Verschärfung des Klassenkampfes mit sich bringen wird.

Wir müssen das Neue, das Dialektische im Prozeß dieser Entwicklung sehen, weil die Partei stets, und man möchte sagen stündlich, vor neue Aufgaben gestellt wird. Die Entwicklungsbedingungen des Faschismus sind andere als zur Zeit des Beginns der Periode der kapitalistischen Stabilisierung. Mit der Zerrüttung der Ökonomik, mit der Verschärfung der Krise im Lande werden auch die Grundlagen der faschistischen Diktatur und damit die fortgesetzten Bemühungen und Versuche zu ihrer Befestigung erschwert. Der Faschismus wird immer mehr durch den Gegenangriff der Klassenfront des Proletariats auf Schwierigkeiten und Widerstände stoßen. Wir stellen hier fest, obwohl wir keinen Moment die Aggressivität des Faschismus unterschätzen dürfen, daß letzterer schon starke Zersetzungserscheinungen in sich trägt. Der Faschismus ist nicht nur ein Produkt des verfaulenden Kapitalismus, sondern auch ein Ausdruck des verschärften Klassenkampfes der Bourgeoisie gegen das Proletariat und im besonderen gegen die revolutionäre Massenbewegung unter Führung der KPD.

Die Ausnützung aller im Lager der Bourgeoisie und ihrer Helfershelfer zutage tretenden inneren Differenzen, die Stärkung der Widerstandskraft des Proletariats und der werktätigen Massen sind von größter Bedeutung. Natürlich dürfen wir die Frage nicht mechanisch und automatisch stellen, daß der Faschismus von selbst von der Bildfläche verschwinden wird. Er wird auch nicht automatisch durch den Zerfall der Wirtschaft im Zusammenhang mit der Verschärfung der Weltwirtschaftskrise in seiner Entwicklung zurückgehen und zusammenbrechen, sondern hier ist die Kommunistische Partei das entscheidende Problem, der ausschlaggebendste revolutionäre Faktor, von dem in der Hauptsache die weitere Entwicklung des Faschismus abhängt. Es wurde hier von verschiedenen Genossen und ganz besonders von dem Genossen Ercoli[2] an Hand der Erfahrungen aus den ersten Jahren der Entwicklung des italienischen Faschismus unterstrichen, welche Unterschiede beim Vergleich der heutigen Zeit mit der damaligen Zeit gesehen werden müssen, wenn man den Charakter und die Entwicklung des Faschismus richtig analysieren will. Nach seiner Machtergreifung in Italien hatte der Faschismus durch die einsetzende relative Stabilisierung günstigere Voraussetzungen zur Festigung seiner Macht, als sie der deutsche Faschismus heute, bei Beendigung der kapitalistischen Stabilisierung hat. Dazu kommt noch, was bis jetzt noch nicht genügend betont wurde: Unsere Parteien sind ja heute auch reifer geworden, sie sind gewachsen und stellen andere Faktoren dar, als es noch zur Zeit jener Entwicklungsperiode des Faschismus beim Beginn der kapitalistischen Stabilisierung der Fall war. Dies ist keine unbedeutende Tatsache, weil die Bourgeoisie zu jeder Zeit und Stunde mit der KP zu rechnen hat. Bei den Problemen, die jetzt zum Beispiel in Deutschland stehen, spielt die revolutionäre Fähigkeit der Kommunistischen Partei, die Massen zu mobilisieren und zu aktivieren, eine entscheidende Rolle. Aus der Stärke und Reife der Partei entspringt ja auch die scharfe revolutionäre Aufgabenstellung für die Kommunistische Partei, wie sie hier auf dem 12. Plenum formuliert wurde. Diese scharfe Aufgabenstellung erleichtert gleichzeitig der deutschen Delegation das Verständnis für die Härte der Kritik, der das 12. Plenum unsere Arbeit unterzogen hat.

Eine bolschewistische Kritik an der Arbeit der Kommunistischen Partei Deutschlands ist nur zu begrüßen. Sie hilft uns außerordentlich, sie wirkt erzieherisch und gibt uns Veranlassung, gemeinsam mit der Komintern unsere Schwächen und Mängel in der Partei auszumerzen. Die scharfe, aber kameradschaftliche Kritik, die von der russischen Delegation an der deutschen Partei, besonders im Zusammenhang mit dem 20. Juli, geübt wurde, erkennen wir nicht nur voll und ganz als richtig und politisch notwendig an, sondern sie verpflichtet uns auch, daraus praktische Konsequenzen für unsere weitere revolutionäre Arbeit zu ziehen. Wenn unsere russischen Freunde uns besonders darauf aufmerksam machen ‑ zum Beispiel durch den Genossen Manuilski ‑, daß in einzelnen Gliedern unserer Partei fatalistische Stimmungen vorhanden sind, die sich von vornherein schon mit der Unvermeidlichkeit des Sieges des Faschismus abgeben und sich zum Teil auch mit der geschichtlichen Unvermeidlichkeit eines Krieges aussöhnen, so entspricht diese Feststellung den Tatsachen und hat eine ernste Bedeutung. Wenn in Deutschland bis jetzt das Tempo des Wachstums des Faschismus ein schnelleres war, als das des revolutionären Vormarsches, so ist das kein unbedingter Anhaltspunkt für die weitere Entwicklung in Deutschland.

Ich sage, daß sich die Entwicklung in Deutschland auch sehr schnell ändern kann.

Der deutsche Faschismus ist heute bereits von den Widerständen und Angriffen des revolutionären Proletariats unter Führung der Kommunistischen Partei bedrängt und bedroht. Natürlich noch nicht in dem Maße, daß seine Positionen schon morgen oder übermorgen zusammenstürzen werden. Wir haben es hier mit einem klugen, mit einem raffinierten Klassengegner zu tun. Wir haben es hier mit einer Bourgeoisie zu tun, die ihre Angriffe gegen die werktätigen Massen und gegen das Proletariat je nach der veränderten Situation aggressiv, offensiv, schnell und überraschend durchführt. Die interessanten Begebenheiten bei Auflösung des Reichstages, die Terrorurteile und neuen Notverordnungen sind Beispiele dafür, mit welchen Methoden die Papen-Schleicher-Regierung versucht, ihre Hunger- und faschistischen Angriffspläne gegen die werktätigen Massen durchzuführen. Die Regierung schreckt vor brutalster Aggressivität nicht zurück und zeigt den rücksichtslosen Willen, eine höhere Entfaltung der faschistischen Diktatur durchzusetzen.

Wir müssen in Deutschland noch mit verschiedenen Überraschungen der Art des 20. Juli rechnen. Obwohl unsere Partei manövrierfähig ist, reagiert sie doch noch viel zu schwerfällig auf alle Ereignisse. Gerade der 20. Juli hat im besonderen und am schärfsten unsere Hauptschwächen signalisiert. Solche sich überraschend schnell verändernden Situationen zeigen uns die Notwendigkeit, innerhalb der Partei, von oben bis unten, solche Grundlagen, solche politische Voraussetzungen zu schaffen, daß die höchste revolutionäre Entfaltung, die schnelle Konkretisierung der Generallinie, der gegebenen Situation entsprechend, möglich ist. Die überraschenden Schläge des Klassenfeindes müssen wir ebenso schnell und entschlossen beantworten, um dadurch die Bourgeoisie zum Rückzug zu zwingen. Für uns besteht das wichtigste Problem darin, die auf dem XII. Plenum gestellte Aufgabe zu erfüllen, die Heranführung der Massen an die verschiedenen Formen des revolutionären Klassenkampfes, an Teilkämpfe bis zum politischen Massenstreik und Generalstreik in verschiedenen Gebieten.

Die Hauptsache bei dieser richtigen zentralen Aufgabenstellung ist, die Vorbedingung für diese Kämpfe und Aktionen nicht nur in unserer Partei und in den revolutionären Organisationen, sondern auch unter den Millionenmassen zu schaffen. Wenn die Kämpfe in Deutschland von der großen breiten Masse isoliert bleiben, wenn sie nicht einen besonderen tiefen und aufrüttelnden Massencharakter tragen, dann werden die Grundfundamente der bürgerlichen Klassenherrschaft nicht in dem Maße erschüttert und wird die weitere Entwicklung der faschistischen Diktatur nicht so leicht zum Stillstand und zum Rückzug zu bringen sein. Wir müssen versuchen, an Hand der scharfen Kritik, die hier an der deutschen Partei geübt wurde, die Ursachen zu ergründen, aus denen unsere Schwächen und Mängel und das Versagen der Partei am 20. Juli zu erklären ist.

Natürlich wäre es falsch, aus dem Nichtreagieren der Partei am 20. Juli eine Theorie zu machen, als wenn die Partei ihr spezifisches Gewicht als Kampfpartei verloren hätte.

Ich könnte Beispiele aus der Geschichte anführen, wo schon manche unserer besten Parteien in schwierigen Situationen einen günstigen Moment verpaßten. Natürlich darf das unter keinen Umständen ein Gesetz in der Komintern werden. In einer solchen zugespitzten Situation, wie sie jetzt in Deutschland vorhanden ist, kommen die Schwächen und Mängel der Partei gravierender, schonungsloser und deutlicher zum Ausdruck. Diese Tatsache hat gerade der 20. Juli bestätigt. Glaubt ihr nicht, daß die Ursachen unseres nicht genügenden Reagierens beim Bankenzusammenbruch im Juli 1931, bei der Verkündung der Notverordnung im Dezember und Januar dieselben sind wie die Ursachen für jene Schwächen, die sich zu einem gewissen Teil auch am 20. Juli besonders stark zeigten? Es wäre verfehlt, das hier nicht offen auszusprechen.

Ich will zu dem, was bereits Genosse Florin im Auftrage der deutschen Delegation hier an Feststellungen und Lehren über den 20. Juli sagte, noch einiges hinzufügen.

Der 20. Juli, die ungenügende Bereitschaft und Schlagfertigkeit der Partei, ist für uns in der Tat eine ernste Mahnung. Aber es ist nicht richtig, was der Genosse Remmele zu dieser Frage erklärte, daß "wir den ganzen Ernst der Lage nicht in ganzem Umfang erkannt haben". Unsere Genossen aus der KPdSU haben ausdrücklich betont und bekräftigt, daß die Aufforderung der Partei zur Durchführung des Generalstreiks nicht nur richtig, sondern notwendig war, weil diese Losung der gegebenen Situation entsprach. Wir haben nur nicht die Konsequenzen aus dieser richtigen Linie für die Durchführung derselben in der revolutionären Praxis gezogen. Es gelang uns nicht, Demonstrationen, Teilstreiks, Proteststreiks und Massenaktionen durchzuführen. Aber wer uns einer "mangelnden perspektivischen Einstellung" beschuldigt, wer sagt, wir hätten "nicht im ganzen Umfang den Ernst der Lage erkannt", der begeht einen entscheidenden Fehler. Eine Reihe der hier festgestellten Mängel und Schwächen sind auch von dem innerparteilichen Leben in der Vergangenheit nicht zu trennen. Genosse Manuilski sprach mit Recht von gewissen fatalistischen und defätistischen Stimmungen gegenüber dem Faschismus. Welche fatalistischen Stimmungen, trotzdem sie natürlich nicht die Partei beherrschen, sind bei uns noch stellenweise vorhanden? Und worin äußert sich dieser Defätismus und Fatalismus?

Es sind solche Stimmungen vorhanden, daß die revolutionäre Krise erst nach voller Machtentfaltung des Faschismus in Deutschland eintreten könne. Es war auch nicht von ungefähr, daß Teile der Erwerbslosen in Deutschland bei der Präsidentenwahl Hitler gewählt haben, weil sie glaubten, dadurch schneller zur revolutionären Krise zu kommen. Es gibt in der Sozialdemokratie und an der Peripherie unserer Partei Stimmungen, die zum Ausdruck bringen, daß der Faschismus “abwirtschaften” muß. Diese Stimmungen, die zwar innerhalb der Partei nicht bedeutend sind, hindern dennoch in einem bestimmten Ausmaß die Auslösung von Teilbewegungen und führen zu einer Unterschätzung derselben. Es gibt weiterhin solche Stimmungen in der Partei und besonders an ihrer Peripherie, die sagen: wenn wir zur Illegalität gezwungen werden, wird ein besserer Kampf gegen den Faschismus möglich sein. Solche Auffassungen geben auch den besten Nährboden für Tendenzen des individuellen Terrors als Ersatz für den revolutionären Massenkampf gegen den blutigen Faschismus. Es gibt auch solche kleinbürgerlichen Niederlagen- und Depressionsstimmungen, die in der Linie zum Ausdruck kommen: “Wenn der Faschismus zur Macht kommt, ist alles für uns verloren.”

Nicht zu unterschätzen ist jenes Unverständnis für die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Auslösung von Teilaktionen und Teilbewegungen, die wichtige revolutionäre Voraussetzungen sind zu wirklichen Entscheidungskämpfen der Arbeiterklasse für die Diktatur des Proletariats. Wir haben in der Partei einen energischen und konsequenten Kampf gegen alle diese Stimmungen geführt. Aber man muß sagen, daß es nicht möglich war, an der ganzen Front diese auftauchenden Stimmungen restlos zu beseitigen.

Es kommen noch einige politische Momente hinzu: Die Verschärfung der Klassengegensätze in Deutschland, die großen überraschenden politischen Ereignisse haben in der gesamten Arbeiterklasse, besonders aber bei den freigewerkschaftlich und sozialdemokratisch organisierten Arbeitern eine gefühlsmäßige Ideologie für große Kämpfe, für den Entscheidungskampf geschaffen und genährt. Das ist durchaus zu begrüßen. Aber infolge unseres Unvermögens, diesen Kampfeswillen täglich zur Entfaltung zu bringen, wird die außerordentliche Notwendigkeit der Auslösung und Durchführung von Teilbewegungen, Teilkämpfen und Teilstreiks in dieser besonderen Situation verkannt. Es ist kein Zufall, daß die Sozialdemokratische Partei Deutschlands und ganz besonders auch die SAP eine ganze Zeitlang demagogisch in ihrer Agitation und Propaganda für den Generalstreik eintraten, um bei ihren eigenen Anhängern das Verständnis und den Kampfeswillen für die Auslösung von Teilkämpfen ungeheuer zu erschweren. Als aber in Deutschland am 20. Juli die Frage hart auf hart stand, da war es die SPD- und ADGB-Führung, die sofort, bedingungslos und aktiv den Faschismus unterstützte. Diese allgemein vorhandene Stimmung selbst wurde noch genährt durch die sozialdemokratische “Theorie”, daß in einer Krise erfolgreiche Wirtschaftskämpfe nicht möglich sind. Selbst in Zellen unserer eigenen Partei herrschte über den revolutionären Wert, über die große Bedeutung der Notwendigkeit der Auslösung von wirtschaftlichen Teilkämpfen und Teilaktionen nicht immer die genügende Klarheit.

Genosse Pjatnizki hat nicht mit Unrecht auf die Bedeutung der sozialen Zusammensetzung der Partei hingewiesen. Der Prozentsatz unserer Betriebsarbeiter-Mitglieder ist in der letzten Zeit zurückgegangen. Dadurch ist eine nichtgenügende Verbindung der Partei mit den Massen in den Betrieben zu verzeichnen. Besonders in den Großbetrieben läßt unsere organisatorische und politische Verankerung viel zu wünschen übrig. Diese Tatsachen sind wichtige Ursachen für ein bestimmtes politisches Übergewicht der sozialdemokratischen Ideologie unter den Massen der Mittel- und Großbetriebe. Dazu kommt der weitere große Mangel, daß unsere Betriebszellen nicht jenes politisch-organisatorische Zentrum in den Betrieben sind, von dem doch alle wichtigen Arbeiten ausgehen sollen. Gerade in der jetzigen Situation, wo wir schnell reagieren müssen, müssen die Betriebszellen politisch in Erscheinung treten und die Führerrolle der KP unter den Betriebsarbeitern zum Ausdruck bringen, vom ZK bis zu den unteren Parteieinheiten.

Der dritte Mangel ist, daß besonders in der Frage der Selbstinitiative von unten bis oben bei den verschiedenen Parteieinheiten keine genügende Entschlußfähigkeit vorhanden ist. Nicht immer, nicht in jeder Situation, besteht die Möglichkeit, zentrale Direktiven bis in die unteren Parteieinheiten zu geben. Man darf in solchen Situationen wie z. B. am 20. Juli nicht immer erst auf Direktiven von oben warten. Gut und notwendig ist es natürlich immer, wenn sie gegeben werden. Aber ein Warten auf zentrale Direktiven der Partei kann äußerst verhängnisvoll und schädlich werden für die Partei und damit für die Arbeiterklasse. Wir müssen sehen, daß die Bourgeoisie in solchen Situationen alles unternimmt, um gewisse Drahtverhaue und Hindernisse zu schaffen, die uns den Zugang zu unseren Organisationen und zu den Massen versperren und die Ausgabe zentraler Direktiven verhindern sollen.

Man muß bei diesem Problem für jeden Funktionär die Frage der persönlichen Verantwortung stellen, um zu gegebener Zeit von unten her geeignete Maßnahmen zu ergreifen, selbst wenn in diesem sofortigen Reagieren einige kleine Fehler in der Durchführung zu verzeichnen sein sollten. Aber wenn die revolutionäre Schlagfertigkeit der Massen durch die Führung der Partei gestärkt und gestählt wird, werden solche kleinen Fehler nicht die Bedeutung haben wie unsere großen Schwächen, die am 20. Juli zutage traten.

Die deutsche Partei wird selbstverständlich aus den Beschlüssen des XII. Plenums ernste praktische Konsequenzen ziehen. Wir wollen aber dem XII. Plenum mitteilen, daß wir bereits zwei Tage nach Abschluß der Reichstagswahlen vom 31. Juli auf einer Reichskonferenz der Polsekretäre und wichtigsten Abteilungsleiter im Zusammenhang mit der Beurteilung des 20. Juli die wesentlichen Mängel in unserer Parteiarbeit festgestellt und entsprechende praktische Maßnahmen eingeleitet haben zur Überwindung unserer Schwächen und Mängel, um eine Wiederholung derselben in ähnlichen Situationen zu verhindern. Ich will nach dem unkorrigierten Stenogramm meine Rede zitieren, was dort schon über die Frage des 20. Juli gesagt wurde:

Man kann sagen, daß noch niemals eine solche Situation wie im jetzigen Zeitabschnitt der Entwicklung vorhanden war, wo wir täglich und stündlich mit neuen Ereignissen in Deutschland rechnen müssen. Ich stelle diese Frage deswegen so ungeheuer scharf, weil die Lehren vom 20. Juli tiefgehende Konsequenzen erfordern in der inneren Orientierung unserer gesamten Partei und in der Arbeiterklasse.

Es heißt dann an anderer Stelle weiter:

Unsere heutige Konferenz muß im Zusammenhang mit dem beschleunigten Tempo der faschistischen Maßnahmen der Bourgeoisie zur Durchführung ihres Programmes die Führerrolle der Partei erkennen. Wenn es der Bourgeoisie gelingt, ihr Programm der faschistischen Diktatur ohne großen wesentlichen Widerstand und neue revolutionäre Angriffe des Proletariats durchzusetzen, wie es sich leider in der Situation vom 20. und 21. Juli in Deutschland gezeigt hat ‑ ich sage leider gezeigt hat ‑, wenn wir nicht als revolutionäre Partei in dieser Situation aus dem 20. Juli, aus dem nicht sofortigen Reagieren der Partei neue praktische Konsequenzen innerhalb der Partei ziehen, dann werden wir in der weiteren Entwicklung sensationelle Überraschungen erleben. [...]

Ich glaube also, von diesem Gesichtspunkt aus sind die Vorgänge des 20. Juli und das nicht genügende Reagieren der Partei eine große Warnung für uns.

An anderer Stelle heißt es:

Ich glaube also, daß die Bedingungen für den politischen Massenstreik und darüber hinaus für den Generalstreik im Proletariat am 20. Juli ungeheuer günstig waren und die Rolle unserer Partei als Führerin des Proletariats gestärkt worden wäre, wenn es an einigen Stellen gelungen wäre, bei eigener Initiative unserer Parteigenossen in den Betrieben Streiks und Demonstrationen auf der Straße zur Auslösung zu bringen. Wir müssen bei der Behandlung dieses Problems die Frage stellen, daß die Zeiten von 1918/19 vorbei sind. 1918/19 konnten mit Flugblättern Streiks auslösen, aber heute Streiks auslösen zu mit Flugblättern ‑ die Zeit ist vorbei.

Und die letzte Stelle heißt:

An einigen strategischen Punkten müssen unsere Funktionäre mobilisiert werden, damit wir neben den Ansammlungen auf der Straße und an den Stempelstellen Demonstrationen und betriebliche Aktionen und Streiks ermöglichen. Wir haben als Partei zweifelsohne an Prestige vor der Komintern eingebüßt, weil wir in diesen Tagen keineswegs die Führerrolle erfüllt haben, die notwendig war.

Welche besonderen praktischen Konsequenzen haben wir noch aus dem 20. Juli gezogen? Besonders scharf stellten wir die Frage für Berlin. Nicht nur wegen der allgemeinen Bedeutung des 20. Juli, sondern weil sich in Berlin diese Vorgänge abspielten. Wenn es uns in Berlin gelungen wäre, wo die Betriebe über die Ereignisse des Vormittags nur in den allerwenigsten Fällen informiert waren, in den Nachmittagsstunden zwischen 4 und 5 Uhr große Demonstrationen auszulösen, bei denen die Polizei nicht hätte ruhig zusehen können, wären eventuell auch die SA-Abteilungen in Deutschland zum Angriff mobilisiert worden; dadurch wären ohne Zweifel antifaschistische Massenaktionen entstanden, so daß der 20. Juli die günstigsten Positionen für uns hätte bringen können. Man muß für Berlin ganz besondere Konsequenzen ziehen, um für spätere Ereignisse ein Nichtreagieren und ein Versagen der Partei zu verhindern.

Ein Plus vom 20. Juli, das nicht genügend beleuchtet wurde, ist folgendes: Die Stimmung innerhalb der sozialdemokratischen Arbeiterschaft, daß nur noch große Kämpfe in der jetzigen Situation eine Lösung sind, diese Stimmung hat sich heute durch die Kapitulation von Severing und anderen sozialdemokratischen Führern so gewandelt, daß unsere Losung des Generalstreiks, die wir für den 20. Juli stellten, von diesen Arbeitern als eine richtige Losung erkannt wird. Diese Arbeiter erklären heute, daß die Kommunisten Recht hatten, wenn sie am 20. Juli die Gemeinsamkeit des Kampfes der freigewerkschaftlich-sozialdemokratischen und der kommunistischen Arbeiter und die Anwendung der Waffe des Generalstreiks vorschlugen. Der jetzt einsetzende starke Gärungsprozeß im Lager der SPD und der freien Gewerkschaften hat eine große Bedeutung auch darum, weil er zum Teil sogar bis in die Spitzen der sozialdemokratischen Körperschaften, z. B. der Reichstagsfraktion, hineingeht, trotz bestimmter Manöver der SPD-Führung, die wir dabei berücksichtigen müssen.

*

[...]

Die Vorgänge im Reichstag, das Auftreten der Nazis und des Zentrums wie der SPD als scheinbare Vertreter von Volksinteressen zeigen aber nicht nur die Gegensätze im Lager der Bourgeoisie, sondern zugleich die raffinierte Demagogie und das faschistische Zusammenspiel, durch das die Gesamtfaschisierung vorangetrieben, der revolutionäre Aufschwung und der weitere Vormarsch unserer Partei gehemmt werden soll.

Mit der Hitlerpartei in der Reserve führt die Papen-Schleicher-Regierung mit Hilfe der SPD und des Zentrums, die verschiedene Methoden anwenden, einen wütenden faschistischen Angriff auf die Arbeiterklasse und alle Werktätigen durch.

In welchem Tempo die faschistische Diktatur in Deutschland sich weiter entfaltet, das hängt vor allem ab von dem Grad, von der Stärke der Abwehr durch das Proletariat, hängt davon ab, mit welcher Kraftentfaltung das Proletariat in der Abwehr und im Gegenangriff gegen die faschistische Offensive an den unmittelbaren Kampf um den Sturz der Bourgeoisie, für die Diktatur des Proletariats herangeführt wird. Hierbei ist der politische Massenstreik die wichtigste Waffe unseres Kampfes.

Die Situation zwingt uns, in der Frage der Heranführung der Massen an die großen entscheidenden Kämpfe schnell hinzuzulernen. 

[...]

Die neue Notverordnung stellt einen ungeheuren Angriff auf die werktätigen Massen und auf das Proletariat dar, sie bedeutet einen umfassenden Versuch der deutschen Bourgeoisie, durch das Gegeneinanderausspielen der Betriebsarbeiter und Erwerbslosen die Löhne ungeheuerlich zu reduzieren, die Sozialversicherung und das Tarifrecht zu zerschlagen, neue Milliardensubventionen an die Großkapitalisten zu geben unter dem Anschein einer “Wirtschaftsbelebung zugunsten der Allgemeinheit”, ihre Schwierigkeiten zu vermindern und die werktätigen Massen und das Proletariat zu betrügen.

[...]

Die Hauptmaßnahmen der Papen-Notverordnung gegen die Arbeiterklasse bestehen in folgendem:

1. Senkung der Löhne und Gehälter (die Notverordnung gibt besonders eine ausdrückliche Ermächtigung für die Senkung der Löhne in den öffentlichen Betrieben).

2. Verlängerung der Arbeitszeit.

3. Beseitigung der Sozialversicherung.

4. Verteuerung der Lebenshaltung der Arbeiterklasse durch preissteigernde Kontingentierung der Einfuhr von Waren des Massenkonsums.

5. Neuauflage der Bürgersteuer. (Papen hatte bei Regierungsantritt versprochen, diese Steuer völlig zu beseitigen.)

Folgende Maßnahmen richten sich insbesondere gegen den gewerblichen Mittelstand und die kleinen und Mittelbauern.

1. Wandergewerbe, Wanderlager, Heimarbeit und Hausgewerbe, gerade die schwächsten Teile des Mittelstandes, erhalten keine Steuergutscheine.

2. Der gesamte Mittelstand, Handwerker usw. erhalten einen relativ geringeren Anteil an den Steuergutscheinen als die kapitalistischen Betriebe, da deren Umsatzsteuer niedriger ist und sie keine Grund- und Beförderungssteuer zahlen.

3. Die Beschäftigungsprämien (400 Mark für jeden neueingestellten Arbeiter) kommen ausschließlich den größeren Unternehmungen zugute.

4. Die Wiedereinführung der Bürgersteuer für die Gemeinden.

Die Partei und die RGO haben auf die Papen-Notverordnung sofort reagiert, durch Versammlungen, durch Organisations- und Belegschaftsbeschlüsse für den Kampf und durch die Anwendung der Streikwaffe als Antwort auf die neue Notverordnung. Wir haben Losungen herausgegeben, um die Massen auf der Grundlage der Einheitsfront von unten zum gemeinsamen Widerstand und Angriff zu mobilisieren. Die Hauptlosungen heißen: Proletarische Einheitsfrontaktion gegen Hunger- und Notverordnungspolitik! Nieder mit der Papen-Regierung! Diese letztere Losung haben wir propagandistisch verbunden mit der Endziellosung für den Kampf um die Arbeiter- und Bauernrepublik! Weitere Losungen sind: Laßt keinen Tarifabbau oder Lohnabbau in den Betrieben zu! Verkürzung der Arbeitszeit nur mit vollem Lohnausgleich usw. Die Losung des gemeinsamen Kampfes der Erwerbslosen mit den Betriebsarbeitern, der Appell an die Erwerbslosen, nicht in die Betriebe hineinzugehen unter tariflosen Bedingungen oder bei verringertem Lohn, sind ebenfalls wichtige Momente der Mobilisierung in der nächsten Zeit. Es muß und wird uns gelingen, größere Massen Betriebsarbeiter in den Kampf gegen den neuen von Papen notverordneten Lohnabbau zu führen.

Bei den Subventionsgeschenken in Höhe von 2,2 Milliarden an die Großagrarier und die Großindustrie stellen wir die Forderung der Verwendung dieser Summe für Lohnerhöhung und Erwerbslosenunterstützung. Mit diesen Losungen selbst sind wir in Deutschland bereits herangetreten an die unteren SPD- und Gewerkschaftsorganisationen zwecks Auslösung des gemeinsamen Kampfes aller Arbeiter ungeachtet ihrer politischen Organisation und Richtung, um auf der ganzen Linie den Massenkampf gegen das faschistische Papen-Programm zu entfesseln.

Über die Notverordnungen hinaus versucht die deutsche Bourgeoisie auch auf dem Gebiet der Außenpolitik ihre politischen Pläne trotz und wegen der Schwierigkeiten im Lande aggressiver denn je durchzusetzen. Die Aufrüstungsforderungen, die im Programm der Papen-Schleicher niedergelegt sind, die in einem besonderen Memorandum für die Tagung des Büros der sogenannten “Abrüstungskonferenz” am 21. September zusammengestellt werden, haben in der Welt einen verschiedenartigen Widerhall gefunden. Italien z. B. hat sich halbwegs solidarisiert. England hielt sich zunächst zurück und erklärte sich dann ziemlich offen dagegen, Frankreich hat den aggressivsten Widerstand gegen diese neuen Forderungen des deutschen Imperialismus signalisiert. Die weltpolitische Bedeutung dieser von Papen-Schleicher aufgestellten Rüstungsforderungen verschärft sich durch die neuen Gruppierungen und Umgruppierungen der Kräfte in der jetzigen veränderten Situation, am Ende der kapitalistischen Stabilisierung.

Genosse Pieck hat bereits gestern die wichtigsten Forderungen dieses Aufrüstungsprogramms aufgezeigt und dargelegt, auf welcher Grundlage es die Rüstungsforderungen präzisiert, um damit erneut den Versuch zu unternehmen, das Versailler System zu unterhöhlen. Versuche, die wir schon gesehen haben zur Zeit der Brüning-Regierung, wo die deutsche Bourgeoisie vergeblich versuchte, durch den Zollunionsvertrag mit Österreich die Hegemonie Frankreichs in Europa abzuschwächen.

Ohne Zweifel bedeutet der neue Rüstungsvorstoß des Papen-Kabinetts eine verschärfte imperialistische Aggressivität der deutschen Bourgeoisie und eine Verschärfung des Gegensatzes zu Frankreich. Darüber hinaus will die Papen-Regierung durch die erneute Aufpeitschung chauvinistischer Leidenschaften von ihren innenpolitischen Hunger- und Unterdrückungsmaßnahmen und ihrer Notverordnungspolitik etc. ablenken.

Für uns Kommunisten ist noch von besonderer Bedeutung der Abschnitt im Rüstungsmemorandum, der sich mit der Frage der Ausbildung einer faschistischen Miliz in Deutschland beschäftigt. Es heißt in diesem Memorandum an einer Stelle folgendermaßen:

Was das Wehrsystem anbetrifft, so muß die deutsche Regierung auch für sich das Recht aller anderen Staaten in Anspruch nehmen, es im Rahmen der allgemein gültigen Bestimmungen so zu gestalten, wie es den Bedürfnissen sowie den wirtschaftlichen und sozialen Eigenarten des Landes entspricht. Es kommt dabei einmal auf organisatorische Änderungen, wie z. B. Abstufung der aktiven Dienstzeit der Langdienenden und Freiheit in der Gliederung der Wehrmacht an, zum anderen auf die kurzfristige Ausbildung einer besonderen wehrpflichtigen Miliz für Zwecke der Aufrechterhaltung der inneren Ordnung sowie des Grenz- und Küstenschutzes.

Ganz unverhohlen wird also ausgesprochen, daß die SA- und SS-Formationen sowie die Stahlhelmkaders offiziell in das Heer eingegliedert werden sollen zur Niederhaltung der revolutionären Bewegung. Selbstverständlich sollen diese Formationen auch Verwendung finden als imperialistische Kriegstruppe. Für die deutsche Bourgeoisie hat also die Eingliederung der SS und SA außenpolitische, militärische sowie innerpolitische Bedeutung. Es ist also kein Zufall, daß die ungeheuerliche Offensive der Papen-Schleicher-Regierung durchgeführt wird im Zusammenhang mit diesem innen- und außenpolitischen Aufrüstungsprogramm. Die deutsche Bourgeoisie versucht durch eine geschickte Politik der Ausnutzung der verschiedenen Differenzen im imperialistischen Mächtespiel ihre eigene Politik einzuschalten, um gewisse Rüstungskonzessionen zu erhalten und um zugleich im Lande selbst ihre brutalsten Maßnahmen gegen die Arbeiterklasse leichter durchsetzen zu können. Die Bourgeoisie entwickelt die chauvinistischen Stimmungen, sie tut sehr radikal gegen Versailles und will durch diese Maßnahmen ablenken vom brutalen Angriff in der Linie des Lohnabbaus, der Beseitigung der Sozialversicherung, der Zerschlagung des Tarifrechts und anderer Maßnahmen.

Das Wachstum der chauvinistischen Welle in Deutschland hängt eng zusammen mit der weiteren Entfaltung der Krise im Lande selbst. Ein neuer Pauperisierungsprozeß der kleinbürgerlichen und bäuerlichen Schichten geht vor sich. Das Kleinbürgertum und die armen Bauern sehen ihre eigene Existenz von dem jetzigen Herrschaftssystem, vom Kapitalismus bedroht, teilweise leben sie auch noch in der Furcht, daß die proletarische Revolution sie vernichten, sie ihres Eigentums berauben werde. Alle diese Tatsachen schaffen bei den kleinbürgerlichen Schichten der werktätigen Massen jene Stimmungen, die dem Wachstum der nationalsozialistischen Bewegung so förderlich sind.

Wir dürfen keineswegs sagen, die chauvinistische Welle sei schon im Abfluten. Wir müssen auch folgendes sehen: Die Demagogie der Nationalsozialisten nützt stärkstens die Diskreditierung des Marxismus durch führende SPD-Leute aus. Führende Leute der SPD, Vandervelde und Hermann Müller haben das Versailler Diktat unterschrieben. Dadurch versuchen die deutschen Faschisten die Verantwortlichkeit des “Marxismus” für die Versailler Knechtschaft zu beweisen. Ohne Zweifel ist die Millionenmasse des Kleinbürgertums von dieser These überzeugt.

Die faschistische Massenbewegung, die zum Teil auf Grund der Furcht des Kleinbürgertums vor der proletarischen Revolution große Massen derselben beeinflußt, ist eine Antithese des revolutionären Aufstiegs, der sich unter Führung der Kommunistischen Partei vollzieht. Man kann weiter sagen, daß die deutsche Bourgeoisie die faschistische Massenbewegung auch dazu benutzt, einen außenpolitischen Druck auf die Gläubigermächte auszuüben.

[...]

Zusammenfassend können wir sagen:

So sehr das XI. Plenum sich mit Recht gegen die falschen Auffassungen über die Entwicklung des Faschismus wandte (Offensivtheorie, als sei dem Faschismus in Deutschland der Weg bereits versperrt, die Auffassung, als sei der Faschismus nur ein Zersetzungsprodukt des Kapitalismus), weil diese Auffassungen eine gefährliche Unterschätzung der Entwicklungsmöglichkeiten des Faschismus bedeuteten, so sehr muß dieses XII. Plenum jede Unterschätzung der Zersetzungselemente, die der Faschismus unter den gegenwärtigen Bedingungen aufweist, zurückweisen und bekämpfen.

Die wichtigsten gegenwärtig festzustellenden Zersetzungserscheinungen sind:

Differenzen innerhalb des faschistischen Lagers: Gegensatz NSDAP-Stahlhelm; Führergegensätze innerhalb der NSDAP; Norddeutsche Union, Hitler, Straßer, Goebbels; innere soziale Gegensätze: Kluft zwischen Mannschaft und Offizieren, verschärft durch die Eingliederung der SA und SS in den kapitalistischen Staatsapparat; offene Zersetzungserscheinungen: Meutereien mit immer deutlicher hervortretenden politischen Motiven; Protest gegen Verhandlungen Hitler-Zentrum, gegen Papen-Programm usw.; Praxis des Arbeitsdienstes enttäuscht; Widerstand gegen militärischen Drill; Widerstand gegen Antisowjetkurs; verstärkte Schwierigkeiten durch die immer größere unmittelbare Verantwortung der faschistischen Organisationen für die kapitalistischen Regierungsmaßnahmen; Schwinden des Vertrauens zu Hitler usw. in einigen Teilen der Organisation; Wirkung der Enthüllungen usw.

Hierbei müssen wir das berücksichtigen, was Genosse Ercoli aus den Erfahrungen der Entwicklung des italienischen Faschismus behandelt hat, Wir sollen versuchen, schon jetzt die wichtigsten Fundamente der faschistischen Diktatur in der Massenbewegung zu untergraben. Wir müssen versuchen, die Millionenmassen aus der faschistischen Ideologie herauszureißen.

Genosse Ercoli sagte:

Wir sind der Meinung, daß die [...] richtige Methode die Methode der Kleinarbeit in den Reihen der Faschisten ist. Es handelt sich offenbar um ein sehr delikates taktisches und organisatorisches Problem. [...] Vom politischen Standpunkt glauben wir, daß die Frage des Hineintragens des Klassenkampfes in die Front des Gegners, unseres wütendsten offensten Gegners, [...] durch die Anwendung dieser Methode gelöst werden kann.

Der ideologische Massenkampf muß bei Steigerung unseres wehrhaften antifaschistischen Massenkampfes zu einer der wichtigsten Waffen im Kampf gegen den Faschismus werden. Wir haben auf diesem Gebiet schon ernsthafte Ansätze zu verzeichnen.

In unserem Kampf gegen Versailles haben wir unseren Standpunkt in der Frage der nationalen Unterdrückung, die mit der internationalen Ausbeutung unter den Bedingungen des Versailler Systems verkettet ist, in unserem Freiheitsprogramm entwickelt. Wir versuchten heranzukommen an die verschiedenen Schichten vor allem der nationalsozialistischen Front, um sie in die Angriffsfront des Proletariats hineinzuziehen.

Durch solche Tatsachen wie Lausanne, die Notverordnungen, die offene Unterstützung der nationalsozialistischen Bewegung durch die Kapitalisten, dazu unsere revolutionäre Kampfmobilisierung unter den kleinbürgerlichen Schichten und armen Bauern, durch alle diese Tatsachen werden die Klassengegensätze wesentlich beschleunigt.

Der Ernst und die Zuspitzung der jetzigen Situation zwingen uns dazu, nicht nur aus dem sozialdemokratischen Lager immer neue Kräfte für die antifaschistische Front zu gewinnen und herauszureißen, sondern auch die verirrten aktivistischen Kräfte aus dem Nazilager für uns zu gewinnen. Unser ideologischer Kampf gegen die nationalsozialistische Millionenpartei darf aber keinen Moment geführt werden, ohne daß wir auch den schärfsten wehrhaften Kampf gegen die Mordgesellen der SA- und SS-Abteilungen führen.

Man kann für Deutschland sagen, daß sich noch niemals eine faschistische Diktatur entfaltete mit einer so großen, neben der SPD stehenden Massenbewegung, wie sie die Nationalsozialistische Partei darstellt, und daß zu gleicher Zeit noch bei keiner faschistischen Entwicklung bisher eine so starke Kommunistische Partei im Proletariat stand, wie es jetzt in Deutschland tatsächlich der Fall ist.

Sowohl die vom XI. Plenum damals zurückgewiesenen Auffassungen einer besonderen “Offensivtheorie”, als sei dem Faschismus in Deutschland der Weg bereits versperrt, als auch die später auftauchenden Meinungen, daß der Faschismus bereits gesiegt und die faschistische Diktatur sich voll entfaltet habe, müssen vom XII. Plenum scharf zurückgewiesen werden. Sowohl die Überschätzung wie auch die Unterschätzung des Faschismus führt zu den gefährlichsten Konsequenzen.

Einiges noch über unseren Kampf gegen Versailles. Ich glaube, man kann sagen, daß unser Kampf gegen das Versailler Diktat, gegen das Lausanner Abkommen in letzter Zeit gute Fortschritte gemacht hat. In der Arbeit unter den Angestellten sind gewisse Fortschritte zu verzeichnen. Der beginnende Zersetzungsprozeß im Nazilager, der fortschreitende Radikalisierungsprozeß, das wachsende Mißtrauen in den Massen gegen die Politik der Nationalsozialistischen Partei geben uns neue Möglichkeiten, auf diesem Gebiet unsere Massenarbeit zu verstärken. Auf dem Lande gibt uns die wachsende Verelendung des Kleinbauerntums und der Landarbeiter neue Anknüpfungsmöglichkeiten, um auf Grund der Zwangs- und Steuermaßnahmen des kapitalistischen Staates und der neuen Notverordnungsbestimmungen auch hier unsere Arbeit zu verstärken.

Unsere Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung, die wir damals herausgegeben haben, unsere Deklaration, die auf dem Februarplenum des ZK angenommen wurde, waren für uns wichtige Waffen im Kampf gegen Versailles und seine Befürworter. Das neue Manifest, das in diesen Tagen herausgekommen ist, gibt eine klare Antwort auf das Programm der Papen-Regierung, zeigt den Weg des gemeinsamen außerparlamentarischen Massenkampfes und unsere weitere Linie im Kampf gegen das Versailler System. Wir stellen dem imperialistischen Rüstungsprogramm der Papen-Schleicher-Regierung propagandistisch unsere Losungen der Bewaffnung des Proletariats entgegen.

Wir müssen in unserem Kampf gegen Versailles eine verständliche Sprache sprechen, die auch die werktätigen Mittelschichten verstehen, wir müssen wirkliche Massenkämpfe durchführen, um diese Schichten in die Gefolgschaft der revolutionären proletarischen Vorhut im Kampf gegen Versailles zu bringen.

Wir müssen täglich auf die in Verbindung mit Versailles auftretenden Probleme im Sinne unseres Freiheitsprogramms unter den breitesten Massen reagieren. ‑ Gegenüber den imperialistischen Aufrüstungsforderungen der deutschen Bourgeoisie müssen wir sowohl diesen als auch den pazifistischen Abrüstungsforderungen offen unser revolutionäres Gesicht zeigen. Wir müssen darauf hinweisen, daß bei der Entwaffnung der deutschen Bourgeoisie durch das Proletariat im Jahre 1918, bei schonungsloser Durchführung der Diktatur des Proletariats, die sich auf die bewaffnete Arbeiterschaft gestützt hätte, es weder Notverordnungen noch Papen noch eine Tributschmach gegeben hätte.

Bei manchen Genossen müssen wir noch gewisse innere Hemmungen beseitigen, gewisse “Befürchtungen”, als hätten wir für unser Freiheitsprogramm Teile aus den nationalsozialistischen Forderungen entlehnt. Wir müssen die ganze Partei viel stärker mit dem Bewußtsein erfüllen, daß wir in Deutschland die ersten und einzigen Kämpfer gegen Versailles waren und sind, lange bevor es eine Nazipartei überhaupt gab. Wir müssen streng darauf sehen, daß wir unseren Kampf gegen Lohnraub und Notverordnungen in das richtige Verhältnis bringen zu unserem Freiheitskampf gegen die Fesseln von Versailles.

Es muß uns gelingen, den Haß der kleinbürgerlichen Massen gegen die Tributmächte in erster Linie auf die eigene Regierung und auf die eigene Bourgeoisie und ihre Helfershelfer zu übertragen und zu erweitern, den Massen die wirklichen Zusammenhänge klarzumachen. Es gilt, breitesten Massen den engen Zusammenhang zwischen der Gendarmenarbeit der eigenen Bourgeoisie in ihrer Durchführung der Ausplünderungspolitik und den Repressalien der Tributmächte aufzuzeigen.

Die deutsche Partei muß sich stärker um die Grenzlanddeutschen kümmern, ferner um die werktätigen Auslandsdeutschen. Wir dürfen sie nicht den Nationalsozialisten überlassen, sondern müssen betonen, daß sie erst bei der Liquidierung der Versailler Fesseln durch die kommende deutsche Räterepublik das volle Recht zur Selbstbestimmung und zum Anschluß an den großdeutschen Rätestaat haben werden. In gleicher Weise müssen wir uns stärker um die Gewinnung der unterdrückten ausländischen Minderheiten in Deutschland, z. B. der polnischen Arbeiter, bemühen.

Unser gemeinsamer Kampf mit der französischen Bruderpartei gegen das Versailler System muß unter den Massen noch stärker zum Ausdruck kommen und populär werden.

Die deutsche Delegation macht zum zehnten Jahrestag der Ruhrbesetzung von 1923 folgenden Vorschlag: Im Januar 1933 in Deutschland und Frankreich anläßlich des Jahrestages der Besetzung im Verlaufe einer ganzen Kampagne große Massenmeetings zu veranstalten, auf denen ehemalige französische Soldaten und deutsche Arbeiter aus den ehemals okkupierten Gebieten über unseren gemeinsamen revolutionär proletarischen Freiheitskampf gegen Versailles sprechen; im Januar 1933 ein gemeinsames Manifest an das deutsche, französische, englische und belgische Proletariat zu erlassen, in dem der Schwur zum brüderlichen, gemeinsamen Kampf gegen das Versailler Schmachdiktat abgelegt wird und die besondere Betonung auf der Losung liegt: “Der Feind steht im eigenen Land!” Unserer französischen Bruderpartei schlagen wir vor, eine besonders ernste Propaganda in der Armee zu entfalten. (“Was hat der Soldat vom Ruhrabenteuer gehabt?” usw.) Außerdem müssen wir große Grenzlandkundgebungen unter den Losungen des Kampfes gegen Versailles, für den internationalen revolutionären Freiheitskampf veranstalten.

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Genossen, ich will jetzt auf die Frage eingehen, inwieweit der Prozeß der Faschisierung der Spitzen der Sozialdemokratie und ihrer Politik sich in der Entwicklung zur faschistischen Diktatur in Deutschland gezeigt hat. Obwohl die Bourgeoisie die sozialdemokratischen Führer aus den wichtigsten Staats- und Verwaltungsstellen herausbringt, wird die SPD in diesen Faschisierungsprozeß immer wieder hineingezogen - der Faschisierungsprozeß in den Spitzen der SPD nimmt eine höhere Form an. Die deutsche Sozialdemokratie hat versucht, und zu einem gewissen Teil ist es ihr gelungen, mit “linken Theorien”, mit demagogischen Betrugsmanövern die Arbeiterklasse in den weiteren Prozeß der Faschisierung einzuspannen. (Tolerierung der Brüning-Regierung, Hindenburgwahl usw.) Die Hauptversuche der sozialdemokratischen Führung bestehen darin, den Faschismus zu stützen, ihn in seiner Gefährlichkeit herabzumindern und die Massen von den entscheidenden Kämpfen gegen das Unternehmertum und gegen die faschistische Diktatur überhaupt abzuhalten. Welches waren die verschiedenartigen Etappen der Stellungnahme der SPD? Eine Zeitlang hat die Sozialdemokratie, als die Entwicklung noch nicht eine solche Schärfe hatte, versucht, den Faschismus überhaupt zu bagatellisieren. Noch bis vor kurzem hat die Sozialdemokratie den Faschismus nur als eine Bewegung des Kleinbürgertums bezeichnet, ohne die finanzielle Abhängigkeit von der Großindustrie zu betonen und ohne darauf hinzuweisen, daß der Faschismus eine Bewegung hauptsächlich der Gewalt und des Terrors in den Händen des Großkapitals ist.

Die feste Tolerierungspolitik der Sozialdemokratie für das Regierungskabinett von Brüning war und ist eine aktive Hilfe für den Faschismus. Unter der Scheinlosung des Kampfes gegen den Faschismus wurde mit Hilfe der Theorie des “kleineren Übels” jahrelang die Brüning-Regierung toleriert und dadurch dem Papen-Kabinett und dem Faschismus der Weg geebnet. Parallel damit lief das sozialdemokratische Gerede über eine “Putschgefahr” der Nazis, und zwar zu einer Zeit, wo bei dieser Bewegung von einer Putschgefahr keine Rede sein konnte. Es werden zwei “Theorien” von der Sozialdemokratie gefördert. Die eine “Theorie” des “Abwirtschaftenlassens” der Nationalsozialisten. Die zweite “Theorie”, die mit der ersten verbunden ist, besagt, eine sich bildende Schleicher-Hitler-Regierung und erst recht eine Papen-Regierung sei immerhin noch besser als eine “reine” Hitler-Regierung. Damit wird auch die Tolerierung eines solchen Kabinetts vorbereitet. Wir sehen also, wie in Theorie und Praxis die Sozialdemokratie die Maßnahmen der Faschisierung unterstützt. Erst kürzlich versuchte die Bourgeoisie durch die Propagierung der sogenannten “dritten Front”, die von Straßer über Stegerwald bis Leipart reichen sollte, gewisse Annäherungen zu schaffen, um besonders an der Gewerkschaftsfront Millionen Arbeiter an die Politik der faschistischen Diktatur zu fesseln. Die Bezeichnung der Papen-Regierung als einer “Regierung der Hitler-Barone” wurde von der Sozialdemokratie in der ausdrücklichen Absicht vorgenommen, die Abhängigkeit dieser Regierung von der Großindustrie zu verschleiern und zu verdecken. Man verschweigt diese Tatsache, weil man die sozialdemokratischen und freigewerkschaftlich organisierten Massen vom wirklichen Kampf gegen die Kapitalsoffensive abhalten will.

Die SPD- und ADGB-Führer versuchen, dadurch einen Kampf in den Betrieben gegen das Papen-Kabinett zu verhindern.

Jede Etappe in der Unterstützung des Faschismus durch die Sozialdemokratie ist mit einer gewissen “sozialen” Demagogie und mit entsprechenden demagogischen Phrasen begleitet. [...] Man sprach in der Vergangenheit vom sogenannten “Freien Volksstaat”, vom “Staatskapitalismus” als Übergang zu einer “Entwicklung zum Sozialismus”. Auf diese Art versuchte die SPD theoretisch und praktisch die Millionenmassen zu fesseln, um damit eine Unterstützung der Faschisierung zu gewährleisten. In letzter Zeit versucht die SPD mit gewissen “linken” Betrugsmanövern, mit den Losungen vom “Umbau der Wirtschaft”, der “sozialistischen Aktion” usw. vorzustoßen, man spricht sogar fälschlich vom “sozialistischen Aufbau” ‑ wohlgemerkt unter der Diktatur der Bourgeoisie. In der letzten Zeit sahen wir verschiedene Annäherungs- und Verständigungsversuche der faschistischen mit den sozialfaschistischen Wirtschaftstheoretikern. Es ist allgemein bekannt, daß schon eine teilweise Übereinstimmung in der Frage der Arbeitsdienstpflicht und in den “Arbeitsbeschaffungsplänen” zwischen Nationalsozialisten und Sozialdemokraten erreicht wurde. Das Bedeutende für uns ist, daß dieser Faschisierungsprozeß auf höherer Stufe im Lager der SPD tiefgehende neue Umwandlungen zur Folge haben wird. Es wurde schon von verschiedenen Genossen richtig darauf hingewiesen, daß sich der Radikalisierungs- und z. T. auch Spaltungsprozeß der SP in Deutschland anders als z. B. in Italien, Polen usw. entwickeln wird. Jetzt schon arbeiten die Spitzen der SPD und des ADGB mit der faschistischen Diktatur zusammen. An vielen Stellen wurden die SPD-Leute aus den staatlichen Verwaltungspositionen herausgeworfen. SPD-Führer wie Noske und Zörgiebel bleiben weiter in ihren Staatsfunktionen, auch unter der Regierung der faschistischen Diktatur. Bei den Mitgliedern sowie bei den unteren und mittleren Funktionärkadern vollzieht sich auf Grund dieser Politik ihrer sozialfaschistischen Führer ein tiefgehender neuer Prozeß der Radikalisierung. All das gibt uns die größte Möglichkeit, innerhalb der SPD und der Gewerkschaftsbewegung unsere revolutionäre Massenarbeit erfolgreich zu vertiefen und zu befestigen. Der Sozialfaschismus und der Faschismus zeigen sich gerade in der jetzigen Entwicklung in Deutschland am drastischsten als “Zwillingsbrüder”, wie es Genosse Stalin einmal ganz treffend betont hat, ohne daß damit die absolute Übereinstimmung gemeint ist. In der Resolution wird mit Recht festgestellt, daß man Sozialfaschismus und Faschismus nicht gleichstellen kann. Man muß die besonderen Betrugsmethoden, die besonderen taktischen Maßnahmen dieser beiden Flügel des Faschismus konkret aufzeigen. Im jetzigen Stadium der fortschreitenden Faschisierung wird jede Abschwächung unseres prinzipiellen Kampfes gegen die Sozialdemokratie als soziale Hauptstütze der Bourgeoisie ein schwerer Fehler, ganz besonders deswegen, weil bei der Vernachlässigung dieses Kampfes neue gefährliche Illusionen in den Massen entstehen könnten, als sei die sozialdemokratische Partei eine antifaschistische Kraft. Die Scheinopposition der SPD, die Tatsache, daß sie nicht innerhalb der Regierung steht, die Verbrämung der SPD-Politik mit einer bestimmten “linken” Demagogie erschwert Millionen Arbeitern das Verständnis für diese klassenverräterische Politik ihrer eigenen Führer und verpflichtet uns ernsthaft, alle diese Tatsachen viel mehr zu entlarven und klassenmäßig zu begründen und klarzustellen.

Unsere Partei hat entsprechend der Linie und mit Hilfe der Komintern und der gefaßten Beschlüsse den Kampf gegen alle Tendenzen der Abschwächung des prinzipiellen Kampfes gegen die Sozialdemokratie mit großem Erfolg in der letzten Zeit durchgeführt und gegen jede Auffassung, daß die Hauptstoßkraft innerhalb der Arbeiterklasse nicht mehr gegen die Sozialdemokratie gerichtet sein soll, auf das allerschärfste gekämpft. Nach der Einsetzung der Papen-Regierung zeigten sich auch in Deutschland bei einzelnen Genossen in dieser Grundfrage unserer Politik und Taktik einige abweichende Auffassungen von der Generallinie der Partei. Unsere Parteiführung hat sich scharf gegen die Einstellung gewandt, die in einem Artikel “Systemwechsel” zum Ausdruck kam, der dem Sekretariat vorgelegt wurde, und hat seine Veröffentlichung verhindert. In diesem Artikel ist neben anderen unrichtigen Formulierungen eine absolut falsche Formulierung enthalten, "daß die Bourgeoisie vorübergehend auf die Mitwirkung der Sozialdemokratie als sozialer Hauptstütze verzichtet". Hier sehen wir also eine völlig unzulässige Einschätzung der Rolle der SPD in der gegenwärtigen Situation. Die taktischen Schlußfolgerungen, die aus der falschen Einschätzung der Rolle der SPD in dem erwähnten Artikel gezogen wurden, liegen im Grunde auf der Linie der vom ZK unserer Partei mit Recht zurückgewiesenen und für Berlin korrigierten Vorschläge der Berliner Bezirksleitung an die Sozialdemokratische Partei, die auf die Abhaltung gemeinsamer Demonstrationen hinzielten. Es heißt in dem Artikel u. a. folgendermaßen:

Jetzt ist nicht mehr die “demokratische” Richtung die vorherrschende, sondern jetzt ist es der faschistische Flügel, gegen den der Hauptstoß des revolutionären Massenkampfes gerichtet werden muß.

Daß wir bei dieser Stoßrichtung gelegentlich in die gleiche Linie kommen, in der sich die sozialdemokratische Scheinopposition bewegt, liegt im Wesen der Dinge(!).

Eine ganze Reihe von Maßnahmen, die wir in der letzten Zeit sowohl auf dem Gebiete des Parlamentarismus(?) wie im außerparlamentarischen Kampf angewandt haben, weisen deutlich die veränderte Taktik, die wir begonnen haben, auf.

Vor allem aber gehört hierher die Forderung der Bezirksleitung Berlin-Brandenburg an die Eiserne Front, eine gemeinsame Demonstration gegen den Faschismus durchzuführen.

Hier sehen wir die Fortsetzung der falschen Beurteilung der Rolle der SPD. Das Spitzenangebot der Berliner Bezirksleitung an die "Eiserne Front" haben wir scharf kritisiert, weil in ihm eine Überschätzung des Reifegrades der sozialdemokratischen Arbeiter, eine Unterschätzung unserer eigenen Kraft in der Arbeiterklasse zur Organisierung breitester Einheitsfrontaktionen von unten und ein Nachgeben gegenüber vorhandenen sentimentalen Einheitsstimmungen zum Ausdruck kam. Es ist klar, daß wir einen Artikel, der solche Entstellungen unserer Linie enthielt, nicht in die Partei und in die Öffentlichkeit gehen lassen durften, wenn wir nicht größte Verwirrung hätten anrichten wollen.

Ich will noch einiges sagen über die verschiedenen Splittergruppen, die wir in Deutschland in Form der SAP, der Brandleristen und Trotzkisten haben. Diese “linken” Filialen des Sozialfaschismus haben gerade in der jüngsten Etappe offen ihr sozialfaschistisches Gesicht gezeigt. Der bedeutsame Brief des Genossen Stalin an die Redaktion der Zeitschrift "Proletarische Revolution" war für alle Parteien, und ganz besonders für uns in Deutschland eine große Hilfe im Kampf gegen den Rechtsopportunismus und das “linke” Sektierertum, gegen versteckte Überreste des Luxemburgismus und Trotzkismus, wobei die Beispiele zeigen, daß leider die Bedeutung des Briefes nicht überall rechtzeitig und vollinhaltlich begriffen wurde. In der Beurteilung des Luxemburgismus und auch in der Frage des Trotzkismus als konterrevolutionärer Ideologie gab es große Unklarheiten in unseren eigenen Reihen. In der Frage der richtigen Einschätzung des Zentrismus half uns der geschichtlich bedeutsame Brief des Genossen Stalin, die vorhandenen Unklarheiten in der deutschen Partei und die in der "Roten Fahne" gemachten Fehler schnellstens zu korrigieren und zu beseitigen. Bei dem starken Anwachsen des Faschismus in Deutschland verlieren Kleinbürger aus den Reichen der Renegaten und Splittergruppen sehr leicht die Nerven und entwickeln die konterrevolutionärsten Theorien. Diese Splittergruppen, die organisatorisch zwar sehr schwach sind, können in bestimmten Situationen in einzelnen Teilen der Arbeiterklasse vorübergehend Verwirrung anrichten und haben es auch schon getan. In letzter Zeit wurde mehrfach von diesen Leuten die Frage des “Bündnisses der KPD und SPD” und die Frage der “gemeinsamen Listen” bei der Reichstagswahl gestellt. Trotzki will allen Ernstes ein gemeinsames Zusammengehen der Kommunisten mit den Mördern von Liebknecht und Rosa, ferner mit Herrn Zörgiebel und mit jenen Polizeipräsidenten, die das Papen-Regime zur Unterdrückung des Proletariats im Amte läßt. Trotzki versuchte mehrfach mit seinen Schriften die Arbeiterklasse nach der Richtung hin zu irritieren, daß er Spitzenverhandlungen der KPD mit der SPD forderte. Er sagte u. a. wörtlich folgendes:

Man muß in der Tat die vollkommene Bereitschaft offenbaren, gegen den Faschismus einen Block mit den Sozialdemokraten zu schließen. [...] Man muß der Sozialdemokratie den Block gegen die Faschisten aufzwingen.

Diese Politik würde bedeuten, daß wir von unserer richtigen bolschewistischen Politik zu einer Politik übergehen, wie sie sich im Jahre 1923 am drastischsten in der Politik der brandleristischen Zentrale in der deutschen Partei gezeigt hat, in der Frage der falschen Staatstheorie, der fehlerhaften Einheitsfrontpolitik und der Blockpolitik mit der “linken” Sozialdemokratie.

Das Verhängnisvolle dieser “links”-sozialdemokratischen Politik haben wir und die deutsche revolutionäre Arbeiterschaft in der Oktoberniederlage im Jahre 1923 am schlagendsten verspürt.

Trotzki vertritt weiterhin in seinen vom tiefsten Haß gegen die Komintern getragenen Schriften die These, daß der "siegreiche Faschismus irgend einmal als Opfer der objektiven Widersprüche und der eigenen Unzulänglichkeiten fallen wird"[3].

Dieser fatalistischen These, daß der Faschismus bereits über die Arbeiterklasse gesiegt habe, dieser gefährlichen defätistischen, trotzkistischen “Theorie” reiht sich weiterhin die Forderung Trotzkis an, daß bei der Konstituierung einer Hitler-Regierung in Deutschland der Marsch der Roten Armee der Sowjetunion nach Deutschland erfolgen solle, d. h. Kriegserklärung der Sowjetunion an Deutschland. Dieser “radikale” Vorschlag ist eine Provokation, die objektiv den verbrecherischen Handlungen der Gorgulow, Wassiljew, Stern u.a. in nichts nachstehen. Trotzki, der an der Spitze des konterrevolutionären Vortrupps gegen die UdSSR steht, wagt es, der Komintern eine "panische Kapitulation vor dem Faschismus" vorzuwerfen.

Eine ähnliche Linie sehen wir auch bei den Renegaten, den bisherigen Trotzkisten um Urbahns, die mit der "Fahne des Kommunismus" an einigen Stellen in Deutschland ihren literarischen Schmutz herausgeben. Auch sie wollen Verwirrung unter den revolutionären Arbeitern erzeugen. In der "Fahne des Kommunismus" wird sogar gefordert:

Die Kommunisten müssen und dürfen den Arbeitern ein Ziel setzen. Es heißt jetzt: die Regierung der Weimarer Koalition, die mit Hilfe der Kommunisten möglich ist.

Also nicht nur mit den Sozialfaschisten, sondern auch mit den Zentrum-Großindustriellen Klöckner, Louis Hagen, mit der Zentrumspartei der Herren Papen, Bracht, des Fürsten von und zu Löwenstein, soll die KPD ein “Bündnis” schließen. Wie weit diese Renegaten schon gesunken sind, zeigt diese ihre konterrevolutionäre Einstellung.

Die Partei der Seydewitz und Rosenfeld vertritt gemeinsam mit den Brandleristen in Deutschland ebenfalls die Parole eines “Bündnisses zwischen SPD und KPD”. Die letzten Reichstagswahlen, die der KPD 89 Mandate, den SAPisten um Seydewitz aber nicht ein einziges Mandat einbrachten, beweisen bereits die Bedeutungslosigkeit dieser Splittergruppen.

Dennoch wäre es ein Versäumnis, den Kampf gegen das Renegatentum aufzugeben oder abzuschwächen. Man muß sehen, daß sie als “linke” Filialen des Sozialfaschismus mit ihrer, an die rückständigsten Auffassungen mancher Teile des Proletariats angepaßten Theorie bei bestimmten Situationen immer noch Verwirrung und politisches Unheil anrichten können.

Die Politik der Sozialdemokratie, ihre Unterstützung der faschistischen Maßnahmen stößt in ihren eigenen Reihen schon auf stärksten Widerstand.

Die vom deutschen Proletariat bestgehaßten Leute sind besonders seit einigen Monaten die SA- und SS-Truppen, die Mordkolonnen des Faschismus. Überall dort, wo wir es mit einem massiven Angriff dieser Terrorgruppen zu tun haben, wo es uns gelang, mit der wirklichen revolutionären Massenabwehr unter Beseitigung der Tendenzen des individuellen Terrors die antifaschistische Massenfront aus allen Teilen der Arbeiterschaft in Bewegung zu bringen, überall dort haben wir auch in der gesamten Arbeiterklasse des betreffenden Gebietes unsere Autorität ungeheuer gestärkt und breite Einheitsfrontaktionen durchgeführt. Wir haben nicht nur Erfolge bei den Wahlen, sondern wir haben auch in vielen Fällen wirtschaftliche Teilstreiks, Demonstrationsstreiks und auch politische Massenstreiks auszulösen vermocht. Durch die Kampagne der Antifaschistischen Aktion haben wir bei der Formierung von Massenselbstschutzformationen viele sozialdemokratische, freigewerkschaftliche und auch christliche Arbeiter erfaßt, so daß diese Formationen selbst eine wirkliche Verteidigungs- und Angriffswaffe des Proletariats unter Führung der Antifaschistischen Aktion darstellen. Immer stärker werden schon politische Fragen in diesen Formationen erörtert. Es vollzieht sich eine Annäherung an die revolutionäre Kampfesideologie. Wir können mit vollem Recht sagen, hier haben wir wirkliche Fortschritte zu verzeichnen. Nehmen wir nur einige Beispiele über die Zusammensetzung der Selbstschutzformationen. Ich greife Hamburg heraus: In einer Gruppe befinden sich 125 parteilose Arbeiter, 10 Sozialdemokraten und 65 Kommunisten. In einer zweiten Gruppe: 15 Parteilose, 20 Sozialdemokraten und 30 Kommunisten. In einer dritten Selbstschutzformation befinden sich 56 Parteilose, 24 Sozialdemokraten und 30 Kommunisten, in einer weiteren haben wir 158 Parteilose, 6 Sozialdemokraten und 95 Kommunisten.

Wir sehen, daß es uns im Bezirk Düsseldorf, in Köln und auch im Ruhrgebiet gelang, stärker die christlichen Arbeiter in diese Massenselbstschutzformationen hineinzubringen. Z. B. im Stadtteil Rosenhügel in Remscheid haben wir eine Formation, die aus 75 Mitgliedern besteht, unter denen sich 40 katholische Arbeiter und 20 Mitglieder eines bürgerlichen Schützenvereins befinden. Das entscheidende Problem für die Partei besteht nun darin, den tiefen Haß, die Kampfesinitiative, die wirklichen Angriffsstimmungen des aktionsgewillten Proletariats auf den gehaßten Klassenfeind zu lenken, auf die Angriffe der Papen-Regierung, der Kapitalisten überhaupt, so daß es uns gelingt, unter den Erwerbslosen und ganz besonders in den Betrieben wirkliche Massenkampfaktionen auszulösen gegen die neuen und raffinierten Lohnabbaumaßnahmen. Dort z. B. wo ernsthafte antifaschistische Angriffe waren, haben wir große Protest- und Massenaktionen zu verzeichnen, die einen politischen Charakter trugen, und die später auch in verschiedenen Teilen der Industriearbeiterschaft gewisse Bewegungen ausgelöst haben. In diesen Teilen sahen wir Ansätze neuer Kampfformen, ähnlichen Charakters wie in Polen, auf höherer Stufe: Eine Formation des Kampfbundes gegen den Faschismus zieht in einen Betrieb mit roter Fahne ein; eine Ansprache wird gehalten, die Belegschaft wird aufgeklärt und ermuntert, den Streik im Betrieb gegen die Notverordnungspolitik auszulösen. Im Wuppertal gelang es uns bereits vor einigen Monaten, an einem Tage neun Betriebe mit wenigstens je 300 Mann Belegschaft in einen antifaschistischen Proteststreik zu führen. Der Streik wurde von allen neun Betrieben restlos und geschlossen durchgeführt. Diese Beispiele wollen wir erweitern und ausbauen.

Die Arbeiterklasse beginnt aus der Vergangenheit zu erkennen, daß die Politik der SPD bei der Verschärfung der Krise usw. keinen Ausweg aus der Krise bedeutet. Die sozialdemokratischen Arbeiter hören heute bereits viel mehr auf die Tages- und Endziellosungen der Kommunistischen Partei. Dadurch werden die Positionen unserer Partei innerhalb der Arbeiterklasse wesentlich gefestigt.

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Jetzt, Genossen, zu der Frage der inneren Entwicklung der Partei, dem Kampf um die Durchführung der Generallinie der Komintern im Zusammenhang mit einigen innerparteilichen Tatsachen. Bei der komplizierten Lage im Kampf gegen die Bourgeoisie, gegen die nationalsozialistische Bewegung und auch gegen die Sozialdemokratie ist unsere Partei unter der Führung der Komintern reifer geworden, nach innen und außen stark gewachsen. Unsere Partei verfügt über Hunderttausende von proletarischen Kämpfern und über einen erprobten Funktionärkader, der auch schon die Zeit der Illegalität zum Teil mit durchgemacht hat. Wir haben neben der Partei große antifaschistische Massenorganisationen, die nicht nur politisch gestärkt sind, sondern auch besonders in letzter Zeit organisatorisch gewachsen sind. Die Tatsache, daß durch unsere ideologische Offensive große Möglichkeiten bestehen, die im Lager der SS und SA und besonders im Reichsbanner vorhandenen Zersetzungserscheinungen durch besondere Diskussionsabende und durch die Verbreitung von Material usw. zu beschleunigen, eröffnet für unsere Erfolge im antifaschistischen Massenkampf neue Perspektiven. Der Kampfbund gegen den Faschismus und andere Massenorganisationen haben in der letzten Zeit bereits große Erfolge gehabt. Der Wahlsieg, den wir am 31. Juli errungen haben, ist ein Durchbruch der Massenkraft der Kommunistischen Partei Deutschlands und hat eine große außerparlamentarische Bedeutung, die nur der unterschätzen und verkleinern kann, der kein Verständnis für die Bedingungen des revolutionären Vormarsches in Deutschland, für die aufsteigende Linie der revolutionären Entwicklung hat. Wer die wachsende Führerrolle der KPD unterschätzt oder herabsetzen will, wer in der jetzigen Situation unter den erschwerten Bedingungen dieser Führerrolle abzuschwächen versucht, der kann auch kein Verständnis dafür haben, was es schon bedeutet, 5,3 Millionen Stimmen in einem prinzipiell richtig geführten Wahlkampf gegen alle Klassenfeinde zu erobern. Diese Erfolge können wir nur dann steigern, wenn wir ernsthaft und mit revolutionärem Elan verstehen, neue Methoden der revolutionären Massenarbeit zu finden und durch neue Kampfesformen den Angriffen der faschistischen Diktatur die Massenangriffe des Proletariats kühner und mutiger entgegenzustellen. Richtig ist, daß das Wahlergebnis nur ein bedingtes Spiegelbild der Entwicklung gibt. Viel wichtiger ist der allgemeine Stand der revolutionären Arbeit, die allgemeine Lage der Partei in den Massen. Wir haben schon auf der Reichskonferenz der Polsekretäre am 3. August gesagt, daß wir die Sozialdemokratie bei den Wahlen geschlagen haben, jetzt müssen wir auch in den Betrieben und Gewerkschaften ihren Masseneinfluß zurückdämmen und sie dort ebenfalls schlagen. Trotz der verzweifelten Manöver des Gegners, trotz dem beispiellosen Druck des Klassenfeindes auf unserer Front, trotz allen Provokationen und Versuchen, die revolutionäre Vorhut des deutschen Proletariats zu dezimieren und zu demoralisieren, sind wir im Feuer der Klassenkämpfe gewachsen.

Ich möchte hier hinweisen auf einige Zusammenhänge zwischen innerparteilichen Fragen, Fragen der inneren Entwicklung der Parteien mit der Gesamtsituation. Es ist ganz unvermeidlich, daß die Wendepunkte der politischen und geschichtlichen Entwicklung immer wieder besondere Erscheinungen innerparteilicher Art hervorrufen, Schwankungen, die auf dem ungenügenden Verständnis der neuen Bedingungen, unter denen wir unsere Arbeit zu verrichten haben, beruhen. Die größte Gefahr, die wir z. B. heute sehen müssen, ist dabei die Unterschätzung der revolutionären Möglichkeiten, das Kapitulieren vor dem Klassenfeind, das Verzagen angesichts der ungeheuren Aufgaben, die die Geschichte uns stellt. Aber auch die andere Gefahr, die scheinrevolutionäre, phrasenhafte Überspitzung, die sektiererische Abgetrenntheit von den Massen gilt es aufs schärfste zu bekämpfen und zu beseitigen.

Es haben bereits unsere Freunde aus der Delegation der KPdSU über die Meinungsverschiedenheiten mit Genossen Neumann gesprochen. Es scheint mir noch notwendig, einige dieser Beispiele durch neue Tatsachen zu beleuchten und aufzuzeigen, worin die politischen Differenzpunkte mit dem Genossen Neumann und einzelnen anderen Funktionären liegen.

Stellen wir die Frage der Durchführung der Beschlüsse der Komintern im Zusammenhang mit dem XI. Plenum. Haben wir in der deutschen Partei auf dem Gebiete der Durchführung der Beschlüsse des XI. Plenums nicht gewisse Schwankungen und Unklarheiten in der Frage der Entwicklung des Faschismus zu verzeichnen gehabt? Natürlich! Diese Schwankungen liegen schon weiter zurück. Solche Tatsachen z. B. wie in der Frage der Unterschätzung der nationalsozialistischen Bewegung. Genosse Neumann sagte über den gewaltigen Erfolg der Nationalsozialisten am 14. September 1930[4] bei den Reichstagswahlen, das ist “Hitlers bester Tag” und der Höhepunkt dieser Bewegung. Das führte zur falschen Einschätzung dieser Millionenmassenbewegung und zu einer vorübergehenden Vernachlässigung unserer Arbeit unter diesen Massen. Neumann fiel von einem Extrem in das andere. Im Dezember 1930, also etwa drei Monate nach der Reichstagswahl, versteifte er sich fest auf den Standpunkt, daß “die faschistische Diktatur schon da ist”, ‑ wie konnten wir dann die Massen überzeugen und mobilisieren zum Kampf gegen die verschiedenen Formen des weiteren Prozesses zur faschistischen Diktatur? Hier waren im Anfang große Meinungsverschiedenheiten. [...] Damals konnten wir erst sprechen von der Regierung Brüning als der Regierung der Durchführung der faschistischen Diktatur, während heute die Bourgeoisie mit der Papen-Regierung als Regierung der faschistischen Diktatur in der weiteren Entfaltung der faschistischen Diktatur sich offensiv und ohne feste parteimäßige Bindungen bemüht, die aggressivsten faschistischen Maßnahmen gegen die werktätigen Massen durchzusetzen. Wenn wir weiter versucht haben, in der nicht so starren Anwendung der proletarischen Einheitsfrontpolitik Formulierungen zu finden wie z. B. “wir reichen den sozialdemokratischen Arbeitern die Bruderhand”, so wurde das mehrfach und mit ironischen Bemerkungen als “Nachlaufen hinter den sozialdemokratischen Arbeitern” bezeichnet, wie es Genosse Neumann getan hat.

Zwischenruf: Wo?

Selbst im Beisein von Genossen der KPdSU sprachst du dich gegen die Formulierungen in der Broschüre über die Rede im Sportpalast mehrfach aus!

Zwischenruf Neumann: Ich habe von den SAP-Führern gesprochen, vom Nachlaufen hinter Seydewitz und Rosenfeld.

Auch diese von dir und anderen Genossen verleumdete Stelle in dieser Rede ist als richtig und politisch einwandfrei überall gegen deine falsche Auffassung festgestellt worden.

Was dort gesagt wurde, ist eine selbstverständliche Bemerkung und absolut richtig, aber was du fälschlich dort als ein “Nachlaufen” bezeichnest, sowohl hinter den “linken” SPD-Führern wie hinter den sozialdemokratischen Arbeitern, erhärtet die Auffassung der deutschen Delegation, daß du mit unserer richtigen Massentaktik nicht einverstanden bist.

Wir haben Fragen gehabt, die hier bereits kritisiert wurden, bei der Anwendung der Einheitsfrontpolitik. Die Frage, ob wir formulieren: “Revolutionäre Einheitsfront” oder “Rote Einheitsfront”, “Proletarische Einheitsfront” usw. ‑ das hängt von der besonderen Lage in den verschiedenen Ländern ab. Aber wenn wir in Deutschland solche Auffassungen hatten, die von Neumann vertreten wurden, daß man die Losung der “Roten Einheitsfront” änderte in die Losung “Rote Arbeiterfront”, um damit angeblich den Charakter der Hegemonie des Proletariats schärfer zum Ausdruck zu bringen, so bedeutet das weiter nichts als den Drang der Massen nach Einheit zu erschweren und wichtige Schichten von der Einheit auszuschließen. Die Losung der “Roten Einheitsfront” ist eine der wichtigsten Waffen, um die sozialdemokratischen und unorganisierten Arbeiter und darüber hinaus die werktätigen Schichten für die proletarische Einheitsfront zum Kampfe für ihre eigenen Forderungen zu gewinnen.

Auf dem Gebiet der innergewerkschaftlichen Arbeit waren solche falschen Losungen vorhanden, die Neumann unterstützte, wie: “Zertrümmerung des ADGB!” Auch die zeitweilige Aufforderung zur Beitragssperre in den Betrieben war falsch. Genosse Neumann und auch andere Genossen vertraten damals die Meinung, daß man Rote Gewerkschaften oder Rote Verbände gründen müsse, ohne schon gewisse Voraussetzungen einer wirklichen Massengrundlage dafür zu haben.

Zwischenruf Neumann: Niemals!

Ich weiß bestimmt und habe erwartet, daß alles, was ich über deine politischen Fehler sage, von dir als eine Lüge bezeichnet wird. Als im Herbst der Brief der RGI zur innergewerkschaftlichen Arbeit erschien, sagtest du, er “enthält nichts Neues”, wodurch die Bedeutung des Briefes herabgesetzt wurde.

Wir hatten eine ganze Zeitlang die falsche Losung im Kampf gegen die Nationalsozialisten: "Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" Auf dem XI. Plenum und in der deutschen Delegation wurde diese Losung noch nicht als ein ernster Fehler anerkannt. Genosse Neumann war der Meinung, daß man diese Losung nicht als einen Fehler bezeichnen sollte, sondern als eine nicht mehr zweckmäßige, nicht mehr der Lage entsprechende Losung[5]. Was bedeutete diese Losung: "Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" Sie erschwerte uns überall unser Auftreten unter den antikapitalistischen Anhängern der Nazis, und darüber hinaus wurden wir gehemmt im wirklichen ideologischen Massenkampf gegen die Nationalsozialisten. Mit dem Wachsen des Faschismus durften wir nicht eine Stunde darauf verzichten, ohne im entferntesten den wehrhaften Massenkampf abzuschwächen, an diese Millionenbewegung heranzugehen, um viel beweglicher und offensiver die proletarischen Elemente und antikapitalistisch eingestellten Anhänger aus dieser Front herauszureißen.

In der Entfaltung der ideologischen Offensive in den eigenen Reihen unserer. Partei zur Klärung und Beseitigung der Unrichtigkeiten bei der Durchführung der Beschlüsse des XI. Plenums wurden uns des öfteren Schwierigkeiten gemacht. In der Frage der Beurteilung der Schwächen und Mängel, einer wirklichen Selbstkritik in der Partei zur Ausmerzung dieser Grundschwächen, hat es keine Übereinstimmung gegeben zwischen dem Genossen Neumann und uns. Es ergaben sich auf diesem Gebiet heftige Meinungsverschiedenheiten. Der Genosse Neumann zeigte nicht einmal das tiefe Verständnis dafür, daß Theorie und Praxis eine Einheit sind, daß wir versuchen müssen, bei der Zuspitzung der Gesamtlage und der Schärfe des prinzipiellen Kampfes gegen alle unsere Klassenfeinde gerade in den Grundfragen völlige Klarheit zu haben, um auch in der Praxis die gestellten gesteigerten revolutionären Aufgaben zu erfüllen.

Wir haben fünf bis sechs Monate nach der Tagung des XI. Plenums bei der Kontrolle und Überprüfung der dort gefaßten Beschlüsse in der Durchführung in unserer revolutionären Arbeit festgestellt, daß wir in verschiedenen Fragen nicht ganz übereinstimmen mit der Problemstellung, wie sie auf dem XI. Plenum gestellt wurde. Als wir unsere unklaren Auffassungen in einzelnen Fragen zu korrigieren begannen, als wir begannen, einen neuen ideologischen Durchbruch in der Partei durchzusetzen, sahen wir wiederum Widerstände auf diesem Gebiet, ganz besonders bei dem Genossen Neumann, der nicht überzeugt war und nicht das Verständnis zeigte für die Notwendigkeit der Klärung über die Grundfragen des XI. Plenums.

Nach dem Erscheinen des so außerordentlich bedeutsamen Briefes des Genossen Stalin an die Redaktion der Zeitschrift "Proletarische Revolution" veröffentlichte die "Rote Fahne" diesen Brief mit einer Einleitung unter der Kontrolle und nach Durchsicht durch den Genossen Neumann, in der zwei schwere politische Fehler enthalten waren, die durch das Zentralkomitee korrigiert werden mußten, worauf schon Genosse Ulbricht hingewiesen hat.

Die eine Stelle lautete:

In dieser Entwicklung hat unsere Partei den brandleristischen rechten Opportunismus und die “links”-drapierte Sumpfideologie des Trotzkismus geschlagen.

Der Trotzkismus erscheint also hier entgegen dem klaren Wort Stalins nicht als konterrevolutionärer Vortrupp der Bourgeoisie, sondern als "Sumpfideologie". Die SAP, die “linke” Filiale des Sozialfaschismus, wird in ganz ähnlicher Weise wie folgt falsch eingeschätzt:

Wieder versucht eine allerdings kleine Partei des Zentrismus, eine Organisation, die zwischen dem revolutionären Marxismus-Leninismus und dem Sozialfaschismus eine prinzipienlose Position bezieht, die sozialdemokratischen Arbeiter am Übergang ins Lager der Kommunistischen Partei zu hindern.

Genosse Neumann hat also den Stalinbrief in den wesentlichsten Fragen in seiner großen Bedeutung völlig verkannt und eine große Leichtfertigkeit in theoretischen Fragen an den Tag gelegt.

Beim Genossen Neumann sahen wir weiter eine gefährliche Schönfärberei, ein teilweises Verstecken hinter objektiven Schwierigkeiten, also Tendenzen, die gerade vom XII. Plenum entschieden zurückgewiesen wurden. Die Schwächen der Parteiarbeit wurden von ihm im wesentlichen auf objektive Faktoren zurückgeführt (im Gegensatz zu der Resolution des Februarplenums des ZK). ‑ Auf dem Februarplenum sagte ich darüber folgendes:

Ich habe schon [...] daraufhingewiesen, daß es unzulässig ist, objektive Schwierigkeiten als Entschuldigung für Passivität, für mangelnde Kämpfe usw. zu benutzen. Es gab in dieser Frage, was außerordentlich erfreulich ist, in der Diskussion eine völlige Übereinstimmung. Wir haben an der Frage der zusätzlichen Schwierigkeiten der Krise, Erwerbslosigkeit usw., bezüglich der Führung von Streiks schon gezeigt, daß sie zwar einerseits die Führung der Streiks komplizierter machen, daß aber andererseits diese objektiven Faktoren auch wieder die Führung von Massenkämpfen erleichtern. Wir müssen stets beide Seiten des Prozesses sehen. Nicht nur die Schwierigkeiten, sondern auch die revolutionären Faktoren, die sich aus ein und derselben Tatsache ergeben. Eine solche Fragestellung ist auch notwendig bei der Behandlung der internationalen Bedeutung der deutschen Revolution.

Bei den großen Schwierigkeiten, die sich für die deutsche Revolution auf Grund des Versailler Systems ergeben, wobei das deutsche Proletariat nicht nur auf die Front der deutschen Bourgeoisie stößt, sondern auch auf die größere Front der Siegermächte in der ganzen Welt, wachsen auch zugleich die revolutionären Faktoren in Deutschland im Rahmen dieses Versailler Systems.”

Genosse Neumann wandte sich auch gegen eine spätere Kritik in der "Internationale" an einem Aufruf des ZK, worin die falsche Losung vom "Dreibund der Werktätigen"[6] unter seiner Kontrolle durchgelassen worden war. Er war gegen eine Selbstkritik der Parteiführung an der falschen Einschätzung des Faschismus, die das XI. Plenum korrigiert hatte. Er wandte sich gegen eine berechtigte und unbedingt erforderliche Kritik an literarischen Arbeiten einzelner Genossen (z.B. Langner) und ließ sein familienhaftes Spießertum seinen Freunden gegenüber erkennen. In allen diesen Punkten hatten wir scharfe Differenzen mit dem Genossen Neumann.

Um der Einheit der Führung willen wurden viele politische Differenzpunkte in der Vergangenheit nicht offen ausgetragen. Wenn schon in taktischen Fragen Meinungsverschiedenheiten bestehen, so ist das verständlich und kann oft vorkommen. Aber wenn die Meinungsverschiedenheiten einen solchen Charakter tragen, daß dadurch die Durchführung der Generallinie abgeschwächt wird, daß die revolutionäre Massenpolitik nicht den bolschewistischen Charakter, nicht die revolutionäre Reife bekommt, wenn wir weiterhin mit unseren Methoden der Anwendung der Einheitsfronttaktik sowohl in den Gewerkschaften, in den Betrieben, wie auch bei den Erwerbslosen zurückbleiben hinter den günstigen objektiven Bedingungen, dann mußte man, wie es in dem Artikel in der "Internationale" vom Dezember 1931 geschehen ist, entgegen dem Willen des Genossen Neumann und anderer Genossen auf diesem Gebiet einen ernsten ideologischen Vorstoß und Durchbruch machen. Die Tatsachen und Erfolge haben uns recht gegeben; denn die wenigen Monate der Kampagne der Antifaschistischen Aktion zeigen bereits, daß wir mit viel größerem Mut, größerer Intensität herangehen an jene Aufgaben, die Massen loszureißen von der sozialdemokratischen Ideologie und sie hineinzuziehen in die revolutionäre Klassenfront. Eine solche Elastizität, wie wir sie heute in der Einheitsfrontpolitik anwenden müssen, bringt eine höhere Reife der Partei und eine Verstärkung unserer Manövrierfähigkeit mit sich.

Es gibt neben dem Genossen Neumann in unserer Partei einzelne Genossen, die nicht nur ihre falschen Auffassungen hin und wieder in der Mitgliedschaft verbreiten, sondern auch desorganisierende Maßnahmen zur Herabsetzung der Aktivität der Führung durchführen. In dieser schwierigen zugespitzten Situation, wo schon die Bourgeoisie und ihre Helfershelfer überall versuchen, die Autorität der Parteiführung zu diskreditieren, herabzumindern, in dieser Situation desorganisierende Maßnahmen zu ergreifen, bedeutet, einen Angriff auf die Einheit und Geschlossenheit der Gesamtpartei zu unternehmen. Wenn diese Tätigkeit noch zu einer gruppenmäßigen Arbeit ausgebaut wird, dann glaube ich, Genossen, muß man sehen, daß wir es hier nicht nur mit einer Durchbrechung der revolutionären Disziplin zu tun haben, sondern mit einer Mißachtung der Statuten und organisatorischen Grundsätze, mit einer Verletzung der Grundprinzipien der Partei. Wenn Genosse Neumann als Mitglied des ZK weiter zu solchen schändlichen Maßnahmen gegen die Einheit der Partei greift und wenn er sie fortsetzt, werden sie für ihn sehr bald den sicheren politischen Tod bedeuten. Ich will dem Plenum mitteilen, daß bereits in einer Sitzung des Politsekretariats des EKKI vom 21. August 1932 ein Beschluß gefaßt wurde in der Angelegenheit des Genossen Neumann, der desorganisierende und andere fraktionelle Maßnahmen gegen die Parteiführung unternommen hat. Es wurde darin einstimmig beschlossen:

[...] den Genossen Heinz Neumann aus dem Polbüro des ZK der KPD, dessen Kandidat er ist, zu entfernen und ihn zu warnen, daß die Partei und die KI bei jedem weiteren Versuch einer fraktionellen Tätigkeit zu weiteren organisatorischen Maßnahmen greifen werden.

Wir begrüßen diesen Beschluß des Politsekretariats gegen den Genossen Neumann und warnen zugleich seine Freunde vor ähnlichen Schritten.

Genossen, die die Arbeit der Partei und des Jugendverbandes stören und sabotieren, die weiter versuchen, die Führung der Partei zu diskreditieren, bei denen werden wir nicht zurückschrecken und dürfen wir nicht zurückschrecken auch vor organisatorischen Maßnahmen.

Es geht hier nicht um die Frage des Kampfes einzelner Genossen untereinander und um einen Streit zwischen einzelnen Genossen, wie es manchmal fälschlich und demagogisch behauptet wird, sondern hier handelt es sich um politische Fragen in der Massenpolitik und in der Verbesserung unserer ganzen Parteiarbeit. Hier geht es nicht um untergeordnete Fragen, es handelt sich hier um mehr, um die Grundfragen der Beschlüsse des ZK, die in der besonders verschärften Situation an die Führung solche Aufgaben und Bedingungen stellen, daß diese in keinerlei Weise irgendeine Lockerung der revolutionären Disziplin und der bolschewistischen Organisationsprinzipien zulassen darf. Auch von diesem Gesichtspunkt aus haben wir uns verpflichtet gefühlt, zur aktiveren Durchführung der Linie der Komintern und der gefaßten Beschlüsse unseres ZK die entsprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen und solche Maßnahmen einzuleiten, die uns eine verstärkte Garantie der Durchführung der Beschlüsse der Komintern mit der ganzen Kraft der Partei geben.

Ich will hier noch erwähnen, daß es auch solche Versuche gab, die absolut richtigen Feststellungen unseres Februarplenums des ZK über die Frage des Staatskapitalismus zu diskreditieren. Die Resolution zum ersten Punkt der Tagesordnung des XII. Plenums bestätigt, daß die Beurteilung der Frage des Staatskapitalismus, wie sie die KPD im Februarplenum 1932 gegeben hat, vollkommen richtig war.

Die Genossen Kuusinen und Tschemodanow haben bereits darauf hingewiesen, daß es in der Politik unseres Jugendverbandes einige Schwierigkeiten gibt, daß es Widerstände gab gegen die vom EKKI der KJI und unserem ZK festgelegten Linie der Politik. Wir haben es hier mit gewissen Widerspiegelungen all der schon behandelten Fragen zu tun. Die Komintern ist gemeinsam mit der KJI und der deutschen Parteiführung der Meinung, daß in letzter Zeit im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands auf dem Gebiete der Durchführung der Generallinie verschiedene Abweichungen und Unklarheiten zu verzeichnen sind. Wir müssen weiter feststellen, daß gerade in der jetzigen Zeit jede weitere Entfremdung der Jugendführung gegenüber der Partei wegen ihrer besonderen Gefährlichkeit aufs schärfste bekämpft werden muß. Diese Entfremdung war nicht in der ganzen Jugendleitung und erst recht nicht in den unteren Schichten des KJVD zu verzeichnen. Um so schneller hoffen wir das Verhältnis der Jugend zur Partei wieder auf eine solche Grundlage zu bringen, daß wir gemeinsam den Klassenfeind an den verschiedenen Fronten schlagen können.

Wir werden wohl auch nicht umhin können, um eine Verbesserung der Arbeit des Kommunistischen Jugendverbandes zu erreichen, einige organisatorische Maßnahmen einzuleiten, die die Garantie für die Durchführung der Komintern- und Parteibeschlüsse geben. Durch die scharfe Fragestellung der KJI und der Partei in bezug auf den Jugendverband, in Verbindung mit einigen Beschlüssen, die wir hier fassen, wird die volle Wiedereinordnung des Jugendverbandes in die Gesamtpolitik der Partei in kürzester Frist ermöglicht.

*

Abschließend müssen wir in der deutschen Partei folgendes erkennen: Der 20. Juli hat die Schwächen und Mängel der Partei schärfer aufgezeigt, als es bei früheren Ereignissen der Fall war.

Darum müssen wir versuchen, bei den höheren Anforderungen, die die jetzige objektive Lage an unsere Partei stellt, viel wachsamer, viel verantwortlicher, viel aktiver zu sein in der Frage der wirklichen Durchführung der Beschlüsse und der taktischen Maßnahmen, um unserem strategischen Hauptziel, der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse für den Kampf um die politische Macht, näher zu kommen.

Genossen, welche Konsequenzen ziehen wir auf dem Gebiet der allgemeinen politischen und auch auf dem Gebiet der innerparteilichen Maßnahmen?

Das Wichtigste ist, aus der deutschen Partei eine wirkliche schlagkräftige Kampfpartei zu machen. Die stellenweise vorhandene, durch die Bourgeoisie mit ihrem Rattenschwanz von Parlamentswahlen genährte Tendenz der bloßen Agitation und Propaganda muß überwunden werden. Ein innerlicher Umwandlungsprozeß muß sich bei den verantwortlichen Parteiarbeitern vollziehen. Jedes Mitglied muß sich seiner ungeheuer verantwortlichen Arbeit völlig bewußt werden.

Die Parteileitungen müssen zu wirklichen Kollektivorganen ausgestaltet werden, Aktionsfähigkeit erhalten, eine qualitative Verbesserung und Verstärkung erfahren. Wir werden versuchen, die Fraktionsleitungen der Massenverbände ebenfalls zu verbessern, um die gesamte Kraft aller proletarischen Organisationen zum notwendigen Zeitpunkt an den strategisch wichtigen Brennpunkten konzentrieren zu können.

Wir werden alles tun, damit die Leitungen der Partei bessere unmittelbare Verbindung mit den Massen erhalten. Dazu ist vor allem auch eine Änderung der Arbeitsmethoden notwendig. Das System langweiliger und langatmiger Anweisungen wollen wir beseitigen, um eine Konzentration unserer Mitgliedschaft auf wenige ausschlaggebende Hauptpunkte zu erreichen.

Wir haben bereits begonnen und werden diesen Prozeß fortsetzen, den oberen Apparat der Partei zu verkleinern und den unteren Funktionärapparat zu erweitern und zu verstärken. ‑ Genossen der deutschen Delegation haben bei ihrem Besuch des Moskauer Betriebs "Dynamo" gesehen, wie die auf Grund einer Rede des Genossen Kaganowitsch erfolgte Reorganisierung des Parteiapparats durch eine Verstärkung der unteren Kader glänzende Fortschritte und eine Verbesserung der Ergebnisse mit sich brachte.

Von außerordentlich wichtiger Bedeutung ist die Stärkung der Selbstinitiative unserer unteren Leitungen und unteren Organisationen. Wir werden ihnen die Größe ihrer unmittelbaren Verantwortung in den kommenden Kämpfen vor Augen fuhren. Gerade der 20. Juli hat in unserer Partei den großen Mangel an Selbstinitiative bloßgelegt. Da wir täglich mit Überraschungen rechnen müssen, mit plötzlich einsetzenden großen Angriffen unserer Gegner usw., ist ein schnelles, sofortiges Reagieren der Kader eine Lebensnotwendigkeit unserer revolutionären Politik. Genosse Stalin sagte 1929 im Präsidium des EKKI:

Die Zeit wartet nicht ‑ und wir dürfen nicht zulassen, daß die Ereignisse uns überraschen.

Wir wollen alles tun, damit aus unseren Kaders eine angriffslustige, stets offensivbereite, manövrierfähige Kampfpartei wird, die der Bourgeoisie und der Sozialdemokratie eine Wiederholung des 20. Juli unmöglich macht.

Wir werden in unseren nächsten Maßnahmen besonderes Gewicht darauf legen, die revolutionäre Selbstinitiative unserer illegalen, konspirativ arbeitenden Betriebszellen zu wecken.

Diese Zellen sollen in dauernder Verbindung mit der Partei und der Masse stehen. Das innere Leben der Parteizellen muß bedeutend verbessert werden, muß sich entfalten und muß wachsen; ohne Verbesserung des Lebens in den unteren Parteieinheiten werden wir die starke Fluktuation nicht beseitigen. Unsere Konzentration auf die Großbetriebe wollen wir nicht mehr wie bisher sporadisch, durch vorübergehendes Einsetzen einer Stoßbrigade durchführen, sondern durch den Einsatz der besten Genossen für einen längeren Zeitabschnitt, wobei eine zähe, beharrliche, ausdauernde Arbeit zur Kräftigung und Entfaltung des Masseneinflusses unserer Zellen durchgeführt wird.

In gründlicher Auswertung der Beratungen und Beschlüsse des XII. Plenums werden wir versuchen, das Niveau unserer Parteimitgliedschaft zu heben, damit sie in der Lage ist, schneller und entschlossener ihre Maßnahmen treffen zu können. Je mehr wir bei einer richtigen Generallinie für ihre Durchführung in den Massen sorgen, die ideologische Offensive und bolschewistische Selbstkritik dabei fördern, desto mehr werden auch jene Schwächen und Mängel vom 20. Juli und die bestehende Schere zwischen den gefaßten Beschlüssen und ihrer Durchführung verschwinden.

Schließlich werden wir unverzüglich in politisch scharfer, aber absolut kameradschaftlicher Art und Weise dem deutschen Jugendverband helfen und durch einige operative Maßnahmen den Prozeß der Hilfeleistung fördern, um den Jugendverband zu einer Massenbewegung des Jungproletariats, zu einem schlagkräftigen Instrument gegen den Faschismus, bei Liquidierung des Masseneinflusses der SAJ, zu einem Sammelbecken junger revolutionärer Aktivisten und sozialistischer Streiter zu machen.

Zuletzt will ich darauf hinweisen, daß das immer näher rückende Parteiverbot erfordert, die Ausnützung der legalen Möglichkeiten aufs engste mit der illegalen Arbeit zu verbinden, Voraussetzungen in den unteren Parteieinheiten dafür zu schaffen, daß dann, wenn neue Verbotsmaßnahmen ausgesprochen werden, die Partei schlagfertig ist, um ihre Klassenaufgaben zu erfüllen. Die Tatsache, daß die "Rote Fahne" und andere Zeitungen vier Wochen, die "Antifaschistische Aktion" und andere Massenblätter und Zeitschriften auf 6 Monate usw. verboten sind, und der ganze verschärfte Grad der Faschisierung zwingen uns, alle Maßnahmen der Sicherung und Durchführung der illegalen Arbeit zu treffen.

*

Nun einiges zur Frage der höheren Stufe unseres Kampfes gegen die Maßnahmen der faschistischen Diktatur und zu den Aufgaben, die im Kampf für den revolutionären Ausweg aus der Krise und für den Kampf um die Arbeiter- und Bauernpolitik vor unserer Partei stehen.

Ich sagte schon, daß wir mit der Einleitung der Antifaschistischen Aktion die ersten Ansätze und massenmobilisierenden Kampfformen gefunden haben, die einen höheren Grad der Entwicklung der Kampffähigkeit des Proletariats und der Partei zeigen.

Die zweite Etappe besteht darin, die Antifaschistische Aktion in die Betriebe hineinzutragen. Die neuen Momente der politischen Entwicklung in Deutschland, die Maßnahmen der Bourgeoisie und der faschistischen Parteien zwingen uns, um so mehr eine breitere Entfaltung der Masseninitiative zu erzielen, zur Heranführung der Massen an große politische Massenkämpfe, zu ihrer Massenmobilisierung gegen die Lohnabbau- und Hungerpolitik sowie gegen die Rüstungspolitik der Papen-Regierung. Das glänzende Beispiel unseres antifaschistischen Massenabwehrkampfes in Altona hat in ganz Deutschland das lebhafteste Echo unter allen Antifaschisten gefunden und hat die Bourgeoisie in Furcht versetzt. In der Tat war die Verhinderung des faschistischen Aufmarsches, der stundenlange heftige Feuerkampf in den Arbeiterbezirken ein leuchtendes Signal des antifaschistischen Massenkampfes.

Die Sozialdemokratische Partei hat nun eine sogenannte “Sozialistische Aktion” eingeleitet und will damit die Massen erneut betrügen. Die Hitler-Partei spricht mit einer gemeinen Demagogie vom “Kampf gegen die Reaktion”. Die Bourgeoisie versucht, mit Hilfe der scheinoppositionellen Stellung sowohl der Nationalsozialisten wie der Sozialdemokratie, unter stärkerer Verwendung der Nazis zu terroristischen Gewaltmaßnahmen und unter gleichzeitiger Ausnutzung der SPD als soziale Hauptstütze gegen Streiks usw., eine Festigung und Entfaltung der faschistischen Diktatur gegen das Proletariat zu erzielen.

Das Nazi-Blatt "Preußische Zeitung" schreibt zur Frage der Verständigung mit der ADGB-Führung u. a. folgendes[7]:

Man lese besonders das Programm der Gewerkschaften. [...] Es wird zum reinen autoritären Sozialismus der gemeinsame Weg gefunden werden. Es tut sich eine Kluft auf zwischen Gewerkschaften und der jüdisch-moskowitischen(!) Führung der roten Front. Die Gewerkschaftsbeamten, die noch nicht verbonzt sind und ein Leben im Dienste der Arbeitnehmerschaft hinter sich haben, wissen, daß sie einmal von der RGO auf jüdischen Befehl genauso an den Laternenpfahl gehängt werden können. Schon immer hat ein Gegensatz zwischen weltwirtschaftlich, weltrevolutionär und bolschewistisch eingestellten radikalen Literatenschichten und den Gewerkschaftsbeamten bestanden. In einem Zustand, wo durch eine unverantwortliche Mordhetze der jüdisch regierten roten Presse Zusammengehöriges auseinandergejagt wird, in einem Augenblick, wo sich ein Drittel des deutschen Volkes unter die Führung der roten Komintern in Moskau zu begeben droht, erkennen die Verantwortlichen in der Gewerkschaftsbewegung endlich ihre Pflicht: das deutsche Arbeitertum vor der Vernichtung durch Moskau und vor der Vernichtung durch die Reaktion zu schützen. Diese stille Einheitsfront der Sozialisten(!) bildet sich jetzt. Es wird ein großes Verstehen anfangen. Wir haben jetzt die Mißverständnisse auszuräumen.

Wir sehen also einerseits, wie ernst diese nationalsozialistische Zeitung die schnellere Annäherung der Nationalsozialisten an die ADGB-Führer beurteilt, und wie sich der Faschismus andererseits vor der revolutionären Bewegung in Deutschland fürchtet.

Wir müssen als Kommunistische Partei wirklich und in der Tat durch die Organisierung von Massenaktionen im Betrieb und auf der Stempelstelle den Kampf gegen die Klassenfeinde an den verschiedenen Fronten führen. Wir müssen verstehen, die revolutionäre Kraft der Massen und ihre Siegeszuversicht zu heben und immer breitere Massen um unsere Partei zu scharen.

Wir stellen dem Hunger- und Kriegsprogramm der deutschen Bourgeoisie, den verlogenen Versprechungen der Nationalsozialisten und den neuen Betrugsmanövern der sozialfaschistischen Führer unser Programm des revolutionären Auswegs aus der Krise entgegen als ein Programm des täglichen Kampfes, bei untrennbarer Verbindung des Kampfes für die unmittelbaren Forderungen mit dem revolutionären Endziel unseres proletarischen Kampfes.

Wir haben in diesen Tagen im Kampf gegen das Rüstungsprogramm, im Kampf gegen das Hunger- und Notverordnungsprogramm des deutschen Imperialismus ein Manifest herausgegeben, in welchem in den Grundzügen die wichtigsten Teillosungen, jedoch in Verbindung mit den Endziellosungen, enthalten sind, um auf dieser Grundlage in der jetzigen Periode die Frage des sozialen und nationalen Befreiungskampfes des werktätigen Volkes aufzurollen.

Unser neues Manifest enthält unsere prinzipielle Stellungnahme zur Notverordnung und zum Aufrüstungsprogramm der Bourgeoisie. Es stellt die Verantwortlichkeit der SPD und des ADGB für den Lohnabbau fest, schlägt allen SPD-, freigewerkschaftlich und christlich organisierten Arbeitern eine breite Einheitsfrontaktion vor, propagiert das Kampfbündnis der Betriebsarbeiter mit den Erwerbslosen und enthält vor allem erneut den revolutionären Kampfruf zur sozialen und nationalen Befreiung Deutschlands vom Versailler Joch.

Von fast allen Rednern wurde betont, wie außerordentlich die Bedingungen sind, unter denen die Kommunistische Partei Deutschlands ihre Aufgaben zu lösen hat.

Wir kämpfen unter den Bedingungen einer Wirtschaftskrise, die in Deutschland ganz besonders scharfe Formen angenommen hat, gegen eine Bourgeoisie von außerordentlicher Manövrierfähigkeit und großen Erfahrungen, gegen die doppelte Ausbeutung durch das deutsche und internationale Finanzkapital. Wir haben am Papen-Programm und am Schleicherschen Aufrüstungsprogramm gezeigt, wie der deutsche Imperialismus versucht, seine Positionen zu verbessern. Wie er versucht, im Kräftespiel des Imperialismus sich zu stärken durch maßlose Ausplünderung der Massen, durch weitere Entfaltung der faschistischen Diktatur, wie er versucht, durch gesteigerte imperialistische Aufrüstung seine Position zu verbessern.

Lenin hat schon auf dem II. Weltkongreß davon gesprochen, daß der imperialistische Raubvertrag von Versailles und das Sklavensystem, das Versailles bedeutet, mit dem Erstarken der sozialistischen Sowjetunion und dem Anwachsen der Gegensätze in den kapitalistischen Ländern seinem unausbleiblichen Zerfall entgegengeht.

Heute, am Ende der kapitalistischen Stabilisierung mit dem Übergang zu einem Zyklus von neuen Kriegen und Revolutionen, sehen wir bereits in der Tat, wie das Versailler System durch die Zuspitzung der inneren und äußeren Gegensätze des Imperialismus, durch den wachsenden revolutionären Aufschwung, durch die gewaltigen Fortschritte des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion immer brüchiger wird. Der Knotenpunkt des ganzen Versailler Systems ist Deutschland. Dieses Land zeigt jetzt neue Tatsachen der Verschärfung bereits bestehender Gegensätze. Wir sind keine Fatalisten, und deshalb wissen wir, wie groß die Verantwortung ist, die vor der Geschichte auf dem deutschen Proletariat und der Kommunistischen Partei liegt.

Wenn wir versuchen, mit eigener Kraft, mit revolutionärer Initiative, bei unversöhnlicher Klarheit, wirklich unsere Arbeitsmethoden zu verbessern, wenn wir ein Übergewicht der revolutionären Kräfte schaffen gegenüber den Kräften der faschistischen Diktatur, dann werden wir zweifelsohne bei der besonderen Kompliziertheit der Lage in Deutschland, bei der Verschärfung, die im Innern des Landes vor sich geht, den Entwicklungsweg der deutschen Revolution beschleunigen.

Wir müssen von der Agitation und Propaganda übergehen zur wirklichen Auslösung von Aktionen und Kämpfen. Der Massenstreik und der politische Generalstreik sind unsere Hauptwaffen des Kampfes im jetzigen Stadium. Wir müssen den Widerstand und die proletarische Rebellion gegen die faschistische Diktatur an allen Fronten entfesseln. Man kann nicht leugnen, daß trotz großer Schwächen und Mängel in unserer Arbeit die deutsche Kommunistische Partei gewachsen und vorwärtsmarschiert ist.

Es gilt nun, nicht nur den vorhandenen Tempoverlust auszumerzen, sondern mit aller Kraft den revolutionären Vormarsch gegen die faschistische Diktatur, unsere eigenen und die Kräfte des Proletariats zu stärken.

Der Übergang Deutschlands zur Revolution, der Sieg des Proletariats über den blutigen Faschismus kann entscheidend sein für das Übergewicht der Revolution über die Konterrevolution und den Faschismus auf dem ganzen Erdball.

Die Entscheidung in Deutschland zieht unvermeidlich andere Länder hinein in den Strudel schärfster Auseinandersetzungen.

Aber gerade weil die Lage so kompliziert ist, weil Deutschland ein Knotenpunkt von so außerordentlicher Bedeutung für die weitere Entfaltung der Politik und Geschichte ist, gerade deshalb müssen wir uns gegen eine simplizistische Betrachtung der Entwicklung der deutschen proletarischen Revolution wenden. Mögen unsere Genossen auf dem Plenum nicht vergessen, was einmal vom Genossen Lenin gesagt wurde, als er einen Vergleich zwischen der deutschen und der russischen Revolution zog, als er erklärte, daß in Rußland die Macht leichter zu erobern, aber der Sozialismus schwerer durchzuführen sei. In Deutschland sei es umgekehrt! Dort sei die Macht schwerer zu erobern, aber die Durchführung des Sozialismus sei in diesem Lande leichter als in Rußland. In Deutschland haben wir trotz aller Schwierigkeiten im Lager der Klassenfeinde, trotz der Differenzen innerhalb der Bourgeoisie immerhin die stärkste faschistische Macht der Welt. Das heißt nicht, daß diese Macht nicht schon morgen oder übermorgen an Position und Stärke verlieren kann. Das heißt nicht, daß die Zerrissenheit und Spaltung im Lager der Bourgeoisie nicht neue überraschende Konflikte schon in ganz kurzer Zeit bringen kann. Das alles ist nicht nur wahrscheinlich, sondern sogar gewiß. Mit diesem Gegner werden und müssen wir unsere Kraft messen, wenn das Proletariat siegen soll. Wenn wir einer solchen starken faschistischen Macht gegenüberstehen, und wenn wir unsere großen historischen Aufgaben, die hier vom XII. Plenum gestellt worden sind, erfüllen wollen, müssen wir die gesamte Partei mitreißen, das letzte Mitglied aktivieren, um im revolutionären Zusammenprall der Klassenkräfte das Proletariat zum Siege führen zu können.

Wenn die letzten Wochen uns zeigten, daß der Aufschwung der faschistischen Welle bereits abzustoppen beginnt, so ist das erst ein kleiner Anfang unserer verbesserten revolutionären Massenarbeit. Wir glauben, daß wir in der weiteren Entwicklung neue Fortschritte im Kampfe gegen die faschistische Diktatur erreichen werden durch die innere Stärkung der Partei und durch höhere revolutionäre Formen des Angriffes des Proletariats. Das XII. Plenum, die Komintern und unsere Bruderpartei, die KPdSU, haben der deutschen Partei wichtige Waffen durch ihre brüderlichen bolschewistischen Ratschläge für den Kampf gegen den Faschismus und Kapitalismus gegeben. Sowohl für Deutschland wie für andere Länder, für die ganze Welt wurde eine gründliche Analyse der Lage gegeben, und entsprechend den Beschlüssen des XII. Plenums wurden die revolutionären Aufgaben gestellt. Wir sagen es ganz offen, daß die bolschewistische Mithilfe der Komintern, besonders in der letzten Zeit, bei der schwierigen Problemstellung in Deutschland, uns viel geholfen und uns bolschewistisch gestärkt und gestählt hat. Herr Trotzki erdreistete sich kürzlich, folgendes zu sagen:

Die Komintern aber will nicht, richtiger gesagt, fürchtet sich, Rechnung abzulegen über den tatsächlichen Charakter der gegenwärtigen Weltlage. Das Präsidium der Komintern behilft sich mit hohlen Agitationsblättchen. Die führende Partei der Komintern, die WKP, hat keinerlei Stellung bezogen. Als hätten die “Führer des Weltproletariats” den Mund voll Wasser genommen! Sie gedenken zu schweigen. Sie gehen daran, sich zu verschanzen. Sie hoffen abzuwarten. Lenins Politik haben sie ersetzt durch die Vogel-Strauß-Politik.

Wir haben für diese Äußerung eines Konterrevolutionärs nur tiefe Verachtung übrig. Die wachsende Autorität der Komintern, das Riesenmaß ihrer Anstrengungen, die Vertiefung ihres Einflusses im revolutionären Weltproletariat und das Wachstum der revolutionären Kräfte fanden auf dem XII. Plenum ihre deutliche Widerspiegelung. Deutschland ist jenes Land, wo in nächster Zeit unter Umständen bereits die Würfel fallen können. Unsere Aufgabe wird sein, nicht nur dem Faschismus ideologisch an diesen oder jenen Stellen einige Wunden beizubringen, nicht nur der Sozialdemokratie die Massen der Anhänger zu entreißen, nicht nur Massenkämpfe um Lohn und Brot zu entfesseln, nicht nur eine höhere Stufe des revolutionären Kampfes zu erreichen ‑ darüber hinaus müssen wir die Massen näher an den Entscheidungskampf um die proletarische Macht heranführen, sie für den großen Kampf um den revolutionären Ausweg gewinnen und aktivieren.

Deutschland hat für Mitteleuropa eine gewaltige Bedeutung! Wenn es dort gelingt, die Festungen des Kapitalismus zu stürmen, die faschistische Diktatur zu stürzen und die Diktatur des Proletariats aufzurichten, dann bedeutet das nicht nur den Sieg der Revolution in Deutschland, sondern den Sieg der Revolution in ganz Europa, dann bedeutet das die größte revolutionäre Unterstützung auch für die Beschleunigung des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion.

So stellen wir unsere Aufgaben. So ist unsere siegreiche Perspektive! So gehen wir an die Arbeit zur Durchführung der Beschlüsse des XII. Plenums. So kämpfen wir, gemeinsam mit unseren Bruderparteien, unter der Führung der Komintern mit dem Genossen Stalin an der Spitze, für den Sieg des Sozialismus! Wir müssen und werden die Sieger sein!

 

 

 

 

 



[1]. Cf. http://www.deutsche-kommunisten.de/Ernst_Thaelmann/Band4/thaelmann-band4-021.shtml.

[2] Palmiro Togliatti.

[3] "Selbstverständlich, irgendwann einmal wird der siegreiche Faschismus den objektiven Widersprüchen und der eigenen Unzulänglichkeit zum Opfer fallen. Aber unmittelbar, für eine absehbare Zukunft, für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre, würde der Sieg des Faschismus in Deutschland die Entwicklung der revolutionären Erfolge unterbrechen und den Zusammenbruch der Komintern, den Triumph des Weltimperialismus in seinen abscheulichsten und blutgierigsten Formen einleiten."

Trotski: Porträt des Nationalsozialismus: ausgewählte Schriften 1930-1934

 

[4]. Am 14. September 1930 fanden Reichstagswahlen statt, bei denen die NSDAP einen beträchtlichen Zuwachs an Abgeordneten verzeichnete. Von insgesamt 577 Abgeordneten stellt die SPD 143, die NSDAP 107, die KPD 77, die großen Rechtsparteien (Zentrum, DNVP, DVP) 139.

[5]

Resoltion, 4/6/1930

"Die beginnende Zersetzung unter der werktätigen Gefolgschaft der faschistischen Bewegung, die zweifellos zunimmt, macht eine Differenzierung zwischen den faschistischen Führern und den irregeführten Massen ihrer werktätigen Anhänger notwendig. Daher ist die schematische Anwendung der Losung "Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" im gegenwärtigen verschärften Stadium des Kampfes unzweckmäßig."

 

Thälmann, 25/9/1932:

"Nehmen wir die Frage des Faschismus in Deutschland. Wir hatten hier ganz große Schwächen. Einen riesigen Tempoverlust in verschiedenen Abschnitten in der Entwicklung. Zum Beispiel, im Winter und Frühjahr 1930, wo die faschistische Welle begann, damals war unsere einzige Losung: "Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!", die solange Geltung hatte, wie sich der Faschismus noch nicht zu einer Massenbewegung entfaltet hatte.

Aber als mit dem Fortschreiten der Krise, mit dem Zerfall der alten bürgerlichen Parteien, der Faschismus zu einer Massenbewegung heranwuchs, war diese Losung, die sehr starr und teilweise abstrakt durchgeführt wurde, nicht mehr ausreichend."

[6] Cf. 1931_12_xx

[7] (Preußische Zeitung”, 3.9.32)