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Ernst Thälmann

Rede am Vorabend der Wahl in Oldenburg

22. Mai 1931

(Auszüge)

 

 

Quelle:

Die Rote Fahne vom 22. Mai 1931

Abgedruckt in:

Ernst Thälmann: Reden und Aufsätze 1930‑1933 - Band 1 - September 1930‑Februar 1932. Köln, Verlag Rote Fahne, 1975. S. 251‑272[1].

 

 

 

 

 

 

Erstellt: Januar 2013

Druckversion
KPD 1918 1945 - Inhalt

 

 

 

 

 

 

Genossen und Genossinnen!

Im Namen des ZK der KPD und im Namen der roten Klassenfront überbringe ich euch die revolutionärsten Grüße. Oldenburg ist in letzter Zeit in den Vordergrund des politischen Interesses in Deutschland gerückt. Die Wahlen am morgigen Tage haben nicht nur lokale, sondern allgemeine Bedeutung für ganz Deutschland. Es ist mir ein besonderes Bedürfnis, hier im Norden, im deutschen Oldenburg sprechen zu können, in diesem Gebiet, in dem eine so grenzenlose Not der werktätigen Bauern neben der Not des Industrieproletariats zu verzeichnen ist. Unsere Partei ist in diesem Gebiet noch nicht so stark verankert wie in Berlin, dem Ruhrgebiet, Hamburg, Sachsen und anderen entscheidenden Industriegebieten. Aber auch hier beginnt bereits der Boden sich zu lockern.

Die Bauernbewegung, die hier 1918 in einer Reihe von Orten zum Sturm auf die Finanzämter führte, stand bereits nicht mehr unter Führung der Nationalsozialisten. Es gilt dieser Verzweiflung und dieser Not der Werktätigen auf dem Lande immer größere Aufmerksamkeit zu widmen.

Morgen sollen die Werktätigen Oldenburgs zur Wahlurne gehen. Warum ruft auch diese Wahl ein so riesiges Interesse in der gesamten deutschen Öffentlichkeit hervor? Weil jeder denkende Mensch, weil jeder Politiker weiß, daß der Stimmzettel, daß der Gang zur Wahlurne an sich nichts entscheidet. Weil jeder Politiker weiß: Eine Wahl stellt den armen, gequälten, werktätigen Menschen, der unter den Geißelhieben der kapitalistischen Krise stöhnt, vor die Entscheidung: mit wem will er in Zukunft marschieren, mit wem will er in Zukunft kämpfen, welchem Ziele will er zukünftig zustreben?

Deshalb sagen wir Kommunisten von Anfang an ganz unzweideutig und klar: Wir buhlen nicht um Stimmen. Wir machen keine Wahldemagogie und leere Redensarten, um die Massen einzufangen und nachher zu enttäuschen.

Wir wollen die Herzen, die Hirne der Massen. Sie sollen für uns stimmen, um damit zum Ausdruck zu bringen, daß sie bereit sind, mit uns zu marschieren, mit uns zu kämpfen, bis dieser schändliche kapitalistische Zustand des Hungers, der Knebelung, der Entrechtung, ein für allemal beseitigt ist.

Fast 5 Millionen Erwerbslose schreien nach Arbeit und Brot. Aber selbst die bürgerlichen Ökonomen sagen ihnen höhnisch: Wartet nur, im nächsten Winter wird eure Zahl auf 6 bis 7 Millionen anschwellen.

Millionen Betriebsarbeiter rufen: der Hungerlohn reicht nicht mehr aus, um Frau und Kinder zu ernähren und zu kleiden. Aber die Unternehmer rüsten zu weiterem Lohnraub.

Nicht die Riesengehälter der Minister und höheren Beamten, sondern die nichtauskömmlichen Gehälter der Unteren sollen in erster Linie abgebaut werden.

Der städtische Mittelstand bricht zusammen. Neue Lasten werden ihm auferlegt. Die Kaufkraft der werktätigen Massen schrumpft immer mehr zusammen.

Der arme Bauer, der Siedler und Pächter ist am Ende seiner Kraft.

Erbarmungslos bürdet ihm die herrschende Klasse neue Lasten auf und das Finanzamt schickt den Steuerexekutor. Das ganze werktätige Deutschland befindet sich in heller Empörung gegen den Wahnsinn der kapitalistischen Krise. Millionen Menschen stellen nur eine Frage: Wo ist der Ausweg aus dieser furchtbaren Krise?

Und niemand von den bürgerlichen Politikern ist imstande, auch nur einen Hoffnungsstrahl oder “Silberstreifen am Horizont”, geschweige denn einen Ausweg aufzuzeigen.

Zusammengebrochen sind alle die Versprechungen, alle die Wahllügen, mit denen die bürgerlichen Parteien, besonders die Nationalsozialisten und die Sozialdemokratie, große Massen der Werktätigen betrügen konnten. Glänzend gerechtfertigt steht die Kommunistische Partei vor den Werktätigen.

Wir haben nichts versprochen. Aber wir haben gesagt: Sowjetrußland zeigt das Beispiel des einzigen revolutionären Auswegs aus dieser Massennot. Allen Verleumdungen zum Trotz hat sich die Wahrheit durchgesetzt. Jedes Kind weiß sogar heute schon, daß in Rußland die Erwerbslosigkeit verschwunden ist. Zehntausende Erwerbslose wandern heute aus den bankrotten kapitalistischen Ländern nach Rußland und finden dort Arbeit und Brot. In Rußland steigen die Löhne, wird die soziale Gesetzgebung für die Kranken, für die Invaliden und Alten, für die Frauen und Kinder gewaltig ausgebaut. In Rußland dienen alle Schulen und Wissenschaften, Theater und Musik, Film und Radio der Hebung des kulturellen Niveaus der Arbeitenden.

In Sowjetrußland geht es bei der ganzen Bauernschaft vorwärts und aufwärts zu Wohlstand und höherer Kultur.

Zwei Systeme stehen sich gegenüber, zwei Welten prallen aufeinander und das ganze werktätige Volk wird vor die Entscheidung gestellt: Zusammenbrechender, mordender Kapitalismus, oder aufblühender, menschheits-beglückender Sozialismus.

Nur zwei Tatsachen zur Beleuchtung der wirklichen Lage. Keine Woche vergeht, in der nicht in Sowjetrußland neue Riesenbetriebe eröffnet werden. Wo ‑ frage ich ‑ wird in Deutschland irgendein neuer Riesenbetrieb eröffnet? Hier kann jeder Fabrikbesitzer ohne Einschreiten der Regierung den Betrieb schließen. Dort im Lande des Sozialismus, wenn es einer wagen sollte, einen Betrieb zu schließen, dann würde er als Irrsinniger bezeichnet, oder er würde sofort erschossen werden. Was bedeutet es, wenn die Sowjetunion im Vorjahre 4700, in diesem Jahre aber über 10 000 Zuchtschweine von den Oldenburger Bauern kauft? Ist das Zusammenbruch, ist das ein Zeichen von Krise? Nein, die sozialistische Planwirtschaft kennt keine kapitalistische Krise, kennt keine Arbeitslosigkeit und Lohnräuberei, kennt keine Absatzkrise und keine Verarmung der Volksmassen, sie kennt aber auch keine profitgierigen Fabrikbesitzer, keine die Bauern aufkaufenden, die Siedler betrügenden und die Pächter auswuchernden Großagrarier, die das  arbeitende Volk bei vollen Scheunen verhungern lassen.

In Deutschland aber haben sich alle Volksfeinde gegen die werktätigen Massen verschworen. Wenn von allen Seiten die Angriffe auf die Existenz und das Leben des deutschen Volkes herniederprasseln, dann muß das ganze werktätige Volk erkennen, daß die Trustkapitalisten, die Industriellen, die Großagrarier, die Bankfürsten, die Militaristen und Volksunterdrücker nach einem einheitlichen großen Plan vorstoßen, daß ihnen ihre Lakaien, die Sozialdemokraten und Nationalsozialisten mit allen Kräften helfen, diesen Hunger- und Knechtungsplan durchzuführen. Das, was wir seit Monaten erleben, was noch jahrelang fortgesetzt werden soll, das ist die schamloseste, umfassendste und niederträchtigste Hungeraktion aller Volksfeinde die jemals gewesen ist. Die herrschende Klasse spürt den drohenden Bankrott. In den Konferenzen, auf denen die Industriekönige unter sich sind, in den Zeitschriften und Zeitungen, die die große Masse des werktätigen Volkes nicht lesen kann, dort, wo sie ihre Pläne gegen das hungernde Volk schmieden, auf den Tagungen der Spitzenverbände der Industrie und der Aufsichtsräte der Trust- und Großbanken, dort stellen sie die Frage: Bedroht die Krise das kapitalistische System? ‑ Ist nicht der Bankrott dieses ganzen Systems schon offensichtlich? Hat sich nicht schon längst das sozialistische System mit dem erfolgreichen Fünfjahrplan der Sowjetunion als besser, erfolgreicher und für die Zukunft aller werktätigen Menschen wegweisend erwiesen?

Natürlich! Aber die Profitjäger denken gar nicht daran, freiwillig abzudanken. Sie denken gar nicht daran, ihre Fabriken, ihren Grund und Boden, ihre Bankkonten, ihre in das Ausland verschobenen Kapitalien, ihre gewaltigen Dividenden, Direktionsgehälter, Tantiemen und Pensionen aufzugeben, den werktätigen Volksmassen und dem sozialistischen Aufbau in Deutschland freiwillig das Feld zu räumen.

Nein, umgekehrt: Sie haben ein Hungerprogramm aufgestellt, das seinesgleichen in der Geschichte noch nicht hatte. Erinnert euch daran, wie die Unternehmer mit brutaler Unterstützung der Regierung und des Schlichtungsapparates, mit Hilfe der Gewerkschaftsbonzen erst die übertariflichen Löhne abbauten, dann die Akkordsätze gewaltig herunterdrückten und jetzt den neuen Lohnabbau durchzuführen suchen. Erinnert euch, wie man den Arbeitern in den Betrieben bei gleichzeitiger Lohnherabsetzung, die Leistung heraufschraubte, Millionen auf die Stempelstellen schickte und gewaltige Milliarden an Lohngeldern auf Kosten der Arbeiterklasse ersparte. Erinnert euch, wie die Brüningregierung die ersten Diktaturverordnungen erließ mit Negersteuer, Krankenschein- und Arzneigebühren, Erhöhung der Bier- und Tabaksteuern, dem sogenannten Notopfer vom Gehalt der Angestellten und Beamten, dem Raub an der Unterstützung der Erwerbslosen, während sie zugleich den Großagrariern durch die sogenannte “Osthilfe” Hunderte von Millionen in den Rachen warf. Erinnert euch an die zweite Diktaturverordnung Brünings mit den 25 Hungergesetzen, die die Ausplünderung des werktätigen Volkes auf allen Gebieten des täglichen Lebens ungeheuer verschärft!

Das war Anfang Dezember. Zu Neujahr schrieb der Zentrumskanzler Brüning einen Artikel, in dem es heißt:

Unser ganzes soziales und wirtschaftliches Leben ist vor den Katastrophen bewahrt geblieben, die zeitweilig ernsthaft drohten. Wenn es aber noch Leute gibt, die da meinen und ausrufen, wir steckten schon mitten in der großen Katastrophe drin, so kann man denen gegenüber nur sagen: sie wissen nicht, was sie reden.

Das sagte Brüning. Ich frage euch alle: Wer ist es, der nicht weiß, was er redet? Herr Brüning, der alles durch die rosige Brille sieht, der seinerseits ein sorgenfreies Dasein führt, mit 35 000 Mark Jahresgehalt mit Nebenspesen extra ‑ oder die Kommunisten, die schon vor dem 14. September vorausgesagt haben, daß die herrschende Klasse mit samt ihrer Regierung, ihren Sozialdemokraten und Nazis, nicht imstande ist, die Katastrophe zu vermeiden, einen Ausweg aus der Krise aufzuzeigen. Ich frage euch alle:

Hat die drohende Katastrophe nicht das ganze werktätige deutsche Volk an der Gurgel gefaßt?

Ist Hunger, Not und Sorge um den morgigen Tag nicht täglicher Gast in allen deutschen Landen, bei allen Familien Deutschlands, gibt es noch einen Menschen hier, der diesem Zentrumskanzler, dieser Zentrumspartei, dieser Regierung mit ruhigem Gewissen, mit Verantwortung vor Frau und Kindern und der eigenen Zukunft sein Schicksal anvertrauen kann. Die Bourgeoisie und ihr Kanzler Brüning spüren die nahende Riesenkatastrophe, sie wissen um das Wachsen der Empörung, um den steigenden Kampfeswillen der Arbeiter und Arbeitslosen, des städtischen Mittelstandes und der armen Bauern. Ihnen genügt das von dem Sozialdemokraten Severing fabrizierte Republikschutzgesetz noch nicht. So kamen sie zu den letzten Diktatverordnungen im März, die die hungernden Massen Zwecks weiterer Ausplünderung niederhalten sollen, Verordnungen, die sich einzig und allein gegen uns, gegen die Kommunisten, gegen den von uns geführten Freiheitskampf richten. Warum wird die Pressezensur, die Flugblatt- und Plakatzensur jetzt eingeführt? Warum will man die Freiheit der Straße, der Demonstrationen und der Reden rauben? Warum droht man uns mit Verbot und verbietet schon überall unsere Presse?

Herr Brüning hat den Grund hier in Kloppenburg bereits angekündigt. Noch nicht genug der bisherigen Volksausplünderung: Ein neues Sparprogramm durch neue Diktaturverordnungen soll über das werktätige Volk herniederprasseln! Diesmal soll ganze Arbeit gemacht werden. Brüning kündigt im Auftrage der Kapitalisten die allerschärfsten Maßnahmen an. Die neue Notverordnung, die Anfang Juni erlassen wird, soll der schwerste Schlag gegen die Arbeiterklasse werden und alles übertreffen, was die Werktätigen Massen bisher von der Brüningregierung gewohnt waren.

Mit einem Schlag wird die Sozialversicherung Deutschlands wegradiert!

Sämtliche Renten sollen um 10 Prozent abgebaut werden. Bestimmte, noch nicht näher bezeichnete Versicherungszweige sollen aber darüber hinaus noch eine weitere Verschlechterung erfahren.

Der schlimmste Streich gilt wieder den Erwerbslosen. Nach dem Plane Brünings wird die Krisenfürsorge ganz und gar in Wegfall kommen, so daß nach dem Ablauf der Zahlung die Arbeitslosen aus der Hauptunterstützung direkt zum Wohlfahrtsamt wandern müssen. Da aber die Gemeinden angesichts der stets wachsenden Zahl der Wohlfahrtsempfänger diese Unterstützung jetzt schon radikal kürzen, wird dies bedeuten, daß nach Erlaß der Brüningschen Notverordnung nur noch in den seltensten Fällen Wohlfahrtsunterstützung an Erwerbslose ausgezahlt wird. Es ist kaum auszudenken, welche Not dann unter denen eintreten wird, die ohne jeden Pfennig Beihilfe und Unterstützung leben sollen. Die Regierung mit dem Grundsatz, den Armen alles zu nehmen, um den Reichen alles zu geben, wendet sich abermals gegen die unteren, schlechtbezahlten Beamten, denen nach den neuesten Informationen ein Gehaltsraub von 6 bis 8 Prozent und neue Massenentlassungen drohen.

Damit nicht genug, sollen die letzten sozialpolitischen, in jahrzehntelangen Kämpfen durchgesetzten Errungenschaften der kommunalen, provinziellen und Reichsfürsorge und Wohlfahrtspflege für Arme, Kranke, Schwangere, Schulkinder usw. abgebaut werden.

Für billiges Geld werden die kommunalen Betriebe (siehe Bewag-Berlin) An die Privatindustrie verschachert, damit diese durch gewaltig heraufgesetzte Preise die Bevölkerung besser auswuchern kann. Und um den Hungerplan abzurunden, kündigen die Unternehmer ihre neue Lohnabbauoffensive an, werden immer höhere Leistungen aus den Betriebsarbeitern herausgepreßt, drehen die Reichs- und Länderregierungen die Wucherzoll- und Steuerschraube lustig weiter.

Das ist in großen Umrissen die gewaltige Hungeraktion aller Volksfeinde, eine Aktion, die sich richtet gegen mehr als 30 Millionen werktätiger Menschen, die heute schon vor Not und Kummer nicht mehr aus noch ein Wissen. Zur Durchführung dieser Hungeraktion wurden die letzten Diktatsverordnungen erlassen, um die werktätigen Massen und ihre revolutionäre Partei zu knebeln und den Empörungssturm in Zuchthäusern und in Blut zu ersticken. Brüning regiert mit Diktaturverordnungen, mit neuen faschistischen Methoden. Jetzt spüren selbst die Volksmassen, die uns fernstanden, daß das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei recht hatte, als es im Dezember erklärte:

Die Brüningregierung ist die Regierung der Durchführung der faschistischen Diktatur!

Ein jeder Brüningerlaß dient der Faschisierung Deutschlands, der Steigerung des politischen Terrors gegen die hungernden, sich empörenden Volksmassen. Viele Millionen, die heute noch in den Betrieben stehen, haben das niederdrückende Gefühl, daß sie morgen schon entlassen werden können. Sie denken schon daran, wie sie gezwungen sein werden, das Los der Erwerbslosen zu teilen, die mit Bettelpfenningen ihr Leben fristen müssen. Zahllose Existenzen der sogenannten “selbständigen” Handwerker, kleinen Kaufleute, Kleingewerbetreibende werden von den großen Konzernen des Monopolkapitalismus und von den Wuchersteuern der Kapitalistenregierung erdrückt und kaputtgemacht.

Über das Elend auf dem Lande werde ich erst später ausführlich sprechen. Hier nur ein interessantes Beispiel: Auf dem antifaschistischen Volkskongreß in Hamburg für den Bezirk Wasserkante, der vor einigen Wochen stattfand, trat ein einfacher Kleinbauer auf und führte mit schlichten Worten aus:

In der Landwirtschaft geht es heute darum, die modernen technischen Mittel anzuwenden. Das geschieht nur in zwei Ländern, im kapitalistischen Amerika und in der sozialistischen Sowjetunion. Aber der Unterschied ist: in Amerika wendet man die technischen Errungenschaften, Motorpflüge und sonstige Maschinen in der Landwirtschaft an, um die Kleinen totzumachen im Interesse der großen Agrarkapitalisten, in der Sowjetunion umgekehrt wird die Technik in den Dienst der Landwirtschaft gestellt, um die Millionen armen Bauern und Mittelbauern zusammenzuschließen gegen die reichen Kulaken, um den Kleinen zu einem besseren, menschenwürdigen Dasein zu verhelfen!

Jener Bauer, der diese Gedanken mit seinen einfachen Worten ausdrückte, hatte den ganzen Sinn der jetzigen Wirtschaftskrise erfaßt, hatte verstanden, daß es auch für den werktätigen Bauern nur einen Ausweg aus der Not und dem Elend geben kann:

Gemeinsamer Freiheitskampf aller Werktätigen an der Seite der Arbeiterklasse für den Sieg des Sozialismus!

Heute sind keinerlei Anzeichen dafür vorhanden, daß die Krise in Deutschland und in der ganzen Welt sich ihrem Ende nähert. Im Gegenteil. Alle Tatsachen beweisen, daß es noch schlimmer wird, daß die heutige Millionenziffer der Arbeitslosen noch nicht das höchste ist. Was bedeutet es, wenn die industrielle Produktion gegenüber dem Vorjahre um über ein Viertel gesunken ist? Was bedeutet es, wenn der vorhandene Produktionsapparat, gemessen an der Produktionsfähigkeit nur zu 50 Prozent seiner Leistungsfähigkeit ausgenutzt wird? Was bedeuten die weiteren Massenentlassungen, weiterer Lohnabbau, weitere Kurzarbeit, verschärfte Teuerung mit Hilfe der Zölle und des Monopolkapitalismus? Dazu kommt die doppelte Ausplünderung der deutschen Arbeiter durch die kapitalistische Profitwirtschaft in Deutschland selbst und durch den räuberischen Youngplan mit seinen Milliardentributen.

Das eine und das andere, die soziale und nationale Befreiung des deutschen Volkes sind aufs engste miteinander verbunden.

Wir Kommunisten wissen das. Wir haben nichts zu verschweigen, weil wir nicht abhängig sind von der Finanzclique der Bourgeoisie, sondern uns nur verantwortlich und verbunden fühlen mit den unterdrückten Millionen der Werktätigen. Wir schmieden das Eisen, wir hämmern den Amboß, wir fördern die rote Glut des Hochofens im Volksleben! Wir zeigen den einzigen Ausweg aus dem Massenelend. Unser vor den Reichstagswahlen im vorigen Jahr herausgegebenes Freiheitsprogramm zeigt heute noch den Weg für den Sieg der Arbeiterklasse, für den Sieg des Sozialismus.

Die Nationalsozialisten haben den Massen auch einen angeblichen “Ausweg” angepriesen, das sogenannte “Dritte Reich”. Würde es im Dritten Reich den Oldenburger Bauern weniger schlecht gehen? Würden die Massen der Erwerbslosen mit Arbeit versorgt werden? Würden die im Betrieb stehenden Arbeiter höhere Löhne bekommen? Würde etwas geschehen gegen die Youngsklaverei? Nicht das mindeste würde geschehen.

Nehmt als Beispiel für das Dritte Reich die Herrschaft Mussolinis in Italien. Wütet nicht in diesem Lande ebenfalls die Wirtschaftskrise? Werden dort nicht die Bauern mit unerträglichen Steuern belastet? Ein geknechtetes Volk stöhnt in den Ketten der faschistischen Terrorherrschaft. Hier und da lodert bereits die Flamme der Empörung aus den Reihen der italienischen Arbeiterklasse empor. Die Bauern bäumen sich auf gegen die Wucher- und Steuerlasten, besonders in Süditalien. Selbst innerhalb der faschistischen Miliztruppen beginnt eine Gärung sich zu entwickeln.

Das “Dritte Reich” in Deutschland ‑ wie würde es aussehen?

Würden die Kapitalisten enteignet und die großen Fabriken, Banken und Bergwerke in den Besitz der Allgemeinheit, des werktätigen Volkes überführt werden? Im Gegenteil. Diese sogenannten “Sozialisten” der Hitlerpartei verkünden es ja offen, daß sie das Privateigentum nicht antasten wollen. Solche Ausbeuter wie Kirdorf, Vogler, Krupp usw. sind für sie Idealfiguren.

Das “Dritte Reich” würde die heutigen elenden kapitalistischen Zustände nur noch verschlimmern durch den faschistischen Terror, durch die Zuchthaus- und Galgenherrschaft nach dem Mussolinisystem!

Was die Nazis wollen, das haben sie in verschiedenen Anträgen schon mehrfach ausgedrückt: eine Gewalt- und Terrorherrschaft gegen den Klassenkampf der Arbeiter und gegen alle Werktätigen. Auch in nationaler Hinsicht begehen sie den schamlosesten Verrat. Sie sagen heute kein Wort mehr über die Unterdrückung der Deutschen in Südtirol. Ihre Orientierung in der Außenpolitik auf England und Italien läßt nicht zu, daß sie darüber spotten und höhnen, daß man den Südtiroler Deutschen ihre Sprache, ihre Kultur raubt, und daß man ihre Kinder zwangsmäßig und gewaltsam zu Italienern stempelt.

Die Kommunistische Partei weiß und sagt es den Massen, daß die nationale Befreiung aufs engste verbunden ist mit dem Sieg des «Sozialismus über das kapitalistische System.

Und wie steht es mit der praktischen Politik der Nationalsozialisten in letzter Zeit? Nehmen wir nur die Frage des Youngplans. Der Abgeordnete Stöhr schrieb im “Völkischen Beobachter” einen Artikel, der am 19. Februar erschien. Dort heißt es u. a.:

Die erwähnten Zentrumsblätter gehen sogar so weit, uns ziemlich unverblümt daraus einen Vorwurf zu machen, daß wir im Auswärtigen Ausschuß des Youngreichstages dem geradezu irrsinnigen Antrag der Kommunisten, die Bezahlung der Tribute sofort (ohne jede Kündigung) einzustellen, nicht zugestimmt haben.

Also ein Antrag auf Einstellung der Youngzahlungen ist nach der Auffassung dieses Naziführers „geradezu irrsinnig“. Nun, es gibt in der Weltgeschichte das Beispiel eines Landes, das seine Tributzahlungen an die ausländischen Imperialisten und Kapitalisten sofort eingestellt hat! Das ist die Sowjetunion, die proletarische Diktatur, die die Schulden und Anleihen des zaristischen Rußland an das Ausland für null und nichtig erklärte! Rußland war ein besiegtes Land wie Deutschland. Hätte in Rußland nach der Kerenskiperiode die Bourgeoisie gesiegt, dann müßte heute auch das werktätige Volk eines kapitalistischen Rußlands die ungeheuren französischen Milliardentribute zahlen.

Sowjetrußland konnte nur seine Tributlasten abschütteln, weil es dort gelang, die Bourgeoisie zu besiegen.

Hier in Deutschland würde es bei einem Sieg der deutschen Revolution ebenso sein, daß durch diesen Sieg die Youngmilliarden, die Fesseln der Millionen Menschen abgeschüttelt werden. Die Kommunistische Partei Deutschlands hat als einzige Partei von Anfang an den schärfsten Kampf gegen Versailles und alle späteren Raubbestimmungen durchgeführt. Es gibt zahlreiche Dokumente darüber aus der Vergangenheit, und besonders unser nationales und soziales Befreiungsprogramm ist der größte Beweis für diese Tatsache.

Einige Fragen an Adolf Hitler:

Hitler war am 11. Mai in Oldenburg und vorher in anderen Gebieten. Wir Kommunisten haben den Nazis seit Wochen ganz konkrete Fragen vorgelegt, darunter die folgenden:

1. Warum haben die Nazis im Reichstage und im Oldenburger Landtag alle kommunistischen Anträge gegen den Youngplan, diesen Sklavenpakt, abgelehnt?

2. Warum haben die Nazis alle kommunistischen Anträge gegen die Durchführung der Brüningschen Diktaturverordnung abgelehnt und Brünings Hungerprogramm unterstützt?

3. Warum haben die Nazis den kommunistischen Antrag auf Besteuerung der Millionäre abgelehnt?

4. Warum haben die Nazis mit Hohngelächter alle kommunistischen Anträge auf Herabsetzung der Minister- und Beamtengehälter auf 6000 Mark im Reiche und auf 5000 Mark in Oldenburg abgelehnt?

5. Warum haben die Nazis die kommunistischen Anträge gegen die Zinsknechtschaft und Zwangsversteigerung der Kleinbauern, Pächter und Siedler abgelehnt?

6. Warum sind die Nazis Streikbrecher bei allen Streiks der Arbeiterklasse gegen Lohnabbau, für Lohnerhöhung, für Verkürzung der Arbeitszeit und Beschaffung von Arbeit für alle Arbeitslosen?

7. Warum morden die Nazis heimtückisch Hunderte von kommunistischen Arbeitern, die wirklichen Freiheitskämpfer, warum lassen sie auf ihren öffentlichen Versammlungen jeden Kapitalisten als Diskussionsredner zu und verweigern uns in den meisten Fällen das Wort?

8. Was schlagen die Nazis vor zur Senkung aller Preise, zur Schaffung von Brot und Arbeit für die Arbeitslosen, zur Beseitigung der Agrarkrise, zur Hebung der Kaufkraft der Massen?

Wir fragen hier an dieser Stelle: Was hatte Adolf Hitler auf alle diese Lebensfragen des werktätigen Volkes hier in den Oldenburger Versammlungen zu antworten:

Nichts konnte dieser Maulheld und Organisator des Arbeitermords den unterdrückten Volksmassen als Ausweg anbieten.

Aber eins hat er klar ausgesprochen, und das ist eine direkte Unterstützung des Brüningsprogramms und der Hungeraktion aller Volksfeinde, wenn er sagt: "Ich weiß, die Gegenwart erfordert von euch allen große Opfer!"

Also ganz wie bei Brüning, neue große Opfer. Und der Münchener Nazirechtsanwalt, Herr Dr. Frank, der hier vor Hitler sprach, gab schon ganz klar das Programm bekannt, das sich die Nazis stecken: "Der Bolschewismus wird in Deutschland nie die Herrschaft ergreifen. Hitler hat uns das Wort gegeben, wir folgen ihm über Kerker und Gräber vorwärts!"

Da habt ihr und seht ihr den Weg zum Dritten Reich. Er führt euch in die Kerker und eure Familienangehörigen in die Gräber.

Hunger, Zuchthaus und Galgen, das ist das Ideal der Hitlerbanden, die hier wie in Oldenburg wie die Vandalen hausten, die Arbeiter überfielen, auf Frauen und Kinder und kleine Mädchen mit Messern stachen, mit Eisenknüppeln und Koppelriemen losschlugen, sich mit 30 Mann, die schwer bewaffnet waren, auf einzelne unbewaffnete Arbeiter stürzten und sie zu Boden schlugen. Alles vollführten sie unter dem Schütze der Polizei.

Scheringer[2], der Ulmer Reichswehrleutnant und ehemalige Nationalsozialist, hat erkannt, was die NSDAP in Wirklichkeit bedeutet. In seinem Brief an die KPD hat er festgestellt: Die Nazis haben sich vom Sozialismus längst und völlig losgesagt, sie haben das kapitalistische Privateigentum heilig gesprochen. Sie vertreten die Interessen der deutschen und ausländischen Kapitalisten und sind Fronvögte der Youngsklaverei, sie haben den Versailler Vertrag und die Knechtung Deutschlands anerkannt und sind heute bereit, mit England, Frankreich, Italien den blutigen Krieg gegen Sowjetrußland bei der nächsten Gelegenheit vom Zaun zu brechen!

Die Hitlerleute sind die Todfeinde des werktätigen Volkes in Stadt und Land, sie werden, selbst wenn sie hier noch bei diesen Wahlen gewisse Erfolge ernten, immer mehr durch ihre Politik mit ihren eigenen Anhängern in Widerspruch kommen.

Vorläufig braucht Herr Brüning die Nationalsozialisten nicht in der Regierung, er hat ja die Sozialdemokratie, die seinen Hunger- und Diktaturplänen jede Unterstützung zuteil werden läßt.

Die Politik der Sozialdemokratie ist auf Tod und Leben mit dem Kapitalismus verbunden.

Die SPD kennt nur eine Aufgabe, das bankrotte kapitalistische System vor dem Zorn der Massen, vor der proletarischen Revolution zu schützen. Fast jedes Wort in der Politik der Sozialdemokratie dient der Verherrlichung des Kapitals und der gemeinen Verleumdung der Sowjetunion. Auch die sozialdemokratischen Lügen und Versprechungen sind elendiglich zusammengebrochen. Wir wenden uns auch von dieser Stelle kameradschaftlich an alle sozialdemokratischen Anhänger und an die klassenbewußten Mitglieder dieser Partei. Wir fragen sie:

Wohin führt die Koalitionspolitik? Zum Sozialismus, wie man euch vorgelogen hat, oder nicht vielmehr zum Faschismus?

Wo blieb die Ankurbelung der Wirtschaft, mit der man euch die Annahme des Youngplanes schmackhaft machte, wo ist die Lohnerhöhung und die Arbeitsbeschaffung für die Erwerbslosen, die doch durch Nationalisierung, Wirtschaftsdemokratie und Schlichtungswesen bestimmt und sicher kommen sollte?

Wollt ihr noch länger zusehen, wie eure Führer Panzerkreuzer für den Krieg gegen Sowjetrußland bauen, eine dreiviertel Milliarde für die Reichswehr bewilligen, ganz offen das Programm der Hungerdiktatur Brünings unterstützen, für alle Notverordnungen eintreten, bei Streiks den Streikbruch organisieren, als Minister und Polizeipräsident die Arbeiterbewegung verfolgen, die Demonstrationen niederknüppeln, die Versammlungen überwachen und manchmal auseinandersprengen, die Stahlhelmer und Mordbanditen oft schützen und sich in erster Linie im Kampf gegen das revolutionäre Proletariat betätigen?

Panzerkreuzer, Brotwucher und Streikbruch ‑ das ist die Politik der Sozialdemokratie.

Die Bewilligung der Panzerkreuzer brennt wie ein Schandmal auf der Stirn der sozialdemokratischen Führer. Aber noch übertroffen wird der Panzerkreuzersozialismus durch folgende Tatsache:

Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Bande, Schieles Roggenstützungskommissar, dieser feine “Sozialist”, kaufte aus staatlichen Mitteln, aus unseren Steuergroschen 800 Millionen Kilo Brotgetreide, Roggen, auf, läßt es für die menschliche Ernährung unbrauchbar machen, wirft es den Schweinen zum Fräße hin oder läßt es verfaulen.

Die Arbeitslosen, die manchmal vor Hunger zum Strick und zum Gashahn greifen, denen wir, die Kommunistische Partei, durch unsere kommunistischen Anträge im Reichstag helfen wollten, bekamen den besten Anschauungsunterricht durch diese Abstimmung. Unsere kommunistischen Anträge, diese aufgekauften Getreidemengen den Hungernden, den Arbeitslosen, den alten Invaliden und Rentenempfängern zu geben, wurden höhnisch von der ganzen Bourgeoisie, von den Nazis bis zu den Sozialdemokraten, niedergestimmt. Dieser Mann bekam noch zu seinem Gehalt von über 18 000 Mark seine Reichstagsdiäten von ungefähr 9000 Mark, eine besondere Belohnung in der Roggenabbaustützungsaktion von 20 000 Mark im Jahre 1930. Wir entlarven in aller Öffentlichkeit diese Korruptionserscheinung. Aber der größte Skandal ist, daß ‑ nachdem diese 800 000 Tonnen verfüttert und zum Teil verrottet sind ‑ jetzt dieselbe Regierung von Holland 40 000 Tonnen Getreide aufkaufte, wo sie das russische Getreide durch Verdienste des kapitalistischen Zwischenhändlers mit 20 Mark mehr bezahlen muß, als es vor sieben Wochen die Sowjetunion der deutschen Regierung angeboten hatte. Diese Summe müßt ihr, müssen die werktätigen Massen in Deutschland aufbringen!

Diese Leute wagen in ihrer Oldenburger Wählerzeitung die freche Lüge aufzustellen:

"Was in Wirklichkeit in Rußland vor sich geht, ist eine grenzenlose Ausbeutung der Arbeiter zugunsten des russischen Staates und seiner Machthaber."

Selbst der Parteiführer der österreichischen Sozialdemokratie, Otto Bauer, ist gezwungen, in seinem neuen Buche "Kapitalismus und Sozialismus nach dem Weltkriege"[3] demagogisch folgendes zuzugeben:

Gerade in der Zeit, in der die Nationalisierungskonjunktur in der kapitalistischen Welt ihrem Ende entgegenging, ist die Sowjetunion daran gegangen, die Ergebnisse der Nationalisierungsperiode zu übernehmen, sie in die Sowjetunion zu übertragen, sie zum Aufbau einer neuen großen Industrie und zur Umgestaltung der Landwirtschaft auszunutzen und damit die Fundamente einer sozialistischen Gesellschaft zu legen.

Das sagt Otto Bauer in Österreich, um mit neuen Manövern die Massen zu betrügen. Die Tatsachen reden. Es ist bekannt, daß die Sowjetunion nicht nur heute schon Tausenden von deutschen Arbeitern die Existenz gibt, sondern daß in nächster Zeit zur Durchführung des Fünfjahrsplans weitere anderthalb bis zwei Millionen qualifizierte Arbeiter in der Sowjetunion erforderlich sind.

Die Sozialdemokratie, die im Oldenburger Landtag Arm in Arm mit den Nazis, Zentrum, Staats- und Volkspartei die KPD-Anträge systematisch niederstimmte und die Cassebohmregierung[4] gegen das arbeitende Volk unterstützte, sie muß zu solchen Lügen und zu solcher Verhetzung greifen.

Über die Staatspartei noch zu sprechen ist nicht nötig, da sie sich immer mehr und mehr dem Verfall nähert. Aber eine Bemerkung. Als der Finanzminister Dietrich zu den Oldenburger Wählern kam, sagte er am 12. Mai in Varel u. a.:

Wenn der vorige Sommer noch glimpflich überwunden wurde und das Reich seit November keinen Kredit mehr braucht, so ist die Lage jetzt dadurch erschwert, daß die Arbeitslosigkeit im erwarteten und erhofften Umfange nicht zurückgeht. Ein endgültiges Urteil ist natürlich z. Zt. nicht möglich, aber man muß sich darauf einstellen, daß der schlimmste Fall eintreten kann.

Das sagt der Reichsfinanzminister, der mit Brüning und Schiele das neue Hungerprogramm gegen das werktätige Volk in Deutschland einpeitschen helfen soll. Alle Parteien, Volkspartei und Zentrum, Staatspartei und Wirtschaftspartei, die Deutschnationalen, die Nazis und die Sozialdemokraten sind die Stützen der Brüningdiktatur, sind die Einpeitscher der Hungeraktion gegen das werktätige Volk. Mit ihnen müssen die Arbeiter und Erwerbslosen, die Angestellten und Beamten, die Kleingewerbetreibenden und Handwerker jetzt Abrechnung halten!

Aber von dieser Stelle aus muß noch eine Frage besonders gestellt werden: so grenzenlos die Not in der Stadt, so ungeheuer groß ist Not auf dem Lande.

Die Agrarkrise tobt mit unheimlicher Wucht gegen die armen und mittleren Bauern. Niemand ist da, der diesen ausgebeuteten und ruinierten Schichten hilft. Hugenberg, der deutschnationale Einpeitscher der faschistischen Reaktion, hat in ganz Deutschland und auch hier die Losung herausgegeben "Bahn frei für die Rechte!" und dabei die Behauptung aufgestellt, daß dadurch die "Rettung der Landwirtschaft" möglich sei. Heute weiß jeder politisch denkende Bauer, oder er sollte es wissen, wenn Hugenberg "Landwirtschaft" sagt, dann meint er damit die Großagrarier, denen die trustkapitalistische Regierung in Deutschland riesige Liebesgaben zuschanzte, die die alleinigen Nutznießer des volksfeindlichen Zollwuchers sind, die das werktätige Volk bei vollen Scheunen verhungern lassen! Warum verschweigt Hugenberg, daß die Deutschnationalen durchaus dafür sind, daß Pachtzinswucher und Kreditwucher dem armen Bauer den Hals abdrehen, daß deutschnationale Großgrundbesitzer die ruinierten Kleinbauern von der Scholle verjagen, ihnen das Land unter den Füßen wegschachern. Der Landbund und die Landvolkbewegung arbeiten ebenfalls für die Taschen der Großbauern und Großgrundbesitzer!

Die Kommunistische Partei und das Proletariat reichen den armen Bauern die Bruderhand zum Kampfbündnis gegen das bankrotte System!

Wir müssen erkennen, daß nicht allein die Arbeiterschaft, die Angestellten und unteren Beamten, sondern auch die werktätige Bauernschaft durch die Krise und durch die Politik der herrschenden kapitalistischen Klasse aufs schwerste getroffen wird. Die faschistische Agrarpolitik der Brüning-Schiele-Regierung mit Unterstützung der Sozialdemokratie bedeutet alljährlich Subventionen, Liebesgaben an die Junker und Kulaken auf Kosten der arbeitenden Massen in Höhe von ungefähr 4 Milliarden Mark. Allein die “Osthilfe”, die nur ein Teil dieser Politik ist, gibt den ostelbischen Junkern und Finanzkapitalisten 2½ Milliarden. Die Nationalsozialisten und die “Grüne Front” haben gegen diesen Milliardenraub zugunsten der Großagrarier nichts anderes einzuwenden, als daß er ihnen noch nicht weit genug geht. Andererseits ist diese Politik bewußt und planmäßig auf die Verelendung, Ruinierung der Existenz der werktätigen Bauern gerichtet. Drastisch, zynisch und offen gibt der preußische Landwirtschaftsminister, der Zentrumsmann Dr. Steiger, das in seiner Denkschrift über die Schweinezucht in Deutschland zu. Diese Denkschrift vom 14. April d. J. ist besonders geeignet, den kleinen und mittleren Landwirten von Nordwestdeutschland die Augen zu öffnen.

Der Zentrumsminister Steiger erklärt es als eine gesunde Entwicklung, daß in Nordwestdeutschland die bäuerlichen Schweinezüchter zugrunde gehen und dafür dem Osten, den ostelbischen Junkern dieser Produktionszweig, die Schweinemast, gesichert wird.

Triumphierend stellt dieser Landwirtschaftsminister fest, daß bereits im Jahre 1930 eine Abnahme des Schweinebestandes im bäuerlichen Nordwesten und eine wesentliche Zunahme in Ostelbien erreicht worden sei. Dieser Zentrumsminister erklärte auch unverblümt, mit welchen Mitteln die Brüningregierung dies fertig gebracht hat. Mit den Mitteln der hohen Futtermittelzölle und des Maismonopols!

Schon die faschistische Zollpolitik der Regierung allein ruiniert ganz planmäßig die werktätigen Bauern! Dazu kommen die Steuern, die Schuldenzinsen, die Pachtlasten, die Auswirkung der Arbeitslosigkeit auf die Bauernschaft usw.

Das kapitalistische, zerfaulende System, die faschistische Politik der Regierung und aller bürgerlichen Parteien, von den Sozialdemokraten bis zu den Nationalsozialisten, bedeutet Verelendung, Ruin, Bettelstab für die werktätigen Bauern! In steigendem Maße werden werktätige Bauern durch Pfändung und Zwangsversteigerung enteignet und auch von der Scholle vertrieben.

84 Junker besitzen viermal so viel wie 34 000 Kleinbauern.

Lassen wir eine Tatsache und einige Ziffern sprechen. 34 432 Zwerg- und Kleinbauern in Oldenburg, die Hälfte der ganzen landwirtschaftlichen Bevölkerung besitzt 15 526 Hektar zur Bewirtschaftung. 11 441 Betriebe von 2 bis 5 Hektar bewirtschaften 36 827 Hektar. 84 Großgrundbesitzer haben fast viermal soviel Boden wie 34 431 Bauern unter 2 Hektar.

Während die Zahl der Großgrundbesitzer von 1907 bis 1925 in allen Agrargebieten Deutschlands abgenommen hat und ihr prozentualer Bodenanteil zurückging, hat sie eigenartigerweise in Oldenburg zugenommen.

60 Prozent aller Bauern haben nur ein Zwölftel des Bodens in Oldenburg.

Was Engels einmal sagte, daß der Großbetrieb über den Kleinbetrieb hinweggeht wie die Lokomotive über den Schubkarren, zeigt sich hier in eurem Lande Oldenburg. Schiele, Brüning und Dietrich haben mit Zustimmung der Sozialdemokraten und Nazis das Massenelend der armen Bauern wesentlich gesteigert. Die Futtermittelkosten betrugen 1913 für je 100 Kilo Lebendgewichtzunahme bei der Schweinemast für Ostdeutschland 70,70 Mark, für Nordwestdeutschland (Oldenburg) 67,80 Mark, im Jahre 1930 für Ostdeutschland 70,90 Mark, für Nordwestdeutschland und die Oldenburger Schweinezüchter 92,40 Mark. Da muß doch angesichts der Tatsache, daß die Schweinemarktpreise auf den Viehmärkten heute 72 bis 75 Mark pro 100 Kilo betragen und diese Entwicklung weitergeht, der Bauer zugrunde gehen.

Mit dieser zielbewußten Politik der Liebesgaben an die ostdeutschen Schweinezüchter und Großbauern und der Futtermittelverteuerung für die nordwestdeutschen Kleinbauern wurden die Oldenburger Bauern, soweit sie von der Schweinezucht abhängen, mehr und mehr in den Ruin hineingejagt und müssen heute das letzte Ferkel versteigern, um Wucherzinsen für Kredite und Pachten und Steuersummen zu bezahlen.

Die Oldenburger Bauern merken die gewaltige Verarmung in den Städten, den von der gleichen Regierung erzwungenen Niedergang der Konsumkraft der Massen, die nicht mehr imstande sind, sich Fleisch und Eier, Milch und Butter zu leisten. Die sogenannte “Westhilfe” ist die betrügerische neue Form, um die Erbitterung der Bauernmassen zu ersticken.

Die Volksrevolution gibt den Kleinbauern das Land der Großagrarier.

Die Volksfeinde gehen auf die Dörfer und lügen den armen Bauern vor: "Die Kommunisten wollen dir das Land wegnehmen. Die Kommunisten holen dir die letzte Kuh aus dem Stalle. Die Kommunisten wollen dir die Kirche aus dem Dorfe tragen." Tatsächlich haben viele Bauern besonders in diesem Gebiet noch der Zentrumspartei, dem Landbund und ganz besonders den Nazis Glauben geschenkt.

Wir aber stellen hier vor der oldenburgischen werktätigen Öffentlichkeit und vor der gesamten Öffentlichkeit in Deutschland die schamlosen Hetzlügen an den Pranger. Wir sagen:

Bauern, Augen auf! Die Brüningregierung und die Schielesche Agrarpolitik, die Steuerpolitik von Dietrich und die von der Sozialdemokratie gebilligte Senkung der Reallöhne und der Abbau der Sozialgesetzgebung, sie treiben dich in den Ruin.

Der kapitalistische Staat schickt den Gerichtsvollzieher, holt die letzte Kuh, das letzte Ferkel aus dem Stall und versteigert dir den Grund und Boden. Die Kalisyndikate wuchern dich aus, und die landwirtschaftlichen Maschinenfabriken ziehen dir mit ihren Wucherpreisen das Fell über die Ohren. Nazi, Zentrum, Landvolk und Deutschnationale, Volkspartei, Staatspartei und die Sozialdemokraten, alle stehen schützend vor den Großagrariern, sie alle sprechen den Großgrundbesitz heilig und treiben die arme Bauernschaft in den Ruin.

Aber die Kommunistische Partei hat bereits in ihrem Programm der sozialen und nationalen Befreiung des werktätigen deutschen Volkes vor dem 14. September erklärt:

Die Volksrevolution unter Führung der Kommunistischen Partei wird auch den werktätigen Bauern die Freiheit bringen. Die ersten beschleunigten Maßnahmen der proletarischen Diktatur werden sofortige Hilfe bringen, entschädigungslose Enteignung der Großgrundbesitzer und Landzuteilung an die kleinen Bauern. Streichung aller Schuldenlasten, restlose Beseitigung des Zinswuchers und Beseitigung aller Pachtabgaben, Befreiung des kleinen Bauern von allen Steuern und Abgaben.

In Sowjetrußland ist der Bauer kein Knecht mehr, sondern Herr!

Das sind keine leeren Wahlversprechungen. Geht nach der Sowjetunion! Fragt den kleinen Bauer, ob er nicht Land von den enteigneten Großgrundbesitzern durch die Sowjets erhalten hat. Fragt die Millionenmasse der russischen Bauern, was sie von Steuerwucher, Zinswucher und Pachtwucher wissen.

Sie werden euch auslachen und werden euch antworten: das gibt es in der sozialistischen Sowjetunion nicht mehr!

Aber die russischen Sowjetbauern werden euch sagen, daß sie von der Sowjetregierung besten Zuchtsamen und Zuchtvieh zu Selbstkostenpreisen erhalten.

Die russischen Bauern werden euch erzählen, wie ihre Söhne auf die landwirtschaftlichen Hochschulen der Sowjetunion gesandt werden und dort mit voller Unterstützung der Sowjetunion die modernste Agrarwirtschaft studieren.

Die russischen Bauern werden euch sagen, wie der Sowjetstaat die besten Düngemittel und die fortschrittlichsten Kulturen überall im Lande einführt.

Und die russischen Bauern, die den Fortschritt der Nationalisierung erkennen, die freiwillig einsahen, daß ein kleiner Bauer mit 2 bis 5 Hektar sich nicht einen Traktor oder Maschinenpflug oder einen Mähdrescher leisten kann, haben sich zu Kollektiven zusammengeschlossen. Diese Kollektive haben feste Abkommen mit den Sowjets in den Städten getroffen. Ein riesiger Teil der Sowjetindustrie produziert Traktoren, landwirtschaftliche Maschinen. Ein großer Teil der riesigen Elektrowerke elektrifiziert das russische Dorf. Hunderttausende von Traktorenführern, Technikern und Agronomen helfen den russischen Bauern bei der Modernisierung der russischen Landwirtschaft.

Denn der kleine Bauer will aufhören und hat aufgehört, Knecht und Ausbeutungsobjekt zu sein. Mit Hilfe der Sowjets wird er ein Mensch, der 8 Stunden am Tage arbeitet, der 8 Stunden für seine Bildung und Unterhaltung frei und außerdem 8 Stunden Zeit hat, um zu ruhen für den nächsten Tag.

Die Oldenburger und viele armen Bauern in Deutschland müssen heute 14, 15 und sogar 16 Stunden täglich arbeiten. Der russische Bauer kleidet sich anständig, will als Mensch leben, er hat seinen Radioapparat, er hört die aufklärenden Vorträge, er nimmt im Jahre seinen vierwöchigen Urlaub. Und wenn ein Bauer im Sowjet und in der Kollektive besonders tüchtig ist und vorbildlich arbeitet, dann fährt er auf Kosten der Sowjetunion nach der Krim, in das frühere Zarenschloß Livadia und schläft in den Zimmern und ißt an dem Tisch, an dem früher der Zar mit seinem Parasitengeschmeiß Schweiß und Blut des Volkes mit seinen Maitressen verpraßte.

Die Sowjetunion öffnet dem Bauern neue Perspektiven, er kann neben dem Proletariat die höchsten Stellen im Staatsapparat und in den Sowjets bekleiden.

Unter dem Traktor oder auf dem Traktor!

In den kapitalistischen Ländern bleibt der Traktor den Großagrariern reserviert, und der Großgrundbesitzer frißt den kleinen Bauern auf. In der Sowjetunion bleibt der Traktor für die Millionen kleiner Bauern reserviert, und die kleinen Bauern haben dort die Großagrarier und die Großbauern aufgefressen. Einige Beispiele aus dieser Entwicklung: Im Jahre 1930 waren 6 Millionen Bauernhöfe = 24 Prozent kollektiviert, im März 1931 bereits 12 Millionen Bauernhöfe = 48,6 Prozent. Ende 1931 rechnet man damit, daß etwa 55 bis 60 Prozent aller Bauernhöfe kollektiviert sein werden. Bald in allen kapitalistischen Ländern wird die Ansaatfläche verringert, in der Sowjetunion aber erweitert.

Im Jahre 1930 eine Erweiterung um 10 Millionen Hektar, im Jahre 1931 bereits eine Erweiterung um 15 Millionen Hektar. Die Aussaatfläche pro Bauernhof betrug im Frühling 1930 2,7 Hektar, im Frühling 1931 bereits pro Bauernhof 5,2 Hektar. Die Getreideernte betrug im Jahre 1929 71,7 Millionen Tonnen, 1930 schon 87,4 Millionen Tonnen. Die Getreidelieferung an den Staat betrug 1929 18 Millionen Tonnen, im Jahre 1930 bereits 24 Millionen Tonnen.

Eine wesentliche Steigerung der materiellen Lage der Bauern zeigt sich in den Kollektiven. Das durchschnittliche Jahreseinkommen des Einzelbauern betrug vor dem Kriege jährlich 242 Rubel. Mit dieser Summe mußte er alles einkaufen. Das durchschnittliche Jahreseinkommen des Kollektivbauern bei weit größeren Vergünstigungen wie es früher im zaristischen Rußland der Fall war, beträgt schon 500 Rubel jährlich und wird sich in der nächsten Zeit noch wesentlich erhöhen. Der Einzelbauer erntet dort im Durchschnitt 26 Zentner Getreide, der Kollektivbauer aber erntet schon weit mehr als das Doppelte, im Durchschnitt 59 Zentner Getreide. Das schnelle Tempo der Entwicklung der bäuerlichen Millionenmassen zur Kollektive vollzieht sich nicht, wie die Bourgeoisie fälschlich behauptet, durch Zwang, sondern durch die freiwillige Entscheidung im praktischen Leben und Denken, und durch die Entscheidung der Dorfarmut und der Mittelbauern selbst.

Die Agrarkrise in Deutschland stellt auch den deutschen Kleinbauern vor die Alternative: Entweder mit den Kommunisten unter der Fahne unseres Freiheitsprogramms, für dessen Sieg, auf dem Traktor ‑ oder mit den Bürgerlichen und Faschisten, dann kommst du unter den Traktor und wirst zerstampft.

Die Kommunistische Partei Deutschlands ruft zur aktiven Unterstützung des Bauernkampfes!

Das Plenum des Zentralkomitees vom 14. und 15. Mai beschäftigte sich mit der ungeheuren Bauernnot. Bis jetzt war unsere Arbeit zu wenig wirkliche Massenarbeit unter den werktätigen Bauern, eine viel zu parlamentarische Arbeit. Wir müssen jetzt einen wesentlichen Schritt weitergehen. Wie wir in die Industriearbeitermassen eingedrungen und in neue unterdrückte Schichten, so müssen wir jetzt auch als die einzigen Retter des werktätigen Volkes aus dieser tiefen Krise stärker und tiefer in die werktätigen Bauernschichten hineinsteigen. Die Kommunistische Partei ruft die Arbeiter, Angestellten auf, den Kampf der werktätigen Bauern um ihre Existenz zu unterstützen, gemeinsam mit der Bauernschaft die Pfändungen und Zwangsversteigerungen zu verhindern.

Allein die Kommunistische Partei kämpft auch für die Interessen der werktätigen Bauernschaft. Gegenüber dem Programm der Liebesgaben für die Junker und Großbauern und der Vernichtung der Existenz der werktätigen Bauern proklamiert die Kommunistische Partei das Programm der Hilfe für die werktätigen Bauern!

In diesem Programm werden die Großagrarier und Großbauern vergeblich etwas für sich suchen. Es ist ein Kampfprogramm, eine Kampfansage gegen den Monopolkapitalismus, gegen die Großagrarier und wucherischen Zollpolitiker.

Unter stürmischem Beifall verliest nunmehr Genosse Thälmann die einzelnen Punkte des Bauernhilfsprogramms, das wir an der Spitze unseres heutigen Hauptblattes veröffentlichen.

In Deutschland sind Hunderttausende von Bauernwirtschaften in ihrer Existenz bedroht. Diese Tatsache ist von ungeheurer politischer Bedeutung. Sie erschüttert eines der Fundamente der Herrschaft der Bourgeoisie, ihre Hegemonie über die Bauernschaft. Der massenhafte Ruin des bäuerlichen Privateigentums erschüttert den Glauben des Bauern auch an dieses kapitalistische System. Der jahrelange Betrug an den werktätigen Bauernmassen mit der Kampagne der “Osthilfe”, der neu beginnende Betrug mit der Einsetzung der Kampagne der “Westhilfe” muß den Bauern zum Bewußtsein gebracht werden und unserer Partei Gelegenheit geben, kühner und offensiver unsere Bauernpolitik zu verteidigen und zu vertreten. Natürlich sagen wir ganz offen, daß die Niederlegung der Kampfforderungen aufs Papier noch nicht ihre Erfüllung bedeutet. Die werktätigen Bauernmassen müssen durch ihre Selbsthilfe und Initiative gemeinsam mit der KPD und dem gesamten revolutionären Proletariat entschlossen für ihre Forderungen kämpfen.

Die Kommunistische Partei und das mit ihr verbundene Proletariat steht euch in diesem Kampfe treu zur Seite. Sie wird stärker denn je hinausgehen ins Dorf und wird das ganze Landvolk mobilisieren. Sie wird auf den Stempelstellen und in den Großbetrieben das städtische Proletariat zur Hilfe für die Bauern holen.

Sie wird in allen öffentlichen Versammlungen, von allen Parlamentstribünen, überall die. große Not der Bauern verkünden und zum Kampfe für die Bauern aufrufen. Als kürzlich eine Delegation des Eifelgebiets bei einer kommunistischen Massenversammlung in Köln erschien und ihre begeisterte Zustimmung zum sozialen und nationalen Befreiungsprogramm und zur Politik der Kommunistischen Partei dort aussprach, symbolisierte das die engste Solidarität und das Bündnis des Proletariats mit den werktätigen Bauern.

Dies muß überall viel mehr in Erscheinung treten. Zur Rettung des gewerblichen Mittelstandes im Kampfe gegen das Finanzkapital und seine Regierung müssen in der Stadt und auf dem Lande auch diese notleidenden Schichten in die große Klassenfront einbezogen werden. Unsere Forderungen für alle diese Schichten sind bekannt. Sie müssen viel stärker propagiert und vertreten werden. Wir rufen von dieser Stelle und überall in Deutschland auf:

Zur Volksaktion für Arbeit, Boden, Brot und Freiheit, gegen die Hungeraktion der vereinigten Volksfeinde!

Die werktätigen Bauern werden mit einrücken in die Front der sozialistischen Volksrevolution unter Führung der Arbeiterklasse und der Kommunistischen Partei. Wie für die Arbeiter und Arbeiterinnen, für die Millionen Arbeitslosen, für die Beamten und Angestellten und den städtischen Mittelstand, so wird auch für die Millionenmasse der kleinen Bauern die Stunde der Erlösung schlagen mit dem Siege der Volksrevolution, dem Sieg der sozialistischen, proletarischen Revolution! Keine kapitalistische Regierung, keine kapitalistische Partei wird den Großgrundbesitz enteignen, wird die landarmen Bauern zur Regierung heranziehen. Keine Wirtschaftsordnung außer der des Kommunismus wird dem kleinen Bauern aus der Not der Agrarkrise helfen, ihm den Aufstieg zum Menschentum und Sozialismus eröffnen.

Es gibt in Deutschland nach der vom Statistischen Reichsamt herausgegebenen Statistik der Einkommen- und Vermögenssteuerveranlagung für 1927, die jetzt veröffentlicht wurde, im Jahre 1927 2465 Millionäre. Diese zweieinhalbtausend Schmarotzer besitzen ein Vermögen von 5580 Millionen. Die Geldsackdiktatur schont diese Leute. Im Lande des Sozialismus, im Lande der proletarischen Diktatur ist für diese Schmarotzer kein Raum mehr. Es gibt in der “Nation” zwei Nationen, die Nation der Reichen, der Satten, diese verschwindend geringe Minderheit -und die Nation der Armen, der Hungrigen, die Millionenfront der unterdrückten Werktätigen. Der Entscheidungskampf zwischen diesen beiden Fronten ist unvermeidlich. Durch Wahlen am morgigen Tag in Oldenburg wird diese Entscheidung nicht fallen. Die Millionen Arbeiter, Beamte und Angestellte, Werktätige, Mittelständler und die Scharen der Bauernschichten, sie können sich nur befreien, wenn sie über die Wahl hinaus nicht nur der Kommunistischen Partei ihre Stimme geben, sondern gewillt sind, gemäß dem Befreiungsprogramm der KPD für ihre eigene Befreiung sich überall einzusetzen, zu kämpfen und auch zu siegen.

Wir sind die einzige Partei, die unabhängig ist von der Bourgeoisie. Wir führen den Wahlkampf nicht um Ministerposten und Staatspfründen. Unser großer Kampf ist in den Prinzipien unseres Freiheitsprogramms niedergelegt. Die Millionen werktätigen Frauen in Deutschland, die geknechtete und unterdrückte proletarische Jungarbeiterschaft, das in grenzenloser Not lebende Landproletariat, die Landarbeiter, sie alle werden in diese große Armee immer mehr mit eingereiht. Der Kommunismus ist heute schon die einzige Kraft, der die Zukunft gehört.

Unser revolutionärer Ausweg aus dem kapitalistischen Chaos ist die einzige Rettung!

Morgen wird noch gewählt. Wir wissen, daß uns viele heute noch nicht verstehen und auch ihre Stimme noch nicht geben. Übermorgen aber schon werden jene, die sie gewählt haben, sich schon entlarven müssen, die eigenen Wählermassen betrügen.

Wir haben nichts zu versprechen im Wahlkampf, als daß ihr nur durch euren eigenen Massenkampf gegen die Bourgeoisie unter Führung der Kommunistischen Partei euch aus dieser elenden Lage befreien könnt. Wir mobilisieren und rüsten zu diesem Massenkampf. Unser Freiheitsbanner entrollen wir an allen Fronten des gesellschaftlichen Lebens.

Unsere Partei und mit ihr die revolutionäre Massenfront marschiert vorwärts! Unser Kampf geht gegen das heutige Youngsystem, gilt dem heutigen Youngdeutschland! Unser Massenkampf gilt zugleich der besseren Zukunft, dem Sieg eines Sowjetdeutschlands, in dem Arbeit, Boden, Brot und Freiheit allen Werktätigen gegeben und garantiert wird. In diesem Sinne vorwärts mit uns zu neuen Kämpfen und zu neuen Siegen!

 

 

 

 

 



[1]. http://www.deutsche-kommunisten.de/Ernst_Thaelmann/Band3/thaelmann-band3-021.shtml.

[2]. Im Oktober 1930 wurden Reichswehroffiziere eines Ulmer Artillerie-Regiments wegen Bildung nationalsozialistischer Zellen in der Reichswehr ‑ was als Hochverrat gewertet wurde ‑ vom Reichsgericht zu Festungshaft verurteilt. Es handelte sich um die Leutnante Richard Scheringer, Hans Ludin und den zu dieser Zeit bereits aus der Reichswehr ausgeschiedenen Oberleutnant Hans Friedrich Wendt.

Scheringer brach noch in der Haft auf der Festung Gollnow mit der NSDAP und erklärte in einem an die KPD gerichteten Brief vom 18. März 1931: "Ich sage mich daher endgültig von Hitler und dem Faschismus los und reihe mich als Soldat ein in die Front des wehrhaften Proletariats." (Abgedruckt in: Herbert Michaelis, Ernst Schraepler (Hg.): Ursachen und Folgen ‑ Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart ‑ Band 7 ‑ Die Weimarer Republik/Vom Kellogg-Pakt zur Weltwirtschaftskrise 1928‑1930/Die innerpolitische Entwicklung, Berlin, Dokumenten‑Verlag Dr. Herbert Wendler, 1962. S. 549‑551.). Der Abgeordnete der KPD Hans Kippenberger verlas den Brief vor dem Reichstag am 19. März 1931. In der Roten Fahne wurde ein offener Brief Scheringers vom 3. April 1931 aus der Festung Gollnow an die "Berliner SA-Proleten" abgedruckt, in dem er seine ehemaligen SA-Kameraden aufforderte, sich im gleichen Sinne zu entscheiden wie er. (Ordentliches Mitglied der KPD wurde Scheringer erst im Herbst 1945.)

[3]. Otto Bauer: Kapitalismus und Sozialismus nach dem Weltkriege - Band 1 - Rationalisierung und Fehlrationalisierung., Wien 1931.

[4]. Friedrich Cassebohm, o. P.