|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|||
|
||||||
|
||||||
|
||||||
|
||||||
|
|
|||||
|
|
|
Deutsch > Bezugstexte > |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Ernst Thälmann 10. Plenum des Exekutivkomitees der
Kommunistischen Internationale: 14. Juli 1929 (Auszüge) |
|
|
Quelle: Protokoll, 10. Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale, Moskau, 3. bis 19. Juli 1929. S. 544‑561. Andere Quelle: Ernst Thälmann: Reden und Aufsätze zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung - Band 2 - November 1928‑September 1930. Berlin, Dietz, 1956[1]. |
|
|
|
|
|
Erstellt: Januar 2013 |
|
|
|
|
|
Wenn wir unsere revolutionäre Politik in den kapitalistischen Ländern und auch in den Kolonialgebieten erfolgreich durchführen wollen, so ist die Voraussetzung hierfür in allen Parteien, daß sie besonders in der Anwendung der neuen Taktik und auch in den innerparteilichen Fragen völlige Klarheit haben. Ich glaube, man kann allen Delegierten des X. Plenums des EKKI die ernste Frage vorlegen, ob die deutsche Partei imstande gewesen wäre, ihre Politik so durchzuführen, wie es notwendig ist, wenn sie zögernd und schwankend den Kampf gegen den Opportunismus in den eigenen Reihen aufgenommen und durchgeführt hätte. Keineswegs! Nicht im entferntesten! Nur durch die rücksichtslose Schärfe des Kampfes gegen den Opportunismus in unseren eigenen Reihen war es möglich, den Widerstand in der Partei gegen die neue Taktik und die organisatorisch-politische Wendung, die wir nach dem VI. Weltkongreß durchgeführt haben, auf ein Minimum herabzudrücken. Wir hatten neben den ausgeschlossenen Liquidatoren und den Versöhnlern auch noch schwankende Elemente in der Mehrheit der Partei. Auf dem VI. Weltkongreß stimmten in den verschiedenen Delegationen Genossen den Beschlüssen zu, obwohl sie ihnen in Wirklichkeit schwankend gegenüberstanden. Sogar in der deutschen Partei haben wir auf diesem Gebiete vom Essener bis zum Weddinger Parteitag verschiedene Fehler in der Durchführung des innerparteilichen Kurses begangen, aus denen wir unsere Lehren sehr bald gezogen haben - zum Beispiel in der Frage der Konzentration. Auf dem Essener Parteitag hatten wir die Frage der Konzentration richtig gestellt, als wir den Genossen Meyer und seine Freunde zur politischen Führung der Partei mit heranzogen. Aber in der Entwicklung von der zweiten zur dritten Periode war diese Art Konzentration nicht mehr ganz richtig, weil es sich gezeigt hatte, daß diese Genossen in der politischen Entwicklung zurückgeblieben waren. Wir haben Fehler gemacht, zum Beispiel in der Frage Thalheimer und Brandler, in der Frage der Durchführung des innerparteilichen Kurses, wie sie in den Beschlüssen auf dem IX. Plenum festgelegt wurden, usw. Wir haben aus diesen Fehlern gelernt und gesehen, daß die Selbstkritik nicht eine Methode um der Kritik willen sein darf, sondern daß wir sie mit dem pulsierenden Leben der Partei und mit der Steigerung des Klassenkampfes verbinden müssen. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß auf dem VI. Weltkongreß noch bei verschiedenen Parteien große Widerstände gegen die Beschlüsse des VI. Weltkongresses bestanden. Widerstände nicht in der Form, daß die Delegationen offen gegen die Beschlüsse auftraten, daß diese Widerstände offen zum Ausdruck kamen, aber in der Tendenz zeigten sie sich bei der Behandlung der verschiedenen Probleme in den Kommissionen und Delegationen. Diese abweichenden Tendenzen, die damals schon feststanden, verstärkten sich immer mehr bei den innerparteilichen Kämpfen in der Komintern, besonders in der KPdSU(B), in der deutschen Partei, in der tschechoslowakischen Partei usw., oft in sehr starker, explosiver Form. Auf dem VI. Weltkongreß gab es viele Delegierte, die die harte, unversöhnliche Sprache und den Kampf nicht verstanden, den die Mehrheit der deutschen Delegation zum Beispiel gegen die Versöhnler mit Ewert an der Spitze auf dem VI. Weltkongreß führte. Das führte zum Beispiel dazu, daß auf dem Plenum des VI. Weltkongresses noch gesagt wurde, keiner denke daran, den Genossen Ewert aus dem Polbüro herauszunehmen, wenn er, gemeinsam mit der Partei, diszipliniert die Beschlüsse des VI. Weltkongresses durchführt. Wenn wir den Kampf gegen die Versöhnler nicht richtig und scharf durchführen, wenn wir nicht verstehen, ernsthaft gegen sie zu kämpfen, dann kann uns die Entwicklung bis zum XI. Plenum verschiedene Verluste bringen und nicht die entschlossene Führung, die absolut notwendig ist. Nehmen Sie die Behandlung des Falles des Genossen Serra[2] durch die italienische Partei. Das bekannte Dokument Serras stimmt in den Grundfragen mit der Grundlinie der Komintern nicht überein. Über die Frage der Stabilisierung schreibt Serra: Die deutschen Genossen sagen, daß die Stabilisierung der deutschen Bourgeoisie faul ist. Das bedeutet, daß man sich außerhalb der Entwicklung der Ereignisse stellt. Serra begreift gar nicht, daß er schon außerhalb der Entwicklung der revolutionären Ereignisse steht. Er sagt weiter: Genosse Stalin behauptet, daß der gegenwärtige Kampf der Arbeiterklasse die kapitalistische Stabilisierung untergräbt und erschüttert, das bedeutet, daß man den kommunistischen Parteien den Ausblick auf den Grad der Entwicklung verschleiert. Hier die gleiche falsche Einschätzung der dritten Periode. Es heißt ferner in dem Dokument im Gegensatz zum Programm der Kommunistischen Internationale: Die zwei Parolen “Produktionskontrolle und Betriebsräte” werden unzertrennbar, sobald die Bewegung der Betriebsräte zu einer ernsten Sache geworden ist. Nun, die Bewegung der Betriebsräte ist bereits zu einer ernsten Sache geworden. Dadurch wäre es nach Serra notwendig, die Frage der Losung der Produktionskontrolle zu stellen. Über das EKKI sagt Genosse Serra: An der Spitze der KI ist man nach anfänglichem Zögern immer entschlossener vorgegangen, um einen nicht wiedergutzumachenden Zustand zu schaffen und den Abgrund zu vertiefen. Hier und auch schon vorher bekämpft er die Durchführung des richtigen bolschewistischen Kurses mit den schlimmsten Verdrehungen. Und zuletzt, in der Frage der Taktik der KPdSU(B), ihrer Arbeit und ihres scharfen Kampfes gegen alle kapitalistischen Elemente, hat Genosse Serra gleichfalls eine der Parteilinie entgegenstehende Auffassung. Es heißt unter anderem in dem Dokument: Es besteht eine Kulakengefahr, aber in der gegenwärtigen Lage liegt diese Gefahr abseits des Lebens. So kann nur ein Mann sprechen, der fern vorn Leben steht oder bewußt die Entwicklung der Klassenkräfte falsch einschätzt. Wenn ein führender Genosse ein solches Programm vorlegt, dann müssen wir die Frage anders stellen, als sie vom Polbüro der italienischen Partei gestellt wurde, wo man sagt, "weil Genosse Serra sich verpflichtet hat, seine Ideen in keiner Weise zu propagieren". Was heißt "seine Ideen"? Es handelt sich hier nicht um Ideen, es handelt sich hier um ein neues Programm gegen die Kommunistische Internationale. Was wäre zum Beispiel, wenn ein Genosse der Komintern die Losung des religiösen Sozialismus aufstellte oder wenn ein Genosse die Einführung der bürgerlichen Demokratie in der Sowjetunion forderte? Es handelt sich also nicht nur um die Frage der Gruppenzugehörigkeit, sondern wir müssen mit der reiferen Entwicklung der Parteien auch die Frage des schärferen organisatorischen Kampfes gegen solche Genossen stellen, die bestimmte, der Grundlinie der Kommunistischen Internationale widersprechende Anschauungen vertreten. Zumindest müßte in der Resolution die Frage gestellt werden, ob Serra sich verpflichte, die Beschlüsse des VI. Weltkongresses und des ZK der italienischen Partei aktiv durchzuführen, und zweitens, ob er bereit sei, sein politisches Dokument sofort zurückzuziehen. Einige Bemerkungen zu den Versöhnlern im internationalen Maßstabe. Man kann den Standpunkt der Versöhnler so kennzeichnen, daß sie in drei Grundfragen andere Meinungen haben als die Kornintern. Erstens in der Einschätzung der gesamten internationalen Lage; daraus ergibt sich zweitens die große Differenz in der Anwendung der neuen Taktik und drittens die Forderung, die sie auf allen Gebieten des innerparteilichen Lebens stellen: Umstellung der Funktionärkader in den Sektionen bis zur höchsten Spitze der Komintern. Natürlich wird die Komintern im Einverständnis mit den Parteien eine solche Zusammensetzung der Führung der Parteien durchsetzen, die die volle Garantie für die Durchführung unserer revolutionären Linie bietet. Ich will aus dem ganzen Komplex der innerparteilichen Fragen nur die Erklärung der Versöhnler zum letzten Parteitag der KPD herausgreifen. Schon die Tatsache, daß die Versöhnler auf dem Weddinger Parteitag - obwohl wir in der Vorbereitung des Parteitages zuviel Demokratie walten ließen - nur durch einen Delegierten vertreten waren, beweist, daß sie zum Parteitag kamen als Offiziere ohne Mannschaften. Sie wagten es noch, eine Erklärung der Minderheit abzugeben. Schon die Bezeichnung "Minderheit", wo gar keine Minderheit mehr besteht, ist lächerlich. Sie wurden in der Partei überall geschlagen. Dort, wo sie noch vor kurzem die vier wichtigsten Funktionen einer Parteileitung innehatten, im Bezirk Halle-Merseburg, bekamen sie nur noch einen von 17 Delegierten. In ihrem Fraktionsdokument sagen die Versöhnler folgendes: Die Differenzen, die wir mit der Führung der Partei und teilweise auch mit der Exekutive der KI haben, sind ausschließlich taktischer Natur. Wir haben eine andere Einschätzung der gegenwärtigen Lage als die, wie sie von der Mehrheit insbesondere nach dem VI. Weltkongreß entwickelt worden ist, gerade, weil wir auf dem Boden des VI. Weltkongresses stehen. Wir sind mit der Taktik der Partei auf dem Gebiete der Massenpolitik nicht einverstanden. Wir sind Gegner des gegenwärtigen innerparteilichen Kurses. Die Partei hat gegen uns entschieden. Wir sind überzeugt, daß diese Entscheidung falsch ist. Wir wissen, und die Geschichte der Partei beweist dies, daß im Laufe der Entwicklung die Bedingungen des revolutionären Kampfes eine Korrektur der gegenwärtigen falschen Politik herbeiführen werden. Das ist nur ein Teil des Dokumentes, das etwa elf Seiten lang ist. Wir nahmen dazu Stellung, und der Parteitag stellte drei Forderungen an die Versöhnler. Erstens: Aufgeben des halbmenschewistischen Standpunktes und Anerkennung des fraktionellen Charakters ihrer, dem Parteitag vorgelegten Plattform. Zweitens: Sofortige Auflösung der Fraktion und aller gruppenmäßigen Verbindungen. Drittens: Disziplinierte Durchführung und Verteidigung der Parteitagsbeschlüsse und aller Anweisungen der Parteiführung. Dieser einstimmige Beschluß zwang die Versöhnler zur Stellungnahme. In den beiden letzten Fragen kapitulierten sie. Auf die erste Frage, ihre Plattform, die von neun Genossen unterschrieben war, als eine fraktionelle Plattform anzuerkennen und zurückzuziehen, gaben sie keine befriedigende Antwort. Es besteht kein Zweifel darüber, daß noch ein Teil der Versöhnler ‑ einer ist bereits während des Parteitages zu den Liquidatoren übergegangen ‑ die Partei verlassen wird, ein anderer Teil wird vielleicht zu der Parteilinie zurückkommen. Der größere Teil der Versöhnler wird aber allem Anschein nach seine Fraktionsarbeit gegen die Linie der Partei und der Komintern fortsetzen. Diese innerparteilichen Probleme, die die deutsche Partei hatte, haben auch heute noch andere Parteien in den kapitalistischen und auch in den kolonialen Ländern. Wir wissen, daß die deutschen Versöhnler nur ein Teil der internationalen Opportunisten in der Komintern sind. In ihrer, dem Parteitag vorgelegten Plattform schreiben sie, daß sie auch Differenzen mit dem EKKI haben. Das ist ebenfalls ein Zeichen dafür, daß sie eine internationale Gruppierung innerhalb der Komintern sind. Wir müssen uns hier auf dem X. Plenum der Exekutive klar darüber sein, daß die Führung des Versöhnlertums und der rechten Abweichungen bei den russischen Opportunisten liegt, bei der Gruppe Bucharin, Tomski usw. Ist dies eine neue Erscheinung in der internationalen Geschichte? Keineswegs! So wie die Kommunistische Partei der Sowjetunion in der Komintern die führende Rolle bei der Entwicklung und Bolschewisierung der kommunistischen Parteien anderer Länder spielt, so wie sie vor allem im Kampf gegen den Opportunismus in unseren eigenen Reihen allen Sektionen auf das aktivste hilft und darin ein unübertroffenes Beispiel für uns alle abgibt, so üben alle opportunistischen Gruppierungen in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion eine magnetische Anziehungskraft auf alle faulen, entarteten Elemente in der Komintern aus. Diese desorganisierende und zersetzende Rolle hat der Trotzkismus vor einigen Jahren in der Komintern gespielt. Diese Gruppe ist heute gemeinsam mit den “Ultralinken” in den verschiedenen Ländern geschlagen und zerschlagen. Trotzki wurde von seinem Schicksal ereilt. Diejenigen Funktionen, die damals Trotzki ausübte, werden heute von Bucharin in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und von seinen Freunden in der Komintern ausgeübt. Vielleicht ist es nicht allen Delegierten auf dem Plenum bekannt, daß Bucharin schon vor dem VI. Weltkongreß versuchte, hinter dem Rücken des Polbüros eine Fraktion zu organisieren, wie das aus dem bekannten Gespräch mit Kamenew hervorgeht. Der VI. Weltkongreß analysierte den Kampf gegen die rechte Gefahr als die Hauptgefahr in der Komintern und verpflichtete alle führenden Genossen, gemeinsam mit der Kommunistischen Partei der Sowjetunion in allen Sektionen gegen die rechten Auffassungen den entschiedensten Kampf zu führen. Bucharin hemmte und bekämpfte die Durchführung dieser leninistischen Linie der Komintern. Wir können von dieser Stelle aus sagen, daß der Kampf gegen den mit linker Phraseologie maskierten Opportunismus unendlich schwerer war als der Kampf gegen die heutige Rechtsopposition. Warum ist dieser Kampf schwerer gewesen? Erstens, weil diese Opposition mit linker Maske auftrat. Zweitens ist der Kampf gegen die heutige Rechtsopposition leichter und einfacher, weil wir in diesen Kämpfen der letzten Jahre gegen den Trotzkismus und gegen die “Ultralinken” viel gelernt haben und gewachsen sind. Die bolschewistische Partei wurde unter Führung Lenins erst fest, hart und gestählt im unversöhnlichen Kampfe gegen den Opportunismus und gegen das “linke” Liquidatorentum. Die innerparteiliche Entwicklung in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und gleichzeitig auch in der deutschen Sektion, in der Kommunistischen Partei Frankreichs und in anderen Parteien sind ein gewaltiges Plus für die Durchführung unserer großen revolutionären Aufgaben. Natürlich zeigen sich auch auf innerparteilichem Gebiete in der Entwicklung der deutschen Partei noch große Mängel und Unterlassungen. Bei der Durchführung der innerparteilichen Konzentration wurden viele Fehler gemacht. Aber wir haben auch andere Fehler begangen. Haben wir nicht solche Tatsachen zu verzeichnen, daß wir die Wendung der Bourgeoisie, ihre politische Umstellung manchmal viel zu spät feststellten? Wir stellten auf dem Weddinger Parteitag fest, daß unsere Partei, als auf dem sozial-demokratischen Parteitag in Kiel Hilferding seine berüchtigte Theorie “Heran an den Staat” usw. aufstellte, nicht sofort die große politische Wendung begriffen hat, die sich in der Sozialdemokratie als ein entscheidender Schritt zum heutigen Sozialfaschismus vollzieht. Die Partei hat diese Wendung nicht sofort erkannt und dadurch die sofortige politische Umstellung bei uns versäumt. Die taktischen und organisatorischen Methoden der zweiten Periode sind nicht mehr ausreichend für die jetzigen Kampfformen und Organisationsmethoden der dritten Periode. Wie in vielen anderen Parteien müßte auch in Deutschland eine politische Umgruppierung stattfinden. Die Führerkader müßten bis tief in die Mitgliedschaft ausgewechselt werden, um den Anforderungen, die die dritte Periode an uns stellt, gerecht zu werden. Wir können mit voller Verantwortung aussprechen, daß wir mitunter bereits “verkalkte” Elemente in unseren Reihen haben. Sie sind nicht immer offene Anhänger von Versöhnlern und Rechten, sondern führende Genossen, die hinter der revolutionären Entwicklung zurückgeblieben sind und die Aufgaben nicht so durchführen können, wie es in der heutigen Situation notwendig ist. Ich will jetzt einige Probleme herausgreifen, die man noch besonders behandeln muß. Es gibt noch einige Fragen, die unklar sind, einige Punkte, bei denen wir noch nicht imstande sind, die Entwicklung genau zu präzisieren oder vorauszusagen. Nehmen wir zum Beispiel die Entwicklung der Müller-Stresemann-Regierung in Deutschland und die der englischen MacDonald-Regierung. Wir haben hier richtig die Entwicklung der Sozialdemokratie zum Sozialfaschismus eingeschätzt. Es gibt darüber selbst in unseren Reihen noch einige taktische Meinungsverschiedenheiten, aber in der Grundlinie sind wir alle einer Meinung. Wir haben jetzt Länder mit verschiedenen faschistischen und sozialfaschistischen Herrschaftsmethoden und Herrschaftsformen. Erstens Länder mit der sogenannten bürgerlichen Demokratie, wo man versucht, mit neuen diktatorischen und faschistischen Mitteln die Arbeiterklasse niederzuschlagen, wie zum Beispiel Deutschland und England, wo der Sozialfaschismus als Regierungsform neu in Erscheinung tritt. Weiter haben wir die uns allen bekannte faschistische Herrschaftsform in Italien, wo Mussolini auch anfänglichverschiedene Methoden anwandte und etwa drei Jahre brauchte, um ein solches System auf- und umzubauen. Die Entwicklung der deutschen Sozialdemokratie zum Sozialfaschismus, die sich auf dem Magdeburger Parteitag zeigte, ist von größter Bedeutung für uns und die Arbeiterklasse. Die Äußerungen von Wels und Severing in der letzten Zeit über die "Diktatur der Demokratie" usw. beleuchten und bestärken diese Orientierung. Die bürgerliche Demokratie ist bankrott, die Bourgeoisie sucht nach neuen Methoden der politischen Unterdrückung und Niedermetzelung der Arbeiterklasse, worin sie von den Sozialfaschisten auf das aktivste unterstützt wird. Wir müssen ferner in diesem Moment signalisieren, daß sich neue Formen der Militarisierung zeigen können und zeigen werden, zum Beispiel die Militarisierung der Gewerkschaften unter Führung der Sozialfaschisten, die Militarisierung des Reichsbanners, wie sie durch den preußischen Innenminister angedeutet wurde. Die revolutionäre Problemstellung, die Entwicklung der ökonomischen Kämpfe zu politischen Kämpfen, die Frage der Streik- und Massenstreikleitungen, ihre Legalität und Illegalität will ich hier nicht behandeln ‑ diese Fragen werden im Gewerkschaftsreferat behandelt ‑, ebenfalls nicht die Frage der schnellen organisatorischen Verankerung in den Massen. Das gleiche gilt für die Frage des revolutionären Vertrauensmännerkörpers. Eine sehr wichtige Frage ist die militärpolitische Arbeit in allen unseren Parteien auf allen Gebieten der revolutionären Arbeit. Ferner die Frage der Schaffung von Selbstschutzorganen zur Verteidigung der Demonstrationen, der streikenden Arbeiter gegen die Übergriffe der Polizei, der Versammlungen, unserer Funktionäre und Redner usw., wie das zum Beispiel am 1. Mai in Berlin notwendig war. Die letzte Frage, die für die innerparteiliche Orientierung gleichfalls eine Rolle spielt, ist die Frage, wie unsere Sektionen die Beschlüsse des VI. Weltkongresses popularisiert und in die proletarischen Massen hineingetragen haben. Die Beschlüsse des VI. Weltkongresses beziehen sich auf folgende Gebiete: Erstens die Ausnutzung der Beschlüsse in der Partei selbst; zweitens die Orientierung in unserer Presse; drittens besondere Kurse über den VI. Weltkongreß und die dort behandelten Probleme; viertens die Frage der Beeinflussung der Massen außerhalb der Partei und ihre Orientierung über die revolutionäre Entwicklung in der Welt und über unsere Aufgaben; fünftens die allgemein-politische Arbeit unter den Werktätigen; sechstens die Ausnutzung und Popularisierung der Beschlüsse des IV. RGI-Kongresses. Wir haben eine Partei, in der die Popularisierung der Beschlüsse tatsächlich durchgeführt worden ist. Die KPdSU(B) hat in Diskussionen, durch verschiedenes Material, durch besondere Informationen diese Popularisierung durchgeführt. Das ist nicht nur eine Frage der inneren Reife, sondern besonders eine Frage der Stärkung des Internationalismus, da auf dem VI. Weltkongreß die Frage der kämpfenden Arbeiter der imperialistischen Länder, der kämpfenden Kolonialvölker und der absoluten Solidarität der Arbeiter und Bauern der Sowjetunion mit allen Unterdrückten der ganzen Welt im Vordergrund der Beratungen stand. Obwohl wir hier im allgemeinen große Schwächen zu verzeichnen haben, können wir auch auf diesem Gebiete einen Fortschritt feststellen. Unsere gewaltige Stärke im Kampf gegen unsere Klassenfeinde ist es, daß wir ideologisch reifer werden und dabei im Kampfe gegen alle Schattierungen des Opportunismus in unseren eigenen Reihen wachsen und nicht “entarten und zerfallen”, wie es die Liquidatoren und Versöhnler behaupten. Wir können sagen, daß die dritte Periode eine Periode der gewaltigsten sozialen Verschiebungen sowohl in den kapitalistischen Ländern als auch in der Sowjetunion ist. In den kapitalistischen Ländern bedeutet die dritte Periode eine scharfe Zuspitzung der Widersprüche der kapitalistischen Stabilisierung, deren Erschütterung, den Übergang der Arbeiterklasse zum Gegenangriff auf die Bourgeoisie und den erbittertsten Kampf zwischen Kommunismus und Sozialfaschismus um die Mehrheit der Arbeiterklasse. In der Sowjetunion bedeutet die dritte Periode den Übergang von der Periode des Wiederaufbaus zur Periode der Rekonstruktion, die gigantische Offensive des Sozialismus gegen die kapitalistischen Elemente, die stürmische Entwicklung der kollektiven Wirtschaftsformen. Wenn wir die dritte Periode so einschätzen, dann sind die Anforderungen an die Kommunistischen Parteien und auch an die KPdSU(B) gewaltig. Deshalb steht vor allen Parteien die bedeutsame Aufgabe der Säuberung der Reihen der kommunistischen Parteien von dem opportunistischen Ballast. Ich möchte hier auf dem X. Plenum die Behauptung aufstellen, daß bis zum nächsten Plenum des EKKI aus der Kommunistischen Internationale noch eine Reihe von Renegaten ausgestoßen werden müssen. Das liegt in der ganzen Entwicklung begründet, weil der Klassenfeind schärfer auf uns eindringt, unsere Parteien aktiver und lebendiger auftreten müssen und weil die Geschichte viel schneller fortschreitet, als manchmal selbst führende Genossen in der Lage sind mitzukommen. Deswegen auch die Verschärfung der innerparteilichen Konflikte in verschiedenen Parteien. In dieser Zeit, wo wir den Kampf energischer und revolutionärer führen müssen gegen den kapitalistischen Staat, gegen den Reformismus, gegen den Faschismus und die sozialfaschistische Diktatur, wo das Proletariat in allen Teilkämpfen zum politischen Kampf stets und immer bereit sein muß, wo wir unsere Teilforderungen agitatorisch verbinden müssen mit dem Kampf um die Aufrichtung der proletarischen Diktatur, müssen wir alles in der Agitation ausnutzen, womit der neue Aufschwung des sozialistischen Aufbaus, der sich in dieser gewaltigen Rekonstruktionsperiode in der Sowjetunion vollzieht, illustriert werden kann. Was ist das Neue, das Bedeutsame in dem gewaltigen Rekonstruktionswerk der Sowjetunion, was wir besonders in der Agitation ausnutzen müssen? Wir sehen in der Sowjetunion neue Formen der Entwicklung der proletarischen Diktatur, Aufstiegsmöglichkeiten, die wir vor einigen Jahren noch nicht voraussehen konnten. Die Entwicklung der sozialistischen Industrialisierung verläuft jetzt in einem so rasenden Tempo, daß selbst ‑ wie Genosse Molotow schon gestern sagte ‑ sehr oft die Pläne, die für die nächsten Wochen und Monate aufgestellt sind, durch die Tatsachen überholt werden. Was ist die notwendigste Aufgabe für alle unsere großen Sektionen in dieser Situation? Wir müssen die Massen überzeugt und offensiv gegen die kapitalistische Wirtschaft, gegen den kapitalistischen Staat mobilisieren und sie für das sozialistische Wirtschaftssystem gewinnen, das heißt für den Sturz des Kapitalismus im eigenen Lande. Wir müssen auf die Entwicklung der Sowjetunion unter der proletarischen Diktatur hinweisen, wie sie sich in den letzten elf Jahren seit dem Sieg der russischen Revolution vollzogen hat. Die jetzige außerordentlich günstige Entwicklung in der Sowjetunion, bei allen ihren Schwierigkeiten, gibt uns Gelegenheit genug, diese Aufgabe so zu stellen und die Grundfragen zu zeigen. Dort zum Beispiel die kapitalistische Rationalisierung mit immer neueren und schärferen reaktionären Ausbeutungsmethoden und hier die sozialistische Rationalisierung mit neuen Methoden der Entwicklung auf der Basis der Verbesserung der Löhne, der Einführung des Siebenstundentages in den wichtigsten Industriezweigen, auf der Basis der kulturellen Freiheit des Proletariats usw. Das sozialistische Prinzip der Planwirtschaft bleibt nicht auf die Industrie beschränkt. Es wird auf die Landwirtschaft ausgedehnt. Man kann sagen, diese Entwicklung zeigt, daß ein neues Blatt in der Geschichte der Menschheit eröffnet wird. Das, was wir in den kapitalistischen Ländern als allgemeine Losung aufstellen: Bündnis des Proletariats mit den werktätigen Bauern, ist heute in der proletarischen Diktatur bereits verwirklicht. Der jahrhundertealte Gegensatz zwischen Stadt und Land wird durch den mächtigen sozialistischen Aufbau, durch die Industrialisierung des Dorfes, die Kollektivierung der Bauernwirtschaften überwunden. Die gesamte Volkswirtschaft wird auf einer neuen, sozialistischen Grundlage planmäßig rekonstruiert. Das Bündnis zwischen dem Proletariat und den werktätigen Massen der Bauern unter Führung des Proletariats wird durch die Industrialisierung des Dorfes, durch Schaffung der Traktoren- und Maschinenstationen auf die Basis des produktiven Zusammenschlusses gestellt. Diese Entwicklung vollzieht sich nicht auf friedlichem Wege, wie zum Beispiel Bucharin und seine Freunde behaupten, auf dem Wege des Hineinwachsens der Kulaken in den Sozialismus, sondern im schärfsten Klassenkampf gegen die Kulaken und gegen alle kapitalistischen Elemente des ganzen Landes. Ich will hier nur an die falschen Auffassungen erinnern, die von den Genossen Bucharin, Rykow und Tomski in den entscheidenden Lebensfragen des sozialistischen Aufbaus vertreten wurden. Wie war ihr Standpunkt in der Frage der Industrialisierung? Sie sprachen von einem überstürzten Tempo der Industrialisierung, sie schlugen vor, die Entwicklung der Schwerindustrie zugunsten der Leichtindustrie zu verlangsamen. Was bedeutet diese Forderung? Das Ergebnis davon wäre: größere Abhängigkeit der Sowjetwirtschaft von der kapitalistischen Weltwirtschaft. In der Frage des Verhältnisses des Proletariats zur Bauernschaft beschuldigen sie das Zentralkomitee des “feudalen Regimes” gegenüber den Bauern. Sie schlugen vor, die "freie Entwicklung der Wirtschaftskräfte des gesamten Dorfes", also auch der Kulaken, zu gewährleisten. Sie wandten sich gegen die Politik des Ausbaus des sozialistischen Sektors, gegen die Entfaltung der Sowjet- und Kollektivwirtschaften. Sie sprachen von der Degradation des Dorfes. Die Tatsachen haben ihre Auffassungen völlig widerlegt, wie es besonders Genosse Molotow auf diesem Plenum überzeugend dargelegt hat. Die Auffassung des Genossen Bucharin besteht darin, daß die kapitalistischen Elemente unter der Diktatur des Proletariats friedlich in den Sozialismus hineinwachsen und daß der Klassenkampf immer mehr abflaut. Wir sehen hier einen diametralen Gegensatz zwischen ihm und den Auffassungen Lenins. Lenin sagte über diese Übergangsperiode unter anderem folgendes[3]: Die Aufhebung der Klassen ist das Werk eines langwierigen, schweren, hartnäckigen Klassenkampfes, der nach dem Sturze der Macht des Kapitals, nach der Zerstörung des bürgerlichen Staates, nach der Errichtung der Diktatur des Proletariats nicht verschwindet (wie sich das Flachköpfe vom alten Sozialismus und von der alten Sozialdemokratie einbilden), sondern nur seine Formen ändert und in vieler Hinsicht noch erbitterter wird. Am klarsten hat Frumkin die Ignorierung des Klassenkampfes vertreten, als er die Behauptung aufstellte, es sei für die proletarische Diktatur ganz gleich, von wo sie das Getreide bekommt. Frumkin sagte in seinem Brief: Man mag noch so schimpfen, ich muß erneut wiederholen, daß unter den gegebenen Verhältnissen, bei dem Mangel an landwirtschaftlicher Produktion jede Million Pud, ganz gleich von welcher Gruppe sie kommt, die Diktatur des Proletariats, die Industrialisierung festigt, jedes verlorene Pud Getreide schwächt uns. Hier sehen wir die falsche Ideologie, die direkte Kampfansage an die Partei, die direkte Ablehnung der Verschärfung des Kampfes gegen die kapitalistischen Elemente und insbesondere gegen die Kulaken. Das sind nur einige Beispiele dafür, wie die Rechten und Versöhnler innerhalb der Kommunistischen Partei der Sowjetunion uns durch ihre Taktik von dem Wege des Leninismus ablenken und gleichzeitig damit den Kampf der Komintern und des Weltproletariats gegen die Weltbourgeoisie schwächen wollen. Nehmen wir nur die Entwicklung des Fünfjahrplans ‑ soweit sie uns bekannt ist ‑, die glänzenden Fortschritte, die gewaltigen Erfolge, an die selbst führende Genossen der Kommunistischen Partei der Sowjetunion nicht geglaubt haben. Das Markanteste ist der Wettbewerb der Großbetriebe untereinander, nicht der Wettbewerb um mehr Lohn und besondere Anerkennung seitens der Brotherren, wie es in kapitalistischen Ländern der Fall ist, sondern ernste und innerste Selbstüberzeugung, Selbstinitiative, härteste kollektive Anstrengungen, um den sozialistischen Aufbau zu fördern und aktiv zu unterstützen. Nicht als Entwicklung einiger Betriebe, sondern wie ein elektrischer Strom, der durch Millionen von Proletariern, die in den Großbetrieben der Sowjetunion arbeiten, fährt, vollzieht sich dieser sozialistische Aufbau. Aber das Hervorstechendste ist die Vergesellschaftung der Landwirtschaft und ihr Kurs auf den sozialistischen Aufbau. Das Tempo dieser Entwicklung ist so rasend, daß selbst die Zahlen des Fünfjahrplans fast jeden Monat durch neue Tatsachen der Entwicklung als überholt betrachtet werden müssen. Natürlich sind noch große Schwierigkeiten und Mängel bei der Durchführung dieses großen Plans zu verzeichnen: die dauernde Sabotage verschiedener bürgerlicher Spezialisten und Ingenieure, die nicht genügenden Kenntnisse mancher unserer Genossen auf dem Gebiete der technischen Wissenschaft, das Fehlen genügend qualifizierter Spezialarbeiter für die sofortige und schnelle Durchführung dieser großen technischen Umwälzung usw. Trotz alledem geht es unaufhaltsam vorwärts! Verbunden ist damit das steigende Vertrauen zur Führung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, das steigende Vertrauen der Millionen parteiloser Arbeiter und Bauern zu dieser Politik, zu dieser gewaltigen Arbeit des proletarischen Staates. Wenn wir diese Frage international stellen, so können wir sagen, wer das Vertrauen der Massen zur Kommunistischen Partei der Sowjetunion untergräbt, wer diese Entwicklung zu hemmen und zu stören versucht, der untergräbt die Autorität der Komintern und das Vertrauen des revolutionären Weltproletariats zu ihr. Deswegen hat diese internationale Stellungnahme gegenüber der Opposition eine sehr große Bedeutung. Diese Opposition sieht weder den neuen revolutionären Aufschwung, sie sieht weder die Erschütterung der kapitalistischen Stabilisierung noch den Übergang der Arbeiterklasse zum Gegenangriff und erst recht nicht die Aufgaben der Säuberung der Komintern von den Opportunisten. Es ist bekannt, daß sich die innerparteiliche Orientierung dieser Gruppierung, die auch eine allgemein-politische Bedeutung besitzt, nicht von heute auf morgen entwickelt hat. Zur Zeit des VI. Weltkongresses gab es bereits in der Delegation der KPdSU(B) Meinungsverschiedenheiten. Es ist bekannt, daß die Mehrheit der Delegation besonders eine schärfere Analyse der Widersprüche der kapitalistischen Stabilisierung gefordert hat, als sie in dem ursprünglichen Thesenentwurf des Genossen Bucharin enthalten war. Es ist ferner bekannt, daß über die Frage der Bedeutung der Rekonstruktionsperiode der Sowjetunion gar nichts in dem Thesenentwurf des Genossen Bucharin vorhanden war. Es ist weiter bekannt, daß in der Frage der “linken” Sozialdemokratie in Deutschland und außerdem in der besonderen internationalen Kennzeichnung des Versöhnlertums erst die Mehrheit der Delegation der KPdSU(B) gemeinsam mit der deutschen Delegation neue Anträge und Anregungen in den Thesenentwurf hineinbrachten. War das vielleicht ein Zufall? Wir sehen, daß Genosse Bucharin heute in der Beurteilung der kapitalistischen Stabilisierung noch einen Schritt weiter gegangen ist. Ich möchte aus dem Artikel des Genossen Bucharin "Die Theorie der organisierten Unwirtschaftlichkeit" eine Stelle anführen: Probleme des Marktes, der Preise, der Konkurrenz und der Krisen werden immer mehr zu Problemen der Weltwirtschaft und werden innerhalb des einzelnen “Landes” ersetzt durch die Probleme der Organisierung. Organisierung unterstrichen durch den Genossen Bucharin. Was bedeutet das? Diese Formel beweist, daß Bucharin die Gegensätze innerhalb jedes einzelnen Landes unterschätzt und verwischt. Das muß aber auch unvermeidlich zu einer Verwischung der durch die kapitalistische Rationalisierung verschärften Klassengegensätze, zu einer fatalistischen Theorie der Revolution als ausschließliche Folge des Krieges führen. Genosse Bucharin läßt vollkommen die Möglichkeit einer akut revolutionären Situation auch vor dem Ausbruch des Krieges als Folge der Verschärfung der inneren Gegensätze des Kapitalismus fallen. Alle Reden der Gruppe Bucharin und ihrer Freunde in der Kommunistischen Internationale sind durchdrungen vom Pessimismus und vom Unglauben an den vorhandenen neuen Aufschwung der revolutionären Welle. In allen Dokumenten und Reden versteifen sich auch die Versöhnler auf das Gerede von der “Zersetzung der Komintern”. Hier verteidigen sie tatsächlich den Standpunkt der Opportunisten in der ganzen Welt. Bucharin und seine Freunde haben sich die ganze Zeit trotz zahlreicher Aufforderungen davor gedrückt, sich offen über Brandler und Thalheimer auszusprechen. Die Gruppe Bucharin ist momentan zum Exekutivkomitee aller versöhnlerischen und rechten Gruppen in der ganzen Komintern geworden. Es ist die Aufgabe aller Sektionen, ein solches opportunistisches Zentrum so schnell wie möglich zu beseitigen. Wir müssen dieses opportunistische Zentrum rücksichtslos zerschlagen, und wenn es seine politische Stellungnahme nicht ändert, es gemäß den politischen und innerparteilichen Maßnahmen, wie sie aus der Geschichte der Komintern bekannt sind, behandeln. Dieser unversöhnliche Kampf erfordert, daß in den verschiedenen Parteien die Führer dieser Gruppen durch alle ideologischen und überzeugenden Mittel von den ehrlichen Arbeitern, die noch hinter ihnen stehen, isoliert werden müssen. Aber es genügt nicht, den Opportunismus nur dort zu bekämpfen, wo er sich in Gruppen zusammengeschlossen hat und einen offenen Fraktionskampf gegen uns führt. Keineswegs! Wir haben vor allem die Aufgabe zu stellen, unsere eigenen Reihen von allen opportunistischen Schwankungen und sozialdemokratischen Traditionen zu befreien. Diese Halbheiten und Schwankungen zeigen sich bei der Anwendung der neuen Taktik und der revolutionären Politik, der organisatorisch-politischen Wendung des innerparteilichen Lebens, besonders in der Frage der politischen Umstellung, der Entwicklung der Selbstinitiative und des neuen Lebens der Parteien. Genossen! Nur einige Beispiele aus der deutschen Partei. Auf dem XII. Parteitag der KPD waren die Versöhnler nicht mehr so ernst zu beachtende Gegner in der Partei, daß wir größeren Schaden durch sie hätten nehmen, daß die Geschlossenheit der Partei darunter hätte irgendwie leiden können. Aber wir haben innerhalb der Mehrheit der Partei Genossen, die den Beschlüssen wohl zustimmten, die aber trotzdem große Schwankungen und Bedenken bei der Anwendung und Durchführung der neuen Taktik hatten, Schwankungen und Bedenken, die wir erst durch Beispiele, durch größere Erfolge ‑ beispielsweise in der Anwendung der neuen Streiktaktik ‑ überwinden konnten und die Genossen erst dadurch überzeugten. Wir haben ferner Genossen, bei denen die Auffassung des Gewerkschaftslegalismus höhersteht als die Bedeutung der revolutionären Bewegung, außerdem solche schwankenden Elemente, die vor den Schwierigkeiten im Kampf gegen den Klassenfeind zurückweichen. Wir haben auch Tatsachen der stillen Sabotage bei der Durchführung der Taktik zu verzeichnen. Diese Schwankungen und Bedenken sind oftmals sehr gefährlich und sehr schwer zu bekämpfen. Diese Tendenzen sind in der deutschen Partei vorhanden. Aber nehmen wir einige andere Parteien, zum Beispiel die schwedische Partei. Die führenden schwedischen Genossen fanden noch nicht einmal den Mut, auf dem Plenum zu erklären, daß die Fehler der Führung opportunistische sind und von ihnen verurteilt werden müssen. Wie kann die schwedische Partei erfolgreich gegen den Reformismus kämpfen, wenn selbst ihre führenden Vertreter im EKKI nicht erklären, daß es ein schwerer Fehler war, am 1. Mai nicht zu demonstrieren? Ich will noch auf die Schweizer Partei hinweisen, wo in der Spitze bis vor kurzem noch sozialdemokratische Elemente saßen und ihren Einfluß auf das ganze ZK ausüben konnten, so daß sie die revolutionären Energien der Arbeiter nicht nur nicht weckten, sondern geradezu lähmten, wie dies sich am Roten Tag in Basel gezeigt hat. Noch einige kurze Bemerkungen über die polnische Partei, die unter den schwersten Kämpfen, unter den Herrschaftsmethoden des Faschismus, die manchmal grausamer sind als die blutigen Herrschaftsmethoden des Zarismus, zu kämpfen hat. Auch in dieser Partei haben wir einen rechten Flügel, der die Lage in Polen falsch einschätzt, und ebenfalls den linken Flügel der PPS. Die Kommunistische Partei Polens wird eine große Rolle im Falle des Kriegsausbruchs gegen die Sowjetunion spielen. Wenn nun ein Teil der führenden Genossen mit dem rechten Flügel der polnischen Partei mitgegangen ist, wenn dieser rechte Flügel sehr oft einen Einfluß auf die anderen Genossen im Politbüro ausüben konnte, daß sie schwankend wurden, so bedeutet das eine schwere Gefahr für die polnische Partei. Es ist notwendig, daß sich alle polnischen Genossen ernstlich mit dieser Frage beschäftigen. Wenn es so weitergeht, werden bei der Verschärfung der Wirtschaftskrise in Polen nicht wir profitieren, sondern unsere Klassenfeinde. In der tschechoslowakischen Partei haben wir zwar den liquidatorischen Flügel liquidiert, aber noch nicht den Kampf gegen die versöhnlerischen Elemente beendet. Es fehlt in der tschechoslowakischen Partei an der notwendigen vollen Entfaltung der Arbeit auf allen Gebieten, nicht nur auf allgemeinpolitischem Gebiet, sondern auch auf innerparteilichem Gebiet. Es genügt nicht, wenn die Führung sich von den Liquidatoren und Versöhnlern abgrenzt, sondern das Wichtigste ist die Konkretisierung und aktive Durchführung ihrer Aufgaben. Nach neueren Meldungen sind etwa ein Dutzend Blätter verboten, und es besteht die Gefahr, daß die Partei in die Illegalität hineingetrieben werden kann. Wenn wir jetzt die legalen Möglichkeiten noch nicht aus-nutzen, um die Partei zusammenzureißen, wäre das ein Verlust und ein Versäumnis ‑ auch nur von einigen Monaten ‑, was uns später sehr teuer zu stehen käme. Es gibt vielleicht kein Land in Europa, wo die demokratischen Illusionen noch so stark in den Gehirnen des Proletariats verankert sind wie in England. Deshalb muß der Kampf der englischen Partei gegen die Labour Party auf einer viel schärferen politischen Grundlage durchgeführt werden als bisher. Die taktische Wendung, Klasse gegen Klasse, die auf dem IX. Plenum beschlossen worden ist, wurde nicht genügend scharf in der Partei durchgeführt und besonders nicht unter den Arbeitermassen an der Peripherie der Partei. Bei der großen Entwicklungsmöglichkeit, die unsere Partei dort hat, bei der Politik der MacDonald-Regierung, die die Politik der konservativen Baldwin-Regierung auf allen Gebieten durchführen wird, ist eine eiserne ideologische Geschlossenheit und Klarheit der englischen Partei bis in die Spitze hinein notwendig. Schon heute muß daher das Plenum die Frage der Reorganisation der Führung, der Hinzuziehung neuer proletarischer Elemente stellen. Wir verkennen nicht die schwere, ungeheuer schwere Arbeit der italienischen Partei unter den grausamen Methoden des Faschismus. Wir müssen es begrüßen, daß von der italienischen Partei im letzten Jahre neue Positionen in den Betrieben und auch in den Gewerkschaften in verschiedenen Gebieten Italiens erobert wurden. Aber, Genossen, bescheiden dürfen wir bei einer solchen Partei nicht sein. Von einer Partei mit solchen Erfahrungen, in der Genossen an der Spitze stehen, die schon verschiedene Erfahrungen in der Komintern gesammelt haben, verlangt die Komintern mehr als von allen anderen. Vor allem kann sie verlangen, daß die Grundfragen des Kampfes gegen den Klassengegner in den eigenen Reihen richtig gestellt werden. Von diesem Gesichtspunkt aus haben wir die Frage der italienischen Partei auf diesem Plenum gestellt und versucht, die neuen Fortschritte, die zu verzeichnen sind, organisatorisch zu festigen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, gegen diejenigen schärfer vorzugehen, die die italienische Partei in dieser ihrer Entwicklung hemmen. In der amerikanischen Partei hat und wird die Lovestone-Clique uns noch große Schwierigkeiten bereiten. Die Partei wird um so schneller gesunden und vorwärtskommen, je schneller sie diese Renegaten besiegt und je energischer sie den Kurs auf die Heranziehung neuer, frischer proletarischer Kader in die Führung und in die Partei vollzieht. Jetzt zu einigen anderen innerparteilichen Aufgaben. Unsere allgemeine politische Wendung vom VI. Weltkongreß bis heute und die Durchführung der Beschlüsse des X. Plenums erfordern gleichzeitig eine radikale Änderung des innerparteilichen Kurses auf allen Gebieten. Ich glaube, das ist eine der schwächsten Stellen aller kommunistischen Parteien, einschließlich der Kommunistischen Partei Deutschlands. Wir haben in den verschiedenen Ländern die Umgruppierungen innerhalb der Arbeiterklasse festgestellt, die beispielsweise durch den Prozeß der kapitalistischen Rationalisierung vor sich gingen. Nehmen wir die Tatsache, daß zum Beispiel in Deutschland heute rund 3 Millionen Frauen mehr als vor dem Kriege im Produktionsprozeß beschäftigt werden. Mir sind die Zahlen aus den anderen Ländern nicht bekannt, aber ich nehme an, daß sich auch in anderen Ländern ein solcher Prozeß vollzogen hat. Wir sehen ferner, daß auch die Jugend von der Bourgeoisie noch schärfer ausgebeutet wird als früher, viel schärfer als die Erwachsenen. In dieser Beziehung sind die Parteien in der Entwicklung völlig konservativ geblieben. Man kann hier auf dem X. Plenum fast nicht genug Worte darüber finden, mit welcher rücksichtslosen Entschlossenheit die Parteien darangehen müssen, auf diesem Gebiet eine radikale Wendung durchzuführen. Es ist notwendig, daß die Parteien ihre Kader von Arbeiterinnen und besonders von Industriearbeiterinnen in den wichtigsten Funktionen verstärken. Wir brauchen uns nur die Zusammensetzung des Plenums anzusehen, um festzustellen, daß wir eine große Wendung durchführen müssen. Dieselbe konservative Einstellung haben wir auch bei unserer kommunistischen Jugend in bezug auf die stärkere Heranziehung der jugendlichen Arbeiterinnen. Auch hier müssen wir unsere ganze Aufmerksamkeit auf die stärkere Gewinnung der jugendlichen Arbeiterinnen lenken. Im Zusammenhang mit der Erfüllung dieser innerparteilichen Aufgaben ist es ferner notwendig, die innerparteiliche Demokratie und Selbstinitiative in allen Parteien mehr zu entwickeln. Selbstkritik nicht um der Kritik willen, sondern um ein höheres Niveau der Partei zu entwickeln, um die Selbstinitiative von unten zu entfalten. Frei von jeder bürgerlichen Sentimentalität, frei von jeder Selbstüberheblichkeit müssen wir vor aller Öffentlichkeit kritisch unsere Fehler aufzeigen und über-winden, um sie mit den Massen gemeinsam zu korrigieren, um mit den Massen gemeinsam unsere revolutionären Aufgaben zu erfüllen. Der Kampf um die Durchführung dieser innerparteilichen Aufgaben ist nicht nur ein Kampf in unseren Reihen, sondern in Deutschland hat sich in den letzten Monaten überall gezeigt, daß die Unorganisierten und Parteilosen uns im Kampfe gegen die Liquidatoren, sowohl in den Gewerkschaften wie in den Massenorganisationen, voll unterstützten und uns aktiv helfen, sie schneller aus der revolutionären Bewegung auszuscheiden. Eine weitere wichtige Frage ist die Frage der Disziplin, die man nicht von der allgemeinen innerparteilichen Arbeit der Partei trennen kann. Ich möchte sagen, daß wir in der Frage der Disziplin alle miteinander noch vieles von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion lernen können und lernen müssen. Aber wir haben auch Erfolge auf diesem Gebiete zu verzeichnen. Die revolutionäre Disziplin muß weiter in allen Parteien verstärkt werden, sie muß eine feste, militärische sein, besonders wenn unsere Parteien in die Illegalität gezwungen werden. Sie wird in allen ernsten Kämpfen eine große Rolle spielen. Die Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit, besonders in den illegalen Parteien, ist eine wichtige Voraussetzung für ihre aktive revolutionäre Arbeit. Wir können den Staatsapparat der Bourgeoisie mit seinen mächtigen Organisationen nur zerschlagen mit einer noch besseren Organisation, mit einem noch festeren Apparat, der sich auf den höchsten Grad des Bewußtseins in unseren Reihen und in den Arbeitermassen stützt. Ich möchte nur noch eine internationale Frage besonders hervorheben. Die Aufgabe der deutschen und aller anderen Parteien ist nicht nur die Entfesselung neuer Wirtschaftskämpfe, nicht nur die Entfesselung zwischentariflicher Lohnbewegungen, sondern das Verständnis für die Entwicklung dieser ökonomischen Kämpfe zu politischen Aktionen, zu Kämpfen gegen die bürgerliche Staatsgewalt und gegen den Sozialfaschismus muß geweckt werden. Das ist eine der wichtigsten Fragen, die gegenwärtig zu lösen sind. Dabei muß unser zäher systematischer Kampf gegen die imperialistische Kriegsgefahr und für die Verteidigung der Sowjetunion - und das bedeutet die Organisierung des Kampfes gegen den eigenen imperialistischen Staat - in allen diesen Kämpfen den proletarischen Massen verständlich gemacht werden. Unsere Aufgabe muß auf höherer revolutionärer Grundlage im internationalen Maßstabe gestellt und weiter in der revolutionären Massenmobilisierung gegen die Diktatur der Bourgeoisie, für die Diktatur des Proletariats entwickelt werden. Dazu müssen wir in unseren Reihen den wirklichen Internationalismus mehr fördern und stärken. Die internationale Solidarität der sowjetischen Arbeiter ist uns allen bekannt. Denken wir an unsere internationalen Schwächen zur Zeit der großen Ereignisse der chinesischen Revolution, erinnern wir uns der Zeit des englischen Bergarbeiterstreiks. In dieser Periode, wo der internationale Kampf und die revolutionäre Solidaritätsaktion eine ungeheure Bedeutung haben, wo wir uns schärfer denn je auf die Gefahr des Ausbruchs des imperialistischen Krieges einstellen müssen, ist es unbedingt notwendig, stärkere Solidaritätsbewegungen und internationale Aktionen auszulösen. Überall muß die Aufgabe so gestellt sein, daß wir die Wirtschaftskämpfe mit den politischen Kämpfen verbinden und gleichzeitig unseren ideologischen Einfluß in den Massen organisatorisch verankern, die Betriebe zu revolutionären Hochburgen des Kommunismus machen. Wenn wir unsere Reihen fest zusammenschließen, das Kraftbewußtsein der Millionen Arbeiter und Arbeiterinnen wecken, wenn wir unsere revolutionäre Linie mit rücksichtsloser Entschlossenheit durchführen, dann werden weder die Bourgeoisie noch der Sozialfaschismus, noch alle anderen Klassenfeinde unseren siegreichen Vormarsch aufhalten können. |
|
|
|
|