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Zentrale der Kommunistischen Partei Deutschlands,
Reichsausschuss der deutschen Betriebsräte

Aufruf

12. August 1923

 

 

Quelle:

Flugblatt. IML, ZPA, D. F. VI/16.
Faksimile abgedruckt in:
Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.): Zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands. Berlin, Dietz, 1955, S. 129.

Abgedruckt in:

Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.): Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung - Reihe 2 - Band 7 - Februar 1919‑Dezember 1923 - Halbband 2 - Januar 1922‑Dezember 1923. Berlin, Dietz, 1966, S. 404‑405

 

 

 

 

 

 

Erstellt: Oktober 2014

Druckversion
KPD 1918 1945 - Inhalt

 

 

 

 

 

 

Kampf auf der ganzen Linie!

An das deutsche Proletariat!

Die Bourgeoisie, die glaubt mit dem Proletariat bis ins endlose Schindluder treiben zu können, hat es nun erreicht: Seit 1918 durchbrauste keine so elementare, wuchtige Bewegung Deutschland wie jetzt. Die tolle Spekulation, das landesverräterische Treiben der großen Konzerne, die Aushungerungspolitik der Junker, die Politik der Bankrottregierung Cuno, die Bankrottpolitik der SPD- und Gewerkschaftsbürokratie, der nackte Hunger und die Verzweiflung haben ungeheure breite Massen spontan in die Bewegung getrieben. Die Berliner Betriebsräte haben gestern einmütig und geschlossen den Generalstreik für Berlin ausgerufen. Sie haben die Bewegung des Berliner Proletariats in die Hände genommen. Sie lassen nicht, wie die verräterische Gewerkschaftsbürokratie, die Massen ohne Führung.

Der Reichsausschuß der Betriebsräte und die Kommunistische Partei Deutschlands rufen die übrige Arbeiterschaft auf, ihre Bewegung mit der mächtigen Bewegung des Berliner Proletariats zu vereinen und den

Generalstreik über ganz Deutschland

auszudehnen.

Der Hunger der Berliner Arbeiter ist der Hunger der gesamten Arbeiterschaft Deutschlands.

Die Forderungen der Berliner Arbeiterschaft sind die Forderungen des gesamten deutschen Proletariats.

Der Zentralvorstand der SPD und die Führer des ADGB haben es, wie zu erwarten, abgelehnt, die spontane Bewegung der Arbeiterschaft zu unterstützen und gemeinsam mit der KPD sich an die Spitze der hungernden Arbeiter zu stellen. Sie wollen auch in dieser Stunde beweisen, daß die Bezeichnung dieser Führer als Agenten der Bourgeoisie die einzig richtige Bezeichnung für sie ist.

Die Verhandlungen, die mit diesen Führern stattfanden, blieben ergebnislos, da sie es ablehnten, sich mit der kämpfenden Arbeiterschaft zu solidarisieren.

Die KPD wird mit allen ihren Kräften
die spontane Bewegung des Proletariats
unterstützen.

Sie fordert alle ihre Mitglieder und ihre Funktionäre auf, alle Kräfte daranzusetzen, um die Bewegung der Arbeiterschaft einheitlich und geschlossen und zielbewußt zu führen.

Die KPD richtet den dringenden Appell an die Mittelschichten, die ebenso hungern wie die Arbeiter, sich nicht gegen die Arbeiterschaft gebrauchen zu lassen.

Die Arbeiter reichen den unter der Herrschaft der großen Konzerne und der Bankrottpolitik der Cuno-Regierung verzweifelten Mittelschichten brüderlich die Hände. Sie werden nur rücksichtslos gegen jene kämpfen, die mit der großen Bourgeoisie die Arbeiter aushungern und niederschlagen wollen. Zusammen mit dem Proletariat allein ist es möglich, auch euch vor dem Hungertod zu retten.

Die Kleinbauern und Landarbeiter fordern wir auf,
tatkräftig den Kampf der Proletariermassen zu unterstützen.

Der Kampf der proletarischen Massen gegen das Schiebertum, gegen die groß- agrarischen Auswucherer ist gleichzeitig ein Kampf im Interesse der Kleinbauern und Landarbeiter.

Kein ehrlicher Schupo[1]- und Reichswehrmann darf
sich dazu hergeben, seine Waffen gegen Arbeiter zu verwenden.

Es darf nicht vorkommen, daß ein Schupo- oder Reichswehrmann seine Waffe gegen hungernde Arbeiter erhebt.

Arbeiter, Beamte und Angestellte!

Organisiert und schließt die Reihen zum Kampf gegen
den Hunger!

Kämpft für eure Rettung und damit für die Rettung Deutschlands!

Er muß alle Widerstände beseitigen. Er muß, mit eiserner Wucht geführt, die Ziele erreichen, die die Berliner Arbeiter gestellt haben:

1. Sofortiger Rücktritt Cunos und Auflösung des Reichstages;

2. Bildung einer Arbeiter-und-Bauern-Regierung;

3. Beschlagnahme der Lebensmittel zur Sicherung der Ernährung;

4. sofortige Anerkennung der proletarischen Kontrollausschüsse;

5. sofortige Aufhebung des Verbots der proletarischen Hundertschaften[2];

6. sofortige Festsetzung eines Minimalstundenlohnes von 60 Friedenspfennigen für alle Arbeiter und Angestellten;

7. Wiedereinstellung aller Arbeitslosen und die Beschäftigung der Kriegsrentner zu vollem Lohn;

8. Aufhebung des Demonstrationsverbots und des Ausnahmezustandes;

9. sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen.

 

Die Zentrale der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der 3. Internationale)

Reichsausschuß der deutschen Betriebsräte

 

 

 

 

 



[1]Im Laufe des Jahres 1919, wurden verschiedene Freikorps und Freiwilligenverbände ‑ teilweise, manchmal vollständig ‑ in die bestehende Sicherheitspolizei eingegliedert. Von 5. bis 16. Juli 1920 findet in Spa, in Belgien, eine Konferenz der Alliierten Siegermächte statt. Über die Frage der Abrüstung Deutschlands wird am 9. Juli ein Abkommen getroffen [Protokoll über die militärischen Fragen]. Gemäß diesem Text müssen die Bestimmungen des Vertrags von Versailles mit 1. Januar 1921 erfüllt sein: insbesondere müssen die Streitkräfte auf eine Zahl von 100 000 reduziert werden, und die Sicherheitspolizei und die Einwohnerwehren müssen mit 31. Jänner 1921 aufgelöst sein. Durch am 4 Oktober und 20 November 1920 erlassene Maßnahmen wird auf der Basis von Kräften die von der Sicherheitspolizei und der Ordnungspolizei kommen, die Schutzpolizei gebildet. Diese wird, neben der Ordnungspolizei und der Kriminalpolizei, ein wesentliches Element der inneren Sicherheitskräfte. Sie erreicht eine Stärke von 150 000 Männern, davon 85 000 für Preußen.

[2]. Im März 1923 wurden zunächst in Thüringen, wo eine SPD-Regierung amtierte, sogenannte proletarische Hundertschaften gebildet. In der Folge entwickelten sich diese Selbstverteidigungsorgane der Arbeiterbewegung auch in Sachsen, in Berlin, im Ruhrgebiet. Für Preußen erlässt der Minister des Innern Carl Severing (SPD) am 12. Mai 1923 ein Verbot der proletarischen Hundertschaften.