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7. Kongreß der Kommunistischen
Internationale Georgi Dimitrow : 2. August 1935 |
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Quelle: Berichte über den VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale, Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung, Basel 1935, 4. Jahrgang, Nr. 35, 37, 39, 40, 42, 45, 47, 49, 50, 52, 54, 56, 58, 60, 62, 65, 66, 67, 72 und 74 [1]. Abgedruckt in: Protokoll des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale - Band 1 - Erlangen, Karl Liebknecht Verlag, 1974. |
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Erstellt: November 2016 |
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I. Der Faschismus und die ArbeiterklasseGenossen! Bereits der VI. Kongreß der Kommunistischen Internationale hat dem internationalen Proletariat das Heranreifen einer neuen faschistischen Offensive signalisiert und zum Kampf gegen sie aufgerufen. Der Kongreß wies darauf hin, daß "faschistische Tendenzen und Keime einer faschistischen Bewegung in mehr oder weniger entwickelter Form fast überall zu finden sind". Unter den Verhältnissen der hereingebrochenen überaus tiefen Wirtschaftskrise, der heftigen Zuspitzung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Revolutionierung der werktätigen Massen ist der Faschismus zum breiten Angriff übergegangen. Die herrschende Bourgeoisie sucht immer mehr ihre Rettung im Faschismus, um die schlimmsten Ausplünderungsmaßnahmen gegen die Werktätigen durchzuführen, um einen imperialistischen Raubkrieg, um den Überfall auf die Sowjetunion, die Versklavung und Aufteilung Chinas vorzubereiten und durch alle diese Maßnahmen die Revolution zu verhindern. Die imperialistischen Kreise suchen die ganze Last der Krise auf die Schultern der Werktätigen abzuwälzen. Dazu brauchen sie den Faschismus. Sie wollen das Problem der Märkte durch Versklavung der schwachen Völker, durch Steigerung der kolonialen Unterdrückung und durch eine Neuaufteilung der Welt auf dem Wege des Krieges lösen. Dazu brauchen sie den Faschismus. Sie suchen dem Anwachsen der Kräfte der Revolution durch Zerschlagung der revolutionären Bewegung der Arbeiter und Bauern und durch den militärischen Überfall auf die Sowjetunion ‑ das Bollwerk des Weltproletariats ‑ zuvorzukommen. Dazu brauchen sie den Faschismus. In einer Reihe von Ländern ‑ insbesondere in Deutschland ‑ gelang es diesen imperialistischen Kreisen, vor der entscheidenden Schwenkung der Massen zur Revolution dem Proletariat eine Niederlage zu bereiten und die faschistische Diktatur aufzurichten. Bezeichnend für den Sieg des Faschismus ist aber gerade der Umstand, daß dieser Sieg einerseits von der Schwäche des Proletariats zeugt, das durch die sozialdemokratische Spaltungspolitik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie desorganisiert und paralysiert wurde, andererseits aber die Schwäche der Bourgeoisie selbst zum Ausdruck bringt, die vor der Herstellung der Kampfeinheit der Arbeiterklasse Angst hat, vor der Revolution Angst hat und nicht mehr imstande ist, ihre Diktatur über die Massen mit den alten Methoden der bürgerlichen Demokratie und des Parlamentarismus aufrechtzuerhalten. Den Sieg des Faschismus in Deutschland ‑ sagte Genosse Stalin auf dem XVII. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki): darf man nicht nur als Zeichen der Schwäche der Arbeiterklasse und als Ergebnis des Verrats der Sozialdemokratie an der Arbeiterklasse betrachten, die dem Faschismus den Weg ebnete. Man muß ihn auch als Zeichen der Schwäche der Bourgeoisie betrachten, als ein Zeichen dafür, daß die Bourgeoisie nicht mehr imstande ist, mit den alten Methoden des Parlamentarismus und der bürgerlichen Demokratie zu herrschen, weshalb sie in der Innenpolitik gezwungen ist, zu terroristischen Regierungsmethoden zu greifen; als ein Zeichen dafür, daß sie nicht mehr imstande ist, einen Ausweg aus der jetzigen Lage auf dem Boden einer friedlichen Außenpolitik zu finden, weshalb sie gezwungen ist, zur Politik des Krieges zu greifen. Der Klassencharakter des FaschismusDer Faschismus an der Macht, Genossen, ist, wie ihn das XIII. Plenum des EKKI[2] richtig charakterisiert hat, die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals. Die reaktionärste Spielart des Faschismus ist der Faschismus deutschen Schlages. Er hat die Dreistigkeit, sich Nationalsozialismus zu nennen, obwohl er nichts mit Sozialismus gemein hat. Der Hitlerfaschismus ist nicht bloß bürgerlicher Nationalismus, er ist ein tierischer Chauvinismus. Das ist ein Regierungssystem des politischen Banditentums, ein System der Provokationen und Folterungen gegenüber der Arbeiterklasse und den revolutionären Elementen der Bauernschaft, des Kleinbürgertums und der Intelligenz. Das ist mittelalterliche Barbarei und Grausamkeit, zügellose Aggressivität gegenüber den anderen Völkern und Ländern. Der deutsche Faschismus spielt die Rolle des Stoßtrupps der internationalen Konterrevolution, des Hauptanstifters des imperialistischen Krieges, des Initiators eines Kreuzzuges gegen die Sowjetunion, das große Vaterland der Werktätigen der ganzen Welt. Der Faschismus ist nicht eine Form der Staatsmacht, die angeblich "über beiden Klassen, dem Proletariat und der Bourgeoisie steht", wie das z. B. Otto Bauer[3] behauptet hat. Das ist nicht das "aufständische Kleinbürgertum, das von der Staatsmaschine Besitz ergriffen hat", wie der englische Sozialist Brailsford erklärt. Nein, der Faschismus ist keine über den Klassen stehende Macht und keine Macht des Kleinbürgertums oder des Lumpenproletariats über das Finanzkapital. Der Faschismus ist die Macht des Finanzkapitals selbst. Das ist die Organisierung der terroristischen Abrechnung mit der Arbeiterklasse und dem revolutionären Teil der Bauernschaft und der Intelligenz. Der Faschismus in der Außenpolitik ist der Chauvinismus in seiner brutalsten Form, der einen tierischen Haß gegen die anderen Völker kultiviert. Dieser wirkliche Charakter des Faschismus muß besonders stark unterstrichen werden, weil der Deckmantel der sozialen Demagogie dem Faschismus die Möglichkeit gegeben hat, in einer Reihe von Ländern die durch die Krise aus ihrem Geleise geworfenen Massen des Kleinbürgertums und sogar manche Teile der rückständigsten Schichten des Proletariats mitzureißen, die niemals dem Faschismus gefolgt wären, wenn sie seinen wirklichen Klassencharakter, seine wirkliche Natur begriffen hätten. Die Entwicklung des Faschismus und die faschistische Diktatur selbst nehmen in den verschiedenen Ländern verschiedene Formen an, je nach den historischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen, je nach den nationalen Besonderheiten und der internationalen Stellung des betreffenden Landes. In den einen Ländern, vor allem dort, wo der Faschismus keine breite Massenbasis besitzt und wo der Kampf zwischen den einzelnen Gruppierungen im Lager der faschistischen Bourgeoisie selbst ziemlich stark ist, entschließt er sich nicht sofort, das Parlament zu liquidieren, und beläßt den andern bürgerlichen Parteien und auch der Sozialdemokratie eine gewisse Legalität. In andern Ländern, wo die herrschende Bourgeoisie den nahen Ausbruch der Revolution befürchtet, errichtet der Faschismus seine schrankenlose politische Monopolherrschaft entweder sofort oder, indem er den Terror und die Abrechnung mit allen konkurrierenden Parteien und Gruppierungen immer mehr verstärkt. Das schließt nicht aus, daß der Faschismus im Augenblick einer besonderen Verschärfung seiner Lage Versuche macht, seine Basis zu erweitern und, ohne sein Klassenwesen zu ändern, die offene terroristische Diktatur mit einer groben Fälschung des Parlamentarismus zu vereinen. Der Machtantritt des Faschismus ist keine einfache Ersetzung der einen bürgerlichen Regierung durch eine andere, sondern eine Ablösung der einen Staatsform der Klassenherrschaft der Bourgeoisie ‑ der bürgerlichen Demokratie ‑ durch eine andere Form ‑ durch die offene terroristische Diktatur. Die Ignorierung dieses Unterschiedes wäre ein ernster Fehler, der das revolutionäre Proletariat daran hindern würde, die breitesten Schichten der Werktätigen in Stadt und Land zum Kampf gegen die Gefahr einer Ergreifung der Macht durch die Faschisten zu mobilisieren sowie die Gegensätze auszunutzen, die im Lager der Bourgeoisie selbst vorhanden sind. Doch ein nicht minder ernster und gefährlicher Fehler ist die Unterschätzung der Bedeutung, die die gegenwärtig in den Ländern der bürgerlichen Demokratie sich verschärfenden reaktionären Maßnahmen für die Aufrichtung der faschistischen Diktatur haben, jene Maßnahmen, die die demokratischen Freiheiten der Werktätigen unterdrücken, die Rechte des Parlaments fälschen und beschneiden, die Unterdrückungsmaßnahmen gegen die revolutionäre Bewegung verschärfen. Genossen, man darf sich den Machtantritt des Faschismus nicht so simpel und glatt vorstellen, als ob irgendein Komitee des Finanzkapitals den Beschluß faßt, an diesem und diesem Tage die faschistische Diktatur aufzurichten. In Wirklichkeit gelangt der Faschismus gewöhnlich zur Macht im gegenseitigen, zuweilen scharfen Kampf mit den alten bürgerlichen Parteien oder mit einem bestimmten Teil dieser Parteien, im Kampf sogar innerhalb des faschistischen Lagers selbst, der manchmal bis zu bewaffneten Zusammenstößen führt, wie wir das in Deutschland, Österreich und anderen Ländern gesehen haben. Alles das verringert indessen nicht die Bedeutung der Tatsache, daß vor der Errichtung der faschistischen Diktatur die bürgerlichen Regierungen in der Regel eine Reihe von Vorbereitungsetappen durchlaufen und eine Reihe reaktionärer Maßnahmen durchführen, die den Machtantritt des Faschismus unmittelbar fördern. Wer in diesen Vorbereitungsetappen nicht gegen die reaktionären Maßnahmen der Bourgeoisie und gegen den anwachsenden Faschismus kämpft, der ist nicht imstande, den Sieg des Faschismus zu verhindern, der erleichtert ihn vielmehr. Die Führer der Sozialdemokratie vertuschten und verhüllten vor den Massen den wirklichen Klassencharakter des Faschismus und riefen nicht zum Kampf gegen die immer schärferen reaktionären Maßnahmen der Bourgeoisie auf. Sie tragen die große historische Verantwortung dafür, daß im entscheidenden Moment der faschistischen Offensive ein bedeutender Teil der werktätigen Massen in Deutschland und einer Reihe anderer faschistischer Länder im Faschismus nicht das blutdürstige Raubtier des Finanzkapitals, seinen schlimmsten Feind erkannte, und daß diese Massen nicht zur Abwehr bereit waren. Welches ist die Quelle des Einflusses des Faschismus auf die Massen? Es gelingt dem Faschismus, die Massen zu gewinnen, weil er in demagogischer Weise an ihre brennendsten Nöte und Bedürfnisse appelliert. Der Faschismus entfacht nicht nur die in den Massen tief verwurzelten Vorurteile, sondern er spekuliert auch mit den besten Empfindungen der Massen, ihrem Gerechtigkeitsgefühl und mitunter sogar ihren revolutionären Traditionen. Warum spielen sich die deutschen Faschisten, diese Lakaien der Großbourgeoisie und Todfeinde des Sozialismus, vor den Massen als “Sozialisten” auf und stellen ihren Machtantritt als “Revolution” hin? Weil sie bestrebt sind, den Glauben an die Revolution, den Drang zum Sozialismus auszunutzen, der in den Herzen der breiten werktätigen Massen Deutschlands lebt. Der Faschismus handelt im Interesse der extremen Imperialisten, aber vor den Massen tritt er unter der Maske des Beschützers der beleidigten Nation auf und appelliert an das gekränkte Nationalgefühl, wie z. B. der deutsche Faschismus, der die Massen mit der Losung "Gegen Versailles!" mit sich riß. Der Faschismus erstrebt die zügelloseste Ausbeutung der Massen, tritt aber mit einer raffinierten antikapitalistischen Demagogie an sie heran, macht sich den tiefen Haß der Werktätigen gegen die räuberische Bourgeoisie, gegen die Banken, die Trusts und die Finanzmagnaten zunutze und stellt Losungen auf, die im gegebenen Moment für die politisch unreifen Massen die verlockendsten sind: in Deutschland ‑ "Gemeinnutz geht vor Eigennutz"; in Italien ‑ "Unser Staat ist kein kapitalistischer, sondern ein Korporativstaat"; in Japan ‑ "Für ein Japan ohne Ausbeutung"; in den Vereinigten Staaten ‑ "Für die Aufteilung der Reichtümer" usw. Der Faschismus liefert das Volk den korruptesten, käuflichsten Elementen zur Ausplünderung aus, tritt aber vor dem Volk mit der Forderung einer "ehrlichen und unbestechlichen Regierung" auf. Der Faschismus, der mit der tiefen Enttäuschung der Massen über die Regierungen der bürgerlichen Demokratie spekuliert, entrüstet sich scheinheilig über die Korruption (z. B. die Barmat-[4] und Sklarekaffäre[5] in Deutschland, die Stavitskiaffäre[6] in Frankreich und eine Reihe von anderen). Der Faschismus fängt im Interesse der reaktionärsten Kreise der Bourgeoisie die enttäuschten Massen ein, die sich von den alten bürgerlichen Parteien abkehren. Aber er imponiert diesen Massen durch die Heftigkeit seiner Angriffe gegen die bürgerlichen Regierungen, durch seine Unversöhnlichkeit gegenüber den alten Parteien der Bourgeoisie. Durch seinen Zynismus und seine Verlogenheit alle anderen Spielarten der bürgerlichen Reaktion in den Schatten stellend, paßt der Faschismus seine Demagogie den nationalen Besonderheiten jedes Landes an, sogar den Besonderheiten der verschiedenen sozialen Schichten in ein und demselben Lande. Und die Massen des Kleinbürgertums, selbst ein Teil der Arbeiter, durch die Not, die Arbeitslosigkeit und die Unsicherheit ihrer Existenz zur Verzweiflung getrieben, werden zu Opfern der sozialen und chauvinistischen Demagogie des Faschismus. Der Faschismus kommt zur Macht als Partei des Angriffs gegen die revolutionäre Bewegung des Proletariats, gegen die in Gärung befindlichen Volksmassen, er stellt jedoch seinen Machtantritt hin als eine “revolutionäre” Bewegung gegen die Bourgeoisie im Namen der “ganzen Nation” und zur “Rettung der Nation” (man denke an den “Marsch” Mussolinis nach Rom, an den “Marsch” Pilsudskis nach Warschau, an die nationalsozialistische “Revolution” Hitlers in Deutschland usw.). Aber welche Maske der Faschismus auch aufsetzen mag, in welchen Formen er auch auftreten mag, auf welchem Wege er immer auch zur Macht gelangen mag ‑ Der Faschismus ist die wütendste Offensive des Kapitals gegen die werktätigen Massen. Der Faschismus ist zügellosester Chauvinismus und Raubkrieg. Der Faschismus ist wütende Reaktion und Konterrevolution. Der Faschismus ist der schlimmste Feind der Arbeiterklasse und aller Werktätigen. Was bringt der siegreiche Faschismus den Massen?Der Faschismus versprach den Arbeitern einen “gerechten Lohn”, in Wirklichkeit brachte er ihnen ein noch niedrigeres, ein bettlerhaftes Lebensniveau. Er versprach den Erwerbslosen Arbeit, in Wirklichkeit brachte er ihnen noch größere Hungerqualen, Sklavenarbeit, Zwangsarbeit. In Wirklichkeit verwandelt er Arbeiter und Arbeitslose in völlig rechtlose Parias der kapitalistischen Gesellschaft, zerstört ihre Gewerkschaften, raubt ihnen das Streikrecht und die Arbeiterpresse, treibt sie mit Gewalt in die faschistischen Organisationen hinein, raubt ihre Sozialversicherungsfonds, verwandelt die Fabriken und Betriebe in Kasernen, in denen die zügellose Willkür der Kapitalisten herrscht. Der Faschismus versprach der werktätigen Jugend, ihr einen breiten Weg in eine glänzende Zukunft zu öffnen. In Wirklichkeit brachte er der Jugend Massenentlassungen aus den Betrieben, Arbeitsdienstlager und ununterbrochenen militärischen Drill für einen Raubkrieg. Der Faschismus versprach den Angestellten, den kleinen Beamten, den Intellektuellen, ihre Existenz zu sichern, die Allmacht der Trusts und die Spekulation des Bankkapitals zu beseitigen. In Wirklichkeit stürzte er sie in noch größere Hoffnungslosigkeit und Unsicherheit, unterwirft er sie einer neuen, aus seinen gehorsamsten Anhängern bestehenden Bürokratie, schafft er eine unerträgliche Diktatur der Trusts, verbreitet er in einem nie dagewesenen Maße Korruption und Zersetzung. Der Faschismus versprach der ruinierten, verelendeten Bauernschaft die Beseitigung der Schuldknechtschaft, die Abschaffung der Pachtzahlungen und sogar die unentgeltliche Enteignung des grundherrlichen Bodens zugunsten der landlosen und dem Ruin verfallenden Bauern. In Wirklichkeit schafft er eine noch nie dagewesene Versklavung der werktätigen Bauernschaft durch die Trusts und den faschistischen Staatsapparat und steigert die Ausbeutung der Hauptmassen der Bauernschaft durch die Großagrarier, die Banken und die Wucherer aufs äußerste. "Deutschland wird ein Bauernland oder überhaupt nicht sein" ‑ erklärte feierlich Hitler, was aber haben die Bauern in Deutschland unter Hitler bekommen? Ein Moratorium, das bereits aufgehoben ist? Oder das Erbhofgesetz, das zur Verdrängung von Millionen Bauernsöhnen und Töchtern aus dem Dorf und zu ihrer Verwandlung in Paupers (Bettler) führt? Die Landarbeiter wurden in halbe Leibeigene verwandelt, die sogar des elementaren Rechtes der Freizügigkeit beraubt sind. Die werktätige Bauernschaft ist der Möglichkeit beraubt, die Produkte ihrer Wirtschaft auf dem Markt zu verkaufen. Und in Polen? "Der polnische Bauer" ‑ schreibt das polnische Blatt "Czas" ‑ "benutzt Methoden und Mittel, die wohl nur in der Epoche des Mittelalters angewandt wurden: er bewahrt das Feuer im Ofen und leiht es seinem Nachbar, er teilt die Zündhölzer in mehrere Teile. Die Bauern übergeben einander das schmutzige Seifenwasser. Sie kochen die Heringfässer aus, um Salzwasser zu bekommen. Das ist kein Märchen, sondern die wirkliche Lage im Dorf, von der jeder sich überzeugen kann." Und das, Genossen, schreiben nicht Kommunisten, sondern ein polnisches reaktionäres Blatt! Aber das ist noch lange nicht alles. Jeden Tag werden in den Konzentrationslagern des faschistischen Deutschland, in den Kellern der Gestapo, in den polnischen Kasematten, in der bulgarischen und finnländischen Geheimpolizei, in der Belgrader "Glawnjatscha", in der rumänischen "Siguranza", auf den italienischen Inseln die besten Söhne der Arbeiterklasse, revolutionäre Bauern, Kämpfer für eine schönere Zukunft der Menschheit solchen abscheulichen Gewalttaten und Erniedrigungen ausgesetzt, vor denen die schlimmsten Schandtaten der zaristischen Geheimpolizei verblassen. Der verbrecherische deutsche Faschismus schlägt Männer in Anwesenheit ihrer Frauen zu einem blutigen Brei, schickt den Müttern in Postpaketen die Asche ihrer ermordeten Söhne. Die Sterilisierung wurde in ein politisches Kampfmittel verwandelt. Den gefangenen Antifaschisten spritzt man in den Folterkammern gewaltsam Giftstoffe ein, bricht ihnen die Arme, schlägt ihnen die Augen aus, hängt sie an, pumpt sie mit Wasser voll, schneidet ihnen Hakenkreuze in die Haut. Vor mir liegt eine statistische Zusammenstellung der Internationalen Roten Hilfe über die Ermordeten, Verwundeten. Verhafteten, Verstümmelten und zu Tode Gefolterten in Deutschland, Polen, Italien, Österreich, Bulgarien und Jugoslawien. In Deutschland allein wurden während der Herrschaft der Nationalsozialisten über 4 200 Personen ermordet, 317 800 verhaftet; 218 600 antifaschistische Arbeiter, Bauern, Angestellte, Intellektuelle, Kommunisten, Sozialdemokraten und Mitglieder oppositioneller christlicher Organisationen wurden verwundet und grausam gefoltert. In Österreich wurden von der "christlichen" faschistischen Regierung seit den Februarkämpfen im vorigen Jahr 1 900 Personen getötet, 10 000 verwundet und verstümmelt; 40 000 revolutionäre Arbeiter wurden verhaftet. Und diese Zusammenstellung, Genossen, ist bei weitem nicht vollständig. Es fällt mir schwer, Worte zu finden, um die ganze Empörung zum Ausdruck zu bringen, die uns beim Gedanken an die Qualen erfassen, die die Werktätigen jetzt in einer ganzen Reihe faschistischer Länder zu erdulden haben. Die Zahlen und Tatsachen, die wir anführen, widerspiegeln nicht den hundertsten Teil jener Ausbeutung und jener Qualen des weißgardistischen Terrors, von denen das tägliche Leben der Arbeiterklasse in den verschiedenen kapitalistischen Ländern voll ist. Keine noch so umfangreichen Bücher können eine klare Vorstellung vermitteln von den zahllosen Bestialitäten des Faschismus gegenüber den Werktätigen. Mit tiefer Erregung und mit Haß gegen die faschistischen Henker senken wir die Banner der Kommunistischen Internationale vor dem unvergeßlichen Andenken John Scheers, Fiete Schulzes, Lüttgens in Deutschland, Koloman Wallischs und Münichreiters in Österreich, Sallais und Fürsts in Ungarn, Kofardshiews, Lütibrodskis und Woikows in Bulgarien, vor dem Andenken der Tausende und aber Tausende kommunistischer, sozialdemokratischer und parteiloser Arbeiter, Bauern, Vertreter der fortschrittlichen Intelligenz, die ihr Leben im Kampfe gegen den Faschismus hingegeben haben. Wir grüßen von dieser Tribüne aus den Führer des deutschen Proletariats und den Ehrenvorsitzenden unseres Kongresses ‑ den Genossen Thälmann. Wir grüßen die Genossen Rakosi, Gramsci, Antikainen, J. Panow. Wir grüßen den Führer der spanischen Sozialisten Caballero, der von den Konterrevolutionären ins Gefängnis geworfen worden ist, Tom Mooney, der bereits 18 Jahre im Kerker schmachtet und die Tausende anderer Gefangenen des Kapitals und des Faschismus, und wir rufen ihnen zu: "Kampfgefährten! Waffengefährten! Wir haben Euch nicht vergessen! Wir sind mit Euch! Jede Stunde unseres Lebens, jeden Tropfen unseres Blutes wollen wir hergeben für Eure Befreiung und für die Befreiung aller Werktätigen vom schändlichen faschistischen Regime." Genossen, Lenin hat uns bereits darauf hingewiesen, daß es der Bourgeoisie gelingen kann, mit dem wütendsten Terror über die Werktätigen herzufallen und in diesen oder jenen kürzeren Zeitabschnitten die wachsenden Kräfte der Revolution abzuwehren, aber daß sie sich trotzdem vor dem Untergang nicht retten kann. Lenin schrieb: Das Leben setzt sich durch. Mag die Bourgeoisie toben, bis zur Geistesverwirrung wüten, übertreiben, Dummheiten machen, sich an den Bolschewiki im voraus rächen, und hunderte, tausende, hunderttausende Bolschewiki von morgen oder gestern abschlachten (Indien, Ungarn, Deutschland usw.): indem die Bourgeoisie das tut, handelt sie wie alle von der Geschichte zum Untergang verurteilten Klassen. Die Kommunisten müssen wissen, daß die Zukunft auf jeden Fall ihnen gehört; daher können (und müssen) wir in dem gewaltigen revolutionären Kampfe die größte Leidenschaftlichkeit mit der kaltblütigsten und nüchternsten Einschätzung der Wutanfälle der Bourgeoisie verbinden. Ja, wenn wir und das Proletariat der ganzen Welt den uns von Lenin und Stalin gewiesenen Weg unbeirrt gehen werden, wird die Bourgeoisie, mag kommen was will, untergehen. Ist der Sieg des Faschismus unvermeidlich?Warum und wie konnte der Faschismus siegen? Der Faschismus ist der schlimmste Feind der Arbeiterklasse und der Werktätigen. Der Faschismus ist der Feind von neun Zehnteln des deutschen Volkes, von neun Zehnteln des österreichischen Volkes, von neun Zehnteln der anderen Völker der faschistischen Länder. Wie, auf welche Weise konnte dieser schlimmste Feind siegen? Der Faschismus konnte vor allem deshalb zur Macht kommen, weil die Arbeiterklasse dank der Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie, die von den Führern der Sozialdemokratie betrieben wurde, gespalten war, politisch und organisatorisch gegenüber der angreifenden Bourgeoisie entwaffnet war. Die kommunistischen Parteien aber waren nicht stark genug, um ohne und gegen die Sozialdemokratie die Massen auf die Beine zu bringen und sie in den entscheidenden Kampf gegen den Faschismus zu führen. In der Tat! Mögen die Millionen sozialdemokratischer Arbeiter, die jetzt zusammen mit ihren kommunistischen Brüdern die Schrecken der faschistischen Barbarei auskosten, ernsthaft über folgendes nachdenken: wenn das österreichische und das deutsche Proletariat im Jahre 1918, als die Revolution in Deutschland und Österreich ausbrach, nicht der sozialdemokratischen Führung der Otto Bauer, Friedrich Adler und Renner in Österreich, der Ebert und Scheidemann in Deutschland Gefolgschaft geleistet hätte, sondern den Weg der russischen Bolschewiki, den Weg Lenins und Stalins gegangen wäre, dann würde es jetzt keinen Faschismus geben, weder in Österreich noch in Deutschland, weder in Italien noch in Ungarn, weder in Polen noch auf dem Balkan. Nicht die Bourgeoisie, sondern die Arbeiterklasse wäre bereits längst der Herr der Lage in Europa. Nehmen wir z. B. die österreichische Sozialdemokratie. Die Revolution von 1918 hob sie gewaltig empor. Sie hatte die Macht in Händen, sie hatte starke Positionen in der Armee, im Staatsapparat. Gestützt auf diese Positionen, hätte sie den entstehenden Faschismus im Keime vernichten können. Aber sie gab ohne Widerstand eine Position der Arbeiterklasse nach der anderen auf. Sie erlaubte der Bourgeoisie, ihre Macht zu stärken, die Verfassung aufzuheben, den Staatsapparat, die Armee und die Polizei von sozialdemokratischen Funktionären zu reinigen, den Arbeitern das Waffenarsenal wegzunehmen. Sie erlaubte den faschistischen Banditen, sozialdemokratische Arbeiter ungestraft zu ermorden, Sie nahm die Bedingungen des Hüttenberger Pakts an, der den faschistischen Elementen den Zutritt zu den Betrieben öffnete. Gleichzeitig trichterten die Führer der Sozialdemokratie den Arbeitern das Linzer Programm ein, in dem die Alternative einer Gewaltanwendung gegenüber der Bourgeoisie und der Errichtung der proletarischen Diktatur vorgesehen war, und versicherten ihnen, daß die Partei, wenn die herrschenden Klassen gegenüber der Arbeiterklasse zur Gewalt greifen sollten, darauf mit der Aufforderung zum Generalstreik und bewaffneten Kampf antworten werde. Als ob die ganze Politik der Vorbereitung des faschistischen Überfalls auf die Arbeiterklasse nicht eine Kette von Gewaltakten ihr gegenüber war, die durch verfassungsmäßige Formen bemäntelt wurden? Sogar am Vorabend und während der Februarkämpfe ließ die Führung der österreichischen Sozialdemokratie den heldenmütig ringenden Schutzbund isoliert von den breiten Massen dastehen und verurteilte das österreichische Proletariat zur Niederlage. War der Sieg des Faschismus in Deutschland unvermeidlich? Nein, die deutsche Arbeiterklasse hätte ihn verhindern können. Aber dazu hätte sie die Herstellung der antifaschistischen proletarischen Einheitsfront durchsetzen, die Führer der Sozialdemokratie zwingen müssen, den Feldzug gegen die Kommunisten einzustellen und die wiederholten Angebote der Kommunistischen Partei über die Aktionseinheit gegen den Faschismus anzunehmen. Sie hätte bei dem Angriff des Faschismus und bei der allmählichen Liquidierung der bürgerlich-demokratischen Freiheiten durch die Bourgeoisie sich nicht mit den schönen Resolutionen der Sozialdemokratie zufrieden geben dürfen, sondern hätte mit einem wirklichen Massenkampf antworten müssen, der die faschistischen Pläne der deutschen Bourgeoisie erschwerte. Sie hätte nicht das Verbot des Roten Frontkämpferbundes durch die Regierung Braun-Severing zulassen dürfen, sondern hätte zwischen dem Roten Frontkämpferbund und dem fast eine Million zählenden Reichsbanner einen Kampfkontakt herstellen und Braun und Severing zwingen müssen, sowohl die eine als auch die andere Organisation aller Abwehr und Zerschlagung der faschistischen Banden zu bewaffnen. Sie hätte die Führer der Sozialdemokratie, die an der Spitze der Regierung in Preußen standen, zwingen müssen, Verteidigungsmaßnahmen gegen den Faschismus zu ergreifen, die faschistischen Führer zu verhaften, ihre Presse zu verbieten, ihre materiellen Mittel sowie die Mittel der Kapitalisten, die die faschistische Bewegung subsidierten, zu konfiszieren, die faschistischen Organisationen aufzulösen, ihnen die Waffen abzunehmen usw. Weiter hätte sie es durchsetzen müssen, daß alle Arten von Sozialleistungen wiederhergestellt und erweitert werden, daß ein Moratorium und eine Krisenhilfe für die unter dem Einfluß der Krise ruinierten Bauern eingeführt werden, und zwar durch Besteuerung der Banken und der Trusts, um sich auf diese Weise die Unterstützung der werktätigen Bauernschaft zu sichern. Das wurde nicht getan, und schuld daran war die Sozialdemokratie Deutschlands; deshalb konnte der Faschismus siegen. Mußten die Bourgeoisie und der Adel in Spanien unvermeidlich triumphieren, in einem Lande, in dem die Kräfte des proletarischen Aufstandes mit dem Bauernkrieg sich so günstig vereinen? Die spanischen Sozialisten waren in der Regierung seit den ersten Tagen der Revolution. Haben sie einen Kampfkontakt zwischen den Arbeiterorganisationen aller politischen Richtungen hergestellt, einschließlich der Kommunisten und der Anarchisten? Haben sie die Arbeiterklasse in einer einheitlichen Gewerkschaftsorganisation zusammengeschlossen? Haben sie die Beschlagnahme aller Gutsbesitzer-, Kirchen- und Klosterländereien zugunsten der Bauern gefordert, um die Bauern für die Revolution zu gewinnen? Haben sie versucht, den Kampf für die nationale Selbstbestimmung der Katalonier, der Basken, für die Befreiung Marokkos zu führen? Haben sie eine Säuberung der Armee von monarchistischen und faschistischen Elementen durchgeführt und den Übergang der Armee auf die Seite der Arbeiter und Bauern vorbereitet? Haben sie die dem Volk verhaßte Zivilgarde, den Henker aller Volksbewegungen, aufgelöst? Haben sie gegen die faschistische Partei Gil Robles', gegen die Macht der katholischen Kirche einen Schlag geführt? Nein, nichts dergleichen. Sie haben die wiederholten Vorschläge der Kommunisten über die Herstellung der Aktionseinheit gegen den Angriff der bürgerlich-junkerlichen Reaktion und des Faschismus abgelehnt; sie haben Wahlgesetze durchgebracht, die es der Reaktion ermöglichten, die Mehrheit in den Cortes (Parlament) zu erobern, Gesetze, die die Volksbewegungen unter Strafe stellten, Gesetze, nach denen jetzt die heldenhaften Bergarbeiter von Asturien abgeurteilt werden. Sie haben mit den Händen der Zivilgarde die Bauern niedergeschossen, die für den Boden kämpften usw. So bereitete die Sozialdemokratie dem Faschismus den Weg zur Macht, sowohl in Deutschland als auch in Österreich, als auch in Spanien, desorganisierte und spaltete die Reihen der Arbeiterklasse. Genossen, der Faschismus siegte auch, weil das Proletariat isoliert war von seinen natürlichen Bundesgenossen. Der Faschismus siegte, weil es ihm gelang, die großen Massen der Bauernschaft mit sich zu reißen, dank der Tatsache, daß die Sozialdemokratie im Namen der Arbeiterklasse im Grunde genommen eine bauernfeindliche Politik trieb. Der Bauer sah an der Macht eine Reihe von sozialdemokratischen Regierungen, die in seinen Augen die Macht der Arbeiterklasse verkörperten, aber keine einzige dieser Regierungen bereitete der Notlage der Bauern ein Ende, keine einzige von ihnen gab den Bauern Land. Die Sozialdemokratie in Deutschland hat die Gutsbesitzer nicht angetastet. Sie arbeitete den Streiks der Landarbeiter entgegen, und die Folge davon war, daß die Landarbeiter in Deutschland noch lange vor dem Machtantritt Hitlers die reformistischen Gewerkschaften verließen und in den meisten Fällen zum "Stahlhelm"[7] und den Nationalsozialisten übergingen. Der Faschismus siegte auch, weil es ihm gelang, in die Reihen der Jugend einzudringen, während die Sozialdemokratie die Arbeiterjugend vom Klassenkampf ablenkte, das revolutionäre Proletariat aber unter der Jugend nicht die notwendige Erziehungsarbeit entfaltete und dem Kampf für ihre besonderen Interessen und Forderungen nicht die genügende Aufmerksamkeit zuwandte. Der Faschismus packte bei dem unter der Jugend besonders scharf ausgeprägten Drang nach Kampfaktivität an und zog einen großen Teil der Jugend in seine Kampftrupps. Die neue Generation der männlichen und weiblichen Jugend hat nicht die Schrecken des Krieges durchgemacht. Sie kostet am eigenen Leibe die ganze Schwere der Wirtschaftskrise, der Arbeitslosigkeit und des Zerfalls der bürgerlichen Demokratie aus. Da bedeutende Teile der Jugend keine Perspektiven für die Zukunft sahen, so waren sie besonders empfänglich für die faschistische Demagogie, die ihnen eine verlockende Zukunft ausmalte, wenn der Faschismus siegte. In diesem Zusammenhang können wir auch nicht an einer Reihe von Fehlern der kommunistischen Parteien vorbeigehen, von Fehlern, die unseren Kampf gegen den Faschismus hemmten. In unseren Reihen hatten wir eine unzulässige Unterschätzung der faschistischen Gefahr, die auch bis auf den heutigen Tag nicht überall liquidiert ist. Eine solche Einstellung, wie sie früher in unseren Parteien zu finden war, daß "Deutschland nicht Italien" sei, in dem Sinne, daß der Faschismus in Italien siegen konnte, daß aber sein Sieg in Deutschland ausgeschlossen sei, weil wir hier ein industriell hochentwickeltes Land, ein kulturell hochentwickeltes Land haben, das eine 40jährige Tradition der Arbeiterbewegung besitzt, ein Land, in dem der Faschismus unmöglich sei. Oder jene Einstellung, die jetzt vorhanden ist, daß in den Ländern der "klassischen" bürgerlichen Demokratie kein Boden vorhanden sei für den Faschismus. Eine solche Einstellung konnte und kann die Verringerung der Wachsamkeit gegenüber der faschistischen Gefahr begünstigen und die Mobilisierung des Proletariats im Kampf gegen den Faschismus erschweren. Man kann auch nicht wenig Fälle anführen, wo die Kommunisten durch einen faschistischen Umsturz überrumpelt wurden. Denkt an Bulgarien, wo die Führung unserer Partei eine "neutrale", im Grunde genommen aber eine opportunistische Stellung zum Umsturz vom 9. Juni 1923 einnahm; denkt an Polen, wo im Mai 1926 die Führung der Kommunistischen Partei, die die Triebkräfte der polnischen Revolution nicht richtig einschätzte, es nicht vermochte, den faschistischen Charakter des Pilsudski-Umsturzes zu durchschauen, und den Ereignissen nachhinkte; denkt an Finnland, wo unsere Partei von der unrichtigen Vorstellung einer langsamen, allmählichen Faschisierung ausging und den von der führenden Gruppe der Bourgeoisie vorbereiteten faschistischen Umsturz übersah, der die Partei und die Arbeiterklasse überrumpelte. Als der Nationalsozialismus bereits zu einer drohenden Massenbewegung in Deutschland wurde, da erklärten Genossen, wie Heinz Neumann, für die die Brüningregierung bereits eine Regierung der faschistischen Diktatur war, in prahlerischer Weise: "Wenn das “Dritte Reich” Hitlers einmal kommen sollte, dann nur anderthalb Meter unter der Erde, über der Erde aber werden wir eine siegreiche Arbeitermacht haben." Unsere Genossen in Deutschland haben lange Zeit das gekränkte Nationalgefühl und die Empörung der Massen gegen den Versailler Friedensvertrag nicht genügend in Rechnung gestellt, sie haben sich zu den Schwankungen der Bauernschaft und des Kleinbürgertums geringschätzig verhalten, haben sich mit dem Programm der sozialen und nationalen Befreiung verspätet, und als sie es aufstellten, da verstanden sie nicht, es entsprechend den konkreten Bedürfnissen und dem Niveau der Massen anzuwenden; da verstanden sie es nicht einmal, es unter den Massen großzügig zu popularisieren. In einer Reihe von Ländern wurde die notwendige Entfaltung des Massenkampfes gegen den Faschismus durch ein fruchtloses Räsonieren über den Charakter des Faschismus "im allgemeinen" und durch eine sektiererische Beschränktheit in bezug auf die Stellung und Lösung der aktuellen politischen Aufgaben der Partei ersetzt. Genossen, wir sprechen von den Ursachen des Sieges des Faschismus, wir weisen auf die historische Verantwortung der Sozialdemokratie für die Niederlage der Arbeiterklasse hin, wir stellen auch unsere eigenen Fehler im Kampf gegen den Faschismus fest, nicht einfach deshalb, weil wir in der Vergangenheit herumwühlen wollen. Wir sind keine vom Leben losgelöste Historiker, wir sind Kämpfer der Arbeiterklasse, die verpflichtet sind, eine Antwort auf die Frage zu geben, die Millionen Arbeiter quält: Kann man den Sieg des Faschismus verhindern und wie kann man das tun? Und wir antworten diesen Millionen Arbeitern: Jawohl, Genossen, man kann dem Faschismus den Weg versperren. Das ist durchaus möglich. Das hängt von uns selbst ab, von den Arbeitern, den Bauern, von allen Werktätigen. Die Verhinderung des Sieges des Faschismus hängt vor allem von der Kampfaktivität der Arbeiterklasse selbst ab, vom Zusammenschluß ihrer Kräfte zu einer einheitlichen, gegen die Offensive des Kapitals und des Faschismus kämpfenden Armee. Das Proletariat, das seine Kampfeinheit herstellt, würde den Einfluß des Faschismus auf die Bauernschaft, auf das städtische Kleinbürgertum, auf die Jugend und die Intelligenz paralysieren, würde einen Teil neutralisieren, den anderen Teil auf seine Seite herüberziehen. Zweitens hängt das vom Vorhandensein einer starken revolutionären Partei ab, die den Kampf der Werktätigen gegen den Faschismus richtig leitet. Eine Partei, die systematisch die Arbeiter zum Rückzug vor dem Faschismus ruft und der faschistischen Bourgeoisie erlaubt, ihre Stellungen zu stärken, ‑ eine solche Partei wird unvermeidlich die Arbeiter der Niederlage entgegenführen. Drittens hängt das von der richtigen Politik der Arbeiterklasse gegenüber der Bauernschaft und den kleinbürgerlichen Massen in den Städten ab. Diese Massen muß man so nehmen, wie sie sind, und nicht so, wie wir sie sehen möchten. Nur im Laufe des Kampfes werden sie ihre Zweifel und Schwankungen abwerfen, nur wenn man ihren unvermeidlichen Schwankungen gegenüber Geduld an den Tag legt und wenn das Proletariat sie politisch unterstützt, werden sie sich auf eine höhere Stufe des revolutionären Bewußtseins und der Aktivität emporschwingen. Viertens hängt das von der Wachsamkeit und den rechtzeitigen Aktionen des revolutionären Proletariats ab. Man darf sich nicht vom Faschismus überrumpeln lassen; man darf ihm nicht die Initiative überlassen; man muß ihm entscheidende Schläge versetzen, wenn er es noch nicht vermocht hat, seine Kräfte zu sammeln; man darf es nicht zulassen, daß er seine Stellung stärkt; man muß ihm auf Schritt und Tritt entgegentreten, wo er sich zeigt; man darf es nicht zulassen, daß er neue Stellungen erobert, so wie das französische Proletariat das mit Erfolg zu tun versucht. Das sind die wichtigsten Bedingungen, um das Anwachsen des Faschismus und seinen Machtantritt zu verhindern. Der Faschismus - eine grausame, aber keine dauerhafte MachtDie faschistische Diktatur der Bourgeoisie ist eine grausame, aber keine feste Macht. Worin bestehen die Hauptursachen dafür, daß die faschistische Diktatur keine feste Diktatur ist? Der Faschismus, der sich anschickte, die Meinungsverschiedenheiten und die Gegensätze im Lager der Bourgeoisie zu überwinden, verschärft diese Gegensätze noch mehr. Der Faschismus versucht, sein politisches Monopol zu errichten, und beseitigt gewaltsam die anderen politischen Parteien. Aber das Vorhandensein des kapitalistischen Systems, das Bestehen der verschiedenen Klassen und die Verschärfung der Klassengegensätze führen unvermeidlich zur Erschütterung und Sprengung des politischen Monopols des Faschismus. Das ist kein Sowjetland, in dem die Diktatur des Proletariats ebenfalls durch eine Monopolpartei verwirklicht wird, wo aber dieses politische Monopol den Interessen der Millionen der Werktätigen entspricht und sich immer mehr auf den Aufbau der klassenlosen Gesellschaft stützt. In einem faschistischen Lande kann die Partei der Faschisten ihr Monopol nicht lange aufrechterhalten, weil sie nicht imstande ist, sich die Aufgabe der Beseitigung der Klassen und der Klassengegensätze zu stellen. Sie hebt die legale Existenz der bürgerlichen Parteien auf, aber eine Reihe von ihnen besteht illegal weiter. Die Kommunistische Partei aber marschiert auch unter den illegalen Verhältnissen vorwärts, stählt sich und leitet den Kampf des Proletariats gegen die faschistische Diktatur. Auf diese Weise muß das politische Monopol des Faschismus unter den Schlägen der Klassengegensätze zusammenbrechen. Eine andere Ursache dafür, daß die faschistische Diktatur nicht fest ist, besteht darin, daß der Kontrast zwischen der antikapitalistischen Demagogie des Faschismus und der Politik der räuberischsten Bereicherung der monopolistischen Bourgeoisie die Entlarvung des Klassenwesens des Faschismus erleichtert und zur Erschütterung und zum Zusammenschrumpfen seiner Massenbasis führt. Ferner ruft der Sieg des Faschismus den tiefen Haß und die Empörung der Massen hervor, begünstigt ihre Revolutionierung und gibt der Einheitsfront des Proletariats gegen den Faschismus einen mächtigen Anstoß. Durch die Politik des wirtschaftlichen Nationalismus (Autarkie) und durch die Inanspruchnahme des größeren Teils des Volkseinkommens für die Vorbereitung des Krieges untergräbt der Faschismus die ganze Wirtschaft des Landes und verschärft den Wirtschaftskrieg zwischen den kapitalistischen Staaten. Er verleiht den innerhalb der Bourgeoisie entstehenden Konflikten den Charakter scharfer und nicht selten blutiger Zusammenstöße, was die Festigkeit der faschistischen Staatsmacht in den Augen des Volkes untergräbt. Eine Staatsmacht, die ihre eigenen Anhänger ermordet, wie das am 30. Juni vergangenen Jahres[8] in Deutschland der Fall war, die faschistische Staatsmacht, gegen die mit der Waffe in der Hand der andere Teil der faschistischen Bourgeoisie kämpft (der nationalsozialistische Putsch in Österreich[9], das scharfe Auftreten einzelner faschistischer Gruppen gegen die faschistische Regierung in Polen, Bulgarien, Finnland und anderen Ländern), ‑ eine solche Staatsmacht kann in den Augen der breiten kleinbürgerlichen Massen ihre Autorität nicht lange aufrechterhalten. Die Arbeiterklasse muß es verstehen, die Gegensätze und Konflikte im Lager der Bourgeoisie auszunutzen, aber sie darf sich keine Illusionen darüber machen, daß der Faschismus sich von selbst erschöpfen werde. Der Faschismus wird nicht automatisch zusammenbrechen. Nur die revolutionäre Aktivität der Arbeiterklasse wird helfen, die im Lager der Bourgeoisie unvermeidlich entstehenden Konflikte zur Untergrabung der faschistischen Diktatur und zu ihrem Sturz auszunutzen. Durch die Liquidierung der Überreste der bürgerlichen Demokratie, durch die Erhebung der offenen Gewalt zum Regierungssystem untergräbt der Faschismus die demokratischen Illusionen und die Autorität der Gesetzlichkeit in den Augen der werktätigen Massen. Das geht um so mehr in den Ländern vor sich, in denen, wie z. B. in Österreich und Spanien, die Arbeiter mit der Waffe in der Hand gegen den Faschismus gekämpft haben. In Österreich hat der heldenhafte Kampf des Schutzbundes und der Kommunisten trotz der Niederlage die Festigkeit der faschistischen Diktatur von Anfang an erschüttert. In Spanien ist es der Bourgeoisie nicht gelungen, den Werktätigen einen faschistischen Maulkorb umzuhängen. Die bewaffneten Kämpfe in Österreich und Spanien führten dazu, daß immer breitere Massen der Arbeiterklasse die Notwendigkeit des revolutionären Klassenkampfes erkennen. Nur solche unglaublichen Philister, solche Lakaien der Bourgeoisie, wie der älteste Theoretiker der II. Internationale, Karl Kautsky, können den Arbeitern Vorwürfe machen und sagen, daß sie in Österreich und Spanien nicht zu den Waffen hätten greifen sollen. Wie würde jetzt die Arbeiterbewegung in Österreich und in Spanien aussehen, wenn die Arbeiterklasse dieser Länder sich von den verräterischen Ratschlägen der Kautsky hatte leiten lassen? Die Arbeiterklasse hätte eine tiefe Demoralisierung in ihren Reihen erlebt. Die Völker machen die Schule des Bürgerkriegs ‑ sagt Lenin ‑ nicht umsonst durch. Das ist eine harte Schule, und zu ihrem vollen Programm gehören unvermeidlich auch Siege der Gegenrevolution, das Wüten der erbitterten Reaktionäre, wilde Racheakte der alten Macht an den Rebellen usw. Doch nur eingefleischte Pedanten und des Verstandes bare Mumien können darüber jammern, daß die Völker diese qualvolle Schule durchmachen; diese Schule lehrt die unterdrückten Klassen, den Bürgerkrieg führen, lehrt sie in der Revolution siegen. Sie speichert in den Massen der modernen Sklaven jenen Haß auf, den die verschüchterten, stumpfen und unwissenden Sklaven ewig verbergen, und der die Sklaven, die die Schmach ihres Sklaventums erkannt haben, zu den größten geschichtlichen Heldentaten führt. Der Sieg des Faschismus in Deutschland hat bekanntlich eine neue Welle der faschistischen Offensive mit sich gebracht, die in Österreich zur Provokation Dollfuß[10], in Spanien zu neuen Angriff en der Konterrevolution auf die revolutionären Errungenschaften der Massen, in Polen zur faschistischen Reform der Verfassung geführt und in Frankreich die bewaffneten Abteilungen der Faschisten im Februar 1934 zum Versuch eines Staatsstreichs aufgemuntert hat. Aber dieser Sieg und das Wüten der faschistischen Diktatur haben eine Gegenbewegung der proletarischen Einheitsfront gegen den Faschismus im internationalen Maßstab hervorgerufen. Die Reichstagsbrandstiftung, die das Signal war zum Generalangriff des Faschismus gegen die Arbeiterklasse, der Raub der Gewerkschaften und der anderen Arbeiterorganisationen und ihre Ausplünderung, die Schreie der gefolterten Antifaschisten aus den Kellern der faschistischen Kasernen und den Konzentrationslagern zeigen den Massen handgreiflich, wozu die reaktionäre Spaltungstätigkeit der Führer der deutschen Sozialdemokratie geführt hat, die die Vorschläge der Kommunisten über einen gemeinsamen Kampf gegen den angreifenden Faschismus ablehnten, und überzeugen sie von der Notwendigkeit der Zusammenfassung aller Kräfte der Arbeiterklasse zum Sturz des Faschismus. Der Sieg Hitlers hat auch einen starken Anstoß zur Schaffung der Einheitsfront der Arbeiterklasse gegen den Faschismus in Frankreich gegeben. Der Sieg Hitlers hat bei den Arbeitern nicht nur Furcht hervorgerufen vor dem Schicksal der deutschen Arbeiter, hat nicht nur den Haß gegen die Henker ihrer deutschen Klassenbrüder entfacht, sondern hat auch ihre Entschlossenheit verstärkt, auf keinen Fall in ihrem Lande das zuzulassen, was mit der Arbeiterklasse in Deutschland geschehen ist. Der mächtige Drang nach der Einheitsfront in allen kapitalistischen Ländern zeigt, daß die Lehren der Niederlage nicht umsonst waren. Die Arbeiterklasse beginnt auf neue Weise zu handeln. Die Initiative der Kommunistischen Partei bei der Organisierung der Einheitsfront und die grenzenlose Aufopferung der Kommunisten, der revolutionären Arbeiter im Kampfe gegen den Faschismus führten zu einem unerhörten Anwachsen der Autorität der Kommunistischen Internationale. Gleichzeitig entwickelt sich eine tiefe Krise in der II. Internationale, die nach dem Bankrott der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands besonders kraß zutage trat und sich verschärfte. Die sozialdemokratischen Arbeiter können sich immer anschaulicher davon überzeugen, daß das faschistische Deutschland mit allen seinen Schrecken und seiner Barbarei letzten Endes eine Folge der sozialdemokratischen Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie ist. Diese Massen werden sich immer klarer darüber, daß der Weg, den die Führer der deutschen Sozialdemokratie das Proletariat geführt haben, nicht wieder beschritten werden darf. Noch nie hat es in den Reihen der II. Internationale eine solche geistige Verwirrung gegeben, wie jetzt. Es geht eine Differenzierung innerhalb aller sozialdemokratischen Parteien vor sich. In ihren Reihen bilden sich zwei Hauptlager heraus: neben dem bestehenden Lager der reaktionären Elemente, die mit allen Mitteln versuchen, den Block der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie zu erhalten, und wütend die Einheitsfront mit den Kommunisten ablehnen, beginnt sich das Lager der revolutionären Elemente herauszubilden, die Zweifel an der Richtigkeit der Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie hegen, die für die Schaffung einer Einheitsfront mit den Kommunisten sind und in immer stärkerem Maße auf den Standpunkt des revolutionären Klassenkampfes überzugehen anfangen. Der Faschismus, der als Folge des Niederganges des kapitalistischen Systems aufgetaucht ist, wirkt also letzten Endes als Faktor seiner weiteren Zersetzung. So führt der Faschismus, der die Verpflichtung übernahm, dem Marxismus, der revolutionären Arbeiterbewegung den Garaus zu machen, infolge der Dialektik des Lebens und des Klassenkampfes zu einer weiteren Entwicklung jener Kräfte, die seine Totengräber, die Totengräber des Kapitalismus sein müssen. II. Die Einheitsfront der Arbeiterklasse gegen den FaschismusGenossen! Millionen von Arbeitern und Werktätigen in den kapitalistischen Ländern fragen: wie kann man verhindern, daß der Faschismus an die Macht gelangt, und wie kann man den Faschismus stürzen, wenn er gesiegt hat? Die Kommunistische Internationale antwortet: das erste, was gemacht werden muß, womit man beginnen muß, ist die Schaffung der Einheitsfront, die Herstellung der Aktionseinheit der Arbeiter in jedem Betrieb, in jedem Bezirk, in jedem Gebiet, in jedem Lande, in der ganzen Welt. Die Aktionseinheit des Proletariats im nationalen und internationalen Maßstab ist die mächtige Waffe, die die Arbeiterklasse nicht nur zur erfolgreichen Verteidigung, sondern auch zur erfolgreichen Gegenoffensive gegen den Faschismus, gegen den Klassenfeind fähig macht. Die Bedeutung der EinheitsfrontIst es nicht klar, daß gemeinsame Aktionen der Anhänger der Parteien und Organisationen der zwei Internationalen ‑ der Kommunistischen Internationale und der II. Internationale ‑ den Massen die Abwehr des faschistischen Ansturms erleichtern und das politische Gewicht der Arbeiterklasse erhöhen würden? Gemeinsame Aktionen der Parteien der beiden Internationalen gegen den Faschismus würden jedoch nicht nur einen Einfluß auf ihre gegenwärtigen Anhänger, auf die Kommunisten und die Sozialdemokraten haben, sie würden auch einen mächtigen Einfluß auf die Reihen der christlichen, anarchistischen und unorganisierten Arbeiter ausüben, sogar auf diejenigen, die vorübergehend ein Opfer der faschistischen Demagogie geworden sind. Ja noch mehr. Die machtvolle Einheitsfront des Proletariats würde einen ungeheuren Einfluß auf alle anderen Schichten des werktätigen Volkes ausüben, auf die Bauernschaft, auf das städtische Kleinbürgertum, auf die Intellektuellen. Die Einheitsfront Würde den schwankenden Schichten den Glauben an die Kräfte der Arbeiterklasse geben. Aber auch das ist noch nicht alles. Das Proletariat der imperialistischen Länder hat potentielle Verbündete nicht nur in den Werktätigen des eigenen Landes, sondern auch in den unterdrückten Völkern der Kolonien und Halbkolonien. Die Tatsache, daß das Proletariat im nationalen und Internationalen Maßstab gespalten ist, daß einer seiner Teile die Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie und namentlich ihr Unterdrückungsregime in den Kolonien und Halbkolonien unterstützt, stößt die unterdrückten Völker der Kolonien und Halbkolonien von der Arbeiterklasse ab und schwächt die internationale antiimperialistische Front. Jeder Schritt auf dem Wege zur Aktionseinheit, der auf die Unterstützung des Befreiungskampfes der Kolonialvölker durch das Proletariat der imperialistischen Mutterländer gerichtet ist, bedeutet die Verwandlung der Kolonien und Halbkolonien in eine der Hauptreserven des Weltproletariats. Wenn wir schließlich in Betracht ziehen, daß die internationale Aktionseinheit des Proletariats sich auf die ständig wachsende Macht des proletarischen Staates, des Landes des Sozialismus, der Sowjetunion, stützt, so sehen wir, welche breiten Perspektiven die Herstellung der Aktionseinheit des Proletariats im nationalen und internationalen Maßstab eröffnet. Die Herstellung der Aktionseinheit aller Teile der Arbeiterklasse, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Partei und Organisation, ist notwendig, noch bevor die Mehrheit der Arbeiterklasse sich zum Kampf für den Sturz des Kapitalismus und für den Sieg der proletarischen Revolution vereinigt haben wird. Ist es möglich, diese Aktionseinheit des Proletariats in den einzelnen Ländern und in der ganzen Welt zu verwirklichen? Jawohl, es ist möglich, und es ist sofort möglich. Die Kommunistische Internationale stellt für die Aktionseinheit keinerlei Bedingungen, mit Ausnahme einer einzigen, elementaren, für alle Arbeiter annehmbaren Bedingung, und zwar, daß die Aktionseinheit sich gegen den Faschismus, gegen die Offensive des Kapitals, gegen die Kriegsgefahr, gegen den Klassenfeind richtet. Das ist unsere Bedingung. Die Hauptargumente der Gegner der EinheitsfrontWelche Einwände können die Gegner der Einheitsfront machen und welche Einwände machen sie? Die einen sagen: "Die Losung der Einheitsfront ist für die Kommunisten nur ein Manöver." Wäre das aber ein Manöver ‑ antworten wir ‑, dann muß man fragen, warum ihr dieses "kommunistische Manöver" nicht durch eure ehrliche Beteiligung an der Einheitsfront entlarvt? Wir erklären offen: wir wollen die Aktionseinheit der Arbeiterklasse, damit das Proletariat in seinem Kampfe gegen die Bourgeoisie erstarke, damit es, wenn es heute seine Tagesinteressen gegen das angreifende Kapital, gegen den Faschismus verteidigt, imstande sein soll, morgen die Voraussetzungen für seine endgültige Befreiung zu schaffen. "Die Kommunisten greifen uns an" ‑ sagen die anderen. Aber hört doch, wir haben bereits wiederholt erklärt: wir werden niemanden angreifen, weder Personen noch Organisationen, noch Parteien, die für die Einheitsfront der Arbeiterklasse gegen den Klassenfeind sind. Gleichzeitig aber haben wir im Interesse des Proletariats und seiner Sache die Pflicht, die Personen, Organisationen und Parteien zu kritisieren, die die Aktionseinheit der Arbeiter stören. "Wir können keine Einheitsfront mit den Kommunisten bilden, weil sie ein anderes Programm haben" ‑ sagen die Dritten. Aber ihr behauptet doch, daß ihr ein Programm habt, das sich vom Programm der bürgerlichen Parteien unterscheidet. Und das hat euch nicht gehindert und hindert euch nicht daran, Koalitionen mit diesen Parteien zu bilden. "Die bürgerlich-demokratischen Parteien sind bessere Verbündete gegen den Faschismus als die Kommunisten" ‑ sagen die Gegner der Einheitsfront und die Verteidigung der Koalition mit der Bourgeoisie. Was zeigt aber die Erfahrung Deutschlands? Dort haben doch die Sozialdemokraten einen Block mit diesen "besseren" Verbündeten gebildet. Und was sind die Ergebnisse? "Wenn wir eine Einheitsfront mit den Kommunisten bilden, werden die Kleinbürger Angst vor der “roten Gefahr” bekommen und zu den Faschisten überlaufen" ‑ hören wir oft. Bedroht etwa die Einheitsfront die Bauern, die Kleinhändler, die Handwerker, die werktätige Intelligenz? Nein, die Einheitsfront bedroht die Großbourgeoisie, die Finanzmagnaten, die Junker und andere Ausbeuter, deren Regime allen diesen Schichten den völligen Ruin bringt. "Die Sozialdemokratie ist für die Demokratie, die Kommunisten aber sind für die Diktatur, deshalb können wir mit den Kommunisten keine Einheitsfront bilden" ‑ sagt eine Reihe von sozialdemokratischen Führern. Aber schlagen wir euch heute etwa eine Einheitsfront zur Proklamierung der Diktatur des Proletariats vor? Das schlagen wir doch einstweilen nicht vor. "Mögen die Kommunisten die Demokratie anerkennen und für ihre Verteidigung eintreten, dann sind wir zur Einheitsfront bereit." Darauf erwidern wir: wir sind Anhänger der Sowjetdemokratie, der Demokratie der Werktätigen, der konsequentesten Demokratie der Welt. Aber wir verteidigen in den kapitalistischen Ländern jeden Fußbreit der bürgerlich-demokratischen Freiheiten, die der Faschismus und die bürgerliche Reaktion angreifen, und werden es auch in Zukunft tun, weil das die Interessen des Klassenkampfes des Proletariats verlangen. "Aber die kleinen kommunistischen Parteien werden durch ihre Beteiligung an jener Einheitsfront, die von der Labour Party verwirklicht wird, nichts hinzufügen" ‑ sagen z. B. die Führer der Labour Party in England. Aber erinnert euch, dasselbe haben die österreichischen sozialdemokratischen Führer in bezug auf die kleine österreichische Kommunistische Partei behauptet. Was haben aber die Ereignisse gezeigt? Nicht die österreichische Sozialdemokratie mit Otto Bauer und Karl Renner an der Spitze behielt recht, sondern die kleine österreichische Kommunistische Partei, die die faschistische Gefahr in Österreich rechtzeitig signalisierte und die Arbeiter zum Kampf rief. Die ganze Erfahrung der Arbeiterbewegung hat doch gezeigt, daß die Kommunisten, sogar wenn sie zahlenmäßig relativ schwach sind, der Motor der Kampfaktivität des Proletariats sind. Außerdem darf man nicht vergessen, daß die kommunistischen Parteien Österreichs oder Englands nicht nur die zehntausende Arbeiter repräsentieren, die Anhänger dieser Parteien sind, sie sind Teile der internationalen kommunistischen Bewegung, sie sind Sektionen der Kommunistischen Internationale, deren führende Partei die Partei eines Proletariats ist, das bereits gesiegt hat und auf einem Sechstel der Erde regiert. "Aber die Einheitsfront hat den Sieg des Faschismus im Saargebiet nicht verhindern können" ‑ wenden die Gegner der Einheitsfront ein. Eine merkwürdige Logik haben diese Herrschaften! Erst tun sie alles, um den Sieg des Faschismus sicherzustellen, und dann behaupten sie schadenfroh, daß die Einheitsfront, zu der sie sich im allerletzten Augenblick herbeigelassen haben, nicht zum Sieg der Arbeiter geführt habe. "Wollten wir eine Einheitsfront mit den Kommunisten bilden, so würden wir aus der Koalition austreten müssen, und in die Regierung würden die reaktionären und faschistischen Parteien eintreten" ‑ sagen die sozialdemokratischen Führer, die in den Regierungen der verschiedenen Länder sitzen. Nun gut. Hat die deutsche Sozialdemokratie einer Koalitionsregierung angehört? Jawohl! Hat die österreichische Sozialdemokratie der Regierung angehört? Ebenfalls! Waren die spanischen Sozialisten in einer Regierung mit der Bourgeoisie? Jawohl, auch sie! Hat in diesen Ländern die Beteiligung der Sozialdemokratie an den bürgerlichen Koalitionsregierungen den Überfall des Faschismus auf das Proletariat verhindert? Nein, das hat ihn nicht verhindert. Also ist es sonnenklar, daß die Beteiligung sozialdemokratischer Minister an einer bürgerlichen Regierung keinen Schutzwall gegen den Faschismus bildet. "Die Kommunisten handeln diktatorisch, sie wollen uns alles vorschreiben und diktieren." Nein. Wir schreiben nichts vor und diktieren nichts. Wir machen nur unsere Vorschläge, von denen wir überzeugt sind, daß ihre Verwirklichung im Interesse des werktätigen Volkes liegt. Das ist nicht nur ein Recht, sondern auch die Pflicht aller, die im Namen der Arbeiter auftreten. Ihr fürchtet eine "Diktatur" der Kommunisten? Dann laßt uns gemeinsam alle Vorschläge den Arbeitern vorlegen, eure und unsere, alle gemeinsam durchberaten zusammen mit allen Arbeitern und diejenigen Vorschläge auswählen, die für die Sache der Arbeiterklasse am nützlichsten sind. Also, alle diese Argumente gegen die Einheitsfront halten keinerlei Kritik stand. Das sind eher Ausreden der reaktionären Führer der Sozialdemokratie, die ihre Einheitsfront mit der Bourgeoisie der Einheitsfront des Proletariats vorziehen. Nein! Diese Ausreden gelten nicht! Das internationale Proletariat hat die Folgen der Spaltung der Arbeiterbewegung ausgekostet und überzeugt sich immer mehr davon, daß die Einheitsfront, die Aktionseinheit des Proletariats im nationalen und internationalen Maßstab notwendig und durchaus möglich sind. Inhalt und Formen der EinheitsfrontWas ist und was muß der Hauptinhalt der Einheitsfront in der gegebenen Etappe sein? Die Verteidigung der unmittelbaren wirtschaftlichen und politischen Interessen der Arbeiterklasse, die Verteidigung der Arbeiterklasse gegen den Faschismus muß der Ausgangspunkt und der Hauptinhalt der Einheitsfront in allen kapitalistischen Ländern sein. Wir dürfen uns nicht mit bloßen Aufrufen zum Kampf für die proletarische Diktatur begnügen, sondern müssen solche Losungen und Kampfformen ausfindig machen und vorschlagen, die sich aus den Lebensbedürfnissen der Massen, aus dem Grad ihrer Kampffähigkeit in der jeweiligen Entwicklungsetappe ergeben. Wir müssen den Massen zeigen, was sie heute tun müssen, um sich vor der kapitalistischen Ausplünderung und der faschistischen Barbarei zu schützen. Wir müssen uns dafür einsetzen, daß die breiteste Einheitsfront hergestellt wird durch gemeinsame Aktionen der Arbeiterorganisationen der verschiedenen Richtungen zum Schutz der Lebensinteressen der werktätigen Massen. Das bedeutet erstens den gemeinsamen Kampf für die wirkliche Abwälzung der Folgen der Krise auf die Schultern der herrschenden Klassen, auf die Schultern der Kapitalisten, der Grundherren, mit einem Wort, auf die Schultern der Reichen. Das bedeutet zweitens den gemeinsamen Kampf gegen alle Formen der faschistischen Offensive, für die Verteidigung der Errungenschaften und der Rechte der Werktätigen, gegen die Beseitigung der bürgerlich-demokratischen Freiheiten. Das bedeutet drittens den gemeinsamen Kampf gegen die herannahende Gefahr eines imperialistischen Krieges, einen Kampf, der die Vorbereitung dieses Krieges erschweren würde. Wir müssen unermüdlich die Arbeiterklasse auf den raschen Wechsel der Formen und Methoden des Kampfes bei Veränderung der Verhältnisse vorbereiten. In dem Maße, wie die Bewegung wächst und die Einheit der Arbeiterklasse sich verstärkt, müssen wir weitergehen und den Übergang von der Verteidigung zum Angriff gegen das Kapital vorbereiten und auf die Organisierung des politischen Massenstreiks hinsteuern. Dabei muß die unbedingte Voraussetzung eines solchen Streiks sein, daß die ausschlaggebenden Gewerkschaften des gegebenen Landes in diesen Streik hineingezogen werden. Natürlich können und dürfen die Kommunisten keinen Augenblick auf ihre selbständige Arbeit zur kommunistischen Aufklärung, Organisierung und Mobilisierung der Massen verzichten. Um jedoch den Arbeitern den Weg zur Aktionseinheit zu sichern, muß man gleichzeitig sowohl kurzfristige als auch langfristige Abkommen über gemeinsame Aktionen mit sozialdemokratischen Parteien, reformistischen Gewerkschaften und anderen Organisationen der Werktätigen gegen die Klassenfeinde des Proletariats anstreben. Die Hauptaufmerksamkeit wird man dabei auf die Entfaltung von Massenaktionen in den einzelnen Orten lenken müssen, die von den unteren Organisationen auf Grund von örtlichen Abkommen durchgeführt werden. Indem wir die Bedingungen aller mit ihnen geschlossenen Abkommen loyal erfüllen, werden wir rücksichtslos jegliche Sabotage der gemeinsamen Aktionen durch Personen und Organisationen, die an der Einheitsfront teilnehmen, entlarven. Alle Versuche, Abkommen zu sprengen, und solche Versuche werden möglicherweise unternommen werden, werden wir dadurch beantworten, daß wir uns an die Massen wenden und den unermüdlichen Kampf für die Wiederherstellung der gestörten Aktionseinheit fortsetzen werden. Natürlich wird die konkrete Verwirklichung der Einheitsfront in verschiedenen Ländern auf verschiedene Weise vor sich gehen, verschiedene Formen annehmen, je nach dem Zustand und dem Charakter der Arbeiterorganisationen, ihrem politischen Niveau, der konkreten Situation in dem jeweiligen Lande, je nach den Verschiebungen in der internationalen Arbeiterbewegung usw. Solche Formen können z. B. sein: vereinbarte gemeinsame Aktionen der Arbeiter von Fall zu Fall aus konkreten Anlässen, für einzelne Forderungen oder auch auf Grund einer gemeinsamen Plattform; vereinbarte Aktionen in einzelnen Betrieben oder Industriezweigen; vereinbarte Aktionen im örtlichen, Gebiets-, Landes- oder internationalen Maßstab; vereinbarte Aktionen zur Organisierung der Wirtschaftskämpfe der Arbeiter, zur Durchführung politischer Massenaktionen, zur Organisierung eines gemeinsamen Selbstschutzes gegen faschistische Überfälle; vereinbarte Aktionen zur Unterstützung der Gefangenen und ihrer Familien, zum Kampf gegen die soziale Reaktion; gemeinsame Aktionen zur Verteidigung der Interessen der Jugend und der Frauen; auf dem Gebiet des Genossenschaftswesens, der Kultur, des Sports usw. usw. Es wäre jedoch ungenügend, wollte man sich nur mit dem Abschluß eines Pakts über gemeinsame Aktionen und mit der Schaffung von Kontaktkommissionen aus den an der Einheitsfront beteiligten Parteien und Organisationen zufrieden geben, wie wir sie z. B. in Frankreich haben. Das ist nur der erste Schritt. Ein Pakt ist ein Hilfsmittel zur Durchführung gemeinsamer Aktionen, aber er ist an und für sich noch nicht die Einheitsfront. Eine Kontaktkommission zwischen den Leitungen der Kommunistischen Partei und der Sozialistischen Partei ist notwendig, um die Durchführung gemeinsamer Aktionen zu erleichtern, jedoch genügt sie an sich bei weitem noch nicht zur wirklichen Entfaltung der Einheitsfront, zur Hineinziehung der breitesten Massen in den Kampf gegen den Faschismus. Die Kommunisten und alle revolutionären Arbeiter müssen sich dafür einsetzen, daß wählbare (in den Ländern der faschistischen Diktatur aus den angesehensten Teilnehmern der Einheitsfrontbewegung zusammengesetzte) überparteiliche Klassenorgane der Einheitsfront in den Betrieben, unter den Erwerbslosen, in den Arbeiterbezirken, unter den kleinen Leuten in den Städten und auf dem Lande gebildet werden. Nur solche Organe können durch die Einheitsfrontbewegung auch die riesige unorganisierte Masse der Werktätigen erfassen, können die Entwicklung der Initiative der Massen im Kampfe gegen die Offensive des Kapitals, gegen Faschismus und Reaktion und auf dieser Grundlage auch die Schaffung eines notwendigen breiten Arbeiterfunktionärkörpers der Einheitsfront, die Erziehung von Hunderten und Tausenden parteilosen Bolschewiki in den kapitalistischen Ländern fördern. Die gemeinsamen Aktionen der organisierten Arbeiter sind der Beginn, die Grundlage. Doch dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, daß die überwiegende Mehrzahl der Arbeiter die unorganisierten Massen bilden. So beträgt in Frankreich die Zahl der organisierten Arbeiter, der Kommunisten, der Sozialisten, der Mitglieder von Gewerkschaften verschiedener Richtungen ‑ insgesamt ungefähr eine Million, die Gesamtzahl der Arbeiter aber beträgt 11 Millionen. In England gehören den Gewerkschaften und den Parteien aller Richtungen ungefähr 5 Millionen an. Dabei beträgt die Gesamtzahl der Arbeiter 14 Millionen. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika gibt es ungefähr 5 Millionen organisierte Arbeiter, die Gesamtzahl der Arbeiter beträgt dort aber 38 Millionen. Ungefähr dasselbe Verhältnis besteht auch in einer Reihe anderer Länder. In “normalen” Zeiten steht diese Masse im wesentlichen außerhalb des politischen Lebens. Gegenwärtig aber gerät diese gewaltige Masse immer mehr in Bewegung, wird in das politische Leben hineingezogen, betritt die politische Arena. Die Schaffung von überparteilichen Klassenorganen ist die beste Form der Herstellung, Erweiterung und Stärkung der Einheitsfront in den Tiefen der breitesten Massen. Diese Organe werden auch das beste Bollwerk bilden gegen alle Versuche der Gegner der Einheitsfront, die hergestellte Aktionseinheit der Arbeiterklasse zu stören. Über die antifaschistische VolksfrontBei der Mobilisierung der werktätigen Massen zum Kampf gegen den Faschismus ist die Schaffung einer breiten antifaschistischen Volksfront auf der Grundlage der proletarischen Einheitsfront eine besonders wichtige Aufgabe. Der Erfolg des gesamten Kampfes des Proletariats ist eng verbunden mit der Herstellung des Kampfbündnisses des Proletariats mit der werktätigen Bauernschaft und der Hauptmasse des städtischen Kleinbürgertums, das die Mehrheit der Bevölkerung sogar in den industriell entwickelten Ländern bildet. Der Faschismus, der diese Massen gewinnen will, versucht in seiner Agitation, die arbeitenden Massen in Stadt und Land dem revolutionären Proletariat entgegenzustellen und den Kleinbürger mit dem Gespenst der "roten Gefahr" zu schrecken. Wir müssen den Spieß umdrehen und den werktätigen Bauern, den Handwerkern sowie der werktätigen Intelligenz zeigen, woher ihnen die wirkliche Gefahr droht: wir müssen ihnen konkret zeigen, wer dem Bauern die Last der Steuern und Abgaben aufbürdet, aus ihm Wucherzinsen herauspreßt; wer selbst den besten Boden und alle Reichtümer besitzt, aber den Bauern und seine Familie von seiner Scholle vertreibt und ihn der Arbeitslosigkeit und dem Elend preisgibt. Wir müssen konkret aufzeigen, geduldig und beharrlich erklären, wer Handwerker und Gewerbetreibende durch Steuern, Gebühren, hohen Pachtzins und für sie unerträgliche Konkurrenz ruiniert; wer die breiten Massen der werktätigen Intelligenz auf die Straße wirft und arbeitslos macht. Aber das genügt nicht. Das Grundlegende, das Entscheidendste, für die Herstellung der antifaschistischen Volksfront ist die entschiedene Aktion des revolutionären Proletariats zur Verteidigung der Forderungen dieser Schichten und insbesondere der werktätigen Bauernschaft, der Forderungen, die den Grundinteressen des Proletariats entsprechen, wobei man im Laufe des Kampfes die Forderungen der Arbeiterklasse mit diesen Forderungen verknüpfen muß. Von großer Bedeutung für die Schaffung der antifaschistischen Volksfront ist das richtige Herangehen an jene Organisationen und Parteien, denen die werktätige Bauernschaft und die Hauptmassen des städtischen Kleinbürgertums in großer Zahl angehören. In den kapitalistischen Ländern befinden sich die meisten dieser Parteien und Organisationen ‑ sowohl die politischen als auch die wirtschaftlichen ‑ noch unter dem Einfluß der Bourgeoisie und leisten ihr Gefolgschaft. Die soziale Zusammensetzung dieser Parteien und Organisationen ist nicht einheitlich. In ihnen befinden sich reiche Großbauern neben landlosen Bauern, große Geschäftsleute neben kleinen Krämern, aber die Führung in ihnen gehört den ersten, den Agenten des Großkapitals. Das verpflichtet uns, an diese Organisationen in verschiedener Weise heranzutreten, zu berücksichtigen, daß die Mitgliedermasse oft das wahre politische Gesicht ihrer eigenen Leitung nicht kennt. Unter bestimmten Umständen können und müssen wir unsere Anstrengungen darauf richten, diese Parteien und Organisationen oder einzelne Teile von ihnen trotz ihrer bürgerlichen Leitung für die antifaschistische Volksfront zu gewinnen. So steht es z.B. gegenwärtig in Frankreich mit der radikalen Partei, in den Vereinigten Staaten ‑ mit den verschiedenen Farmerorganisationen, in Polen ‑ mit "Stronictwo Ludowe", in Jugoslawien ‑ mit der kroatischen Bauernpartei, in Bulgarien ‑ mit dem Landwirtebund, in Griechenland ‑ mit den Agraristen usw. Aber unabhängig davon, ob Aussichten auf die Gewinnung solcher Parteien und Organisationen für die Volksfront bestehen, muß unsere Taktik unter allen Umständen darauf gerichtet sein, die ihnen angehörenden Kleinbauern, Handwerker, Gewerbetreibende usw. in die antifaschistische Volksfront hineinzuziehen. Ihr seht also, daß wir hier auf der ganzen Linie aufräumen müssen mit der in unserer Praxis nicht selten vorkommenden Ignorierung, Geringschätzung der verschiedenen Organisationen und Parteien der Bauernschaft, der Handwerker und der Massen des städtischen Kleinbürgertums. Zentrale Fragen der Einheitsfront in den einzelnen LändernIn jedem Lande gibt es zentrale Fragen, die in der gegebenen Etappe die breitesten Massen bewegen, für die der Kampf zur Herstellung der Einheitsfront aufgenommen werden muß. Diese zentralen Punkte, diese zentralen Fragen richtig erfassen, heißt die Herstellung der Einheitsfront sichern und beschleunigen. a) Die Vereinigten Staaten von Amerika Nehmen wir beispielsweise ein so wichtiges Land der kapitalistischen Welt, wie die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Krise hat hier Millionenmassen in Bewegung gebracht. Das Programm der Sanierung des Kapitalismus hat Schiffbruch erlitten. Ungeheure Massen fangen an, den bürgerlichen Parteien den Rücken zu kehren, und stehen gegenwärtig am Scheideweg. Der erst in seinen Anfängen steckende amerikanische Faschismus versucht, die Enttäuschung und Unzufriedenheit dieser Massen in eine reaktionäre faschistische Bahn zu lenken. Die Eigenart der Entwicklung des amerikanischen Faschismus besteht darin, daß er im jetzigen Stadium vorwiegend in der Form der Opposition gegen den Faschismus als einer "nichtamerikanischen", aus dem Auslande importierten Strömung auftritt. Zum Unterschied vom deutschen Faschismus, der mit verfassungsfeindlichen Losungen auftrat, versucht der amerikanische Faschismus, sich als Kämpfer für die Verfassung und die “amerikanische Demokratie” hinzustellen. Er ist noch keine Kraft, die eine unmittelbare Gefahr bildet. Aber wenn es ihm gelingt, in die breiten, von den alten bürgerlichen Parteien enttäuschten Massen einzudringen, so kann er in der allernächsten Zeit zu einer ernsten Gefahr werden. Was würde aber der Sieg des Faschismus in den Vereinigten Staaten bedeuten? Für die werktätigen Massen würde er natürlich eine ungeheure Stärkung des Regimes der Ausbeutung und die Zerschlagung der Arbeiterbewegung bedeuten. Und welches wäre die internationale Bedeutung dieses Sieges des Faschismus? Die Vereinigten Staaten sind natürlich weder Ungarn noch Finnland, weder Bulgarien noch Litauen. Der Sieg des Faschismus in den Vereinigten Staaten würde die ganze internationale Lage sehr wesentlich ändern. Kann sich das amerikanische Proletariat unter diesen Umständen allein mit der Organisierung seiner klassenbewußten Avantgarde zufrieden geben, die bereit ist, den revolutionären Weg zu gehen? Nein. Es ist ganz offensichtlich, daß die Interessen des amerikanischen Proletariats es erfordern, daß alle seine Kräfte unverzüglich von den kapitalistischen Parteien abrücken. Es muß Wege und geeignete Formen finden, um rechtzeitig zu verhindern, daß der Faschismus die unzufriedenen breiten Massen der Werktätigen an sich zieht. Und hier müssen wir sagen: die Schaffung einer Massenpartei der Werktätigen, einer "Arbeiter- und Farmerpartei" könnte eine solche geeignete Form unter den amerikanischen Verhältnissen sein. Eine solche Partei wäre eine spezifische Form der Volksfront der Massen in Amerika, eine Front, die man den Parteien der Trusts und der Banken sowie dem anwachsenden Faschismus entgegenstellen muß. Eine solche Partei wäre natürlich weder eine sozialistische noch eine kommunistische Partei. Aber sie muß eine antifaschistische und darf keine antikommunistische Partei sein. Das Programm dieser Partei muß gegen die Banken, die Trusts und Monopole, gegen die Hauptfeinde des Volkes, die mit seinen Nöten spekulieren, gerichtet sein. Eine solche Partei kann ihrer Bestimmung nur dann entsprechen, wenn sie sich für die dringendsten Forderungen der Arbeiterklasse einsetzen, wenn sie für eine wirkliche Sozialgesetzgebung, für die Arbeitslosenversicherung kämpfen wird; wenn sie dafür kämpfen wird, daß die weißen und schwarzen Halbpächter Land bekommen und von der Schuldenlast befreit werden; wenn sie sich für die Annullierung der Verschuldung der Farmer einsetzen wird; wenn sie für die Gleichberechtigung der Neger, für die Verteidigung der Forderungen der Kriegsteilnehmer, für die Verteidigung der Interessen der Vertreter der freien Berufe, der kleinen Geschäftsleute und Handwerker kämpfen wird. Und so weiter. Es versteht sich von selbst, daß eine solche Partei für die Entsendung ihrer Vertreter in die lokalen Selbstverwaltungen, in die repräsentativen Körperschaften der einzelnen Bundesstaaten sowie in den Kongreß und in den Senat kämpfen wird. Unsere Genossen in den Vereinigten Staaten haben richtig gehandelt, als sie die Initiative zur Schaffung einer solchen Partei ergriffen. Aber sie werden noch wirksame Maßnahmen ergreifen müssen, damit die Schaffung einer solchen Partei zur Sache der Massen selbst werde. Die Frage der Schaffung einer "Arbeiter- und Farmerpartei" und ihr Programm müssen in Massenversammlungen erörtert werden. Es ist notwendig, eine ganz breite Bewegung zur Schaffung dieser Partei zu entfalten und sich an die Spitze dieser Bewegung zu stellen. Man darf auf keinen Fall zulassen, daß die Initiative der Organisierung der Partei in die Hände derjenigen Elemente übergehe, die die Unzufriedenheit der über beide bürgerlichen Parteien ‑ die demokratische und die reformistische ‑ enttäuschten Millionenmassen ausnutzen wollen, um eine “dritte” Partei in den Vereinigten Staaten zu schaffen, als antikommunistische Partei, gegen die revolutionäre Bewegung. b) England In England ist die faschistische Organisation Mosleys infolge der Massenaktionen der englischen Arbeiter vorübergehend in den Hintergrund getreten. Aber wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, daß die sogenannte "Nationale Regierung" eine Reihe von reaktionären Maßnahmen gegen die Arbeiterklasse durchführt, durch die auch in England Verhältnisse geschaffen werden, die nötigenfalls der Bourgeoisie den Übergang zum faschistischen Regime erleichtern. Gegen die faschistische Gefahr in England in der gegenwärtigen Etappe kämpfen, heißt vor allem gegen die "Nationale Regierung", gegen ihre reaktionären Maßnahmen, gegen die Offensive des Kapitals, für die Verteidigung der Arbeitslosenforderungen, gegen den Lohnabbau, für die Aufhebung aller Gesetze kämpfen, mit deren Hilfe die englische Bourgeoisie das Lebensniveau der Massen herabdrückt. Aber der wachsende Haß der Arbeiterklasse gegen die "Nationale Regierung" vereinigt immer breitere Massen unter der Losung der Schaffung einer neuen Labour-Regierung in England. Können die Kommunisten diese Stimmung der breiten Massen, die noch an die Labour-Regierung glauben, außer acht lassen! Nein, Genossen! Wir müssen den Weg zu diesen Massen finden. Wir sagen ihnen offen, wie das der XIII. Parteitag der englischen Kommunistischen Partei sagte: wir Kommunisten sind Anhänger der Sowjetmacht, als der einzigen Macht, die die Arbeiter vom Joch des Kapitals befreien kann. Aber ihr wollt eine Labour-Regierung? Gut, wir kämpften und kämpfen Schulter an Schulter mit euch für die Niederlage der "Nationalen Regierung". Wir sind bereit, euren Kampf für die Schaffung einer neuen Labour-Regierung zu unterstützen, obwohl beide frühere Labour-Regierungen die von der Labour Party der Arbeiterschaft gegebenen Versprechen nicht erfüllt haben. Wir erwarten von dieser Regierung nicht, daß sie sozialistische Maßnahmen durchführen wird. Aber im Namen von Millionen Arbeitern stellen wir ihr die Forderung, die unmittelbarsten wirtschaftlichen und politischen Interessen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen zu verteidigen. Wir wollen zusammen ein gemeinsames Programm solcher Forderungen erörtern und jene Aktionseinheit verwirklichen, die das Proletariat braucht, um der reaktionären Offensive der "Nationalen Regierung", der Offensive des Kapitals und des Faschismus, der Vorbereitung des neuen Krieges Widerstand entgegenzusetzen. Die englischen Genossen sind bereit, zusammen mit den Organisationen der Labour Party auf dieser Grundlage bei den bevorstehenden Parlamentswahlen gegen die "Nationale Regierung" und auch gegen Loyd George aufzutreten, der auf seine Manier versucht, die Massen im Interesse der englischen Bourgeoisie, gegen die Sache der Arbeiterklasse, für sich zu gewinnen. Diese Haltung der englischen Kommunisten ist richtig. Sie wird ihnen die Herstellung der Einheitsfront des Kampfes mit den Millionenmassen der englischen Gewerkschaften und der Labour Party erleichtern. Indem die Kommunisten stets in den vordersten Reihen des kämpfenden Proletariats bleiben, den Massen den einzig richtigen Weg ‑ den Weg des Kampfes für den revolutionären Sturz der Herrschaft der Bourgeoisie und für die Errichtung der Sowjetmacht ‑ zeigen, dürfen sie bei der Festlegung ihrer aktuellen politischen Aufgaben nicht jene notwendigen Etappen der Massenbewegung zu überspringen suchen, in deren Verlauf die arbeitenden Massen ihre Illusionen auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen überwinden und auf die Seite des Kommunismus übergehen. c) Frankreich Frankreich ist das Land, in dem bekanntlich die Arbeiterklasse dem gesamten internationalen Proletariat ein Beispiel gibt, wie man den Kampf gegen den Faschismus führen muß. Die französische Kommunistische Partei gibt allen Sektionen der Kommunistischen Internationale ein Beispiel dafür, wie man die Einheitsfronttaktik durchführen muß, die sozialistischen Arbeiter geben ein Beispiel dafür, was jetzt die sozialdemokratischen Arbeiter der anderen kapitalistischen Länder im Kampf gegen den Faschismus machen müssen. Die Bedeutung der am 14. Juli dieses Jahres stattgefundenen antifaschistischen Demonstration in Paris, an der sich eine halbe Million Menschen beteiligte, sowie der zahlreichen Demonstrationen in anderen Städten Frankreichs ist gewaltig. Das ist schon nicht bloß eine Einheitsfrontbewegung der Arbeiter, das ist der Beginn einer breiten allgemeinen Volksfront gegen den Faschismus in Frankreich. Diese Bewegung der Einheitsfront hebt den Glauben der Arbeiterklasse an ihre Kräfte, stärkt in ihr das Bewußtsein ihrer führenden Rolle gegenüber der Bauernschaft, dem städtischen Kleinbürgertum, der Intelligenz; sie erweitert den Einfluß der Kommunistischen Partei in den Arbeitermassen und stärkt somit das Proletariat im Kampf gegen den Faschismus. Diese Bewegung mobilisiert rechtzeitig die Wachsamkeit der Massen gegenüber der faschistischen Gefahr. Sie wird ein zündendes Beispiel für die Entfaltung des antifaschistischen Kampfes in den anderen kapitalistischen Ländern sein und wird aufmunternd auf das von der faschistischen Diktatur niedergehaltene deutsche Proletariat wirken. Das ist zweifellos ein großer Sieg, aber er entscheidet noch nicht den Ausgang des antifaschistischen Kampfes. Die überwiegende Mehrheit des französischen Volkes ist zweifelsohne gegen den Faschismus. Aber die Bourgeoisie versteht es, mit Hilfe der bewaffneten Macht den Willen der Völker zu vergewaltigen. Die faschistische Bewegung entwickelt sich weiter vollkommen frei, unter aktiver Unterstützung durch das Monopolkapital, den Staatsapparat der Bourgeoisie, den Generalstab der französischen Armee und die reaktionären Führer der katholischen Kirche ‑ dieses Bollwerks einer jeden Reaktion. Die stärkste faschistische Organisation "Feuerkreuzler" verfügt gegenwärtig über 300 000 bewaffnete Leute, deren Kern 60 000 Reserveoffiziere bilden. Sie hat starke Positionen in der Polizei, in der Gendarmerie, in der Armee, in der Luftflotte, im gesamten Staatsapparat. Die letzten Gemeindewahlen zeigen, daß in Frankreich nicht nur die revolutionären Kräfte, sondern auch die Kräfte des Faschismus zunehmen. Wenn es dem Faschismus gelingt, in die breiten Bauernmassen einzudringen und sich die Unterstützung eines Teiles der Armee bei Neutralität des anderen zu sichern, dann werden die französischen werktätigen Massen den Machtantritt der Faschisten nicht verhindern können. Vergeßt nicht, Genossen, die organisatorische Schwäche der französischen Arbeiterbewegung, die den Erfolg der faschistischen Offensive erleichtert. Es besteht keinerlei Grund für die Arbeiterklasse und alle Antifaschisten in Frankreich, sich mit den erreichten Resultaten zufrieden zu geben. Vor welchen Aufgaben steht die Arbeiterklasse Frankreichs? Erstens: die Einheitsfront nicht nur auf politischem, sondern auch auf wirtschaftlichem Gebiet herzustellen zur Organisierung des Kampfes gegen die Kapitalsoffensive; durch ihren Druck den Widerstand der Spitzen des reformistischen Gewerkschaftsbundes (CGT) gegen die Einheitsfront zu brechen. Zweitens: die gewerkschaftliche Einheit in Frankreich herzustellen: Einheitsgewerkschaften auf dem Boden des Klassenkampfes. Drittens: die breiten Bauernmassen, die Massen des Kleinbürgertums in die antifaschistische Bewegung hineinzuziehen, wobei ihren unmittelbarsten Forderungen ein besonderer Platz im Programm der antifaschistischen Volksfront einzuräumen ist. Viertens: die organisatorische Verankerung und Erweiterung der begonnenen antifaschistischen Bewegung durch Schaffung von überparteilichen wählbaren Organen der antifaschistischen Volksfront im Massenmaßstab, von Organen, deren Einfluß breitere Massen erfaßt als die jetzt in Frankreich bestehenden Parteien und Organisationen der Werktätigen. Fünftens: durch ihren Druck die Auflösung und Entwaffnung der faschistischen Organisationen, als Organisationen von Verschwörern gegen die Republik und als Agenten Hitlers in Frankreich, durchzusetzen. Sechstens: die Säuberung des Staatsapparates, der Armee, der Polizei von den Verschwörern durchzusetzen, die einen faschistischen Umsturz vorbereiten. Siebentens: Entfaltung des Kampfes gegen die Führer der reaktionären Cliquen der katholischen Kirche als eines der wichtigsten Bollwerke des französischen Faschismus. Achtens: Verbindung der Armee mit der antifaschistischen Bewegung durch Schaffung von Komitees zum Schutz der Republik und der Verfassung in der Armee gegen diejenigen, die die Armee zu einem verfassungswidrigen Staatsstreich ausnutzen wollen; nicht zulassen, daß die reaktionären Kräfte in Frankreich das französisch-sowjetische Bündnis sprengen, das die Sache des Friedens gegen die Aggressivität des deutschen Faschismus verteidigt. Und wenn die antifaschistische Bewegung in Frankreich zur Schaffung einer Regierung führen sollte, die einen wirklichen Kampf ‑ nicht nur mit Worten, sondern mit Taten ‑ gegen den französischen Faschismus führen wird, die das Programm der Forderungen der antifaschistischen Volksfront durchführen wird, so werden die Kommunisten, die unversöhnliche Feinde einer jeden bürgerlichen Regierung und Anhänger der Sowjetmacht bleiben, angesichts der wachsenden faschistischen Gefahr nichtsdestoweniger bereit sein, eine solche Regierung zu unterstützen. Die Einheitsfront und die faschistischen MassenorganisationenGenossen, der Kampf für die Schaffung der Einheitsfront in den Ländern, wo die Faschisten an der Macht sind, ist wohl das wichtigste Problem, vor dem wir stehen. Dort verläuft dieser Kampf natürlich unter bedeutend schwierigeren Verhältnissen als in den Ländern mit legaler Arbeiterbewegung. Es bestehen nun aber in den faschistischen Ländern alle Voraussetzungen für die Entfaltung einer wirklichen antifaschistischen Volksfront im Kampfe gegen die faschistische Diktatur; denn die sozialdemokratischen, die christlichen und die anderen Arbeiter können z. B. in Deutschland die Notwendigkeit des einheitlichen Kampfes zusammen mit den Kommunisten gegen die faschistische Diktatur unmittelbarer erkennen. Die breiten Schichten des Kleinbürgertums und der Bauernschaft, die bereits die bitteren Früchte der faschistischen Herrschaft gekostet haben, empfinden eine immer größere Unzufriedenheit und Enttäuschung, was ihre Einbeziehung in die antifaschistische Volksfront erleichtert. In den faschistischen Ländern, insbesondere in Deutschland und Italien, wo der Faschismus es verstanden hat, sich eine Massenbasis zu schaffen, und die Arbeiter und anderen Werktätigen gewaltsam in seine Organisationen hineingetrieben hat, besteht die Hauptaufgabe in der geschickten Verknüpfung des Kampfes gegen die faschistische Diktatur von außen mit ihrer Unterwühlung von innen, in den faschistischen Massenorganisationen und Organen. Man muß entsprechend den konkreten Verhältnissen dieser Länder besondere Methoden und Formen prüfen, sich zu eigen machen und anwenden, die die rascheste Zersetzung der Massenbasis des Faschismus begünstigen und den Sturz der faschistischen Diktatur vorbereiten. Das muß man prüfen, sich zu eigen machen und anwenden, und nicht nur schreien: "Nieder mit Hitler!", "Nieder mit Mussolini!". Ja, prüfen, sich zu eigen machen und anwenden. Das ist eine schwierige und komplizierte Aufgabe. Sie ist um so schwieriger, als unsere Erfahrungen der erfolgreichen Bekämpfung der faschistischen Diktatur äußerst begrenzt sind. Unsere italienischen Genossen kämpfen z. B. schon ungefähr 13 Jahre unter den Verhältnissen der faschistischen Diktatur. Aber es ist ihnen noch immer nicht gelungen, einen wirklichen Massenkampf gegen den Faschismus zu entfalten, und darum konnten sie leider in dieser Beziehung den anderen kommunistischen Parteien der faschistischen Länder wenig mit positiven Erfahrungen helfen. Die deutschen und italienischen Kommunisten und die Kommunisten anderer faschistischer Länder sowie die Mitglieder der kommunistischen Jugendverbände haben Wunder an Heldentum an den Tag gelegt. Sie brachten und bringen täglich ungeheure Opfer. Vor diesem Heldentum und diesen Opfern neigen wir alle unser Haupt. Aber Heldentum allein genügt nicht. Dieses Heldentum muß verknüpft werden mit der tagtäglichen Arbeit unter den Massen, mit einem solchen konkreten Kampf gegen den Faschismus, daß hier die fühlbarsten Resultate erzielt werden. In unserem Kampf gegen die faschistische Diktatur ist es besonders gefährlich, das Erwünschte für Wirklichkeit zu halten. Man muß von den Tatsachen ausgehen, von der wirklichen konkreten Situation. Wie ist aber die heutige Wirklichkeit, z. B. in Deutschland? Unter den Massen wächst die Unzufriedenheit und die Enttäuschung über die Politik der faschistischen Diktatur, was sogar die Form von Teilstreiks und anderen Aktionen annimmt. Trotz aller Bemühungen ist es dem Faschismus nicht gelungen, die Hauptmassen der Arbeiterschaft politisch für sich zu erobern; er verliert und wird in immer größerem Maße sogar seine früheren Anhänger verlieren. Aber wir müssen uns doch darüber Rechenschaft ablegen, daß diejenigen Arbeiter, die von der Möglichkeit des Sturzes der faschistischen Diktatur überzeugt und heute schon bereit sind, aktiv dafür zu kämpfen, einstweilen noch in der Minderheit sind. Das sind wir Kommunisten und der revolutionäre Teil der sozialdemokratischen Arbeiter. Die Mehrheit der Werktätigen dagegen hat einstweilen noch nicht die realen und konkreten Möglichkeiten und Wege des Sturzes dieser Diktatur erkannt und wartet zunächst noch ab. Das muß man berücksichtigen, wenn wir unsere Aufgaben im Kampf gegen den Faschismus in Deutschland festlegen und wenn wir besondere Methoden zum Sturz und zur Erschütterung der faschistischen Diktatur in Deutschland suchen, studieren und anwenden werden. Um der faschistischen Diktatur einen empfindlichen Stoß zu versetzen, müssen wir ihre verwundbarste Stelle kennen. Wo befindet sich die Achillesferse der faschistischen Diktatur? In ihrer sozialen Basis. Und die ist außerordentlich buntscheckig. Sie umfaßt verschiedene Klassen und verschiedene Schichten der Gesellschaft. Der Faschismus proklamierte sich zum einzigen Repräsentanten aller Klassen und Schichten der Bevölkerung: des Fabrikanten und des Arbeiters, des Millionärs und des Arbeitslosen, des Junkers und des Kleinbauern, des Großkapitalisten und des Handwerkers. Er tut so, als ob er die Interessen aller dieser Schichten, die Interessen der Nation verteidigt. Da aber der Faschismus die Diktatur der Großbourgeoisie ist, so muß er unvermeidlich mit seiner sozialen Massenbasis in Konflikt geraten, um so mehr, als gerade unter der faschistischen Diktatur die Klassengegensätze zwischen der Meute der Finanzmagnaten und der erdrückenden Mehrheit des Volkes am krassesten hervortreten. Wir können die Massen in den entscheidenden Kampf für den Sturz der faschistischen Diktatur nur dann führen, wenn wir die Arbeiter, die gewaltsam in die faschistischen Organisationen hineingejagt wurden oder aus mangelndem Klassenbewußtsein in sie eingetreten sind, in die elementarsten Bewegungen zum Schutze ihrer wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Interessen hineinziehen. Eben darum müssen die Kommunisten als die besten Verteidiger der tagtäglichen Interessen der Mitgliedermasse in diesen Organisationen arbeiten, eingedenk dessen, daß in dem Maße, wie die in diesen Organisationen befindlichen Arbeiter anfangen, immer häufiger Rechte für sich zu fordern und ihre Interessen zu verteidigen, sie unweigerlich mit der faschistischen Diktatur in Konflikt geraten werden. Auf dem Boden der Verteidigung der dringendsten, in der ersten Zeit der elementarsten Interessen der werktätigen Massen in Stadt und Land, ist es verhältnismäßig leichter, eine gemeinsame Sprache nicht nur mit den aufgeklärten Antifaschisten, sondern auch mit denjenigen Werktätigen zu finden, die noch Anhänger des Faschismus sind, aber über seine Politik enttäuscht und unzufrieden sind, die nörgeln und nach einer Gelegenheit suchen, um ihrer Unzufriedenheit Luft zu machen. Wir müssen uns überhaupt Rechenschaft darüber ablegen, daß unsere ganze Taktik in den Ländern der faschistischen Diktatur einen solchen Charakter tragen muß, daß wir die einfachen Anhänger des Faschismus nicht von uns abstoßen, daß wir sie nicht von neuem in die Arme des Faschismus stoßen, sondern daß wir die Kluft zwischen den faschistischen Spitzen und der Masse der enttäuschten, einfachen Anhänger des Faschismus unter den werktätigen Schichten vertiefen. Man braucht sich nicht daran zu stoßen, Genossen, wenn Leute, die auf Grund dieser Tagesinteressen mobilisiert wurden, sich entweder für indifferent in der Politik oder sogar für Anhänger des Faschismus halten. Wichtig für uns ist, daß wir sie in die Bewegung hineinziehen, die anfänglich vielleicht noch nicht offen unter den Losungen des Kampfes gegen den Faschismus marschiert, jedoch objektiv bereits eine antifaschistische Bewegung ist, weil sie diese Massen der faschistischen Diktatur entgegenstellt. Die Erfahrung lehrt uns, daß die Ansicht, es sei in den Ländern der faschistischen Diktatur überhaupt unmöglich, legal oder halblegal aufzutreten, eine schädliche und falsche Ansicht ist. Auf einem derartigen Standpunkt zu beharren, bedeutet in Passivität verfallen, auf die wirkliche Massenarbeit überhaupt verzichten. Allerdings ist es eine schwierige, komplizierte Aufgabe, unter den Verhältnissen der faschistischen Diktatur Formen und Methoden für ein legales oder halblegales Auftreten zu finden. Aber wie in vielen anderen Fragen, wird auch hier der Weg gewiesen durch das Leben selbst und durch die Initiative der Massen selbst, die schon eine Reihe von Beispielen geliefert haben, die wir verallgemeinern, in organisierter und zweckmäßiger Weise anwenden müssen. Man muß mit aller Entschiedenheit mit der Unterschätzung der Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen Schluß machen. Sowohl in Italien als auch in Deutschland und in einer Reihe anderer faschistischer Länder haben unsere Genossen ihre Passivität und häufig in der Praxis sogar ihre direkte Ablehnung der Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen damit bemäntelt, daß sie die Arbeit in den Betrieben der Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen entgegenstellten. In Wirklichkeit aber hat gerade diese schematische Gegenüberstellung dazu geführt, daß die Arbeit sowohl in den faschistischen Massenorganisationen als auch in den Betrieben außerordentlich schwach oder manchmal sogar überhaupt nicht geleistet wurde. Indessen ist es für die Kommunisten in den faschistischen Ländern besonders wichtig, überall dort zu sein, wo die Massen sind. Der Faschismus hat den Arbeitern ihre eigenen legalen Organisationen genommen. Er hat ihnen die faschistischen Organisationen aufgezwungen, und dort befinden sich die Massen ‑ gezwungenermaßen oder zum Teil freiwillig. Diese Massenorganisationen des Faschismus können und müssen unser legales oder halblegales Wirkungsfeld sein, wo wir mit den Massen in Verbindung kommen werden. Sie können und müssen für uns ein legaler oder halblegaler Ausgangspunkt für die Verteidigung der tagtäglichen Interessen der Massen werden. Zur Ausnutzung dieser Möglichkeiten müssen die Kommunisten Wahlposten in den faschistischen Massenorganisationen erobern, um mit den Massen Fühlung zu haben, und sie müssen sich ein- für allemal frei machen von dem Vorurteil, daß eine solche Arbeit sich für einen revolutionären Arbeiter nicht gezieme und unwürdig sei. In Deutschland besteht z. B. das System der sogenannten "Betriebsvertrauensräte". Wo aber steht es geschrieben, daß wir in diesen Organisationen den Faschisten das Monopol einräumen müssen? Können wir denn nicht versuchen, die kommunistischen, sozialdemokratischen, christlichen und anderen antifaschistischen Arbeiter in den Betrieben zusammenzufassen, damit sie bei der Abstimmung über die Liste der "Betriebsvertrauensräte" die offenen Agenten des Unternehmers streichen und andere Kandidaten in die Listen eintragen, die das Vertrauen der Arbeiter besitzen? Die Praxis hat bereits gezeigt, daß das möglich ist. Lehrt uns denn die Praxis nicht auch, daß man gemeinsam mit den sozialdemokratischen und anderen unzufriedenen Arbeitern von den "Betriebsvertrauensräten" eine wirkliche Verteidigung der Arbeiterinteressen fordern kann? Nehmt die "Arbeitsfront"[11] in Deutschland oder die faschistischen Gewerkschaften in Italien. Kann man denn nicht fordern, daß die Funktionäre der "Arbeitsfront" gewählt und nicht ernannt werden? Kann man denn nicht darauf bestehen, daß die leitenden Instanzen der Ortsgruppen vor den Mitgliederversammlungen der Organisationen Rechenschaft ablegen? Kann man denn nicht mit diesen Forderungen auf Beschluß der Gruppe sich an den Unternehmer, den "Treuhänder der Arbeit"[12], an die höheren Instanzen der "Arbeitsfront" wenden? Das ist möglich unter der Bedingung, daß die revolutionären Arbeiter tatsächlich in der "Arbeitsfront" arbeiten und Posten in ihr erobern. Solche Arbeitsmethoden sind möglich und notwendig auch in anderen faschistischen Massenorganisationen, in der Hitlerjugend, in den Sportorganisationen, in der Organisation "Kraft durch Freude", im Dopo Lavoro in Italien, in den Genossenschaften usw. Genossen, ihr erinnert euch der alten Sage von der Einnahme Trojas. Troja hatte sich vor dem angreifenden Heer durch unbezwingbare Mauern geschützt. Und das angreifende Heer, das nicht wenig Verluste erlitten hatte, konnte den Sieg nicht erringen, bis es ihm nicht gelang, mit Hilfe des trojanischen Pferdes in das Innere, in das Herz des Feindes einzudringen. Mir scheint, wir revolutionären Arbeiter dürfen nicht Anstoß daran nehmen, die gleiche Taktik gegenüber unserem faschistischen Feinde anzuwenden, der sich vor dem Volke durch eine lebendige Mauer seiner Mordbuben schützt. Wer die Notwendigkeit der Anwendung einer solchen Taktik gegenüber dem Faschismus nicht begreift, wer ein solches Vorgehen für “erniedrigend” hält, der mag ein vortrefflicher Genosse sein, aber er ist, mit Verlaub gesagt, ein Schwätzer und kein Revolutionär; der versteht nicht, die Massen zum Sturz der faschistischen Diktatur zu führen. Die Massenbewegung der Einheitsfront, die außerhalb und innerhalb der faschistischen Organisationen Deutschlands, Italiens und anderer Länder entsteht, in denen der Faschismus eine Massenbasis hat, die von der Verteidigung der elementarsten Bedürfnisse ausgeht, ihre Formen und Kampflosungen mit der Erweiterung und Steigerung dieses Kampfes wechselt, wird der Sturmbock sein, der die Festung der faschistischen Diktatur, die heute vielen unbezwingbar zu sein scheint, zerstören wird. Die Einheitsfront in den Ländern, wo sich die
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[1]. [321ignition] Die Fussnoten sind von uns, unter Verwendung von eventuellen in der Quelle enthaltenen Fussnoten, formuliert.
[3]. Otto Bauer: "Der. deutsche. Faschismus. und. die. Internationale". Der Kampf, Jg. 26 Heft 8/9 (August-September 1933). S. 309‑322. Darin heißt es unter anderem:
"Je schwächer die Arbeiterklasse im Verlaufe der fünfzehnjährigen Entwicklung der Republik wurde, desto mehr war es den bürgerlichen Parteien möglich, als Sachwalter der Bourgeoisie die Regierungen im Reich und in den Ländern in ihre Vollzugsausschüsse zu verwandeln. Aber die deutsche Bourgeoisie hatte keine Neigung, selbst das Reich zu beherrschen. Sie konnte es nur in den Formen der Demokratie beherrschen, aber die Demokratie verbürgte der Arbeiterklasse starke einflußreiche Fraktionen in den Parlamenten und starke Gewerkschaften in den Betrieben. Sie konnte es nur in den Formen des Parlamentarismus beherrschen, aber die parlamentarische Regierungsform setzt freie Diskussion, häufige Wahlen, häufige Regierungskrisen voraus. Ihre eigene Herrschaft erschien ihr mit lästigen und gefährlichen Begleiterscheinungen verknüpft, die ihre Privatgeschäfte störten. So zog sie es vor, auf ihre Herrschaft zugunsten einer über den Klassen thronenden Gewalt zu verzichten, die ihr das Proletariat in Gehorsam erhalten, die lästigen Diskussionen, Wahlkämpfe, politischen Krisen ersparen, sie mit ihrer Herrschaft auch von dem Risiko ihrer Herrschaft befreien sollte. [...] Schließlich haben Junkertum und Schwerindustrie die Übergabe der Macht an Hitler durchgesetzt. Die Herrschaft ging damit auf die SA. und SS. über, auf die nach militärischem Vorbild organisierte Gewalt, die die deutsche Bourgeoisie zur Niederwerfung des Proletariats benützen wollte. Die SA. und SS. bestehen aus Offizieren, die mit der Auflösung der kaiserlichen Armee ihre Dienststellen verloren haben, aus Fabrikanten, deren Fabriken stillstehen, aus Kleinbürgern, die nur noch pauperisierte Proletarier sind, aus Söhnen von Bauern, deren Grundeigentum schon ihren Gläubigern gehört, aus Angestellten, für die es keine Anstellung, und aus Arbeitern, für die es keine Arbeit gibt; die neue herrschende Gewalt repräsentiert nicht eine Klasse, sondern die Abfälle aller Klassen. Und diese neue Gewalt zerschlug nun die freien Organisationen aller Klassen. Sie löste nicht nur die proletarischen, sondern auch die bürgerlichen Parteien auf. Sie verbot nicht nur die proletarische Presse, sondern schaltete auch die bürgerliche Presse gleich. Sie hat nicht nur die Gewerkschaften gleichgeschaltet, sondern auch die Organisationen der Industriellen, der Kaufleute, der Handwerker, der Bauern, der Intellektuellen. Sie alle wurden ihrer Autonomie beraubt und unter das Kommando von Reichskommissären gestellt. Eine despotische Staatsgewalt hat sich alle Klassen unterworfen. [...] Aber in Wirklichkeit kann die Gewalt nicht über den Klassen schweben. Der Klassengegensatz ist die entscheidende Tatsache der kapitalistischen Gesellschaft; hatte die faschistische Gewalt alle Klassen ihrem Gummiknüttel unterworfen, so mußte sie dennoch zwischen den Klassen wählen. [...] So mußte Hitler gegen die Proletarier in seinen Reihen Stellung nehmen. [...] Aus den Klassenkämpfen der Bourgeoisie gegen das Proletariat ist eine despotische, über beiden Klassen stehende, beide Klassen entrechtende, beide Klassen als rechtlose Untertanen beherrschende Staatsgewalt hervorgegangen. Aber indem diese Staatsgewalt das Kapital gegen den Aufruhr der Arbeiter schützt, gewinnt sie die Unterstützung des Kapitals. Die deutsche Bourgeoisie hat abermals darauf verzichtet, ihren Staat selbst zu regieren. Wie sie sich einst den Hohenzollern unterworfen hat, hat sie sich nunmehr dem Faschismus unterworfen. Sie tauscht von ihm dafür, wie einst von den Hohenzollern, die Niederhaltung des Proletariats ein."
[4]. Korruptionsaffäre von 1925 um die Brüder Julius, Henry und David Barmat, in die hohe Kreise der SPD verstrickt waren.
[5]. Korruptionsaffäre von 1929 um die Brüder Willi, Leo und Max Sklarek, in die Berliner Politiker und Beamte, insbesondere der Oberbürgermeister Gustav Böß verstrickt waren.
[6]. Richtig: Stavisky. Korruptionsaffäre von Ende 1933/Anfang 1934 in Frankreich um Alexandre Stavisky, in die Politiker und Beamte, insbesondere ein Minister verstrickt waren.
[7]. Die Organisation "Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten" wurde im Dezember 1918 von dem Reserveoffizier Franz Seldte in Magdeburg gegründet. Sie war mit 1930 rund 500 000 Mitgliedern der stärkste Wehrverband des Deutschen Reichs. Im Oktober 1931 bildeten der Stahlhelm, die NSDAP und die DNVP die "Harzburger Front". 1934 wurde der Stahlhelm unter der Bezeichnung "NS-Frontkämpferbund" organisatorisch in die SA eingegliedert und 1935 ganz aufgelöst.
[8]. Ernst Röhm, Stabschef der Sturmabteilung (SA), hegte die Absicht, diese Organisation zu einer Volkmiliz umzugestalten, in der die Reichswehr einbezogen würde. Er strebte auch eine sogenannte "zweite Revolution" an, die eine radikale soziale Umgestaltung bringen sollte. Adolf Hitler, in Übereinstimmung mit innerparteilichen Rivalen Röhms (Heinrich Himmler, Hermann Göring) entschied sich gegen Röhm. Anläßlich einer Führertagung der SA ließ er am 30. Juni 1934 die gesamte SA-Führung durch SS-Einheiten liquidieren. Gleichzeitig wurden andere störende Personen aus dem Wege geräumt, darunter sowohl Mitglieder der NSDAP wie, unter anderen, Kurt von Schleicher.
[9]. In Österreich hatte im März 1933 Bundeskanzler Engelbert Dollfuß das Parlament ausgeschaltet und alle Parteien mit Ausnahme der Vaterländischen Front verboten. Am 17. März 1934 unterzeichneten Österreich, Italien und Ungarn die "Römischen Protokolle" über eine politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Am 25. Juli 1934 fand ein national-sozialistischer Putschversuch statt, in dessen Verlauf Dollfuss getötet wurde. Es folgten mehrtägige Kämpfe in einigen Teilen des Landes. Italien zog Truppen an der österreichischen Grenze zusammen. Nachfolger von Dollfuss wurde Kurt Schuschnigg.
[10]. Im April 1923 wurde der österreichische "Republikanische Schutzbund" gegründet, eine aus den Ordnerschaften des Arbeiterrats und den Arbeiter- und Fabrikswehren der Jahre 1918 und 1919 hervorgegangene proletarische Militärorganisation. Er war durch die Entstehungsumstände sowie die mitgliedermäßige Zusammensetzung mit der SPÖ verbunden; am Höhepunkt seiner Entwicklung, im Jahr 1928, zählte er 80 000 Mitglieder. Die Angehörigen wurden im Waffengebrauch unterwiesen, in geheimen Depots stand eine große Zahl von Waffen zur Verfügung.
Im März 1933 streikten die österreichischen Eisenbahner. Am 4. März sollte im Parlament über die Vorgehensweise gegen die Streikenden abgestimmt werden. Bundeskanzler Engelbert Dollfuß benutzte auf die Geschäftsordnung bezug nehmende Vorwände und erklärte die "Selbstauflösung" des Parlaments. Von nun an regierte Dollfuß unter Berufung auf das durch das Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz aus dem Jahre 1917 etablierte und nie formell abgeschaffte Notverordnungrecht und wandelte die Republik in einen "autoritären Ständestaat" um. Er verbot alle Parteien einschließlich des Schutzbundes, mit Ausnahme der Vaterländischen Front (einer Vereinigung der Christlichsozialen mit einigen Wehrverbänden).
Am 21. Jänner 1934 wurde der Verkauf der sozialdemokratischen Arbeiterzeitung verboten, drei Tage später kam es zur endgültigen Entmachtung der Sozialdemokraten, und der Befehl zur Durchsuchung von Parteigebäuden und Wohnungen nach Waffen des Schutzbundes erging. Karl Renner, Otto Bauer und andere führende Funktionäre hatten bis in die letzten Tage vor den Februarereignissen der Regierung Dollfuß Beschwichtigungsangebote unterbreitet. Zum Wortführer einer sozialdemokratischen Linksopposition wurde der oberösterreichische Landesparteisekretär und Schutzbundobmann Richard Bernaschek. Als am frühen Morgen des 12. Februar 1934 sich in Linz Schutzbündler unter der Führung Richard Bernascheks einer Waffensuche der Polizei in der Landesparteizentrale bewaffnet entgegenstellten, begann ein vier Tage währender blutiger Bürgerkrieg. Der Kampf stand durch die Schuld und Versäumnisse der sozialdemokratischen Führung von Beginn an unter äußerst ungünstigen Voraussetzungen: Die meisten höheren Schutzbundkommandanten waren schon vorher verhaftet worden, wodurch viele geheime Waffendepots unzugänglich blieben; der unbedingt notwendige Generalstreik der Masse der Werktätigen kam nicht oder nur lückenhaft zustande; wo man sich an den Sammelpunkten bewaffnete, wurde in der Regel der Befehl befolgt, von den Waffen erst dann Gebrauch zu machen, wenn die Exekutive angreifen sollte. Die KPÖ hatte nur beschränkten Anteil an den Kampfhandlungen, die Kommunisten hatten keinen Zugang zu den Waffenbeständen des Schutzbundes.
Der bewaffnete Arm der bürgerlichen Staatsmacht, das Bundesheer, die Polizei, die Gendarmerie und die als Hilfstruppe eingesetzten austrofaschistischen Heimwehren gingen gegen die Arbeiter mit äußerster Härte und Brutalität vor. Die Wohnhäuser der Arbeiter in Wien, Linz, Steyr, Bruck an der Mur standen unter Artilleriebeschuß. Im standrechtlichen Verfahren wurden vom 14. bis zum 21. Februar 21 Todesurteile verhängt und an neun Personen durch Erhängen vollstreckt. Über 10 000 Februarkämpfer, Schutzbündler und Arbeiterfunktionäre wurden verhaftet; davon 1200 zu schweren Kerkerstrafen in der Höhe von 1400 Jahren verurteilt.
[11]. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) wurde am 10. Mai 1933 gegründet. Sie sollte als neue einheitliche Organisation "durch Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft, die dem Klassenkampfgedanken abgeschworen hat" die Interessen "aller schaffenden Deutschen" wahrnehmen. Die Vertreter der Großindustrie setzten sich gegen die Perspektive ein, daß die DAF sich zu einer Institution der Vertretung der Arbeiterinteressen entwickle. Das am 19. Mai 1933 angenommene Gesetz über Treuhänder der Arbeit schuf dann zur Regelung der Arbeitsverträge und zur "Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens" öffentliche Verwalter, was dem Wunsch der Unternehmer entgegenkam. Letzten Endes wurde der DAF ein Tätigkeitsbereich zugewiesen, der die Betriebe ausschloß. Die DAF zählte zwar 1942 25 Millionen Mitgliedern, aber mit 44 000 hauptamtlichen und 1,3 Millionen ehrenamtlichen Mitarbeitern war sie zu einer rein bürokratisch-zentralisierten Organisation geworden.