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10. Plenum des Exekutivkomitees
der Kommunistischen Internationale
(3.19. Juli 1929)

Thesen:
Die internationale Lage
und die nächsten Aufgaben der KI

Juli 1929

 

 

Quelle:

10. Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (Moskau, 3. bis 19. Juli 1929) - Protokoll, Verlag der Kommunistischen Internationale, Hamburg, Verlagsbuchhandlung Carl Hoym Nachf. L. Cahnbley, 1929, S. 887‑902.

 

 

 

 

 

 

Erstellt: November 2016

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Dokumente der Kommunistischen Internationale ‑ Übersicht

 

 

 

 

 

 

Thesen zu den Referaten der Genossen Kuusinen und Manuilski

Das Plenum des EKKI. konstatiert, daß die Entwicklung der Ereignisse seit dem 6. Weltkongreß voll und ganz die vom 6. Kongreß gegebene Analyse der wirtschaftlichen und politischen Weltlage, sowie die Richtigkeit der von ihm für die internationale kommunistische Bewegung festgelegten Linie bestätigt hat. Entgegen den Prophezeiungen der Sozialdemokratie, die von den rechten und versöhnlerischen Elementen wiederholt werden, hat die Stabilisierung des Kapitalismus nicht nur keine dauernde Festigkeit erlangt, sondern gerät im Gegenteil immer mehr ins Wanken. Immer anschaulicher bestätigt sich die Richtigkeit der vom 6. Kongreß gegebenen Einschätzung der jetzigen, dritten Periode des Nachkriegskapitalismus als einer Periode des Heranreifens seiner allgemeinen Krise, der beschleunigten Zuspitzung der ausschlaggebenden außen- und innenpolitischen Gegensätze des Imperialismus, die unvermeidlich zu imperialistischen Kriegen, zu den größten Klassenkonflikten, zur Phase der Entfaltung des neuen revolutionären Aufschwunges in den ausschlaggebenden kapitalistischen Ländern und zu großen antiimperialistischen Revolutionen in den Kolonialländern führen.

I. Die Verschärfung der ausschlaggebenden Gegensätze des Kapitalismus

1. Im Verlaufe der zehn Jahre seit Beendigung des Weltkrieges betrog die Bourgeoisie, unter direkter und aktiver Mitwirkung der Parteien der Zweiten Internationale, die Werktätigen systematisch durch die Legende, der Krieg 1914 bis 1918 sei der “letzte” Krieg gewesen, und daß nun, nachdem Deutschland geschlagen und entwaffnet ist, dauernder Frieden zwischen den kapitalistischen Staaten eintreten müsse (der Völkerbund als “Instrument des Friedens”; die zahllosen bürgerlichen “Abrüstungs”projekte; der heuchlerisch-pazifistische Kellogg-Pakt; der Young-Plan, als eine Methode der “friedlichen Lösung” des Reparationsproblems und der übrigen angehäuften imperialistischen Gegensätze der Nachkriegszeit). In Wirklichkeit ergab sich jedoch die Situation, daß noch niemals seit der Beendigung des Krieges 1914 bis 1918 die Gefahr eines neuen imperialistischen Weltkrieges so akut war, wie jetzt. Der wütende Kampf um die Märkte, um die Rohstoffquellen, um die Kapitalausfuhr und die entsprechenden Anlagesphären führt unvermeidlich zum Kriege zwischen den mächtigsten imperialistischen Staaten um die Erweiterung ihrer Wirtschaftsterritorien auf Kosten der Gegner zum Kriege um die Neuaufteilung der Welt. Der Völkerbund, das Werkzeug des anglo-französischen Imperialismus, bereitet aktiv den Krieg vor. Durch die Ablehnung des von der Sowjetunion vorgelegten Projekts der allgemeinen und tatsächlichen Abrüstung hat sich der Völkerbund erneut als ein Werkzeug der Kriegsvorbereitung enthüllt. Unter der heuchlerischen Maske der “Ächtung des Krieges” verdeckt der Kellogg-Pakt in Wirklichkeit den Versuch des amerikanischen Imperialismus, das Recht und die Möglichkeit der endgültigen Entscheidung der Frage über den Termin des neuen Krieges für sich zu sichern Die ungeheure Zunahme der Rüstungen in den imperialistischen Ländern und die Bildung neuer militärpolitischer Bündnisse (England ‑ Frankreich, England ‑ Japan. Frankreich ‑ Polen usw.) zeugen überaus deutlich davon, daß ein neuer imperialistischer Weltkrieg heraufzieht, der an Umfang und Zerstörungskraft den Krieg von 1914 bis 1918 bedeutend übertreffen wird. Die Neuregelung der Reparationsfrage durch den Young‑Plan bedeutet keineswegs, wie die Reformisten behaupten, eine Abschwächung der imperialistischen Gegensätze, sondern führt im Gegenteil zur weiteren Zuspitzung der Konflikte im Lager der Imperialisten (englisch-amerikanischer Kampf um die Reparationsbank, deutsch-französischer Gegensatz) und verschärft zugleich die Gefahr einer finanziellen Blockade, und daher auch die Interventionsgefahr gegen die Sowjetunion infolge der engeren Einbeziehung Deutschlands in die Front der sowjetfeindlichen Kriegspolitik des Imperialismus. Die “Kleinkriege”, die in den Kolonial- und Halbkolonialländern (in China Kwangsiclique und Nanking, Feng Ju Hsiang) geführt werden und hinter denen sich die zunehmende anglo-amerikanische Rivalität verbirgt, sind die Vorstufe zum großen Krieg zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamerika und England um die Welthegemonie. Schärfer als früher tritt nach der Pariser Konferenz das Reparationsproblem hervor, in dem sich die hauptsächlichsten Gegensätze zwischen den herrschenden kapitalistischen Mächten kreuzen, das Problem, das verbunden ist mit der Verschärfung des Kampfes der imperialistischen Gruppen und Mächte um die Rohstoffquellen und die Kapitalausfuhr. Die internationale Verflechtung der monopolistischen Vereinigungen des Finanzkapitals (internationale Kartelle, Finanzierungsgesellschaften, das Projekt der Reparations“über”bank von Young) bringt keine Abschwächung der Kriegsgefahr, im Gegenteil, sie verstärkt sie und schafft die Voraussetzungen für die Verwandlung des heraufziehenden Krieges in einen Weltkrieg, in einen Krieg um die Neuaufteilung der Welt.

Dabei spitzt sich ‑ trotz der Rivalität und des erbitterten Kampfes innerhalb des imperialistischen Lagers ‑ der ausschlaggebende weltbeherrschende Gegensatz, der Gegensatz zwischen der kapitalistischen Welt und der USSR., als der Gegensatz zwischen den zwei prinzipiell einander entgegengesetzten wirtschaftspolitischen Systemen immer mehr zu. Der Angriff der Imperialisten auf die Sowjetunion stellt die Hauptgefahr dar. Davon zeugen die neuen Versuche zur Bildung und Erweiterung des sowjetfeindlichen Kriegsblocks. die fieberhaften Rüstungen der an die Sowjetunion grenzenden Staaten (Reorganisierung der rumänischen Armee, rasendes Wettrüsten in Polen mit der Hilfe des französischen Generalstabes, der reaktionäre Umsturz in Afghanistan unter Beteiligung Englands usw.) und die systematische Provozierung von Konflikten mit der USSR. durch Überfälle auf die diplomatischen Vertretungen der Sowjetunion. Der von den imperialistischen Staaten provozierte Überfall der chinesischen Gegenrevolutionäre auf das Sowjetkonsulat in Charbin, der freche Bruch der Vertragsbeziehungen mit der USSR., der Raub der Ostchinesischen Eisenbahn durch die chinesischen Militaristen, die Massenverhaftungen und Mißhandlungen von sowjetrussischen Arbeitern und Angestellten sind eine unmittelbar kriegerische Provokation seitens des internationalen Finanzkapitals gegenüber der USSR. Diese gesamte Vorbereitung neuer imperialistischer Kriege erfolgt unter aktiver Mitwirkung und allseitiger Beteiligung der “sozialistischen Parteien”, deren “linker” Flügel die allerniederträchtigste Rolle spielt, indem er diese Vorbereitung durch pazifistische Phrasen bemäntelt.

2. In derselben Zeit haben sich die Hoffnungen der Bourgeoisie auf eine kapitalistische Entartung der Sowjetunion, auf ihre allmähliche Unterordnung unter die kapitalistische Welt und auf ihre dementsprechende Verwandlung in eine Kolonie des Weltkapitals als eitel erwiesen. Trotz vorhandener kolossaler Schwierigkeiten (die als ein Erbe der Vergangenheit übernommene technisch-wirtschaftliche Rückständigkeit, das äußerst niedrige Niveau der Bauernwirtschaft, die feindliche kapitalistische Umzingelung) hat die USSR. unter der Führung der KPSU. die siegreiche Offensive gegen die kapitalistischen Elemente in Stadt und Land entfaltet und den sozialistischen Wirtschaftsformen das entschiedene Übergewicht über die kapitalistischen Elemente gesichert. Die mit ungeheurem Schwung vor sich gehende massenweise Kollektivisierung der Landwirtschaft auf der Grundlage ihres technischen Aufschwunges, die Errichtung von Sowjetgütern, Kollektivwirtschaften, Maschinen- und Traktorendepots, schließlich das stürmische Wachstum der sozialistischen Industrie untermauern durch neue, auf dem Produktionszusammenschluß beruhende Formen das Bündnis der Arbeiterklasse mit der Bauernschaft und festigen die ausschlaggebenden Positionen der proletarischen Diktatur. Der Enthusiasmus, mit dem das Proletariat beim Aufbau des Sozialismus am Werke ist, findet jetzt immer mächtigeren Ausdruck in dem lebhaft vor sich gehenden sozialistischen Wettbewerb zur Hebung der Produktivität der Arbeit und Steigerung der industriellen Produktion, im verstärkten Kampf gegen den Bürokratismus, in der Säuberung des Staatsapparates von den der Sowjetmacht fremden Elementen usw. Der Fünfjahrplan des sozialistischen Aufbaus, der berechnet ist auf die weitere Verwirklichung des raschen Tempos der Industrialisierung der USSR., auf die maximale Entwicklung der Produktion von Produktionsmitteln, auf eine entscheidende Verstärkung des sozialistischen Sektors in Stadt und Land auf Kosten der kapitalistischen Elemente, auf einen gewaltigen Aufschwung der Landwirtschaft unter Heranziehung von Millionen Bauern zum sozialistischen Aufbau und auf eine bedeutende Hebung des materiellen und kulturellen Niveaus des Proletariats sowie der werktätigen Massen des Dorfes, ist eine gigantische Errungenschaft nicht nur für die werktätigen Massen der UdSSR., sondern auch für das gesamte Weltproletariat. Die bereits begonnene erfolgreiche Durchführung dieses gewaltigen Plans verstärkt die sozialistischen Grundlagen der proletarischen Diktatur, steigert ihre Wehrfähigkeit und festigt infolgedessen die Kampfstellungen der internationalen proletarischen revolutionären Bewegung. Der erfolgreiche Vormarsch der UdSSR. auf dem Wege zum Sozialismus ist ein äußerst wichtiger Faktor bei der Untergrabung der kapitalistischen Stabilisierung und der Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus.

3. Als fruchtlos erwiesen sich auch die Versuche der Bourgeoisie, in den ausschlaggebenden kapitalistischen Ländern den "Industriefrieden" herzustellen. Immer schärfer erhebt sich vor ihr, unter den Verhältnissen der Verarmung der breitesten Massen der Bevölkerung, das unlösbare Problem der Märkte, das verschärft wird nicht nur durch das Wachstum des Produktionsapparates, sondern auch durch die von den monopolistischen Trusts und Kartellen zur Einführung gelangenden Höchstpreise, durch den Drahtverhau der Zollschranken, durch die industrielle Entwicklung der wirtschaftlich zurückgebliebenen Länder, durch die allgemeine Unsicherheit der Lage in den Kolonien usw. Die Versuche der Bourgeoisie, diesen entscheidenden Widerspruch durch eine durchgreifende kapitalistische Rationalisierung zu umgehen, blieben erfolglos. Die Durchführung der Rationalisierung vertieft diesen Widerspruch nur noch mehr. Die kapitalistische Rationalisierung, die die Produktionskapazität des Wirtschaftsapparates steigert, Millionen von Arbeitskräften aus dem Produktionsprozeß verdrängt und die Konkurrenz auf dem Weltmarkt noch mehr verschärft, führt zu einer Zuspitzung der sozialen Konflikte. Sie lastet mit ihrer ganzen Schwere auf der Arbeiterklasse, senkt deren Lebenshaltungsniveau und steigert durch Verlängerung der Arbeitszeit und Einführung des Fließbandsystems den die Nerven zerrüttenden Charakter der Arbeit bis auf das äußerste. Sämtliche sozialen Errungenschaften, die die Arbeiterklasse durch einen jahrzehntelangen Kampf und besonders in der Periode des Aufstieges der revolutionären Welle 1918/20 erzwungen hatte, wurden entweder abgeschafft oder es droht die Gefahr, daß sie abgeschafft werden (der Achtstundentag, die Sozialversicherung, die Arbeitslosenunterstützung, die Arbeitergesetzgebung, das Koalitions- und Streikrecht). In einigen Ländern wird der Abbau der sozialpolitischen Errungenschaften des Proletariats unter der heuchlerischen Maske neuer “Reformen” (Sozialversicherungs- und Wohnungsgesetze in Frankreich) mit Hilfe der Sozialdemokratie beseitigt. Unter der Flagge des “Industriefriedens” in England, der “Wirtschaftsdemokratie” in Deutschland und des faschistischen “obligatorischen Schlichtungswesens” in Italien und in anderen Ländern betreibt die Bourgeoisie, mit Unterstützung der Sozialdemokratie und der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie unter äußerster Brutalität ein System der hemmungslosen Ausplünderung, Versklavung und barbarischen Unterdrückung der Arbeiterklasse. Die Folge der kapitalistischen Rationalisierung ist die gigantische Zunahme der Arbeitslosigkeit (12 bis 13 Millionen Arbeitsloser in den ausschlaggebenden kapitalistischen Ländern). Der Ruin der Mittelstandsschichten, der Abbau der Angestellten in den kapitalistischen Staaten vermehren die Reihen der armen Stadtbevölkerung. Die Lage der ausschlaggebenden Massen der Bauernschaft hat sich nicht nur nicht verbessert, sondern die Pauperisierung der Mittelbauern und armen Bauern ist erheblich gewachsen. Die Lage dieser Schichten des Dorfes wird noch verschlimmert durch die fortschreitende Agrarkrise und das Wachstum der Reaktion in allen Ländern. Immer deutlicher offenbart sich der Bankrott der von der amerikanischen Bourgeoisie verkündeten Losung der berüchtigten “Prosperität”. Um die europäische Konkurrenz aushalten zu können, führt die Bourgeoisie eine planmäßige Offensive gegen das Lebenshaltungsniveau der amerikanischen Arbeiterklasse und vermehrt die Kader der Arbeitslosen (über 3 Millionen Arbeitslose in den Vereinigten Staaten). Die Auffassung der Versöhnler über die angebliche Abstumpfung der inneren Gegensätze in den kapitalistischen Ländern und über die Möglichkeit einer Organisierung des Innenmarktes bei ausschließlicher Aufrechterhaltung der Anarchie des Weltmarktes wird durch die gesamte Entwicklung des Kapitalismus in den letzten Jahren widerlegt und bedeutet eine Kapitulation vor der reformistischen Ideologie.

Neben der Politik der wirtschaftlichen Strangulierung der Arbeiterklasse geht die Steigerung der politischen Reaktion einher: die Faschisierung des Staatsapparates der Bourgeoisie, die Verschärfung der Repressalien und des weißen Terrors, faschistische Staatsstreiche mit Unterstützung des Weltkapitals (Jugoslawien), Massenverhaftungen der Arbeiter (Frankreich, Polen u. a.), Auflösung der revolutionären Organisationen (Verbot des RFB. in Deutschland), Niederschießung von Arbeiterdemonstrationen und Streikenden (Indien, Amerika und Berlin), Justizmorde an Revolutionären und Morde ohne Justizkomödie, langjährige Zuchthausurteile (Italien, Balkanstaaten, Polen usw.), ein brutaler weißer Terror gegen die Arbeiter- und Bauernbewegung in Mexiko, Kuba, Kolumbien, Venezuela und anderen Ländern Lateinamerikas sind an der Tagesordnung. Angesichts der sich steigernden imperialistischen Gegensätze und der Verschärfung des Klassenkampfes wird der Faschismus in zunehmendem Maße zu einer immer mehr verbreiteten Herrschaftsmethode der Bourgeoisie. Eine besondere Form des Faschismus in Ländern mit starken sozialdemokratischen Parteien ist der Sozialfaschismus, der immer öfter von der Bourgeoisie als Mittel zur Paralysierung der Aktivität der Massen im Kampfe gegen das Regime der faschistischen Diktatur aufgeboten wurde. Durch dieses ganze ungeheuerliche System des politischen und wirtschaftlichen Druckes versucht die von der Sozialdemokratie unterstützte internationale Bourgeoisie die revolutionäre Klassenbewegung des Proletariats auf lange Jahre hinaus zu liquidieren. Aber auch hier sind die Bestrebungen zum Mißerfolg verurteilt. Die Steigerung der Kampftaktik der Arbeiterklasse und das Heranreifen des neuen Aufschwunges der revolutionären Arbeiterbewegung signalisieren die Unvermeidlichkeit des Zusammenbruches dieses Regimes der unerhörten Ausbeutung und Gewalt gegenüber den Werktätigen, das von der internationalen Sozialdemokratie in zynischer Weise als die Ära der “Blüte der Demokratie” und des Hineinwachsens des Kapitalismus in den “Sozialismus” proklamiert wurde.

4. Nicht gelungen ist es der Bourgeoisie ferner, die revolutionäre Bewegung in den Kolonien zu unterdrücken. Der Antagonismus zwischen dem Imperialismus und der kolonialen Welt tritt in den wichtigsten Kolonial- und Halbkolonialländern immer schärfer zu Tage. Nach der zeitweiligen Niederlage der revolutionären Bewegung der Arbeiter und Bauern in China hat sich die chinesische Bourgeoisie, deren wirtschaftliche Interessen aufs engste mit dem Finanzkapital der verschiedenen imperialistischen Länder (Vereinigte Staaten von Amerika, Großbritannien und Japan) verquickt sind, im Bunde mit der feudalen Reaktion als gänzlich bankrott erwiesen und als unfähig, die Unabhängigkeit Chinas zu verteidigen, wobei sie in der Tat in das Lager der imperialistischen Feinde dieser Unabhängigkeit überging. Der augenblicklich in China vor sich gehende innere Kampf der drei militaristischen Cliquen, die Werkzeuge der verschiedenen Imperialistischen Regierungen sind, zeigt in anschaulicher Weise, daß die Interessen der herrschenden Cliquen Chinas den Interessen der nationalen Vereinigung Chinas vollständig zuwiderlaufen. Die Vereinigung Chinas und seine Befreiung vom Joche des Imperialismus hängt unzertrennlich zusammen mit der Agrarrevolution und der Vernichtung aller Überreste des Feudalismus. Aber die Lösung dieser grundlegenden Aufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution ist nur möglich auf der Grundlage eines neuen mächtigen Aufschwungs der Arbeiter- und Bauernrevolution unter Führung der Arbeiterklasse. Dieser Aufschwung, für den die Voraussetzungen zweifelsohne heranreifen, muß unausbleiblich zur Bildung von Räten, als Organe der revolutionär-demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft führen.

Eine mächtige revolutionäre Bewegung entfaltet sich gegenwärtig in Indien. Der heldenhafte Streik des Bombayer Proletariats, der Kampf der werktätigen Massen gegen die Simon-Kommission, die Straßendemonstrationen und Straßenkämpfe, die heranreifende Agrarbewegung ‑ alles das spricht davon, daß Indien bereits zu einem der wichtigsten Aufmarschplätze der kolonialen Revolutionen geworden ist. Der offene Verrat der indischen Bourgeoisie an der nationalen Unabhängigkeit (der Beschluß des Nationalkongresses der Swaradjisten über die Dominionverfassungsrechte für Indien) und die aktive Förderung der blutigen Ausschreitungen gegen die streikenden Arbeiter entlarven den konterrevolutionären Charakter der indischen Bourgeoisie. Das bedeutet, daß die Unabhängigkeit Indiens, die Verbesserung der Lage der Arbeiterklasse u.id die Lösung der Agrarfrage nur erzwungen werden können im revolutionären Kampf der Arbeiter- und Bauernmassen unter der Führung des Proletariats, im Kampf gegen den englischen Imperialismus, die indischen Feudalherren und das nationale Kapital. Die Aufgaben der indischen Revolution können nur im Kampf um die revolutionär-demokratische Diktatur des Proletariats und des Bauerntums unter der Fahne der Sowjets gelöst werden.

Gleichzeitig mit dem Heranreifen des revolutionären Aufschwungs in Indien entbrennt erneut der Kampf In anderen Kolonien und abhängigen Ländern gegen die ausländischen Unterdrücker (Marokko, Kongo, in den Ländern Lateinamerikas usw.). Angesichts des heranreitenden Aufschwunges der revolutionären Arbeiterbewegung in den Metropolländern und der Festigung der Sowjetunion werden die revolutionären Bewegungen in den Kolonien in weit rascherem Tempo wachsen und erstarken als bisher und den Zusammenbruch des gesamten kapitalistischen Regimes beschleunigen.

II. Die Parteien der 2. Internationale an der Regierung

5. Die Ohnmacht der Bourgeoisie, die keinen Ausweg aus den sich zuspitzenden außen- und innenpolitischen Gegensätzen zu finden vermag; die Notwendigkeit der Vorbereitung neuer imperialistischer Kriege und der Sicherung des Hinterlandes durch weitestgehende Knebelung der Arbeiterklasse als die Mittel, um aus der eingetretenen Lage einen “Ausweg” zu finden; die Unmöglichkeit, diese Aufgaben aus eigener Kraft, ohne die Hilfe der sozialdemokratischen Parteien durchzuführen, und schließlich das Bedürfnis nach der Bemäntelung einer solchen Politik unter der Flagge der Demokratie und des Pazifismus ‑ führten zu der Notwendigkeit der offenen Arbeitsgemeinschaft der Bourgeoisie mit den Parteien der 2. Internationale. Daher kommt es, daß die Sozialdemokratie in Deutschland und die Labour Party in England die Regierung übernommen haben. Die politische Mission der Regierungen MacDonald und Hermann Müller besteht darin, die Pläne der Bourgeoisie sowohl in der Innenpolitik (weitestgehende Knebelung der Arbeiterklasse, Verwirklichung der doppelten Unterjochung der Arbeiterklasse Deutschlands im Zusammenhang mit den Reparationen, Rationalisierung in England), als auch in der Außenpolitik (Vorbereitung neuer Kriege und verstärkte Unterjochung der Kolonien) durchzuführen.

In Deutschland haben wir ein neues Experiment der Regierungsübernahme durch die stärkste Partei der 2. Internationale, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.

Die deutschen Arbeitermassen überwinden durch eigene praktische Erfahrung ihre Illusion in Bezug auf die Sozialdemokratie. Die Sozialdemokratie erwies sich als die Partei, die, als sie die Regierung übernahm, die Streiks mit der Schlinge des Zwangsschlichtungswesens abwürgte und das Kapital bei der Durchführung der Aussperrungen und der Liquidierung der Errungenschaften der Arbeiterklasse (Achtstundentag, Sozialversicherung usw.) unterstützte. Durch den Panzerkreuzerbau sowie auch durch die Annahme ihres neuen Wehrprogramms, das mit allen Resten der Vorkriegstraditionen des Sozialismus bricht, bereitet sie den Krieg vor. Die führenden Kader der Sozialdemokratie und der reformistischen Gewerkschaften, die die Befehle der Bourgeoisie vollstrecken, drohen nunmehr der deutschen Arbeiterklasse durch den Mund von Wels mit der offenen faschistischen Diktatur. Die Sozialdemokratie hat die Demonstration am 1. Mai verboten und hat dann die unbewaffneten Arbeiter bei der Maidemonstration niedergeschossen. Sie ist es, die die Arbeiterpresse ("Rote Fahne") und die revolutionären Massenorganisationen der Arbeiter (RFB.) verbietet, das Verbot der KPD. vorbereitet und die Unterdrückung der Arbeiterklasse mit faschistischen Methoden organisiert.

Das ist der Weg der Koalitionspolitik treibenden deutschen Sozialdemokratie zum Sozialfaschismus. Das ist die Bilanz der Regierungsausübung durch die größte Partei der 2. Internationale.

Die ganze Politik der Labour Party, besonders in den letzten Jahren, hat gezeigt, daß die Regierung MacDonald in den gleichen Bahnen wandelt wie die deutsche Sozialdemokratie als Regierungspartei. Sie wird brutal die Durchführung der kapitalistischen Rationalisierung betreiben und jegliche Streikbewegung niederschlagen. Sie wird die national-revolutionäre Bewegung in den Kolonialländern und in erster Linie in Indien abwürgen. Sie wird eine aggressive imperialistische Kriegspolitik, in erster Linie gegen die Sowjetunion, betreiben und sie mit pazifistischer Phraseologie bemänteln. Keinerlei Verhandlungen oder selbst vorübergehende Verständigungen der Regierung MacDonald mit Amerika vermögen die Unvermeidlichkeit des bewaffneten Konflikts zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und England zu beseitigen, sie werden vielmehr im Gegenteil in ganz derselben Weise zu einer Etappe seiner Entwicklung werden, wie seinerzeit die Versuche der Verständigung zwischen den imperialistischen Mächten am Vorabend des Weltkrieges 1914/18. Die unter den englischen Arbeitern weitverbreiteten Illusionen, daß die Regierungsübernahme durch die Regierung der Labour Party die Machtübernahme durch die Arbeiterklasse bedeute, werden durch die imperialistische und arbeiterfeindliche Politik der Regierung MacDonald zerstört werden. Erst jetzt wird die rasche politische Differenzierung in den Massen und ihr Abmarsch von der bürgerlichen Arbeiter-Partei einsetzen. Je energischer die Kommunistische Partei Englands alle Überreste der rechten, opportunistischen Abweichungen aus ihren Reihen ausmerzt, die richtige bolschewistische Politik durchführt und den Kampf der Arbeiter gegen die sogenannte "Arbeiterregierung" verschärft, um so rascher werden die Arbeitermassen Englands erkennen, daß die Politik der englischen Kommunistischen Partei "Klasse gegen Klasse" während der letzten Wahlen die einzig richtige Politik war, daß nur diese Politik die Befreiung der breiten Arbeitermassen von den parlamentarisch-pazifistischen Illusionen fördert und den wirklichen Weg zum Siege der Arbeiterklasse aufzeigt.

Das Plenum des EKKI. konstatiert, daß die gegenwärtige Regierungsübernahme der größten Parteien der 2. Internationale angesichts des heraufziehenden Krieges und des zunehmenden Elends der Arbeiterklasse die Voraussetzungen für die einschneidendste Krise der Sozialdemokratie in den proletarischen Massen schafft. Diese Krise findet ihren Ausdruck in der Beschleunigung des Prozesses der Radikalisierung der breiten Arbeitermassen. Sie bringt die Sozialdemokratie unvermeidlich zum Verlust ihres Einflusses auf die breiten Arbeitermassen und schafft dadurch die günstigen Voraussetzungen für die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse durch die kommunistischen Parteien.

Das Plenum des EKKI. macht es sämtlichen Sektionen der Kommunistischen Internationale zur Pflicht, den Kampf gegen die internationale Sozialdemokratie, diese wichtigste Stütze des Kapitalismus, zu verstärken.

Das Plenum des EKKI. weist die Parteien an, besondere Aufmerksamkeit der Verstärkung des Kampfes gegen den “linken” Flügel der Sozialdemokratie zuzuwenden, der den Prozeß des Zerfalls der Sozialdemokratie durch die Erzeugung von Illusionen über die oppositionelle Einstellung dieses Flügels gegenüber der Politik der führenden sozialdemokratischen Instanzen aufhält, während der “linke” Flügel in Wirklichkeit aus allen Kräften die Politik des Sozialfaschismus unterstützt.

III. Das Heranreifen des neuen Ausschwunges der revolutionären Arbeiterbewegung

6. Neu ist seit dem 6. Weltkongreß die scharf ausgeprägte Radikalisierung der internationalen Arbeiterklasse und das Heranreifen des neuen Aufschwungs der revolutionären Arbeiterbewegung. Die Verschlechterung der Lage der Arbeiterklasse im Zusammenhang mit der verstärkten Knebelung und der Steigerung der kapitalistischen Ausbeutung, die Selbstentlarvung der Sozialdemokratie, die offen zusammen mit der Bourgeoisie gegen die Arbeiterklasse vorgeht und eine sozialfaschistische Politik betreibt, und das Wachstum des kommunistischen Einflusses in den Arbeitermassen drängt die Arbeitermassen zu den Methoden des aktiveren Kampfes gegen die Bourgeoisie. Die Offensive des Kapitals stößt bereits auf gesteigerte Widerstandskraft der Arbeiterklasse. Die Klassenkämpfe beginnen aus Angriffskämpfen seitens der Bourgeoisie in Gegenangriffskämpfe und teilweise in direkte Offensivkämpfe des Proletariats umzuschlagen. Solche Bewegungen, wie der Lodzer Generalstreik, der ein hohes Klassenbewußtsein und eine hohe revolutionäre Aktivität seiner Teilnehmer erkennen ließ, solche Kämpfe wie im Ruhrgebiet, wo die Offensive des Dreibundes des kapitalistischen Staates, der Unternehmer und der reformistischen Bürokratie auf den standhaften und energischen Widerstand seitens der Arbeiterklasse stieß, schließlich die großen Erfolge der Kommunistischen Partei bei den Betriebsrätewahlen in Deutschland, zeigen, daß das Heranreifen eines neuen revolutionären Aufschwungs der Arbeiterbewegung vor sich geht. Die Reparationslasten führen innerhalb Deutschlands zur raschen Verstärkung des Klassenkampfes, der einerseits in der rücksichtslosen Offensive des Unternehmertums, andererseits in großen Massenaktionen des Proletariats zum Ausdruck kommt. Die doppelte Belastung des deutschen Proletariats durch die Reparationszahlungen und durch den Druck der eigenen Bourgeoisie beschleunigt das Heranreifen einer revolutionären Krise in Deutschland. Allerorts ist ein Ansteigen der Streikwelle zu verzeichnen: in Frankreich der Streik der Bergarbeiter, der Textilarbeiter, der Dockarbeiter und der Postbeamten; in den Bereinigten Staaten von Nordamerika der Textilarbeiterstreik, in dem der Massenkampf zum blutigen bewaffneten Zusammenstoß zwischen den Arbeitern und der Polizei führte; ungeheure Streikbewegungen in Australien; die Streiks in Südamerika (Argentinien, Brasilien, Uruguay, Paraguay, Kolumbien); in Deutschland der Streik der Hafenarbeiter, der Streik und die Aussperrung im Ruhrgebiet, der monatelange Textilarbeiterkampf; in Polen der Generalstreik in Lodz, der Streik der Landarbeiter; der Generalstreik in Griechenland; in der Tschechoslowakei der Riesenstreik der Landarbeiter; in Bulgarien der allgemeine Streik der Tabakarbeiter; die mächtige revolutionäre Streikwelle in Indien, die Neubelebung des Streikkampfes in China. Es gibt augenblicklich fast kein einziges Land, in dem nicht in den ersten Monaten des Jahres 1929 entweder nach der Zahl der Streiks oder nach der Zahl der Teilnehmer nicht eine Reihe früherer Jahre übertroffen wäre. Diese Streikbewegung ließ die aktive Rolle der unorganisierten Massen erkennen, die, was die Kampfstimmung anbelangt, nicht selten die in den reformistischen Gewerkschaften organisierten Arbeiter übertrifft.

Es kommt eine Reihe von Solidaritäts- und Proteststreiks gegen die reaktionären Verfolgungen der Arbeiterschaft zum Ausbruch. Gleichzeitig damit vollzieht sich (in einer Reihe von Ländern) ein Anwachsen der revolutionären Stimmungen der unterdrückten Nationalitäten und Bauernmassen, die sich in einer Reihe von Ländern in der Form von Massenaktionen und bewaffneten Zusammenstößen äußern (die Beteiligung der Bauern an den 1.‑Mai-Demonstrationen, die Streiks und die revolutionären Aktionen der Dorfarmut und der Landarbeiter in der West-Ukraine und in Polen, die Steuerunruhen der Bauern in Griechenland, die Agrarbewegungen in Rumänien, die örtlichen Unruhen der Bauern in Jugoslawien und Italien, die Streiks der Landarbeiter in der Tschechoslowakei, in Holland, Frankreich usw.). Angesichts des weit fortgeschrittenen Prozesses des Verwachsens der Unternehmerorganisationen und des reformistischen Gewerkschaftsapparates mit dem bürgerlichen Staat, angesichts der außerordentlichen Verschärfung der Klassengegensätze in der jetzigen Periode schlagen die wirtschaftlichen Streiks in zahlreichen Fällen in politische Massenstreiks um (Lodz und Bombay). All das zwingt die Arbeitermassen dazu, den wirtschaftlichen Kampf mit dem politischen Kampf, mit dem Kampf gegen die ganze kapitalistische Gesellschaftsordnung zu verknüpfen. Die Bourgeoisie spielt alle dem kapitalistischen Staatsapparat zur Verfügung stehenden Mittel der Unterdrückung (Verhaftungen, Entlassungen und Erschießungen) gegen die Streikenden aus. Das führt jetzt und in der Zukunft zu noch größeren Protest- und Solidaritätsstreiks, die ausgesprochen politischen Charakter annehmen. Das stellt vor die kommunistischen Parteien das Problem des politischen Massenstreiks, als das entscheidende Problem für die nächste Periode. Die Anwendung der Waffe des politischen Massenstreiks wird den kommunistischen Parteien helfen, eine immer größere Einheit in die zersplitterten Wirtschaftskämpfe der Arbeiterklasse hineinzutragen. eine breit angelegte Mobilisierung der proletarischen Massen vorzunehmen, aus allen Kräften deren politische Erfahrung zu steigern und sie an den unmittelbaren Kampf um die Diktatur des Proletariats heranzuführen.

7. Im Rahmen der sich entwickelnden Streikkämpfe und des neuen revolutionären Aufschwungs gewinnt die Aktion des Berliner Proletariats vom 1. Mai höchst wichtige Bedeutung. Diese Aktion zeigte nicht nur die Kampfinitiative des Proletariats, sondern auch die Stärke des Einflusses der Kommunistischen Partei Deutschlands, die es zuwege brachte, trotz des von Zörgiebel und den reformistischen Gewerkschaften erlassenen Demonstrationsverbots etwa 200.000 Arbeiter auf die Straße zu führen. Die Partei ist weder vor der Reaktion auch nur einen Schritt breit zurückgewichen, noch ließ sie sich von der Bourgeoisie zum bewaffneten Aufstand provozieren, der in der gegebenen Situation zur Isolierung und Zurückwerfung der revolutionären Vorhut geführt hätte. Die Berliner Maitage bedeuten einen Wendepunkt des Klassenkampfes in Deutschland und beschleunigen das Tempo des revolutionären Aufschwunges der deutschen Arbeiterbewegung. Sie waren nicht nur keine Niederlage des deutschen Proletariats, wie alle Defaitisten und Renegaten des Kommunismus behaupten, sondern im Gegenteil, sie demonstrierten den Erfolg der Kampftaktik der Kommunistischen Partei, die schonungslos gegen alle Tendenzen des Nachhinkens in ihren eigenen Reihen kämpfte Die politische Bedeutung der Aktion des Berliner Proletariats besteht darin, daß sie den Versuch der Bourgeoisie und der Sozialdemokratie, der Arbeiterklasse ihren 1. Mai zu rauben, vereitelte, und daß sie die deutsche Bourgeoisie und ihre Sozialdemokratie gezwungen hat, vor dem Ansturm der Arbeiterklasse in der Frage des Demonstrationsverbots zu kapitulieren, daß sie als Kampf um die Straße in den anderen Ländern Widerhall gefunden und daß sie die proletarischen Massen außerhalb Deutschlands auf die Beine gebracht hat, die durch Massendemonstrationen ihre Solidarität mit dem deutschen Proletariat bekundeten. Der Umstand, daß diese Aktion sich in einer Situation abspielte, die im Vergleich zu den Vorjahren durch einen gesteigerten Kampfcharakter der Maidemonstrationen und der Streiks in anderen Ländern (Polen, Frankreich, Bombay) gekennzeichnet ist, zeugt von Tendenzen zum Umschlagen der wirtschaftlichen Bewegung der proletarischen Massen in höhere Formen des revolutionären Kampfes.

Das Plenum des EKKI., das sich mit dem heldenhaften Proletariat Berlins, den mutigen Verteidigern der Barrikaden von Neukölln und vom Wedding solidarisiert, erklärt sich voll und ganz einverstanden mit der taktischen Linie der Kommunistischen Partei Deutschlands während der Berliner Maiereignisse.

IV. Die Komintern und die nächsten Aufgaben der kommunistischen Parteien

8. Das Heranreifen des neuen Aufschwungs der revolutionären Arbeiterbewegung und der Regierungsantritt durch die Sozialdemokratie in Deutschland und in England stellt die Komintern und ihre Sektionen vor die sich mit besonderer Schärfe erhebende Aufgabe der entschiedenen Verstärkung des Kampfes gegen die Sozialdemokratie, besonders gegen ihren “linken” Flügel, der der gefährlichste Feind des Kommunismus in der Arbeiterbewegung und das Haupthindernis für die Steigerung der Kampfaktivität der Arbeitermassen ist. Im Zusammenhang damit ist auf dem Gebiet der innerparteilichen Politik die Zentralaufgabe der Komintern der Kampf gegen den Opportunismus, der als Träger des bürgerlichen Einflusses auf die Arbeiterklasse und der sozialdemokratischen Tendenzen in der kommunistischen Bewegung auftritt. Ohne die Säuberung der kommunistischen Parteien sowohl von den offen wie von den versteckt opportunistischen Elementen und ohne die Überwindung der versöhnlerischen Einstellung diesen gegenüber können die kommunistischen Parteien nicht erfolgreich vorwärts kommen auf dem Wege der Lösung der neuen Aufgaben, die durch den verschärften Klassenkampf in der neuen Etappe der Arbeiterbewegung aufgeworfen werden. Die Bedeutung dieser neuen Etappe in bezug auf die kommunistischen Parteien besteht darin, daß sie dazu beitrug, im Verlauf der sich entwickelnden Klassenkämpfe die faulen opportunistischen Elemente aufzudecken, die in diesen Kämpfen eine Streikbrecherrolle spielten. Damit ist auch die Richtigkeit des Hinweises des 6. Weltkongresses der Komintern bestätigt, daß die Hauptgefahr in den kommunistischen Parteien gegenwärtig die rechte opportunistische Abweichung ist.

9. Das Plenum des EKKI. konstatiert mit Befriedigung das Wachstum des Einflusses der Komintern in der letzten Zeit, die organisatorische und ideologische Festigung ihrer Sektionen, sowie die Säuberung von den opportunistischen Elementen (Brandler, Hais, Lovestone). Das Geschrei der rechten Renegaten über die Zersetzung der Komintern, das von den spießbürgerlichen Versöhnlern mit aufgegriffen wird, bestätigt nur, wie sehr diese Säuberung der kommunistischen Bewegung notwendig war, um die zersetzende Arbeit der opportunistischen Elemente zu verhindern und eine wirkliche Bolschewisierung der kommunistischen Parteien zu gewährleisten. Es liegen bereits höchst wichtige Erfolge dieser Bolschewisierung in einer Reihe kommunistischer Parteien vor, in erster Linie Deutschlands, Frankreichs und Polens: die Säuberung von den Opportunisten, die die Kampffähigkeit der kommunistischen Parteien steigerte, und diese auf dem Wege zur Ausübung der vollen Führung im wirtschaftlichen und polnischen Kampf vorwärts brachte; das Aufrücken neuer Kräfte, die sich unter den Verhältnissen der gesteigerten Aktivität der Arbeiterklasse und im Kampf gegen den Opportunismus politisch herausgebildet haben und gewachsen sind; die Zunahme der bolschewistischen Disziplin unter voller Entfaltung der innerparteilichen Demokratie, die erhöhte Heranziehung von Arbeitern in die führenden Kader der kommunistischen Parteien. Das Plenum vermerkt die Konsolidierung der kommunistischen Parteien auf der Grundlage der politischen und taktischen Linie des 6. Kongresses. Ferner konstatiert das Plenum des EKKI., daß die leitenden Organe der Komintern, das heißt, das Polsekretariat und das Präsidium, in richtiger Weise die Linie der Beschlüsse des 6. Kongresses durchführten, rechtzeitig auf die wichtigsten politischen Ereignisse reagierten und mit Erfolg den Kampf gegen die rechte Abweichung und das Versöhnlertum führten. Um stärkere Garantien für die Durchführung der Beschlüsse der Komintern zu schaffen, beauftragt das Plenum das Präsidium, Maßnahmen zu treffen, um den Apparat des EKKI. durch Heranziehung entwicklungsfähiger Parteiarbeiter aus den Sektionen zu stärken und von opportunistischen Elementen zu säubern.

Unter Führung des EKKI. und auf der Grundlage seines Offenen Briefes hat die KPD. die Renegaten-Gruppe Brandler-Thalheimer ideologisch und politisch zerschlagen und ihren Einfluß unter den Arbeitern vollständig untergraben. Die KPTsch. hat sich unter aktiver Beteiligung des EKKI. rasch des schuftigen Versuches der Hais und Konsorten zur Spaltung der roten Gewerkschaftsbewegung in der Tschechoslowakei zu erwehren verstanden und ist ideologisch und politisch gekräftigt aus dem Kampf gegen das Liquidatorentum hervorgegangen. Unter Führung des EKKI. liquidiert die Amerikanische Kommunistische Partei erfolgreich das prinzipienlose Fraktionswesen und den zersetzenden Einfluß der opportunistischen Fraktionsführer (Lovestone und Pepper) auf die Parteikader. Der verstärkte Kampf gegen die rechten Abweichungen ist auch in den kommunistischen Parteien der Kolonialländer notwendig, in denen die opportunistischen Elemente Träger des bürgerlichen und kleinbürgerlichen Einflusses auf das Proletariat sind und seinen selbständigen Kampf hemmen. Das Plenum des EKKI., das voll und ganz die Beschlüsse des Präsidiums des EKKI. in der amerikanischen Frage, die Beschlüsse in der deutschen Frage, den Offenen Brief an die KPD. und die Beschlüsse des Präsidiums des EKKI. in der tschechoslowakischen Frage billigt, hält eine Verteidigung der Anschauungen der von der Komintern als antiparteiliche und den Interessen der proletarischen revolutionären Bewegung höchst feindselige Strömung verurteilten rechten Abweichungen durch einzelne Mitglieder der Kommunistischen Partei als unvereinbar mit der Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei.

Gleichzeitig konstatiert das Plenum, daß das Versöhnlertum, das als feiger Opportunismus aufgetreten ist und das offene Liquidatorentum in Schutz nimmt, in der letzten Zeit in allen ausschlaggebenden Fragen der kommunistischen Bewegung bei den Stellungen der Rechten gelandet ist und innerhalb der Komintern die Rolle der Rechten übernommen hat. Nach dem Ausschluß der rechten Liquidatoren ist es zum Zentralanziehungspunkt aller rechten Elemente in den Reihen der Kommunistischen Partei, zum Sprachrohr aller defaitistischen Stimmungen und zum Träger aller opportunistischen Anschauungen geworden. Angesichts dessen fordert das EKKI., a) daß die Versöhnler offen und energisch abrücken von den Trägern der rechten Abweichung; b) daß sie einen aktiven Kampf nicht nur in Worten, sondern durch die Tat gegen die rechte Abweichung führen und c) daß sie sich bedingungslos allen Beschlüssen der Komintern und ihrer Sektionen unterwerfen und diese aktiv in die Praxis umsetzen. Die Nichterfüllung einer dieser Bedingungen stellt jeden, der sie verletzt, außerhalb der Reihen der Kommunistischen Internationale.

Das Plenum des EKKI. ist der Anschauung, daß ohne die Durchführung dieser Beschlüsse, ohne die Zerschlagung der rechten und “linken” (trotzkistischen) Liquidatoren und ohne die entschiedene Überwindung des Versöhnlertums es nicht möglich ist, die Aufgaben der Komintern und ihrer Sektionen unter den Verhältnissen des neuen Aufschwungs zu erfüllen: die Aufgaben der Bekämpfung der Kriegsgefahr und der Verteidigung der Sowjetunion, der Bekämpfung der Sozialdemokratie und besonders ihres “linken” Flügels, der Vorbereitung der kommunistischen Parteien und der Arbeiterklasse auf die kommenden revolutionären Kämpfe, der Auslese der wirklich revolutionären Führer der Arbeiterklasse, die fähig sind, kühn und ohne Schwankungen das Proletariat zum Kampf um den Sturz des Kapitalismus und die Errichtung der Diktatur des Proletariats zu führen.

10. Besonders wichtige Bedeutung gewinnt der Kampf gegen das Liquidatorentum und die versöhnlerische Haltung ihm gegenüber auf dem Gebiet der Durchführung der Aufgaben der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse durch die kommunistischen Parteien. Durch die Abschwächung des Kampfes gegen die Sozialdemokratie, durch die Überschätzung ihrer Kräfte und die Geringschätzung der Rolle der kommunistischen Partei durchkreuzen diese Elemente den Kampf der Partei um die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse und hindern die auf dem Wege von der Sozialdemokratie zur kommunistischen Bewegung befindlichen Arbeiter daran, den letzten Schritt auf die Seite des Kommunismus zu machen. Das Plenum des EKKI., das diese streikbrecherische Rolle der rechten opportunistischen Elemente hervorhebt, ruft alle Sektionen der Kommunistischen Internationale auf, alle ihre Kräfte auf die Aufgabe der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse zu konzentrieren. Das Plenum des EKKI. betont, daß unter den Verhältnissen des heranreifenden neuen Aufschwungs der revolutionären Arbeiterbewegung die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse die zentrale Aufgabe der kommunistischen Parteien bildet. Ihre Voraussetzung ist die Eroberung der führenden Rolle in der Arbeiterbewegung durch die kommunistischen Parteien, das heißt der Führung in allen Aktionen der Arbeiterklasse, in den wirtschaftlichen Streiks, in den Straßendemonstrationen, in den Betriebsräten, um auf diese Weise den kommunistischen Parteien die Führung in den entscheidenden Kämpfen des Proletariats sichern zu helfen.

An die Lösung dieser zentralen Aufgabe können die kommunistischen Parteien nur herantreten im Prozeß großer Klassenkämpfe des Proletariats auf der Grundlage der Anwendung der neuen Formen der Einheitsfronttaktik von unten, unter stärkster Heranziehung der unorganisierten Massen zum Kampf (Streikleitungen im Ruhrgebiet, Betriebsrätewahlen in Deutschland, Arbeiterdelegiertenkonferenzen der Betriebe, die in Paris und Berlin den Streik am 1. Mai vorbereiteten). Sie müssen zu diesem Zweck alle ihre Kräfte auf die Betriebe werfen und aus jedem Betrieb eine Hochburg des Kommunismus machen. Sie müssen eine Auslese der besten Elemente aus den alten Kadern vornehmen, müssen sie durch neue Kräfte, die im Prozeß der Klassenkämpfe von unten her, aus der Masse hervorgegangen sind, auffüllen und planmäßig und systematisch die Entfaltung der Selbstkritik als des wichtigsten Instruments zur revolutionären Neuerziehung und bolschewistischen Stählung der Parteikader betreiben. Unter dem Gesichtspunkt der Lösung der zentralen Aufgabe ‑ der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse für den Kommunismus ‑ müssen alle Maßnahmen zur organisatorischen Verankerung des politischen Einflusses der kommunistischen Parteien ergriffen werden.

Angesichts der Gefahr eines Verlustes der Legalität, die einer Reihe von bisher legal arbeitenden kommunistischen Parteien droht, verpflichtet das 10. Plenum des EKKI. diese Parteien, unbedingt und sofort alle notwendigen politisch-organisatorischen Maßnahmen durchzuführen, um mit allen Mitteln einen Massenkampf gegen diese drohende Gefahr zu entfesseln, um die Fortsetzung und sogar Erweiterung ihrer Massenarbeit auch unter illegalen Bedingungen zu sichern und jederzeit zur Kombinierung der illegalen mit legalen Arbeitsmethoden gerüstet zu sein. Im Kampf gegen die drohende Kriegsgefahr, gegen die Offensive der Unternehmer und gegen die Verleumdungskampagne der Reformisten müssen alle kommunistischen Parteien eine breite Aufklärungskampagne über die gewaltigen Erfolge des sozialistischen Aufbaus der Sowjetunion führen. Sie müssen der kapitalistischen Rationalisierung, die das Proletariat immer tiefer ins Elend hinabstößt, die sozialistische Rekonstruktion in der Sowjetunion entgegenstellen, die ein mächtiger Hebel ist für den materiellen und kulturellen Aufschwung der Arbeiterklasse.

11. Gleichzeitig müssen alle Parteien die Tätigkeit der Kommunisten und der revolutionären Gewerkschaftsopposition innerhalb der reformistischen Gewerkschaften ganz entschieden verstärken und in Ländern mit gespaltener Gewerkschaftsbewegung mit aller Energie für die Stärkung der Roten Gewerkschaften arbeiten. Um den Einfluß der Kommunisten in den Betrieben, im Kampf gegen Unternehmertum, Faschismus und Reformismus zu festigen, um den roten Betriebsräten eine breitere Grundlage für ihre Tätigkeit zu verschaffen, um allen Kämpfen der Arbeiterklasse einen organisierten Charakter zu verleihen, ist es notwendig, revolutionäre Vertrauensmännerkörper in den Betrieben zu bilden, die von der Belegschaft gewählt werden.

Alle Sektionen der Kommunistischen Internationale müssen eine radikale Wendung und eine grundlegende Änderung ihrer Arbeitsmethoden vollziehen auf dem Gebiete der revolutionären Tätigkeit unter den unterdrücktesten und ausgebeutetsten Schichten des Proletariats, unter den Arbeiterinnen der Arbeiterjugend und den Landarbeitern. Insbesondere gewinnt die Frage der revolutionären Mobilisierung und Erfassung der Jungarbeitermassen angesichts der wachsenden Rolle der arbeitenden Jugend und im Zusammenhang mit der Kriegsgefahr eine außerordentlich große Bedeutung. Das erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit aller kommunistischen Parteien für die Frage der Jugendbewegung und die wirksame Unterstützung der KJI. Die KJI. hat im letzten Jahre bei der Durchführung der Linie der Komintern im Kampfe gegen die Rechten und Versöhnler ihre Aufgabe erfüllt. Der Stand der Massenarbeit der kommunistischen Jugendverbände und ihre organisatorische Entwicklung blieben jedoch durchaus unbefriedigend und verlangen gebieterisch die Durchführung jener Wendung zur Massentätigkeit, die vom 5. Weltkongreß der KJI. gefordert wurde. In Ländern mit einer revolutionären Bauernbewegung und einer nationalen Befreiungsbewegung besteht die Hauptaufgabe neben der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse darin, in diesen Bewegungen die Hegemonie des Proletariats und die führende Rolle der Kommunistischen Partei zu festigen.

Es ist die Aufgabe der gesamten Komintern, den Aufbau und die Festigung der kommunistischen Massenparteien in den Kolonien als Parteien des Proletariats, als Avantgarde und führende Kraft in den kommenden revolutionären Kämpfen allseitig zu fördern.

12. Es ist notwendig, entschieden den Kurs auf Massen-Parteien zu nehmen und den Kampf zu führen sowohl gegen die Überreste des Sektierertums und der sozialdemokratischen Traditionen, als auch gegen die Überreste des prinzipienlosen Fraktionskampfes, der in einer Reihe von Parteien (zum Beispiel in der KP. Amerikas) das Hemmnis ihrer weiteren Entwicklung bildet und eine der Ursachen ist, die ihrer Verwandlung in eine Massenpartei hinderlich sind.

In einer Reihe von Sektionen der Komintern, wie zum Beispiel in Schweden, sind die rechten Schwankungen noch immer weit verbreitet und stellen auch in der Praktischen Arbeit eine große Gefahr dar. Ohne die entschiedene Bekämpfung und Überwindung dieser opportunistischen Schwankungen werden die kommunistischen Parteien nicht imstande sein, die ihnen bevorstehenden revolutionären Aufgaben aktiv zu erfüllen.

Zum Schluß verweist das Plenum des EKKI. auf die gesteigerten Versuche der Feinde der revolutionären Arbeiterbewegung, die kommunistischen Parteien von den breiten proletarischen Massen loszureißen (durch Ausschluß der Kommunisten aus den Gewerkschaften, durch Entlassung der Kommunisten aus der Arbeit, durch das Verbot ihrer Presse, ihrer Organisationen usw.). Das Plenum des EKKI. ruft zum Kampf gegen diese Versuche auf und erklärt zugleich, daß die größte Gefahr in der gegenwärtigen Periode darin besteht, daß die kommunistischen Parteien hinter dem Tempo der Entwicklung der revolutionären Massenbewegung zurückbleiben könnten (Chwostismus ‑ Politik des Nachhinkens). Das Plenum des EKKI. ruft alle Sektionen der Komintern auf zum entscheidendsten Kampf gegen solche Tendenzen des Nachhinkens, die eine Widerspiegelung sozialdemokratischer Überreste sind, ohne deren Überwindung die kommunistischen Parteien nicht imstande sein werden, ihre Rolle als Avantgarde der Arbeiterbewegung zu erfüllen und die Arbeiterklasse zu neuen revolutionären Kämpfen und Siegen zu führen.