Kommunistische Partei Deutschlands
Politische Plattform
30. Dezember 1939
(Auszüge)
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Quelle: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.): Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung - Band 5 - Von Januar 1933 bis Mai 1945. Berlin, Dietz, 1966. S. 532‑535. |
Ausgehend von dieser taktischen Orientierung steht vor der Partei in der gegenwärtigen Situation als Hauptaufgabe: die Organisierung des Kampfes für die Beendigung des Krieges, die Befestigung und Vertiefung der Freundschaft des deutschen Volkes mit der Sowjetunion, die Verhinderung des Kriegsplanes der englischen und französischen Imperialisten, die Stärkung der politischen und organisatorischen Kraft der werktätigen Massen innerhalb Deutschlands. Aus dieser Hauptaufgabe ergeben sich die folgenden weiteren Aufgaben:
1. Gründliche Aufklärung der werktätigen Massen
a) über den imperialistischen Charakter des europäischen Krieges, besonders über die aggressive Rolle des englischen und französischen Imperialismus und seines Kriegsplanes. Umfassende Entlarvung der Feinde des sowjetisch-deutschen Freundschaftspaktes im eigenen Land. Wer gegen den Freundschaftspakt intrigiert oder Verleumdungen gegen die Sowjetunion verbreitet, muß als Feind des deutschen Volkes und als Helfershelfer der englischen und französischen Imperialisten gebrandmarkt werden. Dazu die Forderung auf Konfiszierung des Vermögens dieser Volksfeinde und ihrer Entfernung aus der Armee und dem Staatsapparat.
b) über die Bedeutung des sowjetisch-deutschen Freundschaftspaktes und über die durch ihn im Zusammenhang mit dem Kriege herbeigeführten tiefgehenden Veränderungen der internationalen Lage und der Klassenkräfte in Deutschland.
c) über die sich daraus ergebenden neuen Bedingungen und Aufgaben des Kampfes der werktätigen Massen Deutschlands.
2. Gründliche Aufklärung der werktätigen Massen über die Sowjetunion, über ihre konsequente Friedenspolitik, über die Verwirklichung des Sozialismus, über die Stalinsche Verfassung der sozialistischen Demokratie, über die nationale Freiheit und das Zusammenleben der Völker im Lande des Sozialismus, über die wirtschaftliche und militärische Stärke der Sowjetunion und den Charakter der Roten Arbeiter- und Bauernarmee. Es ist den werktätigen Massen die völlige Übereinstimmung ihrer Interessen mit denen der Sowjetunion und ihrer Außenpolitik nachzuweisen, um dadurch den Massen die gewaltige Bedeutung des Freundschaftspaktes zu erklären und die Freundschaft der Massen zur Sowjetunion zu festigen und zu vertiefen.
3. Die Organisierung des Kampfes gegen die politische Entrechtung der werktätigen Massen und des Kampfes für ihre politischen Rechte.
Dem werktätigen Volke, dem im Kriege die schwersten Opfer und Entbehrungen auferlegt sind, werden von dem herrschenden Regime alle Rechte vorenthalten, über die Lebensfragen des Volkes seine Meinung zu sagen und in Versammlungen oder in der Presse seine berechtigten Forderungen zu vertreten. Wer aber dem werktätigen Volke seine Rechte vorenthält, untergräbt damit die nationale Existenz des deutschen Volkes [...]
Deshalb muß besonders jetzt im Kriege der Kampf um die politischen Rechte des werktätigen Volkes geführt werden, für das Recht der freien Meinungsäußerung in Wort und Schrift, für die Selbstverwaltung der Gemeinden durch die von den Massen gewählten Personen ihres Vertrauens, für die Wahl der Vertrauensräte in den Betrieben und der Funktionäre in den Massenorganisationen, für die Rechte der Arbeiter, Bauern, Handwerker, werktätigen Intelligenz und Soldaten.
Es darf nicht länger sein, daß Männer wie Ernst Thälmann und tausend andere, die stets für die Freundschaft zwischen dem deutschen Volke und den Sowjetvölkern, gegen den Imperialismus und das Versailler Diktat gekämpft haben, noch immer eingekerkert sind. Es muß der Kampf für ihre Freilassung mit größter Entschiedenheit geführt werden.
4. Die Organisierung des Kampfes gegen die nationale Unterdrückung und für das Selbstbestimmungsrecht des österreichischen, tschechischen, slowakischen und polnischen Volkes.
Eng verbunden mit dem Kampfe der werktätigen Massen für ihre politischen Rechte in Deutschland muß der Kampf gegen die nationale Unterdrückung des österreichischen, tschechischen, slowakischen und polnischen Volkes durch den deutschen Imperialismus und der Kampf für ihr volles Selbstbestimmungsrecht geführt werden. Die Germanisierungs- und Ausplünderungsmaßnahmen in den annektierten Ländern und die Propaganda des großdeutschen Chauvinismus sind nur Wasser auf die Mühlen der kriegerischen Aggression des englischen und französischen Imperialismus, erzeugen nur bittere Feindschaft in diesen Völkern gegen das deutsche Volk und hindern den gemeinsamen Kampf der deutschen, österreichischen, tschechischen, slowakischen und polnischen Arbeiterklasse gegen Imperialismus und Kapitalismus. Unmittelbar ist der Kampf zu führen für die Zurückziehung der Gestapo und der SS, für die Freilassung der Gefangenen, Liquidierung der Konzentrationslager und für die volle Selbstverwaltung des Volkes und Entfaltung seiner nationalen Kultur.
5. Die Organisierung des Kampfes gegen die großkapitalistische Ausbeutung und für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der werktätigen Massen.
Die großkapitalistischen Kräfte wälzen die ganze Last des Krieges auf die Schultern der werktätigen Massen. Die nationalsozialistische Behauptung, daß in Deutschland fortschrittliche soziale Verhältnisse beständen, daß eine gleichmäßige Verteilung der Lasten erfolge, daß keine Kriegsgewinne zugelassen würden, daß es einen deutschen Sozialismus gäbe, entspricht nicht den Tatsachen. Es ist notwendig, den Massen den Widerspruch zwischen den nationalsozialistischen Behauptungen und den Tatsachen zum Bewußtsein zu bringen, den Schwindel über die angebliche “Volksgemeinschaft” zu enthüllen und den Kampf um die Verbesserung der Lebenshaltung der werktätigen Massen und um die Erhaltung der Volksgesundheit zu führen.
a) Gestützt auf die zähe Arbeit in den Massenorganisationen ist auf Grund der Verteuerung und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ein entschlossener Kampf der Arbeiter zu führen für Lohnerhöhungen, für Weiterzahlung der Lohnzuschläge und Einhaltung der Urlaubsbestimmungen, für Verkürzung der Arbeitszeit, für den Gesundheitsschutz der Frauen und Jugendlichen, für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen, für ausreichende Versorgung der Betriebsarbeiter, Angestellten und selbständigen Werktätigen; gegen die ungerechte Verteilung der Waren, wie sie in der bevorzugten Belieferung der besitzenden Kreise zum Ausdruck kommt. Kampf für die Freizügigkeit der Landarbeiter und die Verbesserung ihrer Löhne und Arbeitsbedingungen.
b) Tatkräftige Unterstützung der Forderungen der Klein- und Mittelbauern im Reichsnährstand auf Streichung der Pacht- und Zinsrückstände und Aussetzung dieser Zahlungen für die Dauer des Krieges, auf Herabsetzung der Steuern, auf das Mitbestimmungsrecht der Bauern in den Organisationen des Reichsnährstandes und den ihnen unterstellten Genossenschaften usw., auf Aufhebung aller Gesetzesverordnungen, durch die die Bauernwirtschaft zugrunde gerichtet und durch die die armen und mittleren Bauern minderen Rechtes gegenüber den Großgrundbesitzern gemacht, die nachgeborenen Kinder der Erbhofbauern völlig enterbt und entrechtet werden, gegen die Bevorzugung der Großagrarier bei der Versorgung mit Lebens- und Futtermitteln.
Ferner muß der Kampf geführt werden für die Zuteilung von Boden an die Kleinbauern auf Kosten des Großgrundbesitzes, für die Gewährung ausreichender zinsloser Kredite und anderer staatlicher Unterstützungen zur Technisierung der Bauernwirtschaft.
c) Tatkräftige Unterstützung der Forderungen der Handwerker, Kleingewerbetreibenden und Kleinhändler auf Schutz ihres Eigentums und ihrer Betriebe, für eine gerechte Auftragsverteilung und Rohstoffversorgung, auf Streichung rückständiger Kapitalzinsen und Steuern, auf Senkung der Steuern und Erleichterung der Mietszahlungen.
d) Kampf gegen die vielen, die werktätigen Massen besonders belastenden Steuern, Sammlungen und Abgaben (Winterhilfe etc.) und Verwandlung dieser Steuern, Sammlungen und Abgaben in Sonderabgaben und eine progressive Besteuerung und Sonderabgaben der besitzenden Kreise. Die Kriegsgewinne und jede anderweitige Bereicherung der kapitalistischen Kreise im Kriege sind durch progressive Vermögensabgaben bis zur völligen Konfiskation des Vermögens der Volksausplünderung zu kassieren.
6. Die entscheidende Kraft in allen diesen Kämpfen ist die Arbeiterklasse, deren politische und organisatorische Kraft auf das höchste gesteigert werden muß. Deshalb ist die wichtigste Aufgabe die Schaffung der Aktionseinheit durch die Gewinnung der sozialdemokratischen Arbeiter und der nationalsozialistischen Werktätigen für den gemeinsamen Kampf [...]
7. Die führende Rolle der Kommunistischen Partei in allen diesen Kämpfen ist eine unbedingte Notwendigkeit, die sich die Partei durch ihre Massenarbeit verschaffen muß. Je tiefer sich die Partei in den Massen verankert, je aktiver sie den Kampf für die Interessen der werktätigen Massen führt, um so stärker wird sie von den Massen selbst unterstützt und gegen Terrormaßnahmen geschützt werden, desto eher wird die Partei Zu halblegaler Tätigkeit übergehen können und sich schließlich die volle Legalität erkämpfen. Diese Perspektive erfordert von der Partei die aufmerksame Beachtung jeder wichtigen Veränderung in der Lage, damit die Kader rechtzeitig und richtig auf sie reagieren.