Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands
Resolution zur Lage
14. Mai 1938
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Quelle: Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung, Basel, Nr. 33/23.6.1938, S. 1108‑1112. Illegale Broschüre, herausgegeben als: Seht, das ist Deutschland!, Leipzig, Bibliographisches Institut AG., o. D.. S. 13‑27. Abgedruckt in: Dokumente des ZK der KPD 1933-1945. Offenbach, Verlag Olga Benario und Herbert Baum, 2002. S. 326‑330. |
I
1. Die gegenwärtige Lage wird gekennzeichnet durch Hitlers Übergang zu unmittelbaren Eroberungsaktionen und durch die daraus erwachsende akute Gefahr des allgemeinen Krieges. Hitler hat Österreich militärisch überfallen und annektiert. Er verstärkt seine kriegerische Intervention in Spanien. Er schickt sich an, die Unabhängigkeit der Tschechoslowakei ebenfalls mit Gewalt zu erdrosseln. Die weiteren Eroberungspläne Hitlers richten sich im Westen gegen die demokratischen Staaten, insbesondere gegen Frankreich, im Südosten gegen die Balkanstaaten und im Osten gegen das Land des Sozialismus, gegen die Sowjetunion. Mit deutschem Blut und Gut unterstützt Hitler die Raubzüge Mussolinis an den Gestaden des Mittelmeeres und die des japanischen Militärfaschismus in China. Er hat sich mit ihnen verbunden, um die gewaltsame Neuaufteilung der Welt durchzuführen, wie er es in "Mein Kampf" begründete. So treibt er mit erschreckender Geschwindigkeit Deutschland und das deutsche Volk in einen Weltkrieg, der furchtbarer sein wird, als der von 1914 bis 1918.
2. Die gewaltsame Besetzung Österreichs durch die Hitlerregierung erfolgte im Interesse des deutschen Finanzkapitals, um das österreichische Volk seiner Ausbeutung zu unterwerfen und die eigenen Kriegsvorbereitungen zu verstärken. Der Nationalsozialismus versucht diese brutale Unterwerfung eines Volkes mit den betrügerischen Phrasen von der angeblichen “Herstellung der Einheit des deutschen Volkes” und der angeblichen “nationalen Befreiung aller Deutschen” zu verdecken.
Unter der Losung der Schaffung eines “Großdeutschland” führt der Nationalsozialismus seine Eroberungspolitik durch. Diese Losung hat nichts zu tun mit der von ihm mißbrauchten einst revolutionären Losung des Jahres 1848. Seit dieser Zeit hat die vom deutschen Volke unterschiedliche geschichtliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung des österreichischen Volkes sehr stark die Elemente zur Herausbildung einer österreichischen Nation beschleunigt. Besonders hat aber die Hitlerdiktatur die Gegensätze zwischen Hitlerdeutschland und dem österreichischen Volke verschärft. Unter der Losung "Großdeutschland" versucht der Hitlerfaschismus seine Kriegs- und Eroberungspolitik auch gegenüber anderen Völkern durchzuführen und sie seiner Fremdherrschaft zu unterwerfen, wie er es bereits mit dem österreichischen Volke getan hat.
Die KPD erklärt den Volksmassen in Deutschland, daß die von Hitler durchgeführte Annexion Österreichs nichts zu tun hat mit der nationalen Befreiung des österreichischen Volkes. Das österreichische Volk will in der überwiegenden Mehrheit seine Unabhängigkeit bewahren, es will sein Land mit eigenen Kräften entwickeln, es will seine eigene Kultur entfalten, es will nicht, daß sein Land zum Aufmarschgebiet für Hitlers Eroberungskriege wird. Es will eine Politik des Friedens und der Verständigung der Völker.
Das deutsche Volk muß in seinem eigenen Interesse den Kampf des österreichischen Volkes gegen die von Hitler in Österreich aufgerichtete Fremdherrschaft und seinen Kampf für das Selbstbestimmungsrecht und die Unabhängigkeit Österreichs unterstützen. Das deutsche Volk will das österreichische Brudervolk ebensowenig wie andere Völker unterdrücken. Die Annexion Österreichs hat mit der Herstellung der Einheit des deutschen Volkes nichts zu tun, die gerade der Hitlerfaschismus durch seine großkapitalistische Politik verhindert, die die Spaltung des deutschen Volkes noch mehr vertieft. Nur indem das deutsche Volk gegen seine Knechtung durch den Hitlerfaschismus und für seine eigene Freiheit kämpft, kämpft es für seine wahre Einheit und nationale Größe. Nur ein freies Deutschland kann die brüderliche Verbundenheit mit dem österreichischen Volke auf Grund freier Vereinbarungen herstellen.
3. Die faschistische Kriegspartei Hitlers sucht ihre außenpolitische Aggression mit dem Hinweis auf die Sicherheit, das Lebensinteresse und die nationale Ehre Deutschlands zu rechtfertigen. In Wirklichkeit geht es Hitler um die Unterjochung und Ausplünderung anderer Völker und um die Vernichtung der Arbeiterbewegung und aller demokratischen Einrichtungen in Europa. Er schändet die Ehre des deutschen Volkes, indem er aus Deutschland einen Gendarm der Weltreaktion macht. Diese Politik dient nicht den Interessen des deutschen Volkes, sondern nur den Klassen- und Profitinteressen des deutschen Großkapitals. Die Großgewinnler der faschistischen Kriegswirtschaft, die alten Kriegstreiber von 1914/1918 und der neureichen Nazikapitalisten, die sich unter Hitler durch Plünderung der Staatskasse, Beraubung der Juden, durch massenhafte Korruption, durch hemmungslose Ausbeutung der Arbeiter sowie durch die Zwangswirtschaft gegen Bauern und Mittelstand bereichert haben ‑ sie sind es, die zum Kriege treiben. Sie übertrumpfen noch jene alldeutschen imperialistischen Eroberungspolitiker, die schon 1914/1918 unter Wilhelm II. das deutsche Volk in die Niederlage und in das Unglück gestürzt haben. Für ihre Klassen- und Geldsackinteressen wird die Existenz Deutschlands und unseres Volkes wiederum aufs Spiel gesetzt. Hitler steht nicht, wie es die Faschisten zur Täuschung der Volksmassen propagieren, über den Klassen, sondern er ist der Beauftragte des reaktionärsten, imperialistischsten Teiles der Bourgeoisie. Die Feinde des deutschen Volkes sind nicht die Völker anderer Länder, sondern der Feind steht im eigenen Lande (Karl Liebknecht).
4. Alle wirtschaftlichen Kräfte des Landes werden der Kriegsrüstung und dem Krieg geopfert und dadurch die Grundlagen der Volkswirtschaft untergraben. Das führt zur weiteren Verschärfung aller inneren Schwierigkeiten des Landes, Arbeiter, Bauern, Mittelständler, Intellektuelle leiden unter der gegenwärtigen Zwangs- und Mangelwirtschaft und vergleichen sie bereits mit den Zuständen während des Weltkrieges 1914/1918. Die Unzufriedenheit wird breiter und tiefer, weil die Arbeiter bei niedrigen Löhnen zu immer höheren Leistungen angetrieben werden, weil die hohen Abgaben und Steuern, der Lebensmittel- und Rohstoffmangel und die Ersatzstoffwirtschaft die Lebenshaltung aller werktätigen Schichten des Volkes immer tiefer herabdrücken und ihre wirtschaftliche Existenz gefährden.
Der Göringsche Kriegswirtschaftsplan hat die Zerrüttung des Produktionsapparates und eine ungeheure Steigerung der Staatsschulden zur Folge, was sogar Besorgnisse von Teilen der Bourgeoisie, der Beamtenschaft und des Heeres hervorruft. Durch die Maßnahmen des 4. Februar[1] versuchte Hitler die Widerstände im Staatsapparat und in der Armee, die seinen abenteuerlichen Kriegskurs hemmten, zu beseitigen.
Während Hitler in den ersten Jahren seiner Herrschaft breite Massen über die wahren Ursachen der Entbehrungen und Lasten täuschen konnte, wird jetzt für die Massen immer klarer, daß die eigentliche Ursache aller Not und aller Schwierigkeiten die aufgerichtete Herrschaft des reaktionärsten Teiles des Großkapitals ist, in deren Auftrag Hitler seine Kriegspolitik durchführt.
Hitler beschleunigt seine Kriegsprovokationen gerade deshalb, weil die Unzufriedenheit im Volke über die faschistische Kriegswirtschaft und den unerträglichen Zwang immer grösser wird, weil Rohstoffmangel und Nahrungsmittelnot zunehmen und weil die Widerstandskraft der Völker, die vom faschistischen Angriff bedroht sind, wächst.
5. Hitler will die Illusion hervorrufen, er könne seine Eroberungen ohne Krieg, nur mit Hilfe von Drohungen durchsetzen. Wohl konnte der deutsche Faschismus die Annexion Österreichs, infolge der Schwächung des österreichischen Volkes durch die reaktionäre Schuschniggpolitik und des Zurückweichens der Regierungen der demokratischen Länder, ungehindert durchführen. Aber diese Politik der Erpressungen und der Schaffung vollendeter Tatsachen hat ihre Grenzen. Der heroische Kampf des spanischen und des chinesischen Volkes beweist den Willen der freiheitsliebenden Völker, ihre Unabhängigkeit mit der Waffe gegen die faschistischen Angreifer zu verteidigen. Dazu kommt eine ständig wachsende Weltbewegung gegen die Aggression des deutschen Faschismus.
Der deutsche Faschismus fühlt sich gegenüber einem schwachen und schlecht bewaffneten Gegner stark. Seine weitere Expansionspolitik wird aber starke und gut bewaffnete Mächte auf den Plan rufen. So z. B. wird Hitler bei einem gewaltsamen Angriff auf die Tschechoslowakei es nicht nur mit diesem Lande zu tun haben, sondern auf eine mächtige Koalition der Sowjetunion, Frankreichs und der Tschechoslowakei stoßen, welche Hitler nicht erlauben wird, die Unabhängigkeit der Tschechoslowakei zu vernichten.
So würde der wahnsinnige Plan Hitlers, Europa unter seine Vorherrschaft zu bringen, Deutschland in einen allgemeinen Krieg hineinreißen. Es würde der furchtbarste aller Kriege werden. Er würde auf deutschem Boden ausgefochten werden. Er würde die deutschen Städte und Dörfer in einen Trümmerhaufen verwandeln, Millionen und aber Millionen deutscher Männer, Frauen und Kinder das Leben kosten und weitere Millionen zu Krüppeln machen. Er würde unvermeidlich mit einer Niederlage Deutschlands enden.
II.
1. Die zentrale Aufgabe des deutschen Volkes ist der Kampf gegen Hitlers Kriegs- und Eroberungspolitik und für die Erhaltung des Friedens. Die Kommunistische Partei zeigt den Weg, wie der Frieden erhalten, die Interessen des deutschen Volkes und die Zukunft der deutschen Nation gesichert werden können.
Unser Volk kann seine nationalen Interessen und seine Unabhängigkeit nicht durch räuberische Kriegspakte, wie die der Kriegsachse Berlin-Rom-Tokio, und nicht durch militärische Eroberungen, sondern einzig und allein durch Verständigung mit anderen Völkern auf der Grundlage der Gleichberechtigung und der Aufrechterhaltung des Weltfriedens wahren.
Nur durch eine konsequente Friedenspolitik können die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands gesichert werden. Die ungezählten Milliarden Mark ‑ heute für Franco, für die Unterdrückung Österreichs, für die Vorbereitung des Überfalls auf die Tschechoslowakei und für Rüstungszwecke vergeudet ‑ könnten für die Hebung des Wohlstandes des deutschen Volkes verwendet werden. Die Mangel- und Ersatzstoffwirtschaft würde aufhören. Es gäbe zwar weniger Kanonen, aber mehr Brot und Butter, weniger Ersatzstoffe, aber mehr Qualitätsware. Es gäbe weniger Kasernen, aber mehr Wohnungen.
Die Durchführung einer solchen Friedenspolitik bedeutet nicht, daß Deutschland schutz- und wehrlos Angriffen durch andere Staaten preisgegeben wäre. Jedes Volk muß die Verteidigung seines Landes sichern, solange durch die Existenz des Imperialismus die Gefahr kriegerischer Überfälle besteht. Aber dazu muß das Volk frei sein und über seine bewaffneten Kräfte, über seine Volksarmee durch seine demokratische Volksregierung selbst bestimmen. Heute jedoch ist das deutsche Volk geknechtet und die Macht- und Wehrmittel des Reiches sind ausschließlich in Händen einer wahnwitzigen Clique von Kriegstreibern, welche diese Mittel nicht zur Verteidigung Deutschlands sondern zur Eroberung fremder Länder verwenden und das deutsche Volk, vor allem seine Jugend, als Kanonenfutter in ihren Eroberungskriegen opfern wollen.
2. Durch chauvinistische Verhetzung versucht der Hitlerfaschismus das deutsche Volk darüber zu täuschen, wer die Kriegstreiber und Kriegsinteressenten sind, wofür das Volk zu ungeheuren Opfern gezwungen wird und warum dieser Weg unvermeidlich zum Kriege und zur Niederlage führen muß. Die Antifaschisten müssen die vom Hitlerfaschismus bei einem Teil der Bevölkerung hervorgerufene Illusion über die angebliche Allmacht Hitlers zerstören. Sie müssen jene Massen, die von Kriegsfurcht ergriffen sind, aber sich gegenüber den Kriegsvorbereitungen Hitlers noch fatalistisch und passiv verhalten, überzeugen, daß nur durch den Kampf gegen seine Kriegspolitik der Frieden erhalten werden kann. Jene Antifaschisten, die eine Beschleunigung des Sturzes Hitlers nur vom Kriege erwarten und deshalb nicht für die Erhaltung des Friedens kämpfen, müssen geduldig überzeugt werden, daß die Erhaltung des Friedens für den Faschismus tödlich ist (Dimitroff). Auch für den Fall, daß es nicht gelingen sollte, den Krieg zu verhindern, muß die Niederlage und der Sturz des Hitlerregimes im Kriege schon jetzt durch die Organisierung des Massenwiderstandes gegen die faschistische Kriegspolitik vorbereitet werden.
Die faschistischen Machthaber verseuchen mit ihrer chauvinistischen Hetze die Herzen und Hirne der deutschen Jugend und bedrohen ihr Leben und ihre Zukunft durch den Krieg. Diesen Gefahren muß dadurch entgegengewirkt werden, daß die Antifaschisten wahre Kameradschaft mit der Jugend pflegen und sie für den Widerstand gegen den Zwang und Drill gewinnen. Nur durch den Kampf gegen die Rüstungsgewinnler und korrupten Naziführer, gegen diese Verderber Deutschlands, wird die geistige Entwicklung der Kräfte der Jugend und der Schutz von Heimat und Volk gewährleistet. Stärken wir in der Jugend den Wunsch nach Erhaltung des Friedens, nach freier Entfaltung ihrer Fähigkeiten, erfüllen wir sie mit Mut und Begeisterung für den Kampf gegen die großkapitalistischen Kriegstreiber, für ein Deutschland der Freiheit, des Friedens und der glücklichen Zukunft seiner Jugend. Die Soldaten müssen überzeugt werden, damit sie sich nicht gegen das Volk und für die faschistischen Kriegsinteressen mißbrauchen lassen. Alle Möglichkeiten, alle Verbindungen müssen ausgenützt werden, um die Reichswehr in diesem Sinne aufzuklären.
III.
1. Hitler fürchtet nichts so sehr als die Einigung des Volkes für die Erhaltung des Friedens. Den Frieden verteidigen, heißt für den Sturz Hitlers kämpfen; dazu ist die Sammlung und Einigung aller Antifaschisten in der deutschen Volksfront die dringendste Aufgabe.
Millionen Deutscher sind von Kriegsfurcht erfaßt und bangen um das Schicksal Deutschlands. Millionen sind unzufrieden über die Rechtlosigkeit, Willkür und Tyrannei. Millionen sind empört über die Lasten, die Opfer und die Verschlechterung ihrer materiellen Lebensbedingungen durch die faschistische Kriegswirtschaft. Sie alle verbindet eine Schicksalsgemeinschaft angesichts des alle gemeinsam bedrohenden Unglücks des Krieges.
Während der Hitlerfaschismus in unheimlichem Tempo zum Kriege treibt, will das deutsche Volk den Frieden, und nicht mehr unter den unerträglichen Rüstungslasten leiden. Darin liegt der tiefste Widerspruch zwischen dem faschistischen Regime und dem deutschen Volke. Die Feindschaft und der Widerstand der Arbeiterklasse gegen den Faschismus verstärkt sich. Die Frauen rebellieren gegen Lebensmittelnot und Teuerung. Die deutschen Bauern haben in zahlreichen Widerstandsaktionen ihre Opposition gegen die Zwangswirtschaft gezeigt. Die Mittelständler protestieren gegen die unerträglichen Lasten und Steuern und verteidigen in den Organisationen ihre Interessen gegenüber den Maßnahmen des Hitlerregimes. Katholiken und Protestanten kämpfen mutig für die Verteidigung ihrer Glaubensfreiheit und ihrer Rechte. Immer größere Teile der Intelligenz wenden sich gegen die Kulturbarbarei. Es wächst der Hass gegen den faschistischen Terror, gegen die Unterdrückung jeder Meinungsfreiheit, gegen die Rassenschande, gegen die Judenverfolgungen.
Alle Werktätigen leiden die gleiche Not. In dieser gemeinsamen Not ist die Kameradschaft, die gegenseitige Hilfe und die Solidarität erwachsen, die sich in Tausenden von Fällen im Leben bewährt hat. Menschen, die sich fremd waren, lernen sich verstehen und helfen einander: Arbeiter, Bauern, Handwerker, Gelehrte und Geistliche. Die Solidarität muß gepflegt und in den Massen zum moralischen Gesetz erhoben werden, daß jeder Antifaschist den anderen unterstützt, daß jede Betriebsabteilung, jede Wohnung, jedes Dorf zum Herd der Solidarität wird, daß jeder Denunziant und Verräter der Ächtung verfällt.
In die Illegalität getrieben, kämpft heroisch die Kommunistische Partei Deutschlands, kämpfen heroisch sozialdemokratische Gruppen, antifaschistische Jugend, Funktionäre der ehemaligen Gewerkschaften, der früheren Zentrumspartei und anderer bürgerlichen Parteien, der Bündischen Jugend und des Stahlhelms.
Hitler konnte bisher seine Aktionen gegen das deutsche Volk durchführen, weil sich diese Kräfte im Kampfe gegen den Faschismus nicht einig waren. Erst durch Verständigung und Zusammenschluß werden alle diese oppositionellen Kräfte zu jener großen Kraft, die den Krieg verhindern und die Freiheit durch den Sturz Hitlers erringen wird.
2. Angesichts der unmittelbaren Kriegsgefahr wendet sich die KPD an alle Antifaschisten, an alle Freunde des Friedens und der Freiheit mit dem dringenden Appell, sich über den gemeinsamen Kampf um die Erhaltung des Friedens zu verständigen. Allen Menschen, die das wollen, reichen wir die Hand. Schließen wir uns zusammen zur deutschen Volksfront, kämpfen wir gemeinsam!
Die historische Aufgabe der deutschen Volksfront ist es, Deutschland vor dem Kriege zu retten und die Freiheit des deutschen Volkes zu erkämpfen. Die Grundlage des gemeinsamen Handelns der Arbeiterklasse, der Bauern, des Mittelstandes und anderer demokratischer Kräfte ist das alle verbindende gleiche Interesse des Kampfes für die drei großen Forderungen: Frieden, Brot und Freiheit!
Um die Massen für den Kampf um diese zentralen Forderungen zu gewinnen, sollen sich die Antifaschisten über das gemeinsame Vorgehen verständigen und den Kampf für die unmittelbarsten Interessen jeder einzelnen Schicht der Bevölkerung führen.
Zum Kampfe für den Frieden muß eine einheitliche Volksbewegung gegen Hitlers Kriegspolitik geschaffen werden, die kämpft für die Zurückziehung der deutschen Truppen, Flugzeuge und Kriegsschiffe aus Spanien, gegen jede Unterstützung Francos mit deutschen Waffen, Menschen und Geld; für die Abberufung der deutschen Wehr- und Polizeimacht aus Österreich; für die Einstellung der Drohungen gegen die Tschechoslowakei und für die Herstellung gutnachbarlicher Beziehungen zu diesem Staat; für die Kündigung des Kriegspaktes mit Italien und Japan und für die Einstellung jeglicher Unterstützung der japanischen Räuber; gegen Kriegspakte, für kollektive Sicherheit, gegen die Lügenhetze und Provokationen gegen die Sowjetunion.
Zum Kampf um das Brot und für die täglichen wirtschaftlichen Interessen sollen sich die Antifaschisten über solche Teilforderungen verständigen, die den täglichen Interessen der Massen entsprechen, wie die Senkung der Abzüge vom Lohn, Erhöhung der Löhne und Gehälter, Herabsetzung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, gegen die Überstundenschufterei. Die Antifaschisten sollen die Bauern in ihrem Widerstande gegen die Zwangsablieferungen unterstützen. Sie sollen dafür kämpfen, daß höhere Erzeugerpreise für Milch und landwirtschaftliche Produkte gezahlt [werden] und daß die Getreideablieferung erst dann erfolgt, wenn Futtermittel bereitgestellt werden. Sie sollen im Interesse des Mittelstandes die Senkung der Steuern und Abgaben fordern. Gegenüber der Bettelei und den Zwangsabgaben für die Winterhilfe, die nichts anderes ist als ein Beitrag zu den Kriegskosten, muß gefordert werden: Die Reichen sollen zahlen.
Im Kampfe um die Freiheit gilt es, alle Möglichkeiten der Erringung demokratischer Rechte und Freiheiten auszunutzen. Es gilt einzutreten für das Recht der Abstimmung in den DAF[2]-Versammlungen, für die Wahl der Vertrauensleute sowie der Blockwarte und Amtswalter der DAF; für das Selbstbestimmungsrecht in den Gemeinden und in den Organisationen des Reichsnährstandes und des Mittelstandes; für die Verteidigung der Glaubensfreiheit und der Rechte des katholischen, evangelischen und jüdischen Kirchenvolkes; für die Freilassung aller politischen Gefangenen. Im Kampfe um Frieden, Freiheit, Brot sollen die Antifaschisten entschiedener für die Rechte und Lebensinteressen der jungen Generation der Werktätigen eintreten. Da die Massen der werktätigen Jugend in der Hitlerjugend erfaßt sind, so ist der Kampf für die Interessen der Jugend und die Schaffung fester Stützpunkte von oppositionellen und antifaschistischen Jugendlichen in der Hitlerjugend notwendig. Im Betriebe, in der Familie, in der Arbeitsfront, in den Sportvereinen sollen die erwachsenen Arbeiter und Arbeiterinnen und die Eltern unermüdlich die Jugendlichen in diesem Sinne beeinflussen.
3. Der faschistische Terror macht es notwendig, daß der Kampf der Volksfront hauptsächlich auf der Grundlage der Verständigung der Werktätigen über die Verteidigung ihrer Interessen in den faschistischen Massenorganisationen vor sich geht, in denen die Möglichkeit besteht, ihre Interessen auf legale Weise zu vertreten.
Die lebendigen Beispiele des gemeinsamen Handelns der Bergarbeiter, der Seeleute, der Arbeiter in verschiedenen Rüstungsbetrieben, des Mittelstandes, der Katholiken und Protestanten gegen die Kirchenverfolgungen, die Widerstandsaktionen in verschiedenen bäuerlichen Gebieten und die Herstellung und Verbreitung von Flugblättern der Volksfrontgruppen in verschiedenen Teilen des Reiches zeigen den Weg des Werdens und des Kampfes der Volksfront und wie durch geeignete Losungen Bewegungen auf ganze Gebiete ausgedehnt werden können.
Die Arbeit in den Massenorganisationen bietet auch die beste Möglichkeit, die nationalsozialistischen Anhänger und Funktionäre zu beeinflussen, sie in die Widerstandsbewegung einzubeziehen und sie für den aktiven Kampf für den Frieden und gegen das großkapitalistische Hitlerregime zu gewinnen.
4. Die Schaffung von Verbindungsstellen und von Stützpunkten in den Massenorganisationen und von Freundeskreisen oder Gruppen zeigen die Mannigfaltigkeit der Entwicklung von Organen der Zusammenarbeit, die sich im weiteren Verlauf des Kampfes zu Organen der Volksfront entwickeln werden. Es ist dringend erforderlich, daß Antifaschisten, die Funktionen in den faschistischen Massenorganisationen innehaben, diesen Organen der Zusammenarbeit angehören.
Auf Grund dieser Zusammenarbeit und der Erfahrungen der mannigfaltigen Kämpfe der Werktätigen, wird über gelegentliche Abmachungen und über das Zusammengehen in Teilfragen hinaus eine politische Plattform der Volksfront für ein ständiges, organisiertes Zusammenwirken geschaffen werden.
Es ist die Aufgabe aller für die Volksfront eintretenden antifaschistischen Kräfte, auch mit solchen Gruppen und Organisationen, die wohl die abenteuerliche Kriegspolitik des Hitlerfaschismus bekämpfen, aber noch nicht mit allen Forderungen der Volksfrontanhänger einverstanden sind, Verbindungen aufzunehmen und zu unterhalten und mit ihnen Abmachungen für den Kampf gegen den Hitlerfaschismus zu treffen.
5. Der von deutschen Antifaschisten in Paris geschaffene Volksfrontausschuß[3] und andere deutsche Volksfrontausschüsse im Ausland haben eine große Bedeutung für die Entwicklung und Stärkung der Volksfrontbewegung, indem sie für die Zusammenfassung aller deutschen Antifaschisten im Auslande wirken und durch ihre Stellungnahme zu den aktuellen politischen Fragen und Ereignissen für die Herstellung der Volksfront im Lande beitragen.
IV.
1. Der Sturz des Hitlerfaschismus ist die große entscheidende Aufgabe, zu deren Erfüllung sich alle Freunde des Friedens und der Demokratie, alle Kommunisten, Sozialdemokraten, Demokraten, Katholiken, Protestanten und andere Hitlergegner zum gemeinsamen Kampfe vereinigen müssen. Keiner dieser Teile des deutschen Volkes vermag allein diese Aufgabe zu erfüllen, keiner dieser Teile darf in diesem Kampfe beiseitestehen oder ausgeschaltet werden. Alle müssen sich zur Erreichung dieses Zieles einigen. Die unter ihnen bestehenden grundsätzlichen politischen und weltanschaulichen Auffassungen und sozialen Unterschiede dürfen kein Hindernis für diese Einigung sein. Der Zusammenschluß erfordert von keinem Menschen das Aufgeben seines politischen oder weltanschaulichen Bekenntnisses, aber über die grundlegende Aufgabe der Sicherung des Friedens, der Erringung der demokratischen Rechte und Freiheiten und des Sturzes des Hitlerfaschismus kann schon heute bei allen Teilen des werktätigen Volkes die weitgehendste Übereinstimmung erreicht werden.
2. Für die Herbeiführung dieser Einigkeit im Kampfe gegen den Hitlerfaschismus ist von größter Bedeutung die Verständigung über diese Frage: Was soll nach Hitler kommen? Nächst dem Willen für die Sicherung des Friedens ist es der Wille zur Freiheit und zur Demokratie, der das deutsche Volk am tiefsten bewegt. Diesem Willen entspricht die Forderung nach einer wirklichen demokratischen Republik.
In der demokratischen Republik wird das deutsche Volk selbst über alle Fragen seines Lebens und seines Verhältnisses zu den anderen Völkern entscheiden, den Faschismus mit der Wurzel ausrotten und ihm seine materielle Basis durch Enteignung der faschistischen Verschwörer unter den Großkapitalisten und Großgrundbesitzern entziehen. Sie wird eine antifaschistische Republik sein. Sie wird sich von der ehemaligen Weimarer Republik dadurch unterscheiden, daß sie nicht auf der Hegemonie der Bourgeoisie, nicht auf der Koalition der bürgerlichen Parteien mit Teilen der Arbeiterklasse bei Unterordnung der Interessen der Arbeiterklasse und der Bauern unter die Interessen des Großkapitals und der Großagrarier beruhen wird, sondern auf der Volksfront. Die Volksfront aber ist das Bündnis der einigen Arbeiterklasse mit den Bauern, den Mittelschichten und der Intelligenz für die Verteidigung der Interessen des werktätigen Volkes und damit für die Vertretung der Interessen der deutschen Nation. Die demokratische Republik wird den Frieden sichern, indem sie, gestützt auf eine starke Volksarmee, die friedliche Verständigung mit den anderen Völkern und die freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Sowjetunion herbeiführt.
3. Indem die Arbeiterklasse die Losung der demokratischen Republik erhebt, tritt sie als Vorkämpferin und Trägerin der Einigung des Volkes zum Sturze des Hitlerregimes, für die Rettung Deutschlands auf.
Wir Kommunisten kämpfen für die demokratische Republik, weil die Einigung des deutschen Volkes gegenwärtig nur für dieses Ziel herbeigeführt werden kann, weil die Mehrheit des deutschen Volkes noch nicht bereit ist, für das weitergehende Ziel ‑ den Sozialismus und die proletarische Diktatur ‑ zu kämpfen, obwohl allein durch den Sozialismus die endgültige Befreiung der werktätigen Massen herbeigeführt werden kann.
Wir Kommunisten setzen alles daran, die werktätigen Massen in Deutschland für den Kampf um den Sozialismus zu gewinnen, indem wir die großen sozialistischen Errungenschaften, die entfaltete sozialistische Demokratie auf der Grundlage der grandiosen Stalinschen Verfassung, indem wir die konsequente Friedenspolitik der Sowjetunion aufzeigen und sie der Knechtschaft und der Ausbeutung des deutschen Volkes durch das Hitlerregime gegenüberstellen.
Durch eine überzeugende Propaganda für die Erfolge des Sozialismus und für die enge Verbundenheit der Völker der Sowjetunion mit dem Kampf der Arbeiterklasse und der fortschrittlichen Menschheit, pflegen und stärken wir die Liebe des deutschen Volkes zur Sowjetunion und zu ihrem grossen und weisen Führer Genossen Stalin. Wie Stalin die Völker der Sowjetunion zum Sozialismus führte, so wird er auch die Sache der internationalen Arbeiterklasse und der gesamten fortschrittlichen Menschheit zum Siege führen.
V.
1. Im Prozeß der Sammlung und des Zusammenschlusses der Kräfte des deutschen Volkes zum Kampfe für die Rettung des Friedens und für die Sicherung der Zukunft Deutschlands, ist die deutsche Arbeiterklasse die Hauptkraft, die bewußteste und konsequenteste Gegnerin des Faschismus. Die Arbeiterklasse muß deshalb die führende Kraft in der Volksfrontbewegung sein. Sie wird ihre historische Mission aber nur dann erfüllen können, wenn sie selbst einheitlich und geschlossen auftritt. Somit ist die Herstellung der Einheit der deutschen Arbeiterklasse zur Lebensnotwendigkeit für das deutsche Volk und für die deutsche Zukunft geworden.
Zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten hat sich in den Betrieben und Massenorganisationen ein kameradschaftliches Verhältnis entwickelt. Zur Organisierung der Bewegungen für die Wahrung der materiellen Interessen der Arbeiter und zum Kampf gegen Hitlers Kriegspolitik ist die politische Verständigung, die Einheitsfront zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten die dringendste Aufgabe. Die politischen Differenzen in der Vergangenheit, die Meinungsverschiedenheiten in der Gegenwart können und dürfen kein unüberwindliches Hindernis bilden, wo es darum geht, sich die Hände zu reichen und sich gemeinsam zu wehren gegen einen Feind, der alle ins Unglück gestürzt hat, der alle peinigt und verfolgt.
2. Wir deutschen Kommunisten werden unsere Bemühungen im Lande vervielfachen, um eine feste Einheitsfront zwischen den kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern und Funktionären und ihren Organisationen im Kampfe gegen den Faschismus zu schmieden.
Wir Kommunisten wenden uns an alle Sozialdemokraten und an ihre Organisationen mit dem Vorschlag der Verständigung über folgende Fragen:
Gegenseitige Hilfe gegen den faschistischen Terror.
Gemeinsame Flüster- und Flugblattpropaganda gegen Hitlers Kriegspolitik, für Frieden und Freiheit.
Vereinbarungen über gemeinsame Maßnahmen für die Verteidigung der Arbeiterinteressen.
Verabredungen über gemeinsame Tätigkeit in der DAF und in den faschistischen Massenorganisationen.
Gemeinsame Arbeit zur Schaffung der Volksfront und Zusammenarbeit in den bereits bestehenden Organen der Volksfront.
Es ist notwendig, daß Kommunisten und Sozialdemokraten gemeinsam bei allen wichtigen Ereignissen auftreten und dazu ständige Verbindungen bis zur Entwicklung von Einheitskomitees schaffen.
Schon jetzt besteht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen sozialdemokratischen Funktionären, Führern und Gruppen mit den Kommunisten in verschiedenen Gebieten des Landes und in der Emigration. Die Solidarität und der Drang zur Einheit wächst.
Wir Kommunisten erklären gegenüber anderen Auffassungen, daß die Einheitsfront von SPD und KPD, von sozialdemokratischen und kommunistischen Organisationen und Gruppen, keineswegs im Widerspruch steht zum Aufbau und zur Stärkung der beiden Parteien. Die Einheitsfront läßt beiden Parteien das volle Recht zur selbständigen Propaganda und zur Stärkung ihrer Organisationen. Je positiver beide Parteien für die Einheitsfront und Volksfront kämpfen, desto stärker werden sie selbst, wie das in Spanien und Frankreich erwiesen ist. Wir Kommunisten sind überzeugt, daß im Prozeß des Kampfes gegen das Hitlerregime auch die einheitliche revolutionäre Partei der Arbeiterklasse geschaffen werden wird.
3. Die Schaffung der Einheitsfront wurde durch starke Widerstände in den Reihen der Sozialdemokratie im Auslande gehemmt. Jene Gruppe im Prager Vorstand der SPD, die noch immer erklärt, man müsse “abwarten” und sich auf das “Beobachten” beschränken, hat bis jetzt alle Vorschläge der KPD und alle Forderungen sozialdemokratischer Organisationen aus dem Lande zur Herstellung der Einheitsfront abgelehnt. Diese Gruppe hat jede Hilfe für das republikanische Spanien abgelehnt und sie weigert sich, an der aktiven Verteidigung der Demokratie gegen Hitlers Kriegsprovokationen teilzunehmen. Trotz der Erfahrungen des 4. Februar erkennt sie immer noch nicht, daß Hitler nur durch die zusammengeballte Kraft der einigen Arbeiterklasse und durch den gemeinsamen Kampf aller Antifaschisten in der Volksfront gestürzt werden kann. Immer noch spekuliert sie, daß der Sturz Hitlers durch andere oppositionelle Kräfte in der Bourgeoisie, in der Reichswehr und im Staatsapparat herbeigeführt und sie erneut von der Bourgeoisie zu Hilfe gerufen wird, um die alte Koalitionspolitik fortzusetzen.
Es gibt aber sozialdemokratische Führer und Gruppen im Auslande, die, belehrt durch die Entwicklung der Zusammenarbeit im Lande, sich um die Herstellung der Einheitsfront und um die Schaffung der Volksfront bemühen. Ihre Tätigkeit wird um so erfolgreicher sein, je entschlossener und aktiver sie selbst an der Erfüllung der aktuellen Aufgaben der Einheitsfront und der Volksfront teilnehmen und gegen die einheitsfront-feindlichen Kräfte auftreten. Die Entwicklung der Einheitsfront könnte schon weiter fortgeschritten sein, wenn sie sich nicht durch solche Auffassungen beeinflussen ließe, daß zunächst die SPD gestärkt werden müsse. Diese Auffassungen widersprechen den Erfahrungen der Einheitsfront in anderen Ländern, die beweisen, daß gerade im gemeinsamen Kampf die beteiligten Organisationen wachsen.
4. Der Hitlerfaschismus versucht mit allen Mitteln das Zustandekommen der Einheitsfront in der Arbeiterklasse und ihr Bündnis mit den Bauern und Mittelschichten in der Volksfront zu verhindern, weil er die ihm dadurch drohende Gefahr erkennt. Für diesen Zweck findet er bei den Trotzkisten willige Helfer, die ihm als Spitzel und Provokateure gegen die werktätigen Massen dienen. Die Trotzkisten versuchen unter verschiedenen Tarnungen in die illegalen Organisationen der Arbeiterklasse, in die Organisationen der SPD und KPD einzudringen, um durch scheinradikale Phrasen die Arbeiter zu verwirren und ihren Zusammenschluß zu verhindern, um ihre Organisationen zu zersetzen und durch Provokationen die aktiven Elemente der Arbeiterklasse der Gestapo auszuliefern. Ihre feindliche Tätigkeit zeigt sich besonders im Kampfe der trotzkistischen Gruppen innerhalb der SAP[4] gegen die Volksfront. In dem Kampfe gegen die Arbeiterklasse und gegen das Zustandekommen der Volksfront haben sich die Trotzkisten und frühere Gruppen der Rechten und Versöhnler zusammengefunden. Alle diese Gruppen unterstützen durch ihre Verleumdungshetze gegen die Sowjetunion die Kriegspolitik des Hitlerfaschismus. Die gerichtlichen Feststellungen in dem Moskauer Prozeß gegen den "Block der Rechten und Trotzkisten", der Aufstand der POUM in Barcelona, die Provokationen der Trotzkisten in China, die nachgewiesene Zusammenarbeit der deutschen Trotzkisten mit der Gestapo und Franco in Spanien beweisen, daß die Trotzkisten in der ganzen Welt zu Agenten des Faschismus geworden sind und daß besonders der Hitlerfaschismus die Trotzkisten als Werkzeug für seine Kriegspolitik benützt.
Die Einigung der Kräfte der Arbeiterklasse im Kampfe gegen den Faschismus erfordert die Vernichtung des Trotzkismus, des trotzkistischen Einflusses in der Arbeiterbewegung und die Verjagung der trotzkistischen Verbrecher aus ihren Reihen.
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Lernen wir gemeinsam von dem großen Beispiel, das uns die Einheitsfront der Kommunisten und Sozialdemokraten in Spanien gibt, der es allein zu verdanken ist, daß die spanische Volksfront der Invasion des deutschen und italienischen Faschismus bereits fast zwei Jahre widersteht. Lernen wir von dem Beispiel der französischen Einheitsfront und Volksfront, durch die allein der Faschismus in Frankreich zurückgeschlagen wurde. Lernen wir von dem heroischen Kampfe, den die allnationale Front des chinesischen Volkes gegen die Invasion der militärfaschistischen japanischen Räuber führt. Lernen wir von dem Beispiel der deutschen kommunistischen und sozialdemokratischen Kämpfer der Internationalen Brigaden, die miteinander auf Leben und Tod die Einheitsfront geschlossen haben.
Kämpfen wir gemeinsam, daß die internationale Aktionseinheit zwischen der KI, der SAI und dem IGB für den Weltkampf gegen den Faschismus zustande kommt, für die die Kommunistische Internationale unablässig kämpft und für die Genosse Dimitroff durch seinen beispiellosen kühnen Kampf in dem Leipziger Reichstagsbrandprozeß[5] das Signal gab und als Generalsekretär der Kommunistischen Internationale immer wieder die Initiative ergreift.
VI.
1. Die KPD zeigt unter den schweren Bedingungen des faschistischen Terrors eine große Festigkeit ihrer Kader. Sie tritt als einzige organisierte Kraft im Lande gegen den Faschismus auf und zeigt den werktätigen Massen den Weg des Widerstandes in den Betrieben und in den faschistischen Zwangsorganisationen. Sie hat zuerst die Notwendigkeit der Einheitsfront und der Volksfront vor den Massen begründet und kämpft für ihre Verwirklichung. Die deutschen Kommunisten haben sich in der Erfüllung dieser Aufgaben im Lande durch den gleichen Heroismus und durch die gleiche Opferfreudigkeit ausgezeichnet, wie in den Internationale Brigaden in Spanien.
2. Die Partei war jedoch bisher den großen Aufgaben, die angesichts der ernsten Kriegsgefahr vor ihr stehen, noch nicht gewachsen. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, muß die Partei die Kräfte, über die sie im Lande verfügt, schneller als bisher und mit größerer Initiative und Zähigkeit zusammenfassen. Die Parteiführung muß durch ihre ganze politische Arbeit eine größere Selbständigkeit und Initiative der Kader entwickeln, damit die Kader der Partei bei solchen Ereignissen, wie am 4. Februar, bei der Annexion Österreichs, bei weiteren Kriegsprovokationen, bei den vielfältigen Erscheinungen der Unzufriedenheit sich sofort selbständig orientieren, sofort selbständige Losungen herausgeben und sich mit den Sozialdemokraten und anderen Faschisten unmittelbar über gemeinsames Vorgehen verständigen können.
Die Größe und Kompliziertheit der Aufgaben erfordert die größte ideologische Klarheit, Festigkeit und Einheit der Partei. Die Parteiführung muß intensiver als bisher die ganze Partei davon überzeugen, daß die Einigung zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten die Grundlage des Kampfes gegen das Hitlerregime und daß die Zusammenfassung aller demokratischen Kräfte in der Volksfront gegenwärtig die einzige revolutionäre Politik ist. Von der Entschiedenheit und Elastizität, mit der die Parteiführung die Volksfrontpolitik durchführt, hängt es ab, in welchem Tempo die noch in der Partei vorhandenen Hemmungen gegenüber der Volksfrontpolitik überwunden werden. Die Konsolidierung der Partei wird durch die brüderliche Verbundenheit aller Kommunisten und durch die Stärkung des Parteibewußtseins weitere Fortschritte machen. Die unverbrüchliche Treue zur Sache von Marx, Engels, Lenin, Stalin und die Aneignung und Verfechtung ihrer Lehren durch jeden Kommunisten wird die Partei befähigen, die deutsche Arbeiterklasse zum Siege zu führen.
3. Zur Bewältigung der großen Aufgaben des Sturzes des Hitlerregimes und der Verhinderung des Krieges ist es notwendig, daß die deutsche Arbeiterklasse und das übrige werktätige Volk die KPD unterstützen und stärken, daß sie Solidarität üben mit den gehetzten und verfolgten kommunistischen Kämpfern. Die KPD richtet diesen Appell vor allem an alle Antifaschisten. Je stärker und einflußreicher die Kommunistische Partei Deutschlands ist, um so aussichtsreicher ist es um den Sieg der Sache des deutschen Volkes bestellt.
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Heißen Gruß dem Führer der KPD, dem Führer des revolutionären Proletariats, unserem Genossen Ernst Thälmann und allen, die wegen ihrer Treue zur Sache der Arbeiterklasse und des Volkes in den Zuchthäusern und Konzentrationslagern eingekerkert sind. Gemeinsam mit den Werktätigen der ganzen Welt kämpfen die deutschen Antifaschisten für ihre Befreiung.
Den heroischen kommunistischen Kämpfern im Lande, wie den Helden in den Internationalen Brigaden ruft das ZK der Partei zu:
Ruhm und Ehre euch allen, die ihr dem Tollwütigsten der Feinde zum Trotz für die Sache der Arbeiterklasse, des deutschen Volkes und der Menschheit kämpft.
Ehre und Ruhm all den teuren Genossen, die in Berlin und vor Madrid, im Ruhrgebiet und in Aragon ihr Leben hingaben für die große Sache der Befreiung der Menschheit von der Geißel des Faschismus.
Das Bewußtsein der Verbundenheit mit dem mächtigen Lande des Sozialismus, dem Vaterlande des Weltproletariats, und mit der großen internationalen Volksfrontbewegung, verleiht der deutschen Arbeiterklasse Kraft und Stärke, ihren schweren Kampf weiterzuführen. Denn trotz alledem, sie wird siegen!
Der deutschen Arbeiterklasse gehört die Zukunft!
[1]. Am 4. Februar 1938 wurden der Reichskriegsminister Generalfeldmarschall Werner von Blomberg und der Oberbefehlshaber des Heeres Generaloberst Werner von Fritsch entlassen. Durch Erlaß des Führers und Reichskanzlers wurde bestimmt: "Die Befehlsgewalt über die gesamte Wehrmacht übe ich von jetzt an unmittelbar persönlich aus." General von Brauchitsch wurde zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt. Das Motiv dieser Maßnahme lag darin, daß Blomberg und Fritsch dem von Hitler zur Zeit des Nürnberger Parteitages von 1936 angenommenen Plan eines baldigen Kriegs skeptisch gegenüberstanden.
[2]. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) wurde am 10. Mai 1933 gegründet. Sie sollte als neue einheitliche Organisation "durch Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft, die dem Klassenkampfgedanken abgeschworen hat" die Interessen "aller schaffenden Deutschen" wahrnehmen. Die Vertreter der Großindustrie setzten sich gegen die Perspektive ein, daß die DAF sich zu einer Institution der Vertretung der Arbeiterinteressen entwickle. Das am 19. Mai 1933 angenommene Gesetz über Treuhänder der Arbeit schuf dann zur Regelung der Arbeitsverträge und zur "Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens" öffentliche Verwalter, was dem Wunsch der Unternehmer entgegenkam. Letzten Endes wurde der DAF ein Tätigkeitsbereich zugewiesen, der die Betriebe ausschloß. Die DAF zählte zwar 1942 25 Millionen Mitgliedern, aber mit 44 000 hauptamtlichen und 1,3 Millionen ehrenamtlichen Mitarbeitern war sie zu einer rein bürokratisch-zentralisierten Organisation geworden.
[3]. Am 26. September 1935 fand im Hotel Lutetia in Paris ein Treffen von Gegnern des nationalsozialistischen Regimes statt. Es folgte ein zweites Treffen am 22. November. Auf einem dritten Treffen am 2. Februar 1936 wurde ein engeres Komitee gebildet. Schließlich fand am 8. und 9. Juni in Paris eine Zusammenkunft statt, an der Vertreter dieses Komitees sowie der Arbeiterparteien teilnahmen. Es wurde offiziell der "Ausschuß zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront" gegründet.
[4]. Die Sozialistische Arbeiter-Partei (SAP) entstand 1931 als eine Abspaltung von der SPD. Zu ihren Mitgliedern gehörten Persönlichkeiten des späteren politischen Exils wie Willy Brandt, August und Irmgard Enderle, Stefan Szende sowie die ehemaligen KPO-Mitglieder Paul Frölich und Jacob Walcher. (Die Kommunistische Partei-Opposition war 1929 von oppositionellen KPD-Mitgliedern gebildet worden.) 1939 zerfiel die Partei in mehrere Grüppchen Intellektueller.
[5]. Am 21. September 1933 wurde in Leipzig der Prozeß betreffend den Reichstagsbrand eröffnet. Georgi Dimitrov, Blagoï Popov und Vassili Tanev waren am 9. Mârz verhaftet und am 24. Juli unter Anklage gestellt worden. Das Urteil wurde am 23. Dezember verkündet. Marinus van der Lubbe wurde wegen Hochverrats und Brandstiftung zum Tode verurteilt und am 10. Januar 1934 hingerichtet. Dimitrov, Popov und Tanev wurden "wegen Mangels an Beweisen" freigelassen und am 27. Februar 1934 nach der UdSSR ausgewiesen, Der ebenfalls angeklagte Ernst Torgler (von der KPD) wurde gleichfalls freigelassen, blieb aber bis November 1936 in "Schutzhaft".