Präsidium des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale
Resolution:
Die Lage in Deutschland
1. April 1933
|
Dies ist
die Druckversion von: |
Quelle: Die Kommunistische Internationale über die Lage in Deutschland. Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter in der UdSSR, 1933. |
Das Präsidium des EKKI konstatiert nach Entgegennahme des Referats des Genossen Heckert über die Lage in Deutschland, daß die politische Linie und die organisatorische Politik, die das ZK der Kommunistischen Partei Deutschlands mit dem Genossen Thälmann an der Spitze bis zum Hitlersehen Umsturz und im Augenblick dieses Umsturzes befolgte, vollständig richtig war.
Angesichts der außerordentlichen Zuspitzung der wirtschaftlichen und politischen Lage in Deutschland, unter der einerseits, die Kommunistische Partei bereits zu einer gewaltigen Macht in der Arbeiterklasse geworden ist und die revolutionäre Krise rasch heranreift, während andererseits unter den herrschenden Klassen selbst tiefe Gegensätze zutage traten und die faschistische Diktatur in Gestalt der Regierung Papens und Schleichers sich als unfähig erwies, das Wachstum des Kommunismus aufzuhalten und irgendeinen Ausweg aus der sich immer mehr verschärfenden Wirtschaftskrise zu finden, hat die deutsche Bourgeoisie dem Faschisten Hitler und seiner “Nationalsozialistischen” Partei die Durchführung der offenen faschistischen Diktatur übertragen. Der Sieg Hitlers und die Aufrichtung der Macht der “Nationalsozialisten” ist durch folgende Umstände ermöglicht worden:
Die deutsche Sozialdemokratie, die die Mehrheit des Proletariats in der November-Revolution von 1918 hinter sich hatte, spaltete die Arbeiterklasse und hat, statt die Revolution zur Diktatur des Proletariats und zum Sozialismus vorwärtszutreiben, wie das die Pflicht einer proletarischen Partei gewesen wäre, im Bündnis mit der Bourgeoisie und den wilhelminischen Generälen den Aufstand der revolutionären Massen niedergeschlagen und die tiefe Spaltung der Arbeiterklasse Deutschlands eingeleitet. Im Zeichen der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie und der Taktik des “kleineren Übels”, im Bündnis mit der Bourgeoisie und mit Billigung der gesamten II. Internationale setzte sie diese Politik brutaler Repressalien gegen die revolutionäre Bewegung und die Linie der Spaltung der Arbeiterklasse bis in die jüngsten Tage hinein fort. Sie verbot den Roten Frontkämpferbund, sie verbot die revolutionären Arbeiterorganisationen, sie verbot Arbeiterdemonstrationen bzw. ließ auf sie schießen, sie sprengte die wirtschaftlichen und politischen Streiks gegen die Offensive des Kapitals und des Faschismus und unterstützte die Herrschaft der konterrevolutionären Bourgeoisie. Die Sozialdemokratie konzentrierte in den Händen ihrer korrumpierten bürokratischen Spitzen die Führung der Arbeiter-Massenorganisationen. Sie schloß die revolutionären Arbeiter aus ihnen aus und unterband durch das Netz der ihr untergeordneten zentralisierten Arbeiterorganisationen die Initiative der Arbeitermassen, zermürbte ihre Kampffähigkeit im Kampfe gegen Kapital und Faschismus und verhinderte dadurch eine entschlossene Abwehr der zum Angriff übergehenden faschistischen Diktatur und der terroristischen faschistischen Banden. Diese Politik des Kampfes gegen die revolutionären Massen, der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie und der Unterstützung der Reaktion unter dem Vorwand der Taktik des “kleineren Übels” war und ist die Politik der gesamten II. und der Amsterdamer Internationale, von 1914 angefangen bis zum heutigen Tage.
Die Weimarer “demokratische” bürgerliche Republik konnte unter dem Imperialismus, besonders aber in einem im imperialistischen Kriege besiegten Lande, dessen Kapitalismus von der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems tief erschüttert ist, nur eine reaktionäre Diktatur der Bourgeoisie sein. Die Arbeitergesetzgebung, die Sozialversicherung und die demokratischen Rechte, die die Bourgeoisie den Arbeitern in den Jahren der Revolution gewähren mußte, wurden den Arbeitern von der zur Macht gelangten Weimarer Koalition, die aus Sozialdemokraten, dem Zentrum und den “Demokraten” bestand, allmählich wieder entrissen. Die schrittweisen und ununterbrochenen Konzessionen an die Reaktion, die schrittweise Aufhebung eines Punktes der Verfassung nach dem anderen, einer Errungenschaft der Arbeiter nach der anderen, die schrittweise Faschisierung des gesamten Staatsapparates diskreditierte die Weimarer Koalition und die Weimarer Republik dermaßen, daß sie jede ernste Bedeutung in den Augen der breiten Massen einbüßte.
Das Versailler System plünderte Deutschland aus und beugte die deutschen werktätigen Massen unter das Joch unerträglicher Ausbeutung nicht bloß durch ihr eigenes, sondern auch durch das ausländische Kapital, dem die deutsche Regierung Reparationszahlungen zu leisten hatte. Das Versailler Joch, verstärkt durch das Joch der “eigenen” deutschen Bourgeoisie, führte zu einer unerhörten Senkung des Lebenshaltungsniveaus des Proletariats und zu einer derartigen Verelendung der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums, daß ein Teil der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums immer mehr dazu neigte, das Vorkriegsdeutschland, das noch keine allgemeine Krise des Kapitalismus und keine solche Verelendung der Massen kannte wie jetzt, als sein Ideal zu betrachten. Es ist daher begreiflich, daß im Augenblick der stärksten wirtschaftlichen Krise, die die Schwere des durch den Versailler Vertrag auferlegten außenpolitischen Nationaljochs noch steigert, sowie in Verbindung damit, daß das Proletariat aus Verschulden der Sozialdemokratie gespalten und daher nicht stark genug war, um die städtischen kleinbürgerlichen und die bäuerlichen Massen mit sich zu reißen ‑ daß es in diesem Augenblick zu einem stürmischen Ausbruch des deutschen Nationalismus und Chauvinismus kommen mußte und tatsächlich auch kam, der die politische Stellung der Bourgeoisie bedeutend festigte und die demagogischste nationalistische Partei, die Partei der “Nationalsozialisten”, an die Oberfläche brachte.
Die kommunistischen Arbeiter organisierten und führten den Kampf gegen die Offensive des Kapitals und des Faschismus. Sie unterstützten jede, auch die geringste Aktion der sozialdemokratischen Arbeiter gegen das Kapital, wo immer es zu solchen Aktionen kam. Vom Bestreben geleitet, die revolutionäre Einheit der Arbeiterklasse wiederherzustellen, haben sie bereits lange vor dem Sieg des Faschismus den sozialdemokratischen Arbeitern und den untergeordneten sozialdemokratischen Organisationen wiederholt die Einheitsfront zum Kampf gegen die Bourgeoisie und ihre Lakaien, die Faschisten, vorgeschlagen. Doch die sozialdemokratischen Arbeiter, hinter denen die Mehrheit der Arbeiterklasse Deutschlands steht, haben ‑ gefesselt durch ihre sozialdemokratische Führung, die gegen die revolutionäre Einheitsfront und für die Beibehaltung ihrer reaktionären Einheitsfront mit der Bourgeoisie ist ‑ jedesmal in ihrer großen Masse die Einheitsfront mit den Kommunisten abgelehnt und so den Kampf der Arbeiterklasse gesprengt. Während die Kommunisten für die revolutionäre Einheitsfront der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie, gegen den Faschismus eintraten, hat die Sozialdemokratie, im Gegenteil, die Arbeiter in die reaktionäre Einheitsfront mit der Bourgeoisie gegen die Kommunisten, gegen die kommunistischen Arbeiter getrieben, hat die kommunistischen Organisationen stets und überall, wann und wo sich Gelegenheit dazu bot, zertrümmert und Verfolgungen ausgesetzt.
In Durchführung ihrer Linie des Kampfes um die revolutionäre Einheit der Arbeiterklasse gegen die sozialdemokratische Einheitsfront mit der Bourgeoisie, hat die Kommunistische Partei als einziger revolutionärer Führer des deutschen Proletariats, ungeachtet des Streikbrechertums der Sozialdemokratie in der Frage der Einheitsfront gegen die Bourgeoisie, die Arbeiterklasse am 20. Juli 1932[1], als die Faschisten die sozialdemokratische Preußenregierung davonjagten, und am 30. Januar 1933, als Hitler in Deutschland zur Macht kam, zum politischen Generalstreik aufgerufen, und zur Durchführung eines solchen Streiks der Sozialdemokratischen Partei und den reformistischen Gewerkschaften die Einheitsfront vorgeschlagen.
Die Entwicklung des Kampfes gegen Bourgeoisie und Faschismus durch das Proletariat, sowie der Generalstreik hätten dazu geführt, daß die schwankenden werktätigen Massen der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums zum Proletariat gestoßen wären. Die Sozialdemokratie jedoch unterband, in Fortsetzung ihrer bisherigen Politik sowie in Betreibung der weiteren Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie, die Initiative der Massen durch das Netz der hinter ihr stehenden zentralisierten Organisationen, in erster Linie der reformistischen Gewerkschaften und verhinderte die Organisierung des Generalstreiks, vereitelte diesen, nicht ohne dadurch der weiteren Offensive der Faschisten gegen das Proletariat unmittelbar Vorschub zu leisten. Als Folge dessen erwies sich die Avantgarde des revolutionären Flügels des deutschen Proletariats ‑ die Kommunistische Partei ‑ der Unterstützung seitens der Mehrheit der Arbeiterklasse beraubt. Unter solchen Umständen erwies sich das Proletariat in einer Lage, in der es nicht imstande war und tatsächlich auch nicht vermochte, die sofortige und entschlossene Abwehr gegen den Staatsapparat zu organisieren, der in seinen Bestand die Kampforganisationen der faschistischen Bourgeoisie, die Sturmabteilungen, "Stahlhelm" und Reichswehr zum Kampf gegen das Proletariat mit einbezogen hatte. Die Bourgeoisie vermochte die Staatsgewalt im Lande ohne ernsthaften Widerstand den Händen der Nationalsozialisten zu übergeben, die mit den Mitteln der Provokationen, des blutigen Terrors und politischen Banditentums gegen die Arbeiterklasse vorgehen.
In Analysierung der Voraussetzungen für den siegreichen Aufstand des Proletariats hat Lenin ausgeführt: "Die entscheidende Schlacht kann dann als voll herangereift gelten, wenn sich alle uns feindlichen Klassenkräfte hinreichend verrannt haben, wenn sie sich hinreichend gegenseitig in die Haare geraten sind und sich durch den Kampf, der ihre Kräfte übersteigt, hinreichend geschwächt haben, wenn sich alle schwankenden, unsicheren, unbeständigen Zwischenelemente, d. h. das Kleinbürgertum, die kleinbürgerliche Demokratie zum Unterschied von der Bourgeoisie, hinreichend vor dem Volk entlarvt und durch ihren praktischen Bankrott hinreichend blamiert haben, wenn die Massenstimmung zugunsten einer Unterstützung der entschlossensten, aufopfernd kühnen revolutionären Handlungen gegen die Bourgeoisie im Proletariat eingesetzt und mächtig anzuschwellen begonnen hat. Eben dann ist die Revolution reif, eben dann ist unser Sieg, falls wir alle vorstehend bezeichneten [...] Voraussetzungen richtig erwogen und den Moment richtig gewählt haben, ist unser Sieg gesichert."
Die charakteristische Besonderheit der Situation im Moment des Hitler-Umsturzes besteht darin, daß diese Voraussetzungen für den siegreichen Aufstand zu jener Zeit noch nicht auszureifen vermocht hatten, sie waren lediglich im Keimzustand vorhanden. Was die Avantgarde des Proletariats, die Kommunistische Partei betrifft, so konnte sie, da sie nicht in Abenteurertum verfallen wollte, diesen mangelnden Faktor natürlich nicht durch ihre Handlungen ersetzen.
"Mit der Vorhut allein", sagt Lenin, "kann man nicht siegen. Die Vorhut allein in den entscheidenden Kampf werfen, solange die ganze Klasse, solange die breiten Massen die Avantgarde nicht direkt unterstützen oder wenigstens eine wohlwollende Neutralität ihr gegenüber üben ‑, wäre nicht nur eine Dummheit, sondern auch ein Verbrechen [...]"
Das sind die Umstände, die den Rückzug der Arbeiterklasse und den Sieg der Partei der konterrevolutionären Faschisten in Deutschland bestimmt haben. Die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland ist somit letzten Endes die Folge der sozialdemokratischen Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie im Verlaufe der ganzen Lebensdauer der Weimarer Republik. Die Sozialdemokratie hat wiederholt erklärt, sie hätte nichts dagegen, wenn Hitler auf “verfassungsmäßigem” Wege zur Macht komme. Bereits nach dem Machtantritt Hitlers schrieb der "Vorwärts" am 2. Februar, daß ein Mensch wie Hitler ohne die Sozialdemokratie nicht Reichskanzler zu werden vermocht hätte. Dasselbe führte Wels am 23. März auch in seiner Deklaration vor dem Reichstag aus, als er sagte, daß die Sozialdemokraten vor den “Nationalsozialisten” große Verdienste haben, da es Hitler eben dank der Politik der Sozialdemokratie gelungen ist, zur Macht zu kommen. Schon ganz zu schweigen von Leipart, Löbe und anderen Führern der Sozialdemokratie, die die Faschisten restlos unterstützen. Die Kommunisten hatten recht, als sie die Sozialdemokraten ‑ als Sozialfaschisten bezeichneten.
Dadurch aber, daß sich die faschistische Diktatur auf die bewaffneten Banden der Nationalsozialisten und des "Stahlhelm" stützt, daß sie den Bürgerkrieg gegen die Arbeiterklasse aufnimmt, daß sie alle Rechte des Proletariats aufhebt, zerschlägt sie gleichzeitig auch die sozialdemokratischen Theorien von der Möglichkeit der Eroberung einer parlamentarischem Mehrheit durch Wahlen und friedliche Entwicklung zum Sozialismus, ohne Revolution. Sie zerschlägt die sozialdemokratischen Theorien von der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie, sowie von der Politik des “kleineren Übels” und macht alle demokratischen Illusionen in den breiten Arbeitermassen zunichte. Sie zeigt, daß der Staat durchaus kein über den Klassen schwebender Überbaue, sondern ein Werkzeug der Diktatur der Bourgeoisie ist, daß die moderne Staatsgewalt ‑ die bewaffneten SA‑Banden, der "Stahlhelm", die Polizei und das Offiziersgesindel [es] sind, die im Namen der Bourgeoisie und der Junker herrschen. Die Arbeiterklasse überzeugt sich in der Praxis, daß die Kommunisten recht hatten, als sie jahrelang gegen die demokratischen Illusionen und die sozialdemokratische Politik des “kleineren Übels” sowie die Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie kämpften.
Gleichzeitig vermag die zügellose faschistische Diktatur Hitlers, die den Bürgerkrieg im Lande entfesselt hat, keine einzige politische und wirtschaftliche Frage des heutigen Deutschlands zu lösen. Not und Elend der Massen nehmen mit jedem Tage mehr zu. Die Lage der Industrie verschlechtert sich, da die abenteuerliche Politik der Regierung lediglich die Schrumpfung sowohl des Binnen- wie auch des Außenmarktes beschleunigt. Es fehlt jegliche Perspektive eines ernsthaften Rückganges der Erwerbslosigkeit, ja es kann eine solche Perspektive auch gar nicht geben. Es besteht absolut keine Möglichkeit, allen Anhängern der Nationalsozialisten Arbeit und Ämter zu verschaffen. An Stelle der zur Einstellung gelangenden Nationalsozialisten werden andere Arbeiter entlassen werden. Die Verlängerung des Moratoriums bis zum Oktober und die Kontingentierung der landwirtschaftlichen Einfuhrprodukte aus dem Auslande vermag nur auf überaus kurze Zeit eine dünne Schicht der wohlhabenden Bauern zu befriedigen, vermag aber der Zunahme der Not, des Elends und der Unzufriedenheit der breiten bäuerlichen Massen nicht Einhalt zu gebieten. Durch demagogische Aktionen gegen die Warenhäuser und das jüdische Kapital läßt sich keine Hilfe für das notleidende Kleinbürgertum schaffen, dessen Lage nach Maßgabe des weiteren Rückganges der Kaufkraft des Proletariats sich verschlechtern wird, was eine weitere Schrumpfung des Binnenmarktes nach sich ziehen wird. Die mikroskopische Gabe von Getreide und Speck an die Notleidenden war lediglich ein auf den Stimmenfang berechneter Köder. Die Erhöhung der Erwerbslosenunterstützung um monatlich 2 Mark kann infolge der sich verschlechternden Wirtschaftslage nicht umhin, wieder rückgängig gemacht zu werden. Es zeigt sich klar, daß Hitler Deutschland einer Wirtschaftskatastrophe entgegenführt, die sich immer unvermeidlicher gestaltet.
Die nationalsozialistische Bewegung ist in erster Linie als eine von wilhelminischen Offizieren und Beamten angeführte nationalistische und chauvinistische Bewegung, als eine Bewegung der kleinbürgerlichen sowie teilweise der bäuerlichen Massen gegen Versailles emporgeschossen. Die zweimonatliche Machtausübung durch Hitler ist eine einzige chauvinistische Phrasendrescherei gegen den proletarischen Internationalismus und gegen den “Weltbolschewismus”, ist eine Politik der Verschärfung der Beziehungen zu ausnahmslos allen Staaten. Eine derartige Politik vermag Deutschland nicht nur nicht zu stärken, sondern schwächt es und isoliert es noch mehr. Die Versuche der Regierung, unter diesen Verhältnissen den Versailler Vertrag zu verletzen und wenigstens durch den Anschluß Österreichs außenpolitische Erfolge zu erzielen, um ihr Ansehen in den Massen zu heben, deren Not und Elend sie nicht zu lindern vermag, wird lediglich zu einer weiteren Verschärfung der gesamten internationalen Situation und zu einem ungeheuren Anwachsen der Kriegsgefahr führen. Jeder neue Tag der Regierung Hitler wird immer klarer den Betrug offenbaren, dem die Massen, die Hitler Gefolgschaft leisteten, zum Opfer gefallen sind. Jeder neue Tag wird immer klarer aufzeigen, daß Hitler Deutschland in die Katastrophe hineintreibt. Die augenblickliche Stille nach dem Sieg des Faschismus ist nur eine vorübergehende Erscheinung. Der revolutionäre Aufschwung in Deutschland wird trotz des faschistischen Terrors unvermeidlich ansteigen. Die Abwehr der Massen gegen den Faschismus wird zwangsläufig zunehmen. Die Errichtung der offenen faschistischen Diktatur, die alle demokratischen Illusionen in den Massen zunichte macht und die Massen aus dem Einfluß der Sozialdemokratie befreit, beschleunigt das Tempo der Entwicklung Deutschlands zur proletarischen Revolution.
Es hat die Aufgabe der Kommunisten zu sein, die Massen darüber aufzuklären, daß die Hitler-Regierung das Land in eine Katastrophe hineinreitet. Heute ist es nötig, den Massen mit größerer Energie denn je vor Augen zu halten, daß die einzige Rettung der werktätigen Massen vor noch größerem Elend und noch größerer Not, das einzige Mittel zur Verhütung der Katastrophe ‑ die proletarische Revolution und die Diktatur des Proletariats ist. Es gilt, den Kampf zu führen um die Zusammenschweißung aller Kräfte des Proletariats und die Herstellung der Einheitsfront der sozialdemokratischen und der kommunistischen Arbeiter zum Kampf gegen die Klassenfeinde. Es gilt, die Partei zu festigen und alle Massenorganisationen des Proletariats zu verstärken, die Massen auf die entscheidenden revolutionären Kämpfe, auf den Sturz des Kapitalismus, auf den Sturz der faschistischen Diktatur durch den bewaffneten Aufstand vorzubereiten. Ausgehend von den bevorstehenden Ausführungen billigt das Präsidium des EKKI das vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands vorgesehene praktische Arbeitsprogramm.
[1]. Am 30. März 1930 folgte auf die von Hermann Müller (SPD) geführte Koalitionsregierung eine von Heinrich Brüning (Zentrum) gebildete Koalitionsregierung, an der die SPD nicht mehr teilnahm. In Preußen bestand weiterhin eine am 5. April 1925 gebildete Koalitionsregierung unter Führung von Otto Braun (SPD). Infolge der Änderung des Kräfteverhältnisses auf nationaler Ebene setzte sich nach und nach innerhalb der Rechtsparteien eine Ausrichtung auf einen Bruch mit der SPD auch in Preußen durch. Nach den Landtagswahlen vom 24. April 1932, bei denen die NSDAP 162 Sitze erhielt und die SPD 94, dankte die preußische Regierung ab. Die Bemühungen, eine vom Landtag eingesetzte neue Regierung zu bilden, blieben erfolglos.
Am 20. Juli 1932 erklärt der Reichskanzler Franz von Papen, daß auf sein Verlangen der Reichspräsident eine "Verordnung betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiete des Landes Preußens" unterzeichnet hat. Die Verordnung ernennt den Reichskanzler zum Reichskommissar für das Land Preußen. Papen teilt mit, daß er den preußischen Ministerpräsidenten Braun und den preußischen Innenminister Carl Severing (ebenfalls SPD) absetzt und Franz Bracht mit der Leitung des Innenministeriums beauftragt. Die anderen Minister werden ebenfalls entlassen.