7. Kongress der Kommunistischen Internationale
(25. Juli - 20. August 1935)

Wilhelm Pieck :
Bericht -Über die Tätigkeit des Exekutivkomitees der KI

26. Juli 1935

Erstellt:
November 2016


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1935_07_26_KI_VII_Pieck.htm

 

Quelle:

Berichte über den VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale, Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung, Basel 1935, 4. Jahrgang, Nr. 35, 37, 39, 40, 42, 45, 47, 49, 50, 52, 54, 56, 58, 60, 62, 65, 66, 67, 72 und 74 [1] [2].

Nachdruck:

Protokoll des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale, Moskau 25. Juli‑20. August 1935, Band 1, Erlangen, K. Liebknecht Verlag, 1974.

Andere Quellen:

Wilhelm Pieck: Rechenschaftsbericht über die Tätigkeit des Exekutivkomitees der kommunistischen Internationale auf dem 7. Weltkongreß der kommunistischen Internationale (26. Juli 1935), Verlagsgenossenschaft ausländischer Arbeiter in der UdSSR, 1935.

Wilhelm Pieck: Gesammelte Reden und Schriften, Band 5, Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.), Berlin, Dietz, 1959.

VII. Kongreß der Kommunistischen Internationale - Referate und Resolutionen, Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.), Berlin, Dietz, 1975.

 

Genossen und Genossinnen! Sieben Jahre eines harten und opferschweren Kampfes der werktätigen Massen gegen Ihre Unterdrücker und Ausbeuter liegen zwischen dem VI. und VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale. Diese sieben Jahre haben eine große Veränderung des Kräfteverhältnisses der Klassen in der ganzen Welt mit sich gebracht und dem Proletariat überaus reiche revolutionäre Erfahrungen vermittelt.

Vor unserem VI. Weltkongreß stand die entscheidende Frage: Wohin treibt die internationale Entwicklung?

Diese Frage stand auch auf dem damals zur gleichen Zeit in Brüssel tagenden Kongreß der II. Internationale. Sie wurde auch von den bürgerlichen Ökonomen und Politikern gestellt.

Es war die Zeit der relativen, teilweisen Stabilisierung des Kapitalismus, als Industrie und Handel das Vorkriegsniveau. überschritten hatten und eine Blütezeit erlebten.

Was war die Antwort der Sozialdemokraten auf die Frage nach der Perspektive der internationalen Entwicklung?

Wenn es dem Kapitalismus gelungen war, wieder einigermaßen ins Geleise zu kommen, wenn Produktion, Technik und Handel anstiegen und die Beziehungen zwischen den imperialistischen Mächten durch ein ganzes System internationaler Verträge geregelt waren, so zogen die sozialdemokratischen Führer daraus den Schluß, daß die Epoche der Revolutionen und Kriege abgeschlossen sei, die Bolschewiki mit ihrer Theorie und Praxis bankrott wären und die Sowjetunion vor der internationalen Bourgeoisie kapitulieren oder zugrunde gehen müsse.

Die Sozialdemokraten zogen aber auch noch die weitere Schlußfolgerung: wenn eine Epoche des "organisierten Kapitalismus", der ewigen Prosperität und der friedlichen Entwicklung bevorsteht, dann ist die Theorie des Marxismus vom Klassenkampf und gewaltsamen Sturz der Herrschaft der Bourgeoisie überlebt, dann muß sie durch die Theorie des friedlichen Hineinwachsens in den Sozialismus mit Hilfe der Verstärkung der angeblich über den Klassen stehenden Staatsmacht, des Wirtschaftsfriedens und der Teilnahme an Koalitionsregierungen ersetzt werden.

Diese Stellung vertrat aber nicht nur die offizielle Sozialdemokratie. Ihr Einfluß war sogar in unsere Reihen gedrungen. Es waren die rechten Elemente in den Sektionen der Kommunistischen Internationale, die die Theorie verfochten, daß die internationale Entwicklung zu einer Festigung der Stabilisierung des Kapitalismus führe, daß es dem Kapitalismus gelungen sei, sich umzustellen, daß die Entwicklung der Technik die Möglichkeit eines neuen Aufstiegs des Kapitalismus schaffe. Die Rechten behaupteten auch, daß auf einen raschen Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion nicht zu rechnen sei, daß in der nächsten Zukunft ein neuer Anstieg der revolutionären Welle nicht vorauszusehen sei.

Im Gegensatz zu diesen sozialdemokratischen und rechtsopportunistischen Auffassungen über den Gang der Entwicklung in der Sowjetunion führte Genosse Stalin ‑ ausgehend von der Leninschen Theorie, daß ein einzelnes Land mit seinen inneren Kräften imstande ist, die sozialistische Gesellschaft aufzubauen und daß der Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion von großer internationaler Bedeutung ist ‑ die Sowjetunion auf den Weg der Industrialisierung, auf den Weg der Kollektivierung der Bauernwirtschaft.

Im Gegensatz zu allen sozialdemokratischen und rechtsopportunistischen Auffassungen über die Dauerhaftigkeit und Festigkeit der kapitalistischen Stabilisierung, über den Triumph des Kapitalismus und über die Möglichkeit einer friedlichen und krisenlosen Entwicklung stellte Genosse Stalin schon im Dezember 1927 folgende Perspektive auf:

Aus der Stabilisierung selbst, aus der Tatsache, daß die Produktion, daß der Handel wächst, daß der technische Fortschritt und die Produktionsmöglichkeiten wachsen, während der Weltmarkt, die Grenzen dieses Marktes und die Einflußsphären einzelner imperialistischer Gruppen mehr oder weniger stabil bleiben ‑ gerade hieraus erwächst die tiefste und schärfste Krise des Weltkapitalismus, die neue Kriege heraufbeschwört und jede wie immer geartete Stabilisierung in Frage stellt.

Genosse Stalin sagte:

Wenn eine solche Tatsache, wie die Ermordung von Sacco und Vanzetti als Anlaß zu Demonstrationen der Arbeiterklasse dienen konnte, so ist das ohne Zweifel ein Beweis dafür, daß sich innerhalb der Arbeiterklasse revolutionäre Energien angehäuft haben, die nach einem Anlaß, nach einer Gelegenheit, zuweilen einer äußerlich ganz unbedeutenden Gelegenheit suchen und suchen werden, um sich Luft zu schaffen und sich auf das kapitalistische System zu stürzen.

 Auf Grund dieser richtigen marxistisch-leninistischen Analyse der Weltlage durch den Genossen Stalin gab der VI. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale ‑ entgegen der Sozialdemokratie und den Rechtsopportunisten ‑ die Orientierung, daß die anbrechende neue dritte Periode der Nachkriegsentwicklung die Periode der Verschärfung aller Gegensätze des Kapitalismus, die Periode eines neuen revolutionären Aufschwungs und der Erschütterung der Stabilisierung des Kapitalismus ist. Wir zeigten auf, daß nicht eine friedliche Entwicklung, sondern die Verschärfung des Klassenkampfes und das Ansteigen der Gefahr eines neuen imperialistischen Krieges bevorstehe.

Wer hat recht behalten: wir oder die Sozialdemokratie?

Die Sozialdemokratie wie auch die Rechtsopportunisten haben bankrott gemacht, ihre Theorien haben elend Schiffbruch erlitten.

Die Perspektive, die der VI. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale über die Weltentwicklung aufstellte, die Perspektive des siegreichen Aufbaus des Sozialismus in der Sowjetunion und die Erschütterung der kapitalistischen Stabilisierung wurde durch den ganzen Verlauf der Entwicklung bestätigt.

Die hinter uns liegende Periode war eine Periode des Umschwungs in der ganzen Weltentwicklung. In der Sowjetunion war sie eine Periode des stürmischen Aufschwungs und des Sieges des Sozialismus, in den kapitalistischen Ländern eines unaufhaltsamen Niedergangs: eine beispiellose, tiefe Wirtschaftskrise, ein fruchtloses Suchen nach einem Ausweg, eine Periode der Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus.

Die Sowjetunion wurde in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht eine kraftstrotzende sozialistische Großmacht, die in steigendem Maße auf die gesamte Weltentwicklung einwirkt. Die kapitalistische Welt dagegen ist durch die Krise geschwächt und durch tiefe Gegensätze zwischen den Klassen und Staaten ‑ Gegensätze, deren Weiterentwicklung zum Heranreifen der Voraussetzungen für den Sturz der Herrschaft der Ausbeuterklasse führen ‑ in ihren Grundfesten erschüttert.

Die revolutionäre Bewegung der Werktätigen in den kapitalistischen Ländern wuchs im Laufe dieser sieben Jahre unaufhörlich an. Die kommunistischen Parteien, die den Massen richtige Losungen gaben und sie auf den Kampf orientierten, sind gewachsen und werden in einer immer größeren Anzahl von Ländern zu wichtigen Faktoren des politischen Lebens.

Die große historische Schwenkung der Massen vom Reformismus zum Kommunismus, von der Unterstützung des Kapitalismus zum Kampfe um den Sozialismus hat begonnen.

*

In dem Bericht über die Tätigkeit des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale werde ich zwei große Fragenkomplexe in den Vordergrund stellen: die Ergebnisse der Arbeit der Kommunisten unter den Massen und die Entwicklung unserer Parteiarbeit.

Der besseren Übersicht halber teile ich die Berichtsperiode entsprechend der Entwicklung des Klassenkampfes und den jeweils vorherrschenden bestimmten Formen der revolutionären Bewegung in drei Kampfabschnitte:

1. Das Heranreifen des neuen Aufschwungs der revolutionären Bewegung.

2. Die revolutionäre Bewegung in den Jahren der größten Verschärfung der Krise.

3. Die Wendung der sozialistischen Arbeiter zur Einheitsfront mit den Kommunisten.

I. Das Heranreifen de« neuen Aufschwungs der revolutionären Bewegung

Die Ereignisse gleich nach dem VI. Weltkongreß bestätigten die Richtigkeit unserer Analyse der Perspektiven der revolutionären Bewegung. Wir hatten recht, als wir sagten, die Entwicklung der Revolution in China, der Aufstand in Indonesien, die gewaltigen Kundgebungen in Europa und Amerika gegen die Hinrichtung von Sacco und Vanzetti, der Generalstreik in England 1926, die Juliereignisse in Wien 1927 und das bedeutende Ansteigen der Streikbewegung in den meisten kapitalistischen Ländern seit 1927 sind die Anzeichen des beginnenden neuen revolutionären Aufschwungs. Wir sagten das weitere Ansteigen dieses Aufschwungs voraus, der von der revolutionären Krise durch keine chinesische Mauer getrennt ist. Der Kongreß stellte den Sektionen der Kommunistischen Internationale die Aufgabe, den sich steigernden Kampf der Werktätigen gegen die Ausbeuterklasse zu organisieren und zu führen.

Die wirtschaftlichen und politischen Kämpfe des Proletariats

Schon wenige Monate nach dem VI. Kongreß erhob sich in allen Ländern Europas eine seit langem nicht dagewesene Welle von wirtschaftlichen Streiks. In Lodz begann einer der größten Textilarbeiterstreiks in der Geschichte der polnischen Arbeiterbewegung, der in einen Generalstreik des Lodzer Proletariats umschlug. Im Ruhrgebiet kämpften 200 000 Arbeiter fünf Wochen lang um eine Lohnerhöhung. In Nordfrankreich traten die Textilarbeiter in den Ausstand. Die Parlamentswahlen in Deutschland, Polen und Frankreich zeigten eine bedeutende Zunahme der für die Kommunisten abgegebenen Stimmen, die den zunehmenden politischen Charakter der einsetzenden Belebung signalisierte.

Dieser neue revolutionäre Aufschwung war keineswegs auf die europäischen Länder begrenzt. Er fand seinen Ausdruck in der antiimperialistischen und die Agrarrevolution in China, in der nationalrevolutionären und der Arbeiterbewegung in Indien.

Die Bewegung zeigte, daß die breiten Massen der Werktätigen, die sich von den Niederlagen der Jahre 1921 bis 1923 erholt hatten, nicht gewillt waren, eine durch die Rationalisierung und die allgemeine Krise des Kapitalismus hervorgerufene weitere Verschlechterung ihrer Lage auf sich zu nehmen. Die kapitalistische Produktion erfuhr zwar einen starken Aufstieg, aber die Lage der Arbeiterklasse verschlechterte sich zusehends. Zwar erhielt ein Teil der beschäftigten Arbeiter einen höheren Lohn als in den ersten Nachkriegsjahren, aber dafür wurde die Ausbeutung durch die Rationalisierung ungemein gesteigert und ein großer Teil der Arbeiterschaft wurde aus dem Produktionsprozeß ausgestoßen.

Die Sozialisten sprachen von der "Prosperität", aber die Arbeitslosigkeit nahm zu. Die Sozialisten sprachen von der "Wirtschaftsdemokratie", jedoch die Schinderei in den Betrieben wurde unerträglich. Die Sozialdemokraten schwätzten vom "organisierten Kapitalismus", der seine inneren Schwierigkeiten überwindet, aber die Klassengegensätze verschärften sich von Tag zu Tag und führten zu einer Steigerung des Klassenkampfes. Die Sozialdemokratie stellte sich in allen Ländern der Welt vollkommen in den Dienst der Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft. Ihre Perspektive von der Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft zum Sozialismus leitete sie aus dem Wachstum und den Erfolgen des Kapitalismus in dieser Zeit ab. Daraus entstand ihre Theorie von der Möglichkeit einer "ewigen Prosperität", einer "krisenlosen Entwicklung", eines "organisierten Kapitalismus" und einer "Wirtschaftsdemokratie", bei der Arbeiter und Unternehmer "gleichberechtigte Kontrahenten" in der Entscheidung wirtschaftlicher Fragen sein sollten. In einigen Ländern wurde das von den Sozialdemokraten "konstruktiver Sozialismus" genannt, wonach das Anwachsen der kapitalistischen Wirtschaft über den Weg der parlamentarischen Demokratie und der Koalitionsregierungen angeblich zum Sozialismus führen würde.

Von diesen Auffassungen geleitet, betrieb die Sozialdemokratie immer mehr die Annäherung an den bürgerlichen Staat und beteiligte sich in Deutschland, England und Dänemark an den kapitalistischen Regierungen. Die Sozialdemokratie verwuchs auch mit den Trustspitzen, erhielt von der Bourgeoisie Aufsichtsratsposten. Die natürliche Folge davon war, daß sich die Sozialdemokratie für die Einschränkung des Klassenkampfes und für den Wirtschaftsfrieden einsetzte und die Streiks der Arbeiter zu hintertreiben suchte. Alle die wirtschaftlichen Interessen der Arbeiterklasse berührenden Fragen sollten durch staatliche Schiedsgerichte entschieden werden.

Aus dieser Einstellung der sozialdemokratischen Führerschaft und bei der Machtstellung, die die Bourgeoisie gegenüber der Arbeiterklasse besaß, ergab sich von selbst, daß das Proletariat vollkommen der Bourgeoisie ausgeliefert und ohne jede Führung in seinen wirtschaftlichen Kämpfen geblieben wäre, wenn nicht die Kommunisten dieser Zusammenarbeit der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie den Klassenkampf mit aller Schärfe gegenübergestellt und versucht hätten, eine revolutionäre Führung der wirtschaftlichen und politischen Kämpfe zu organisieren.

Aus dieser Notwendigkeit der Verteidigung der Lebensinteressen der werktätigen Massen, der Steigerung ihrer Kampffähigkeit gegen die wachsende Ausbeutung und Unterdrückung, der Sammlung der Massen für diesen Kampf, ergab sich, wie das IX. EKKI-Plenum im Jahre 1928 festlegte, für die Kommunisten die Aufgabe der präziseren und schärferen Hervorkehrung

der eigenen besonderen politischen Linie, die sich grundlegend von der Linie der Reformisten unterscheidet, ihre Hervorkehrung sowohl in allen allgemein politischen Fragen (Krieg, Stellung zur Sowjetunion, zu China, Indien, Ägypten usw.), als auch in den Fragen der Tageskämpfe der Arbeiterklasse (gegen Schiedsgerichte, Lohnabbau, Verlängerung des Arbeitstages, gegen die Unterstützung der Kapitalisten in der Frage der Rationalisierung, gegen den "Industriefrieden" usw.).

Diese politische Linie der Kommunisten fand ihren Ausdruck in der Taktik unter der Losung "Klasse gegen Klasse" ‑ die Klasse der Proletarier gegen die Klasse der Bourgeoisie.

Die Taktik "Klasse gegen Klasse" war gegen den Block der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie gerichtet und zielte auf eine Sprengung des Blockes der Führer der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie hin. Diese Taktik war nicht gegen die Einheitsfront der Kommunisten mit den Sozialisten zum Kampf gegen die Bourgeoisie gerichtet, sondern setzte sie im Gegenteil voraus. Sie war auf die Schaffung einer revolutionären Führung der wirtschaftlichen und politischen Kämpfe des Proletariats gerichtet.

Die Resolution des EKKI vom Februar 1928 über die Taktik "Klasse gegen Klasse" in England sagt das ganz deutlich. Es heißt dort:

Insofern bedeutende Schichten der Arbeiterklasse noch den reformistischen Führern folgen, ist es absolut notwendig, die Einheitsfront im Landesmaßstab wie auch im örtlichen Rahmen anzubieten, um ein übrigesmal Gelegenheit zu haben, die Führer der Arbeiterpartei und der Gewerkschaften zu entlarven, die der Einheit mit den revolutionären Arbeitern die Einheit mit den Kapitalisten vorziehen.

Die Durchführung eines scharfen Trennungsstriches zwischen der reformistischen und der kommunistischen Politik, die eine absolute Notwendigkeit und eine der wesentlichen Grundlagen unserer Taktik "Klasse gegen Klasse" ist, schließt keineswegs aus, daß die Kommunisten bei den Wahlen unter selbständiger Führung ihrer Wahlkampagne sich verpflichten, z. B. in England diejenigen Labour-Kandidaten zu unterstützen, die für die brennenden Forderungen der Arbeiterklasse stimmen, oder in Frankreich, in besonderen Fällen Wahlabkommen mit den Sozialisten einzugehen, um die Wahl reaktionärer Kandidaten zu verhindern. Ohne die Schaffung einer solchen Einheitsfront der Arbeiter gegen die Kapitalisten ist es unmöglich, die Lebensinteressen der Arbeiter im Kampfe mit der Bourgeoisie wirksam zu verteidigen.

Die Durchführung der Taktik "Klasse gegen Klasse" hat die kommunistischen Parteien gefestigt und es ihnen ermöglicht, vor der Arbeiterklasse als selbständige Kraft in der Führung des Klassenkampfes aufzutreten. In England begannen die Kommunisten zum ersten Mal selbständig im ganzen Lande große Massenkampagnen durchzuführen. In Frankreich stellten sich die Kommunisten als selbständiger Faktor dem Linksblock entgegen. Der Kommunistischen Partei Deutschlands war es nur durch die entschlossene Durchführung einer selbständigen Linie möglich, bedeutende Gruppen der breiten Massen, die sich von der Sozialdemokratie abkehrten, mit sich zu reißen, gewaltige Streikaktionen und Demonstrationen zu organisieren und eine starke Front des revolutionären Klassenkampfes aufzurichten.

Diese Erfolge dürfen uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß bei der Durchführung dieser Taktik "Klasse gegen Klasse" eine Reihe sektiererischer Fehler gemacht wurden. So richtig die Kommunisten darin taten, daß sie in England bei den Parlamentswahlen selbständige Kandidaten gegen die Führer der Arbeiterpartei aufstellten und für sie kämpften, so war es doch falsch, daß die kleine Kommunistische Partei die gesamte Aufmerksamkeit auf ihre eigenen Kandidaten konzentrierte und sich wenig darum bemühte, durch Arbeiterkonferenzen der örtlichen Gewerkschaften und der Organisationen der Arbeiterpartei Kandidaten aufstellen zu lassen. So richtig es war, daß die Kommunisten in Deutschland sich entschieden von der Sozialdemokratie abgrenzten und einen rücksichtslosen Kampf gegen Zörgiebel und Severing führten, so war es hingegen falsch, daß die Kommunisten begannen, sich auch von den sozialdemokratischen Arbeitern abzugrenzen und sie als "kleine Zörgiebels" zu bezeichnen. So richtig es war, daß unter den Verhältnissen der Jahre von 1928 bis 1929 die Kommunisten in Deutschland, Frankreich, England und in einer Reihe anderer Länder sich nicht mit Einheitsfrontangeboten an die Spitzen der Sozialdemokratie wandten, so falsch war es dagegen, die Beschlüsse der Kommunistischen Internationale so auszulegen, als dürften sich unsere Genossen auch nicht an die Ortsorganisationen der Sozialdemokratie und der reformistischen Gewerkschaften mit solchen Angeboten wenden.

Infolge dieser mangelhaften Durchführung unserer Taktik "Klasse gegen Klasse" und sogar ihrer vielfachen Entstellung, die darauf hinauslief, daß diese Taktik angeblich die Einheitsfront ausschließe, erzielten unsere Sektionen in diesem Kampfabschnitt nicht die Erfolge, die zu erreichen gewesen wären. Erst als der Aufschwung in der Streikbewegung einsetzte und die Sozialdemokratie sich dieser Bewegung entgegenstellte, die staatliche Schlichtungsmaschine in Bewegung setzte und die Streiks abzuwürgen begann, gewann die revolutionäre Taktik der Kommunisten die Sympathien breiter Arbeitermassen. Unsere Sektionen begannen zu begreifen, welche Bedeutung die Organisierung selbständiger, von den Arbeitern selbst gewählter Streikleitungen für den Kampf der Arbeiter hat.

Allerdings kamen die Kommunisten dabei in Konflikt mit den reformistischen Gewerkschaftsführern, die durch Hinweis auf die Gewerkschaftsdisziplin und unter Androhung des Ausschlusses die Kommunisten von der Organisierung des Streikkampfes abzuhalten versuchten. Aber die Kommunisten durften unter keinen Umständen aus einer Respektierung dieser Gewerkschaftsdisziplin auf den Kampf für die Forderungen der Massen und auf die Organisierung ihrer Kämpfe verzichten. Ohne Verletzung der von den reformistischen Führern gehandhabten Gewerkschaftsdisziplin und ohne Organisierung von selbständigen Streikleitungen wäre es weder zum Lodzer Streik noch zum Ruhrkampf[3], noch zu der mächtigen Streikbewegung in der Tschechoslowakei gekommen.

Hätte es bei der von der Sozialdemokratie betriebenen Politik des Wirtschaftsfriedens keine kommunistische Führung der Streikkämpfe gegeben, so wäre es der Bourgeoisie schon in den Jahren der wirtschaftlichen Hochkonjunktur in viel größerem Maße gelungen, ihren Plan des Lohnabbaus, der Verlängerung des Arbeitstages und der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durchzuführen. Viele Tausende von Arbeitern hätten sich, wenn sie niemanden gesehen hätten, der ihren Kampf führte, enttäuscht vom Klassenkampf zurückgezogen.

So retteten die Kommunisten wie 1914 nochmals die Ehre der Arbeiterbewegung, die Ehre des Sozialismus.

Die Kommunisten, die sich an die Spitze einer Reihe großer und zahlreicher kleiner Streiks stellten, Streikposten und Demonstrationen organisierten und die Massen von den wirtschaftlichen Kämpfen zum politischen Kampf emporrissen, bekundeten hierbei den stärksten Kampfgeist und brachten selbst die größten Opfer. Sie gewannen dadurch bedeutenden Einfluß in den Arbeitermassen und in sämtlichen Massenorganisationen der Arbeiter.

Die Folgen der sektiererischen Fehler

Aber auch hier wurden von den Kommunisten viele sektiererische Fehler gemacht. Sie verstanden es nicht, ihren Einfluß in den reformistischen Organisationen und unter den unorganisierten Arbeitern organisatorisch zu verankern. Durch die Organisierung des Streikkampfes steigerten die Kommunisten den Geist des Klassenkampfes im Proletariat, obwohl die Sozialdemokratie für den Wirtschaftsfrieden eintrat und den "Mondismus"[4] und ähnliches predigte. Doch machten die Kommunisten oft den Fehler, daß sie den Streik auch dann noch fortsetzten, als die Mehrheit der Streikenden bereits die Arbeit wieder aufgenommen hatte. Dadurch isolierten sie sich nicht selten von den breiten Arbeitermassen.

Mit der Losung der selbständigen Leitung der Streiks durch die revolutionäre Minderheit trugen die Kommunisten dazu bei, Streiks auszulösen und die revolutionäre Gewerkschaftsarbeit von der Fessel des reformistischen Gewerkschaftsapparates zu befreien. Aber bei der Verwirklichung dieser Losung wurde die erste unerläßliche Aufgabe der revolutionären Minderheit vernachlässigt ‑ die Zustimmung der Mehrheit der Betriebsbelegschaft zur Proklamierung des Streiks und die Bildung einer durch die Streikenden gewählten selbständigen Streikleitung zu sichern.

Obwohl die Kommunisten richtig handelten, als sie sich gegen das traditionelle aristokratische Verhältnis der Reformisten zu den Unorganisierten wandten und für die Einbeziehung der unorganisierten Arbeiter in die Streiks und in die Streikleitungen eintraten, ließen sich manche Kommunisten besonders in Deutschland dazu verleiten, die Bedeutung der organisierten Arbeiter und den Einfluß der reformistischen Gewerkschaften nicht nur auf die organisierten, sondern auch auf die unorganisierten Arbeiter zu unterschätzen.

Von der Roten Gewerkschaftsinternationale wurde die Aufgabe, den Anspruch der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie, über die Wirtschaftskämpfe allein zu bestimmen ‑ den sie nur zu ihrer Verhinderung ausnutzte ‑, zu brechen, richtig gestellt. Über dieses Ziel hinaus schoß aber der Beschluß der Straßburger Konferenz Anfang 1929[5], wonach die

Aufgabe der Streikleitungen und der Kampfausschüsse die selbständige Vorbereitung und Leitung des Streikkampfes trotz und gegen die reformistischen Gewerkschaften

ist. Das trifft auch zu auf die Weisung, daß

bei der Wahl der von Kampfausschüssen bei Aussperrungen, sowie von Streikleitungen und anderen Kampforganen alle mit der Sozialdemokratie und Gewerkschaftsbürokratie verbundenen Personen als Streikbrecher abzulehnen sind.

Die Erfahrungen der Kämpfe haben auch gelehrt, daß die reformistischen Gewerkschaftsführer unter dem Druck der wachsenden Streikstimmung der Massen nicht immer vermochten, den Streik abzulehnen und daß deshalb die Einheitsfronttaktik möglich und notwendig war. Die Opportunisten in unseren Reihen vertraten die Auffassung, daß man in der Streikfrage zwar die reformistischen Gewerkschaftsführer unter den Druck der Mitgliedermassen setzen müsse, daß man sich aber bei Ablehnung des Streiks durch die Gewerkschaftsführer ihren Beschlüssen unterwerfen müsse. Diese opportunistische Auffassung mußte selbstverständlich von uns bekämpft werden. Es war aber wiederum ein Fehler, anzunehmen, daß es opportunistisch sei, überhaupt einen Druck auf die reformistische Gewerkschaftsbürokratie durch die Mitgliedermassen auszuüben, wie unser Standpunkt gegen die Brandlersche Losung "Zwingt die Bonzen" in Deutschland, und später auch in anderen Ländern ausgelegt wurde. Die revolutionäre Minderheit konzentrierte ihre ganze Aufmerksamkeit auf die selbständige Leitung der Streiks, ließ dabei aber eine solche Aufgabe außer acht, wie die Beteiligung an den von den reformistischen Gewerkschaftsführern geleiteten Streikbewegungen als einer Arbeit, die zur Gewinnung eines festen Einflusses auf die Mehrheit der Arbeiter in diesen Streikbewegungen beiträgt.

Trotz dieser sektiererischen Fehler nahm der Einfluß der Kommunisten auf die organisierten Arbeitermassen sehr schnell zu. Die reformistischen Gewerkschaftsführer gingen deshalb in Deutschland, in England und in den Vereinigten Staaten Amerikas, wie auch in einer Reihe anderer Länder dazu über, die Kommunisten aus den Gewerkschaften auszuschließen.

Die Kommunistische Partei Deutschlands schlug gegen diese Maßnahmen eine durchaus richtige Kampftaktik ein, als sie ihren Anhängern empfahl, die ihnen von den reformistischen Gewerkschaftsführern vorgelegten Reverse über die Unterordnung unter die Gewerkschaftsdisziplin zu unterschreiben, um sich dadurch die Möglichkeit des weiteren Verbleibens in den Gewerkschaften zu erhalten. Die wachsende Empörung der revolutionären Arbeiter gegen die Ausschlüsse und gegen die reformistische Spaltungspolitik veranlaßte manche kommunistischen Funktionäre zu der scheinradikalen, aber durchaus sektiererischen Aufforderung zur Sperrung der Mitgliedsbeiträge. Das wurde natürlich von den reformistischen Gewerkschaftsführern sofort dazu benutzt, noch stärker mit dem Ausschluß der Opposition vorzugehen. Eine ähnliche Spaltungstaktik führten die Reformisten auch in den Sport- und Bildungsorganisationen durch.

Diese Politik der Reformisten erforderte eine organisatorische Festigung der revolutionären Gewerkschaftsopposition, vor allem in Deutschland und Polen. Tatsächlich wurden in den Jahren 1928 und 1929 einige Erfolge erzielt. Aber gleichzeitig wurde dabei wieder ein sektiererischer Fehler gemacht, indem die RGO in neue Gewerkschaften verwandelt wurde und sich damit von der Hauptmasse der Mitglieder der reformistischen Gewerkschaften isolierte. Ein anderer Fehler bestand noch darin, daß unsere Sektionen in anderen Ländern diesen Beschluß der KPD mechanisch übernahmen, ohne dabei die ganz anders geartete, konkrete Lage ihres Landes zu berücksichtigen.

Das grellste Beispiel des Sektierertums in der Gewerkschaftsbewegung wurde in England geschaffen, wo angesichts der heftigen Angriffe der rechten Generalratsmitglieder und der Schwankungen der linken Gewerkschaftsführer die Kommunisten eine so ungeschickte und sektiererische Taktik anwandten, daß die Minderheitsbewegung tatsächlich zerfiel. Die Kommunisten, die den Kurs auf die selbständige Leitung der Wirtschaftskämpfe nahmen, gingen auf Grund früherer rechter Fehler und ungenügender organisatorischer Verankerung der Minderheitsbewegung dazu über, das Schwergewicht ihrer Arbeit von den Gewerkschaftsgruppen auf die individuellen Mitglieder und von den Gewerkschaften auf die unorganisierten Arbeiter zu verlegen, und stellten ihre an sich unbedeutenden Kräfte der gesamten Gewerkschaftsbewegung entgegen. Diese Fehler wurden noch dadurch vergrößert, daß die Kommunisten die Minderheitsbewegung als Keime neuer Gewerkschaften ansahen, daß sie die Werbung von Arbeitern für die Gewerkschaften einstellten und zum Eintritt in die Minderheitsbewegung aufriefen. Man muß sich vergegenwärtigen, daß diese Fehler von unseren Genossen in einem Lande gemacht wurden, wo die reformistischen Gewerkschaften über die ältesten Traditionen verfügen. Es konnte dabei nicht ausbleiben, daß die Kommunisten von der Gewerkschaftsbewegung überhaupt isoliert wurden und die Minderheitsbewegung zerfiel. Nur mit großer Mühe gelingt es den englischen Genossen, die ihre Fehler eingesehen und ihre Gewerkschaftstaktik entsprechend geändert haben, ihren Einfluß in der Gewerkschaftsbewegung wieder zu erlangen.

 Gerade die Unterschätzung der Kraft der Traditionen, die die Arbeitermassen mit den alten Gewerkschaftsorganisationen verbinden, und die Verlegung des Schwergewichts unserer Arbeit auf die Verstärkung der roten Gewerkschaften und den Aufbau der revolutionären Gewerkschaftsopposition führte dazu, daß die Kommunisten einige Jahre hindurch die Arbeit in den reformistischen Gewerkschaften vernachlässigten, obwohl eine solche Arbeit durchaus möglich war. Das mußte sich selbstverständlich äußerst hinderlich auf die Ausbreitung unseres Einflusses unter den gewerkschaftlich organisierten Massen auswirken.

Es bleibt aber bei alledem eine Tatsache, daß die Kommunisten in der in der Vorkriegsperiode, besonders als der wirtschaftliche Streik die Hauptform der Entwicklung des Klassenkampfes war, die hauptsächlichsten Initiatoren und Führer des Streikkampfes in einer ganzen Reihe von Ländern waren.

Die kommunistischen Parteien haben sich in dieser Zeit politisch gefestigt und ihr ideologischer Einfluß auf die Massen erweiterte sich zusehends. Aber sie waren noch nicht zu jener Kraft geworden, die in der Lage wäre, die neue Situation, die sich mit dem Beginn der Wirtschaftskrise herausbildete, im vollen Umfang für den Klassenkampf des Proletariats auszunutzen.

Und damit komme ich zu dem zweiten Kampfabschnitt der Berichtsperiode, der die revolutionäre Bewegung in den Jahren der größten Verschärfung der Krise umfaßt.

II. Die revolutionäre Bewegung in den Jahren der größten Verschärfung der Krise

Im Herbst 1929 setzte in Amerika die Industriekrise ein, die sich mit der Agrarkrise in den bäuerlichen Ländern und mit der Krise in den Kolonien verflocht und die mit ungewöhnlicher Schnelligkeit die ganze kapitalistische Welt erfaßte.

Diese Krise brachte ein ungeheures Elend aber die die werktätigen Massen. Viele Millionen von Industriearbeitern und Angestellten wurden aus den Betrieben, Gruben und Kontoren entlassen. Die Zahl der Erwerbslosen stieg nach den Angaben des Bulletins des Arbeitsamtes beim Völkerbund allein in 34 Industrieländern von 6 538 000 im Jahre 1929 auf 29 042 000 im Jahre 1932 an. In den Vereinigten Staaten war 1932 die Zahl der Arbeitslosen nach amtlichen Angaben auf 12 Millionen und nach Angaben des Hamilton-Institutes sogar auf 17 Millionen gestiegen. In Deutschland erreichte die Zahl der Arbeitslosen 1932 nach amtlichen Angaben sieben Millionen.

In allen Ländern gingen die Löhne der beschäftigten Arbeiter zurück. Millionen von Arbeitern wurden auf Kurzarbeit zu entsprechend verminderten Löhnen gesetzt. Gelernte Arbeiter wurden auf das Lebenshaltungsniveau ungelernter Arbeiter und die beschäftigten Arbeiter auf das Lebenshaltungsniveau von Arbeitslosen herabgedrückt.

Die Gesamtsumme der Löhne der deutschen Arbeiter, Angestellten und Beamten ging nach Angaben des Statistischen Reichsamtes von 44,5 Milliarden Mark im Jahre 1929 auf 26 Milliarden Mark im Jahre 1932 zurück. Die Gesamtsumme des Arbeitslohnes in den Vereinigten Staaten fiel von 17,2 Milliarden Dollar im Jahre 1929 auf 6,8 Milliarden Dollar im Jahre 1932.

Kein Arbeiter und Angestellter in irgendeinem kapitalistischen Lande konnte mehr mit Zuversicht dem kommenden Tag entgegensehen. Millionen wurden dem Hunger und der Kälte preisgegeben. Millionen wurden zu Bettlern und Obdachlosen gemacht, die ihre Nächte in Parkanlagen, auf Plätzen oder unter den Brückenbogen zubringen. Die Arbeiterklasse, die alle Reichtümer der modernen Gesellschaft hervorgebracht hat, versank in ein seit Menschengedenken nie dagewesenes Elend.

Doch die Not und das Elend der werktätigen Bauern ist nicht minder groß. Um die breiten Bauernmassen auszuplündern, drückt das Monopolkapital, die Trusts und Banken, die Preise der von den Bauern erzeugten landwirtschaftlichen Produkte, hält aber gleichzeitig die Preise für die Industriewaren weiter aufrecht. Die Banken treiben rücksichtslos die Darlehenszinsen und die Hypothekenschulden ein. Die Steuerlast wird immer größer, weil der Staat den bankrotten Banken und Trusts Subventionen zahlt.

Diese Politik der Ausplünderung der Bauernschaft beschleunigt die Degradation der Bauernwirtschaft, richtet Zehntausende von bäuerlichen Wirtschaften vollständig zugrunde und verurteilt Millionen von Wirtschaften zu einem elenden Dasein. In einer Reihe von Ländern werden Elemente feudaler Ordnung wieder eingeführt und gefestigt. Die ärmsten Schichten der Bauernschaft fallen den Wucherern zum Opfer. Der Gerichtsvollzieher wird zum ständigen "Gast" auf dem Bauernhof. Ganze ländliche Gebiete Polens, des nordöstlichen Japans, der Karpatho-Ukraine sind vom Hunger heimgesucht. Not und Elend werden zum Los eines bedeutenden Teils der amerikanischen Farmer.

Diese ganze Grauenhaftigkeit der Lage tritt noch krasser hervor, wenn man bedenkt, daß Lagerhäuser und Speicher in allen Ländern zum Bersten voll mit Getreide sind, daß Lokomotiven mit Getreide geheizt werden, Kaffee ins Meer geschüttet wird, während der Erzeuger dieser Produkte, der Bauer, hungert und darbt...

In der gleichen Lage befindet sich das städtische Kleinbürgertum, dessen Pauperisierung sich die Trusts und Großkapitalisten zunutze machen, um das kleinbürgerliche Eigentum an sich zu reißen. Die kleinbürgerliche Intelligenz verliert immer mehr ihre Existenzmöglichkeit, Tausende von Lehrern, Ärzten, Rechtsanwälten, insbesondere Ingenieure und Agronomen, fristen als Arbeitslose ein klägliches Dasein. Kenntnisse und Fähigkeiten verlieren jeden Sinn, weil die Kapitalisten aus ihnen keinen Profit herausschlagen können.

Aber noch verzweifelter gestaltet sich die Lage der Völker der Kolonien und abhängigen Länder, die durch eine noch größere Senkung der Preise ihrer Arbeitsprodukte unter dem Druck der imperialistischen Monopole und durch die hohen Preise der Industriewaren zugrundegerichtet werden. Hunderte von Millionen kolonialer Bauern hungern. Epidemien, die früher als ausgerottet galten, brechen mit erneuter Heftigkeit wieder aus und reiben die physisch erschöpfte Bevölkerung auf. Unbeschreiblich ist der Hunger der Arbeitslosen in China, in Indien, Indochina und Afrika, für die durch keinerlei Unterstützungen gesorgt wird.

Die Profitgier der imperialistischen Bourgeoisie, die keine Rücksicht auf die hungernden Massen nimmt, löst eine immer stärker ansteigende Welle von Bewegungen der Werktätigen gegen ihre Ausbeuter und Peiniger aus. Immer mehr wird die Herrschaft der Imperialisten in den Kolonien und abhängigen Ländern durch diese Bewegungen bedroht.

Die imperialistische Bourgeoisie sucht einen Ausweg in Krieg und Faschismus

Die imperialistische Bourgeoisie kann sich nicht auf die Ausplünderung der werktätigen Massen des eigenen Landes und des von ihr geraubten Kolonialbesitzes beschränken. Die Zuspitzung der Klassenkämpfe, die Schrumpfung der Profite, die Bankrotte, der Rückgang des Außenhandels treibt die Bourgeoisie zur Vorbereitung des Krieges, um ihre Profite durch Eroberung und Ausplünderung fremder Länder zu vergrößern. Diese Vorbereitung des Krieges ist zugleich und in erster Linie auf die Vernichtung der Sowjetunion als Herd, Basis und Bollwerk der proletarischen Revolution gerichtet So setzt ein tolles Wettrüsten ein.

Japan reißt die Mandschurei an sich, um ein Aufmarschgebiet für den Krieg gegen die Sowjetunion zu schaffen. Es macht die proletarische Vorstadt Schanghais, Tschapei, dem Erdboden gleich, um China seinem Einfluß zu unterwerfen. Zwischen Paraguay und Bolivien bricht der Krieg aus.

In Deutschland errichten die am meisten reaktionären, chauvinistischen und nationalistischen Elemente des Finanzkapitals, die faschistische Diktatur. Sie propagieren den "Mythos des Blutes und der Ehre", die "Rassentheorie", diese Theorie des kriegslüsternen deutschen Imperialismus. Sie predigen den Kreuzzug gegen die Sowjetunion und zur Ausrottung des Marxismus in der ganzen Welt.

Der italienische Imperialismus bereitet die Annexion Abessiniens vor und schafft damit einen neuen Kriegsherd.

In der Tat, wenn es sich für die Bourgeoisie darum handelt, ihre Profite zu erhöhen oder noch mehr, wenn es heißt, das Fallen der Profite aufzuhalten, ist sie zu den allerschrecklichsten, allergrausamsten und allerblutigsten Verbrechen bereit.

Doch das Anwachsen des revolutionären Aufschwungs und der Sympathien der werktätigen Massen zur Sowjetunion, und andererseits die beispiellose Ausplünderung der Massen, die tollen Rüstungen zum neuen Kriege und die Organisierung der faschistischen Kräfte durch die Bourgeoisie zeigen, daß gewaltige Klassenkämpfe im Anzug sind. Sie zeigen zugleich die Schwäche der Bourgeoisie.

Die ersten Anzeichen des Herannahens dieser Kämpfe machten sich bereits in den Jahren 1930 und 1931 geltend. In Spanien stürzte die machtvolle spontane Massenbewegung im Frühjahr 1931 die faschistische Diktatur und vertrieb den König Alfons. Es setzte die spanische bürgerlich-demokratische Revolution ein.

In China erhob sich eine neue Welle der antiimperialistischen und der Agrarrevolution, die ihren Ausdruck in der Schaffung von Sowjets fand und die eine gewaltige Rote Armee schuf.

In Indochina kam es zu einem Aufstand der Bauernmassen gegen das Joch des Imperialismus.

Aber auch in den größten imperialistischen Ländern ging eine tiefgehende Erschütterung des imperialistischen Systems vor sich. Das XI. EKKI-Plenum konnte bereits im Frühjahr 1931 feststellen, daß in Deutschland die Voraussetzungen der revolutionären Krise heranreifen, daß in Polen die Elemente der revolutionären Krise anwachsen. Das XII. EKKI-Plenum im Herbst 1932 konstatierte, daß die zeitweilige Teilstabilisierung des Kapitalismus zu Ende ist, und daß sich der Übergang zu einem neuen Turnus von Revolutionen und Kriegen vollzieht.

Das XII. Plenum stützte sich bei dieser Feststellung auf das weitere Anwachsen des revolutionären Aufschwungs, auf das Heranreifen der revolutionären Krise in Deutschland und in Polen, auf die Revolutionen in China und Spanien, auf den Beginn der Offensive Japans gegen China. Das Plenum stützte sich ferner auf die tiefgehende Unterwühlung des Versailler Systems und das in Brüche gegangene Einvernehmen der Siegermächte gegen Deutschland, sowie das ebenfalls in Brüche gegangene Einvernehmen Englands, Japans, Amerikas und Frankreichs über die gemeinsame Ausbeutung Chinas. Dazu kam das Heranreifen eines neuen imperialistischen Krieges unter gleichzeitiger Festigung der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Macht der Sowjetunion.

Die Arbeiterklasse sucht einen Ausweg in der Revolution

Die Kommunistische Internationale wies alle Werktätigen darauf hin, daß in der Sowjetunion die Diktatur des Proletariats die Arbeitslosigkeit in der Stadt und den Pauperismus auf dem Lande liquidiert hat, daß sich die Lage der werktätigen Massen mit jedem Tag bessert, daß in der Sowjetunion der Sozialismus gesiegt hat.

Die Sowjetunion zeigte den werktätigen Massen den einzigen Weg, um aus dem Elend, der Not und den unerhörten Qualen herauszukommen. Das ist der Weg der Rettung vor Faschismus und Krieg.

Dieses gewaltige Beispiel, das die Sowjetunion den werktätigen Massen der ganzen Welt gab, diesen Massen näherzubringen, ihnen die große Lehre, die dieses Beispiel gibt, in Fleisch und Blut übergehen zu lassen - das war die Aufgabe, die die Kommunistische Internationale ihren Sektionen stellte.

Dieses Beispiel sollte besagen, daß die Werktätigen mit jeglichen bürgerlichen und sozialdemokratischen Schwindeltheorien brechen müssen, die der Arbeiterklasse einreden, sich ‑ da nun einmal Krisen zum Kapitalismus gehören ‑ demütig alle Lasten dieser Krise auferlegen zu lassen; die den werktätigen Massen einreden, daß sie ‑ da nun einmal Kriege zum Kapitalismus gehören ‑ diese nicht verhindern können; die den werktätigen Massen einreden, daß ‑ da nun einmal die Entwicklung des verfaulenden Kapitalismus zum Faschismus führe ‑ dieser unvermeidlich sei.

Die nächste taktische Aufgabe der Kommunisten während der Krise bestand darin, durch Organisierung des Kampfes zu verhindern, daß die Krisenlasten auf die Schultern der hungernden Massen abgewälzt werden. Bei dieser Taktik lag der strategische Knotenpunkt dieses Kampfes in Deutschland.

Aber die Arbeiterklasse ging innerlich gespalten in diesen Kampf. Die Sozialdemokratie, als die älteste und größte Arbeiterpartei, war in allen Ländern vom reformistischen Rost zerfressen und stand unter den Verhältnissen der Krise auf dem Boden der Klassenzusammenarbeit mit der Bourgeoisie. Nur die verhältnismäßig junge, in vielen Ländern noch ungenügend einflußreiche Kommunistische Partei stand auf dem Boden des unversöhnlichen Klassenkampfes.

Klassenzusammenarbeit mit der Bourgeoisie oder Klassenkampf ‑ dieser Streit zerriß noch die Reihen des Proletariats und schwächte seine Kraft.

Die Kommunisten marschierten an der Spitze zahlreicher großer und kleiner Aktionen der Arbeiter und Bauern und riefen sie zum Kampfe. Die Sozialdemokratie dagegen erklärte unter den Verhältnissen der Krise den Kampf gegen Entlassungen und Lohnabbau für sinnlos.

Der Kampf der Arbeitslosen

Den Kommunisten gelang es, entgegen dem Willen der Sozialdemokratie, die Bewegung der Arbeitslosen, dieser meistentrechteten Massen der Werktätigen, in einer Reihe von Ländern auf eine bedeutende Stufe zu heben. In Ländern mit staatlicher Arbeitslosenversicherung wie Deutschland, England, Polen, die Tschechoslowakei, Österreich, standen die Kommunisten an der Spitze des Kampfes gegen die Verschlechterung des Versicherungssystems, gegen den Abbau der Unterstützungssätze und die Herabsetzung der Bezugsfrist, gegen die Überführung der Erwerbslosen von der Erwerbslosenunterstützung in die Krisenfürsorge. In den Vereinigten Staaten, wo es kein staatliches System der Arbeitslosenversicherung gibt, entfachten die Kommunisten eine Kampagne für die Einführung einer solchen Versicherung, arbeiteten sie einen Gesetzentwurf über die Versicherung aus, organisierten zu seiner Unterstützung Demonstrationen, Meetings, Kongresse und gewannen dabei die Mithilfe von Gewerkschaften und fortschrittlichen Intellektuellen.

In allen Ländern standen die Kommunisten an der Spitze des Kampfes gegen die Vertreibung der Erwerbslosen aus ihren Wohnungen wegen Nichtbezahlung der Miete, für eine zusätzliche Unterstützung durch die Gemeindeverwaltungen in Geld oder Naturalien, Kartoffeln, Kohlen usw.

Dieser Kampf war außerordentlich schwierig. Nur durch die Schaffung eines ganzen Netzes von Arbeitslosenorganisationen und durch große Demonstrationen, wobei es vielfach zu heftigen Zusammenstößen mit der Polizei kam, gelang es, dem bürgerlichen Staat und seinen Organen Zugeständnisse zugunsten der Arbeitslosen abzuringen.

Infolge dieses Kampfes gelang es in einer Reihe von Ländern das Los eines Teiles der Erwerbslosen zu erleichtern und der Verschlechterung der Sozialgesetzgebung ernsten Widerstand entgegenzusetzen. Es gelang aber nicht, die Durchführung solcher Verschlechterungen zu verhindern.

Wenn es trotz der Hartnäckigkeit des Kampfes des vorgeschrittenen Teils der Arbeitslosen nicht dazu kam, diese Bewegung weiter zu steigern und sie zum Kampf der breitesten werktätigen Massen zu gestalten, und wenn sogar 1932 die Erwerbslosenbewegung in den meisten Ländern nachließ, so hat dos folgende Ursachen:

1. Die verbrecherische Sabotage und der direkte Kampf der Führer der Sozialdemokratie gegen die Forderungen und gegen die Bewegung der Arbeitslosen verhinderte es, für die ungeheuren Massen der Arbeitslosen eine fühlbare Verbesserung ihrer Lage zu erreichen, was eine Enttäuschung und Passivität der Arbeitslosen zur Folge hatte.

2. Die Sozialdemokratie verhinderte, daß die Erwerbslosenbewegung eine Unterstützung durch die Streikbewegung der Betriebsarbeiter fand, die dem Elend, der Not und dem Hunger der Arbeitslosen passiv gegenüberstanden.

3. Es gelang uns nur einen unbedeutenden Teil, etwa 10 bis 20 Prozent der Erwerbslosen, in den aktiven Kampf einzubeziehen, während die Mehrheit der Arbeitslosen passiv blieb.

4. Es wurden nicht alle Formen und Methoden des Kampfes erprobt, die die öffentliche Meinung hätten stärker aufrütteln können und die Sympathie des gesamten Volkes für den Kampf der Arbeitslosen stärker zu gewinnen vermocht hätten. Das war allein mit politischen Demonstrationen, die mitunter gar kein konkretes Ziel verfolgten, nicht zu erreichen. Wir erinnern uns alle, welchen großen Eindruck die Hungermärsche in England und in den Vereinigten Staaten auf die ganze Welt gemacht haben. Aber wieviel stärker wäre der Eindruck auf die ganze öffentliche Meinung gewesen, wenn wirklich alle hungernden Arbeitslosen mit ihren Frauen und Kindern unter der einfachen Forderung nach Brot und Unterstützung auf die Straße gegangen wären.

5. Die Kommunisten haben es auch nicht verstanden, solche Losungen zu popularisieren, die durch ihren konkreten Inhalt die Arbeitslosen zum Kampf gegen das Kapital zu mobilisieren und auch die im Betrieb stehenden Massen mit diesem Kampfe zu verbinden vermocht hätten.

Es handelt sich um solche Forderungen, wie die Vorräte zugunsten der Erwerbslosen zu konfiszieren, die Kapitalisten besonders zu besteuern, Betriebe, die stillgelegt wurden, oder in denen Massenentlassungen erfolgten, zu beschlagnahmen und andere ähnliche Forderungen. In einigen Ländern wurden von den Kommunisten zwar solche Forderungen aufgestellt, aber das geschah meistens nicht rechzeitig, ihre Popularisierung erfolgte nicht in hinreichend breitem Ausmaße und vor allen Dingen: es wurde kein ernster Kampf um sie geführt.

6. Es wurden nicht alle Wege der öffentlichen und staatlichen Arbeitslosenhilfe ausfindig gemacht. Ich möchte hier nur ein Beispiel aus der Sowjetunion anführen. Als 1921 in der Sowjetunion Hunger herrschte, zwangen die Volksmassen die Geistlichkeit der reaktionärsten christlichen Kirche, das von ihnen aufgespeicherte Gold und Silber an die Massen zur Unterstützung der Hungernden abzutreten. Ähnlich hätten auch die Volksmassen die Besitzenden, die Kirche und den Staat in Deutschland, in den Vereinigten Staaten, in Österreich, Polen und anderen Ländern zwingen sollen, ihre Schatzkammern für die aus Hunger zugrunde gehenden Arbeitslosen zu öffnen.

Es steht auch außer Zweifel, daß die fatalistischen Einstellungen der Führer der Sozialdemokratie, daß gegen die Elementargewalt der Krise nichts auszurichten sei, sich auf das gesamte Proletariat auswirkte. Es gab in den Leitungen der Arbeitslosenbewegung viel zu viel bloße Agitation und viel zu wenig Initiative in der Organisierung eines realen Kampfes. Die Kommunisten, die wohl verstanden hatten, tausende und zehntausende Arbeitslose zu organisieren, hatten noch nicht die Fähigkeit erlangt, Millionen durch diese Bewegung zu erfassen.

Das war der Grund, warum in Deutschland ein Teil der Arbeitslosen den Faschisten auf den Leim ging, als diese ihre Wohltätigkeitsküchen für Arbeitslose aufzogen, sich durch die Propaganda der "Volksgemeinschaft" verleiten ließ und sich vom revolutionären Kampfe abwandte. Auch in anderen Ländern ließ die Aktivität der Bewegung nach.

Die Streikbewegung

Ich komme nunmehr zu der Streikbewegung während der Krise. Wenn es den Kommunisten in den ersten Jahren der Krise von 1930 bis 1932 nicht gelang, die Betriebsarbeiter für den Streikkampf zu mobilisieren und diese gegenüber den Streikaufrufen der Kommunisten taub blieben, so hatte das seine Ursache in der Sabotage, die von den reformistischen Gewerkschaftsführern gegenüber jeder Streikbewegung geübt wurde und in der sozialdemokratischen Ideologie, daß in der Krise keine Streiks geführt werden können. Durch die Massenausschlüsse von Kommunisten aus den Gewerkschaften war auch deren Einfluß auf die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter in den Betrieben erheblich eingeschränkt.

Aber schließlich begannen im Jahre 1932 die Arbeiter doch, in einer Reihe von Ländern immer häufiger spontan in den Kampf zu treten. Unter der wachsenden Streikstimmung der Massen sahen sich die Gewerkschaftsführer genötigt, sich auf Streikkämpfe einzulassen und sogar an die Spitze der Streiks zu treten.

In Polen streikten gegen Lohnabbau, Entlassungen und Betriebsstillegungen 1930 erst 50 399 Arbeiter, 1931 106 985, 1932 schon 313 934 und 1933 458 399 Arbeiter. Dabei griffen die Arbeiter in einer Reihe von Fällen zum Besetzungsstreik, indem sie sich in den Betrieben verbarrikadierten, um deren Stillegung oder die Entlassung der Arbeiter zu verhindern. Diese außerordentliche Hartnäckigkeit der polnischen Arbeiter zwang in vielen Fällen die Unternehmer, von dem geplanten Lohnabbau und den Entlassungen Abstand zu nehmen. An der Organisierung dieser Kämpfe waren die Kommunisten hervorragend beteiligt. Es wurde damit der Arbeiterklasse bewiesen, daß es auch während der Krise möglich ist, die Offensive des Kapitals zurückzuschlagen, was zugleich den Kampfgeist der Arbeiter steigerte und auch das Ansehen der Kommunisten als Organisatoren des Kampfes erhöhte.

In England setzte die Arbeiterklasse schon gleich bei Beginn der Krise der Kapitalsoffensive erheblichen Widerstand entgegen. 1930 streikten 307 000 Arbeiter, 1931 490 000, 1932 379 000 Arbeiter. Etwa ein Viertel aller Streiks endeten zugunsten der Arbeiter und etwa 34 Prozent der Streiks mit einem Kompromiß. Auch hier wurde bewiesen, daß es möglich ist, während der Krise erfolgreiche Streiks zu führen.

Aber in anderen Ländern, wo die Krise einen besonderen Tiefstand erreichte, wie in Deutschland und in den Vereinigten Staaten, war die Arbeiterklasse in den ersten Jahren der Krise nicht imstande, dem Lohnabbau einen einigermaßen ernsthaften Widerstand durch Streikkämpfe entgegenzusetzen. Erst 1933 begann in den Vereinigten Staaten ein Aufschwung der Streikbewegung mit 774 763 Streikenden. In Deutschland brach nach einer allgemeinen Stille der Streikbewegung erst im Herbst 1932 der wuchtige Streik der Berliner Verkehrsarbeiter aus, der eine große politische Bedeutung erlangte. Aber auch dieser Streik wurde von den Sozialdemokraten abgewürgt.

Es trat ein, wovor die Kommunisten die Arbeiter von Anbeginn der Krise gewarnt hatten: daß die sozialdemokratische Politik und Strategie zu einer Lähmung der Kampfkräfte des Proletariats und damit zu einer ungeheuren Steigerung seines Elends führte. Es war die Folge davon, daß die Arbeiter nicht den Kampfaufrufen der Kommunisten gegen Lohnabbau und Entlassungen, zum Kampf für Erhaltung und Erhöhung der Erwerbslosenunterstützung folgten und es damit den Kapitalisten ermöglichten, die Lage der Werktätigen noch mehr zu verschlechtern und auf deren Kosten ihre eigene Lage zu verbessern.

Trotz dieser Politik der Sozialdemokratie zur Verhinderung großer Kämpfe griffen immer wieder vorgeschrittene Gruppen der Werktätigen zum politischen Kampf gegen das Kapital und zeigten Millionen und aber Millionen den richtigen Weg.

Es soll nur erinnert werden an die großen Erwerbslosendemonstrationen am 6. März 1930 in den Vereinigten Staaten, an denen annähernd eine Million Erwerbsloser teilnahmen, an eine Reihe großer Demonstrationen in Deutschland in den Jahren 1930 bis 1931, an die wuchtige Erwerbslosendemonstration in Budapest am 1. September 1930, an die Farmerstreiks in den USA im Jahre 1932, an den großen Veteranenmarsch nach Washington 1932, an die spanische Revolution am 14. April 1931, an den Streik in der englischen Kriegsflotte am 14. September 1931 in Invergordon, an den Aufstand der Kriegsflotte im September 1931 in Chile, an die Bauernaufstände in der Westukraine 1932, an den Aufstand in der holländischen Kriegsflotte auf dem Kriegsschiff "De Zeven Provincien" im Februar 1933.

Die Mängel in der Organisierung des Massenkampfes der Werktätigen

Warum blieben diese stürmischen politischen Bewegungen der Werktätigen nur ein grelles Aufflackern, ohne ernstliche Ergebnisse für den Befreiungskampf? Warum schlugen sie nicht in einen politischen Massenkampf gegen den bürgerlichen Staat um?

Die Ursachen liegen in folgenden vier Hauptschwächen:

1. Diese Bewegungen entstanden zum größten Teil spontan, ohne ernste Vorbereitungen, ohne eine organisatorische Zusammenfassung aller Kräfte, ohne konkrete Kampfziele. Nur zum geringen Teil waren es Bewegungen, die auf den Ruf der Kommunistischen Partei erfolgten.

2. Die Kommunistische Partei versuchte zwar, diesen Bewegungen konkrete Losungen zu geben, ihren Rahmen auszudehnen und sie auf eine höhere Stufe des politischen Bewußtseins der Massen zu heben; aber die Führer der Sozialdemokratie und die reformistischen Gewerkschaften stemmten sich mit aller Kraft dagegen. Die kommunistischen Parteien waren noch nicht stark und einflußreich genug, um die Massen, die sich spontan zum politischen Kampf erhoben, zu organisieren und ihnen eine feste Führung zu geben.

3. An diesen Bewegungen waren Kommunisten, Sozialdemokraten und Unorganisierte beteiligt. Diese spontan in den Kampf getretenen Massen hätten nur dann auf längere Zeit zusammengehalten und weiter in den Kampf geführt werden können, wenn eine Einheitsfront zwischen kommunistischen und sozialdemokratischen Organisationen geschaffen worden wäre. Aber gegen eine solche Einheitsfront wandte sich die Sozialdemokratie und machte sie unmöglich. Es wäre ferner nötig gewesen, ständige, von den Massen selbst gewählte, aus Kommunisten, Sozialdemokraten und Unorganisierten zusammengesetzte Organe zur Leitung des Kampfes zu schaffen, Organe, die genügend Autorität in den Massen gehabt hätten, um immer breitere Massen in den Kampf einzubeziehen und gleichzeitig damit die revolutionäre Führung der gesamten Bewegung zu sichern. Solche Organe wurden jedoch nicht geschaffen.

4. Der Gedanke an solche ständigen Organe tauchte zwar in der Erwerbslosenbewegung auf. Aber die hie und da von den Kommunisten geschaffenen Stadt- und Bezirkskomitees der Erwerbslosen waren weder auf genügend breiter Basis organisiert, noch hatten sie genügend Autorität in den Massen, um diese große Aufgabe zu erfüllen. Sie wurden nirgends zu einem irgendwie bemerkenswerten politischen Zentrum, zu einem Mittelpunkt der Sympathie aller Werktätigen, nicht zu einer Sache der ganzen Klasse. Es wurde nicht einmal von den Kommunisten ernstlich versucht, den Werktätigen den Sinn und die Bedeutung dieser Organe zu erklären. Die Folge davon war, daß die Bourgeoisie und die Sozialdemokratie die Möglichkeit erhielten, diese Organe als "verantwortungslose", zufällige Körperschaften oder als "rein kommunistische Parteimache" hinzustellen und dadurch ihren Einfluß auf die nichtkommunistischen Arbeiter abzuschwächen.

Die kommunistischen Parteien hatten unter den Verhältnissen der Krise überaus große und schwierige Aufgaben in der Leitung der Massen zu übernehmen; die Kommunisten mußten mit Millionen rechnen und versuchen, alle Schichten der Werktätigen in die Kampffront einzubeziehen. Die Erfüllung dieser Aufgabe war um so schwieriger, als die kommunistischen Parteien in den meisten Ländern vor der Krise zahlenmäßig schwache Organisationen waren und auf verhältnismäßig schmale Schichten von Arbeitern Einfluß hatten.

Der rasche Wechsel der Situation sowie das ungeheure Anwachsen der Unzufriedenheit der Massen, das Wachstum der faschistischen Gefahr und der Kriegsgefahr erforderten von den Kommunisten eine ständige Nachprüfung der Situation, der Rolle der verschiedenen Parteien, Gruppen und Personen, die rechtzeitige Aufstellung von Losungen, die der veränderten Situation entsprachen. Diese Kompliziertheit der Lage erforderte auch eine gewaltige organisatorische Arbeit. Die Kommunisten legten bei der Erfüllung dieser Aufgabe manche glänzenden Beispiele einer vorbildlichen Arbeit an den Tag. Aber angesichts der stürmischen und politisch komplizierten Entwicklung verspäteten sie sich manchmal mit ihren Losungen, schätzten sie das Kräfteverhältnis der Klassen nicht immer richtig ein und beharrten manchmal auf Losungen und Kampfmethoden, die noch vor kurzem richtig gewesen, aber nach der eingetretenen veränderten Situation bereits veraltet waren.

Die kommunistischen Parteien haben sich zwar die grundlegenden Feststellungen des VI. Weltkongresses, daß ein neuer revolutionärer Aufschwung im Anwachsen ist, zu eigen gemacht. Dabei haben sie sich aber manchmal nicht genügend vergegenwärtigt, daß der revolutionäre Aufschwung von der revolutionären Krise nicht durch eine chinesische Mauer getrennt ist. Sie machten sich manchmal reichlich vereinfachte Vorstellungen über die Art und Weise, wie die Arbeitermassen mit ihrer alten reformistischen Führung brechen und auf die Seite des revolutionären Kampfes übergehen werden.

Stets mit den Massen, an der Spitze der Massen sein

In einer Reihe von Fällen überschätzten die Kommunisten auch die politische Reife der Massen und glaubten, daß es keiner zähen und schweren Arbeit mehr bedürfe, um die Massen für den politischen Kampf zu erziehen und sie von seiner Notwendigkeit zu überzeugen. Sie glaubten, daß es genüge, die Sowjetmacht zu propagieren und den Massen das Programm zu erklären, das die Kommunisten bei der Machtergreifung durchführen werden und glaubten, damit allein schon die Arbeiter zu bewegen, sich unter ihre Führung zu begeben. Diese falschen Vorstellungen führten dazu, daß einige kommunistische Parteien sich zeitweilig schlechthin in Propagandaorgane unseres Programms verwandelten, statt mit der Propagierung des Programms die Aufgabe zu verbinden, den Massen rechtzeitig Losungen zu geben, die sie auf der gegebenen Etappe zum Kampf mobilisierten.

Diese irrtümlichen Auffassungen vieler Kommunisten machten sich vor allem in der Gewerkschaftsfrage und in der Entfaltung des wirtschaftlichen Kampfes geltend. Die aus den reformistischen Gewerkschaften ausgeschlossenen Kommunisten nahmen den reformistischen Gewerkschaften gegenüber eine feindliche Stellung ein. in der Annahme, die Massen würden, je mehr die reformistischen Gewerkschaften von uns wegen ihrer Passivität, ihrer Streiksabotage, ihres Reformismus bekämpft werden, umso rascher spontan mit ihnen brechen und in die kleinen gewerkschaftlichen Kaderorganisationen der Kommunisten übertreten.

Die Kommunisten beachteten nicht, was Genosse Stalin am 9. Mai 1925 in der Versammlung des Moskauer Parteiaktivs ausführte:

Wenn die kommunistischen Parteien zu einer wirklichen Massenkraft werden wollen, die fähig ist, die Revolution voranzutreiben, müssen sie sich mit den Gewerkschaften verbinden und sich auf sie stützen.

Genosse Stalin wies darauf hin, daß einige Kommunisten

nicht verstehen, daß der einfache Arbeiter in den Gewerkschaften, mögen sie schlecht oder gut sein, dennoch seine Festungen sieht, die ihm helfen, seinen Arbeitslohn, seine Arbeitszeit usw. zu schützen.

Gerade in der Krisenzeit, als über die werktätigen Massen die große Not hereinbrach, fühlte der einfache Arbeiter besonders stark, daß seine Gewerkschaft, so schlecht sie auch sein mochte, doch imstande ist, ihm Rechtsschutz und eine, wenn auch geringe materielle Hilfe zu gewähren, daß diese Gewerkschaft doch eine bestimmte Kraft darstellt und er deshalb mit ihr nicht brechen will.

In einer Reihe von Ländern machten die Kommunisten den Fehler, daß sie auf diese Stimmungen der Massen keine Rücksicht nahmen, keine Arbeit in den Gewerkschaften leisteten und es nicht verstanden, rechtzeitig ihre Haltung gegenüber den Gewerkschaften zu ändern und von der Einheitsfront von unten zur Einheitsfront mit den Organisationen überzugehen. In Deutschland sprachen einzelne Kommunisten sogar angesichts der Offensive des Faschismus von der Notwendigkeit der "Zerstörung" der reformistischen Gewerkschaften und trugen dadurch dazu bei, daß sich die Kommunisten von den organisierten Arbeitern isolierten.

In Amerika erklärten die Kommunisten lange Zeit hindurch den Amerikanischen Gewerkschaftsbund (AFofL) für eine rein kapitalistische Streikbrecherorganisation, sahen nur seinen Führer Green und übersahen die Arbeiter.

Das XII. Plenum des EKKI im Herbst 1932 verurteilte die ziemlich verbreitete These, daß die "Gewerkschaften eine Schule des Kapitalismus" seien. Erst im Herbst 1932 gab die Kommunistische Partei Deutschlands den Kommunisten die Losung, die Arbeiterorganisationen und ihr Vermögen zu verteidigen, was dazu beitrug, daß starke Sympathien für die Kommunisten bei allen Mitgliedern der Gewerkschaften, Genossenschaften und der Sozialdemokratischen Partei geweckt wurden. Mit noch größerer Verspätung, in Deutschland sogar erst nach dem Machtantritt von Hitler, gaben die Kommunisten die klare Losung aus "Verteidigung der freien Gewerkschaften" und dann später die Losung "Wiederherstellung der freien Gewerkschaften". Es dauerte lange Zeit, bevor die Kommunisten in anderen Ländern die große Bedeutung der Arbeit in den Gewerkschaften begriffen.

Ein ebenso großer Fehler wie die Unterschätzung der faschistischen Gefahr war andererseits die Tatsache, daß man den Faschismus sogar dort sah, wo er noch gar nicht existierte. Dieser Fehler kam daher, daß eine Reihe kommunistischer Literaten die Hinweise des VI. Kongresses, daß die Bourgeoisie in immer stärkerem Maße bemüht ist, zu faschistischen Herrschaftsmethoden zu greifen, mechanisch auffaßten.

In Deutschland waren die Kommunisten ziemlich lange der Meinung, daß die sozialdemokratische Regierung Hermann Müller die Faschisierung betreibe, daß die Brüning-Regierung bereits eine Regierung der faschistischen Diktatur sei. Andererseits unterschätzten sie die Hitlerbewegung in der Annahme, daß in einem Lande wie Deutschland, mit einer so hoch organisierten Arbeiterschaft, die Hitlerianer unmöglich die Macht ergreifen könnten und daß die den Hitlerianern spontan zuströmenden kleinbürgerlichen Massen ihnen ebenso schnell wieder den Rücken kehren würden.

In Österreich wurde die Schober-Regierung noch 1929 für eine faschistische Regierung erklärt. In der Tschechoslowakei wurde die Gruppe Masaryk-Benes von den Kommunisten zu einer faschistischen Gruppe gestempelt. Es gibt noch eine ganze Anzahl von Beispielen solcher falschen Einschätzungen.

Diese falschen Auffassungen vom Wesen des Faschismus und das Fehlen einer ernsthaften Untersuchung des italienischen und polnischen Faschismus führten dazu, daß die Kommunisten außerstande waren, rechtzeitig Losungen zur Verteidigung der Reste der bürgerlichen Demokratie vor dem zum Angriff übergehenden Faschismus herauszugeben und die Gegensätze innerhalb der Bourgeoisie auszunützen.

In Deutschland traten die Kommunisten erst bei den Präsidentenwahlen zum Preußischen Landtag 1932 mit der Erklärung hervor, daß sie für die Kandidaten der Sozialdemokratie und des Zentrums stimmen werden, um die Wahl der Faschisten zu verhindern.

Selbst in Polen, wo sich nach 1926 die Kommunisten mehr als in vielen anderen Ländern mit dem Studium des Faschismus befaßten und den Massen Losungen zum Kampf gegen die Liquidierung der Reste der bürgerlich-demokratischen Freiheiten gaben, waren die Kommunisten, als der Block der zentristischen Linken geschaffen wurde, nicht imstande, die Differenzen zwischen dem Regierungslager und dem Lager der bürgerlich-demokratischen Opposition auszunützen.

Diese Fehler ergaben sich aus der absolut falschen Vorstellung, daß sämtliche bürgerlichen Parteien faschistisch seien, daß es "keine zwei Herrschaftsmethoden der Bourgeoisie" gäbe, daß es den Kommunisten nicht gezieme, die Reste der bürgerlichen Demokratie zu verteidigen. Solange wir nicht die bürgerliche Demokratie durch die proletarische Demokratie, durch die Diktatur des Proletariats, ersetzen können, ist das Proletariat an jeden Fetzen bürgerlicher Demokratie interessiert, um sie zur Vorbereitung der Massen auf den Sturz der Macht des Kapitals, zur Eroberung der proletarischen Demokratie auszunutzen.

Solche sektiererische Einstellungen, die weder mit den Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin, noch mit den Beschlüssen des VI. Kongresses der Komintern etwas gemeinsam haben, hemmten das Wachstum des Einflusses der kommunistischen Parteien und hinderten insbesondere die Gewinnung der sozialdemokratischen Arbeiter für den gemeinsamen Kampf.

Ohne die Ausrottung dieser sektiererischen Einstellungen ist es weder möglich, die Einheitsfront mit den sozialdemokratischen Arbeitern, noch die breite Volksfront mit jenen werktätigen Massen herzustellen, die den Kommunisten noch fernstehen, jedoch zusammen mit uns den Kampf gegen Faschismus und Krieg, gegen die Offensive des Kapitals, für ihre Teilforderungen und für die Verteidigung der Reste der bürgerlichen Demokratie aufnehmen können.

Der Kampf um die Verbündeten des Proletariats

In diesem Zeitabschnitt unseres Kampfes machte sich die Rückständigkeit unserer Arbeit zur Gewinnung der Verbündeten des Proletariats unter den Bauern und dem städtischen Kleinbürgertum außerordentlich stark fühlbar. Wir überwanden zwar die prinzipielle Geringschätzung und den zunftmäßigen Hochmut der alten sozialdemokratischen Parteien gegenüber den kleinbürgerlichen Massen, wonach es unter der Würde des Proletariats sei, sich mit den kleinbürgerlichen Massen einzulassen. Sehen wir jedoch von Polen und den Balkanländern ab, so sind in den meisten Ländern die Kommunisten vor dem Eintreten der Krise kaum über eine solche nur prinzipielle Anerkennung der Notwendigkeit der Arbeit unter den kleinbürgerlichen Massen in Stadt und Land hinausgekommen.

In Polen haben die Kommunisten seit langem einen bedeutenden Einfluß auf den fortschrittlichen Teil der Bauern, die unter den Überresten der Feudalherrschaft sowie unter dem Bodenhunger leiden. Die Kommunistische Partei Polens führte den Kampf um die Bauernmassen unter der Losung "Allen Boden den Bauern" und stellte gleichzeitig eine Reihe von Teilforderungen auf, wie zum Beispiel "Keinen Groschen Steuern an die faschistische Regierung", "Gegen die faschistische Flurbereinigung", "Gegen Aufhebung der Nutzungsrechte", "Gegen die Straßenbau-Fron" (Scharwarka) und "Gegen das Abarbeitungssystem". Diese Forderungen waren sehr populär in den Massen, doch sie können ihrem Wesen nach kaum als Teilforderungen betrachtet werden. Ihre Hauptfunktion lag darin, die Bauern in unmittelbare Kollision mit der Staatsmacht zu bringen. Wenn die revolutionäre Krise eintreten, wenn das Proletariat sich zum Kampf erheben würde, so könnte die Bauernbewegung unter diesen Losungen dem Proletariat starke Unterstützung gewähren. Als sich jedoch nach dem Bauernaufstand in Mittelgalizien ein Rückgang der Bauernbewegung bemerkbar machte und das Proletariat dem Kampf de Bauern nicht die notwendige Unterstützung erwies, wäre es die Aufgabe der Partei gewesen, das Schwergewicht auf solche Teilforderungen zu übertragen, die die allerbreitesten Bauernmassen hätten in den Kampf führen können.

Die Kommunisten bekundeten oft nicht genügend Geschmeidigkeit in ihrer Taktik, um trotz drohender Strafexpeditionen Teilerfolge für die Bauern durch teilweise Einschränkung der Abarbeitungsnormen und der Straßenbau-Fronarbeiten usw. durchzusetzen und so ihren Einfluß in den Bauernmassen sowie ihren Organisationen für den weiteren Kampf zu bewahren.

In solchen Ländern, wo die Bauernschaft während der Krise infolge der über sie hereingebrochenen Not begann, der Bourgeoisie den Rücken zu kehren, versäumten es die Kommunisten, der im Aufstieg begriffenen Bauernbewegung, gegen die Allmacht des monopolistischen Kapitals, die die Bauernschaft zugrunderichtet, gegen die niedrigen Preise und gegen die "Zinsknechtschaft" rechtzeitig Kampflosungen zu geben.

In Deutschland, wo die Unzufriedenheit der der Bauernmassen infolge der räuberischen Preise, der Steuern und Wucherzinsen ins Ungeheure anwuchs, gab die Kommunistische Partei im Herbst 1931 ihr Bauernhilfsprogramm heraus, worin die Annullierung der Schulden, die Abschaffung der indirekten Steuern, die Enteignung des Großgrundbesitzes propagiert und staatliche Hilfe für die werktätigen Bauern gefordert wurde. Auf Grund dieses Programms wandte sich 1931 eine Gruppe norddeutscher Bauernführer, die früher mit den Faschisten verbunden waren, der Kommunistischen Partei zu. Aber die Kommunistische Partei vermochte in Ermangelung genügender Organisatoren- und Propagandistenkader für das flache Land nicht, die Erläuterung dieses Programms  auf dem Lande richtig in Angriff zu nehmen und damit dem wachsenden Einfluß der Faschisten entgegenzutreten, die von ihrer "trust- und bankenfeindlichen" Demagogie weitgehend Gebrauch machten. Der Bauer wandte sich jener Partei zu, die er ihren Taten nach noch nicht kannte und die noch nicht an der Macht war, die aber dem Bauern das Versprechen gab, die landwirtschaftlichen Preise zu erhöhen und die Lage des Bauern ohne den Sturz des Kapitalismus zu verbessern.

In Frankreich und in den Vereinigten Staaten Amerikas führte die Unzufriedenheit der Bauern zu einer breiten Bewegung gegen die niedrigen Preise der Agrarprodukte. Die Kommunistische Partei griff erst mit großer Verspätung, als die Bauernbewegung bereits abzuebben begann, die Forderungen der Bauern auf, wandte sich gegen die Profite der Zwischenhändler und der Mühlenbesitzer und schuf damit die Voraussetzung für eine weitere Steigerung ihres Einflusses unter den Bauern.

Die Kommunisten verstanden es auch bei den städtischen Mittelschichten nicht, sich an die Spitze ihrer Bewegung gegen die monopolistischen Trusts und Banken zu stellen und diese Schichten mit sich zu reißen. Als in Deutschland die Danat-Bank zusammenbrach, wo breite Massen des Kleinbürgertums ihre Einlagen verloren, gab die Kommunistische Partei diesen Schichten keinerlei Losungen für den Kampf und ließ eine günstige Gelegenheit, auf diese Schichten größeren Einfluß zu gewinnen, ungenützt vorübergehen. In den meisten anderen Ländern fand das Kleinbürgertum bei den Kommunisten nicht die genügende Unterstützung in seinem Widerstande gegen die Trusts und Banken, die ihm das Blut abzapften. Die Folge davon war, daß diese Schichten abseits des Kampfes blieben und schließlich den Faschisten Gefolgschaft leisteten und ihnen zum Siege verhalfen.

Obwohl der Einfluß und das Gewicht der Kommunistischen Partei unter den werktätigen Massen gewaltig wuchs, waren die Kommunisten doch nicht stark genug, um den Einfluß der sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsführer auf die breiten Arbeitermassen zu brechen und dadurch zu verhindern, daß sich die Massen aus reiner Disziplin vom Kampfe abhalten ließen. Es zeigte sich, daß die kommunistischen Parteien theoretisch und praktisch nicht genügend geschult waren, um solche Formen der Beeinflussung und der Führung der Massen ausfindig zu machen, die rasch zur Aufhebung der Spaltung der Arbeiterbewegung, zur Steigerung der Kraft und der Organisiertheit der Arbeiterklasse geführt hätten, die die Voraussetzungen für den siegreichen Kampf des Proletariats sind.

Die Schwäche der Arbeiterklasse, hervorgerufen durch ihre Spaltung und durch den Verrat der Sozialdemokratie an den Interessen der Arbeiter, gab der deutschen Bourgeoisie die Möglichkeit, die Schwankungen des Kleinbürgertums und der Bauernschaft dazu auszunutzen, diese Schichten zeitweilig in das Lager des Faschismus hinüberzuziehen. Die deutschen Kommunisten berücksichtigten nicht rechtzeitig die außerordentliche Bedeutung des Versailler Jochs, das den werktätigen Massen unerhörte Lasten auferlegte, und sie waren nicht geschickt genug, die dadurch geschaffene Lage im Interesse des Klassenkampfes auszunutzen. Sie gaben der deutschen Bourgeoisie die Möglichkeit, den Haß gegen das Versailler Joch den Interessen der Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft dienstbar zu machen.

Die Offensive der Faschisten gegen die Werktätigen Deutschlands

Die Niederlage des deutschen Proletariats und die Aufrichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland ist das größte Ereignis dieser ersten Krisenjahre in den kapitalistischen Ländern. Die ältesten unter dem Banner des Marxismus geschaffenen Organisationen der Arbeiterklasse wurden von einer bestialischen Räuberbande zerschlagen. Eines der fortschrittlichsten und kulturell hochstehendsten Völker gelangte unter die Fuchtel der am meisten reaktionären und chauvinistischen Partei des Finanzkapitals. Ein kulturell hochstehendes Land wurde zum Herd der europäischen Reaktion, zur grausamen Folterkammer und zum Anstifter eines neuen Krieges.

Bedeutungsschwer steht die Frage, ob die werktätigen Massen Deutschlands diese Katastrophe hätten abwenden können. Es besteht kein Zweifel, daß sie dazu in der Lage gewesen wären. Aber dazu mußte die Arbeiterklasse die Einheitsfront herstellen, mußte sie die konterrevolutionäre Front der sozialdemokratischen und reformistischen Gewerkschaftsführer mit der Bourgeoisie sprengen, durfte sie sich nicht durch die sozialdemokratische Theorie betören lassen, daß während der Krise der Klassenkampf unmöglich sei und man sie passiv überdauern müsse, daß es nutzlos sei, gegen den Faschismus aufzutreten. Dazu mußte die Arbeiterklasse zum Gegenangriff gegen das Kapital übergehen und von ihm Hilfe für die Notleidenden erzwingen. Dazu durfte die Arbeiterklasse die Zerschlagung und Entwaffnung des Roten Frontkämpferbundes nicht zulassen, sondern mußte seine Vereinigung mit dem Reichsbanner durchsetzen und unter Änderung der Politik des Reichsbanners eine kraftvolle revolutionäre Kampforganisation des Proletariats schaffen. Die Arbeiterklasse durfte nicht ruhig zusehen, wie sich die Faschisten unter der Führung Hitlers bewaffneten, sondern mußte die Regierung der Weimarer Republik zwingen, die faschistischen Banden zu entwaffnen, das Vermögen ihrer Organisationen zu beschlagnahmen und ihre Führer ins Gefängnis zu werfen. Die Arbeiterklasse durfte es nicht den Faschisten erlauben, ihre Demagogie gegen das Versailler Joch zu entfalten, sondern mußte die Regierung der Weimarer Republik zwingen, den Versailler Vertrag zu zerreißen.

Aber die deutsche Arbeiterklasse hat dies nicht getan. Sie ist in ihrer Mehrheit noch blindlings der Sozialdemokratie gefolgt und hat den warnenden Stimmen der Kommunisten kein Gehör geschenkt. Darum muß sie jetzt die Schrecken der faschistischen Hölle über sich ergehen lassen. Die Kommunisten Deutschlands waren allein nicht imstande, diese Katastrophe von den Arbeitermassen abzuwenden.

Bereits 1930 waren die Erschütterungen des Weimarer Systems offensichtlich. Es begann ein toller Wettlauf in der Mobilisierung der Massen, zwischen der nahenden Revolution und der gegen sie rüstenden Konterrevolution. Es wurde klar, daß die deutsche Bourgeoisie nicht mehr länger mit den Methoden des Parlamentarismus und der bürgerlichen Demokratie zu herrschen vermag.

Im Frühjahr 1932 war auch schon klar ersichtlich, daß die Faschisten einen bedeutenden Vorsprung in der Mobilisierung der Massen vor den Kommunisten hatten und daß, falls das Kräfteverhältnis der Klassen nicht rasch eine Veränderung zugunsten des Proletariats erfährt, die Aufrichtung der grausamsten und blutigsten faschistischen Diktatur in Deutschland unvermeidlich ist. Die Kommunisten versuchten diese Veränderung des Kräfteverhältnisses zugunsten des Proletariats dadurch herbeizuführen, daß sie mit allen Kräften den Kampf um die Einheitsfront verstärkten. Sie stellten sich die Aufgabe, um jeden Preis ein Übereinkommen mit der Sozialdemokratischen Partei und dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund herbeizuführen. Diese Einheitsfront hätte die Aufgabe gehabt, den Faschismus abzuwehren und die Reste der Freiheiten der bürgerlichen Demokratie zu verteidigen.

Aber die Sozialdemokratische Partei wies jeden solchen Vorschlag entschieden zurück. Sogar als die Faschisten den Kampf bereits auf die Straße verlegt hatten, in sämtlichen Städten Deutschlands die Arbeiter terrorisierten und die hervorragendsten Vertreter des Proletariats meuchlings ermordeten, fuhr die Sozialdemokratie fort, sich ausschließlich auf lendenlahme Proteste im Parlament zu beschränken. Für jeden einsichtigen Menschen war es klar, daß der Kampf mit den Faschisten nicht mehr im Parlament entschieden, sondern die Austragung der Frage der Zukunft Deutschlands und des Schicksals der deutschen Arbeiterbewegung bereits von den Faschisten auf die Straße verlegt worden war.

Selbst noch am 20. Juli, als die Papenregierung die sozialdemokratischen Minister in Preußen davonjagte und die Kommunistische Partei der Sozialdemokratischen Partei und dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund die Proklamierung des Generalstreiks vorschlug, riefen diese beiden Organisationen die Arbeiter auf, Ruhe zu bewahren. Die verjagten Minister wandten sich mit einem "Appell an den Reichsgerichtshof", weil die Verfassung verletzt sei.

Selbst noch am 30. Januar 1933, als bereits das Finanzkapital der Hitlerpartei die Regierungsmacht zur Ausübung der faschistischen Diktatur übertragen hatte, lehnten die Sozialdemokratie und der ADGB von neuem den Vorschlag der Kommunistischen Partei zur Ausrufung des Generalstreiks ab. Sie erklärten die Kommunisten für Provokateure und forderten die Arbeiter auf, keinen Widerstand zu leisten.

Die Kommunisten haben in dieser Zeit alles getan, was in ihrer Macht lag, um die werktätigen Massen zum revolutionären Kampf, zur Verhinderung der faschistischen Diktatur zu mobilisieren. Die Kommunisten haben dabei bedeutende Erfolge erzielt. Aber sie vermochten nicht, das bis dahin zustandegekommene Kräfteverhältnis zu ändern, solange die Sozialdemokratie ihren Einheitsfront- und kampfesfeindlichen Standpunkt nicht aufgab.

Mögen die Arbeiter Deutschlands, möge das Weltproletariat jetzt urteilen, wer die Schuld an der deutschen Niederlage trägt; mögen sie aus den blutigen Lehren der deutschen Ereignisse lernen, daß diese Niederlage nur möglich war, weil die Mehrheit der Arbeiterklasse noch blindlings der Sozialdemokratie folgte, die Warnungen der Kommunisten in den Wind schlug und den Kampf ablehnte. Es treten solche "linke" Auchrevolutionäre auf, die behaupten, die Kommunisten hätten trotzdem den Kampf aufnehmen sollen, ungeachtet dessen, daß ein solcher Kampf der Minderheit des Proletariats zur Niederlage geführt hätte. Diese Helden pseudorevolutionärer Phrasen wollen nicht begreifen, daß dies eine noch größere Niederlage und die vollständige Zerschmetterung der revolutionären Kader des deutschen Proletariats bedeutet hätte.

Das deutsche Proletariat hat eine Niederlage erlitten. Die Kommunisten wollten und wollen nicht, daß die revolutionären Kader aus reinem Heldentum sterben. Das ist nicht der größte Heldenmut! Sie wollen, daß sie die neuen Kämpfe und Siege organisieren!

Der Bourgeoisie ist es nicht gelungen, den Kampfwillen der Massen zu schwächen

Die Niederlage des Proletariats in Deutschland, einem der strategisch wichtigsten Punkte des internationalen Klassenkampfes, führte für kurze Zeit zur Verlangsamung des Wachstums der revolutionären Massenbewegung und zu einem zeitweiligen Stillstand im Heranreifen der Elemente der revolutionären Krise auch in Polen. Die Niederlage in Deutschland machte die internationale Reaktion dreister, steigerte die Kriegsgefahr, verstärkte den Druck der Bourgeoisie auf die Arbeiterklasse und steigerte die Versuche, auch in anderen Ländern das faschistische Regime aufzurichten.

Zu gleicher Zeit als die Faschisten aber die Werktätigen Deutschlands herfielen, gelang es dem Proletariat in anderen Ländern, eine Reihe großer Siege davonzutragen. Die chinesischen Proletarier und Bauern errichteten ihre chinesische Sowjetrepublik. In den militärischen Feldzügen, die von der Nanking-Regierung gegen die Rote Armee unternommen wurden, lieferten die Volksmassen erhebende Beispiele von Heldenmut und Ergebenheit an die Revolution. Angesichts des Überfalls der japanischen Imperialisten und des Kampfverzichts der der Nanking-Regierung gegen diesen Überfall erhoben die chinesischen Sowjets das Banner der Rettung des chinesischen Volkes vom japanischen Joch, das Banner des volksrevolutionären Kampfes gegen den japanischen Imperialismus und erschwerten damit diesem den Vormarsch in das Innere Chinas. Innerhalb kurzer Zeit sind die chinesischen Sowjets zu einer Macht geworden, über die sich auch die internationale Politik der Imperialisten nicht hinwegzusetzen vermag.

In Spanien sehen wir trotz der Spaltung der Arbeiterbewegung einen gewaltigen Aufstieg der Massenbewegung, eine breite Welle von Massenstreiks, eine Zunahme der politischen Streiks und der Bewegung der Bauern, die den grundherrlichen Boden in Besitz nehmen.

In allen kapitalistischen und kolonialen Ländern ist eine immer höher ansteigende Welle von Streiks und Bauernbewegungen zu verzeichnen.

Doch von entscheidender Bedeutung für die gesamte revolutionäre Weltfront ist der Umstand, daß gerade in den Jahren, als die werktätigen Massen der ganzen Welt durch den Kapitalismus in namenloses Elend gestürzt wurden, als in Deutschland der Faschismus die Arbeiterorganisationen in Trümmer schlug, die Sowjetunion den ersten Fünfjahrplan vollendete und von Tag zu Tag den Wohlstand aller Werktätigen mehrte. Gerade in diesen Jahren hat der Sozialismus in der Sowjetunion endgültig und unumstößlich gesiegt.

Dieser welthistorische Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion untergräbt das System des Weltimperialismus, vermehrt die Kräfte der Revolution, steigert die Bedeutung der Sowjetunion als Friedensfaktor, als Basis der Weltrevolution und verstärkt den Willen der Werktätigen der ganzen Welt zum Kampf um den Sozialismus, um die Sowjetmacht.

Es ist der Bourgeoisie am Ende dieses Kampfabschnittes gelungen, ihre Lage auf Kosten der Arbeiter, Bauern und Kolonialvölker zu erleichtern, die Voraussetzungen für den Übergang von der Krise zur Depression zu schaffen und dem deutschen Proletariat eine Niederlage beizubringen. Dagegen ist es der Bourgeoisie nicht gelungen, die revolutionäre Weltfront zu schwächen, es ist ihr nicht gelungen, in Deutschland die Kommunistische Partei zu zertrümmern, es ist ihr nicht gelungen, die Voraussetzungen für einen neuen wirtschaftlichen Aufstieg zu schaffen.

Das internationale Kräfteverhältnis hat sich nicht zugunsten des Kapitalismus, sondern zugunsten des Sozialismus, nicht zugunsten der Bourgeoisie, sondern zugunsten des Proletariats geändert.

Ich komme nunmehr zu dem dritten Kampfabschnitt der Berichtsperiode, der die Wendung der sozialistischen Arbeiter zur Einheitsfront mit den Kommunisten umfaßt.

III. Die Wendung der sozialistischen Arbeiter zur Einheitsfront mit den Kommunisten

Unter dem Einfluß des endgültigen und unumstößlichen Sieges des Sozialismus in der Sowjetunion einerseits und der Greuel des Faschismus in Deutschland andererseits begann das ganze System von Ansichten, das ganze weltanschauliche System der breiten Massen der Werktätigen, die noch vor kurzem an die Unerschütterlichkeit des Kapitalismus und der bürgerlichen Demokratie und an die Möglichkeit einer friedlichen Entwicklung ‑ ohne Revolutionen und Kriege ‑ zum Sozialismus glaubten, zusammenzubrechen. Die ideologische Basis, auf der das Programm, die Taktik der reformistischen Parteien aufgebaut waren, bricht zusammen.

Die Arbeiterklasse hat begriffen, daß die Spaltung der Arbeiterbewegung zum Siege des Faschismus in Deutschland geführt hat und daß die Arbeiterklasse der Einheit bedarf.[6]

Der Sieg des Faschismus in Deutschland hat keineswegs, wie die Sozialdemokraten weissagten, eine Periode der Reaktion von längerer Dauer eingeleitet, ganz im Gegenteil ist in der ganzen Welt "eine Tendenz des beschleunigten Heranreifens der revolutionären Krise" zu verzeichnen, wie das XIII. Plenum hervorhob. In der ganzen Welt "reift die Idee des Sturms auf den Kapitalismus im Bewußtsein der Massen", wie Genosse Stalin auf dem XVII. Parteitag der KPdSU(B) dies formulierte.

In dieser Situation erobert die Sowjetunion immer mehr die Köpfe und Herzen der Werktätigen und weist ihnen den Weg des Kampfes. In dieser Situation wird der Sieg des Sozialismus für Millionen zum Anlaß, ihre Meinungen und Ansichten vollständig zu ändern. In dieser Situation vollzieht sich ein Umschwung in der Stimmung der breiten Arbeitermassen und vor allem in der Stimmung der sozialdemokratischen und der in den reformistischen Gewerkschaften organisierten Arbeiter.

Die ersten Ausdrucksformen dieses Umschwungs waren: erstens die spontan in breitem Rahmen zustande gekommene Einheitsfront des Weltproletariats zur Verteidigung der Gefangenen von Leipzig, wo die mutige Verteidigung des Kommunismus durch den Genossen Dimitrow eine große geschichtliche Bedeutung für das Zustandekommen der Einheitsfront hatte; zweitens der Übergang der Arbeiter zur aktiven Abwehr des Faschismus im eigenen Lande. Das Proletariat weicht schon nicht mehr, wie das in Deutschland der Fall war, vor dem Faschismus kampflos zurück, sondern beantwortet den faschistischen Vorstoß in Frankreich mit dem Generalstreik im Februar 1934 und mit dem bewaffneten Kampf in Österreich im Februar 1934 und in Spanien im Oktober 1934.

Der bewaffnete Kampf in Österreich und in Spanien offenbarte die gewaltige Kampfkraft der Arbeiterklasse, den grenzenlosen Heldenmut und die Aufopferung, die revolutionäre Standhaftigkeit und Ausdauer der kämpfenden Arbeiter. Die kühnen Schutzbündler, die Helden von Floridsdorf, die Verteidiger des Karl-Marx-Hofes und des Goethe-Hofes in Wien, Koloman Wallisch, Ingenieur Weißel, Münichreiter ‑ sie alle gehen für immer in die Geschichte des Befreiungskampfes des Proletariats ein.

Die heldenmütigen Bergarbeiter Asturiens, die ersten spanischen Rotgardisten, die Verteidiger Oviedos ‑ Kommunisten, Sozialisten, Anarchisten und Parteilose ‑ haben sich mit unvergänglichem Ruhm bedeckt. Wir entbieten den Tausenden spanischer Revolutionären, die in den Kerkern von Lerroux und Gil Robles schmachten, wir entbieten dem Führer der spanischen Sozialisten Caballero, der im Gefängnis schmachtet, unsere Grüße.

Mit Schmach und Schande haben sich dagegen diejenigen sozialdemokratischen Führer bedeckt, die vom Schlachtfeld flüchteten und die elementare Pflicht von Kampfleitern vergaßen. Mit Schmach und Schande bedeckten sich für alle Zeiten die Führer der spanischen Anarchisten, die den Kampf von innen heraus sprengten und gemeinsam mit Lerroux und Gil Robles handelten.

Genossen, wir wollen uns daran erinnern, welch frische revolutionäre Brise die Arbeiterviertel der Städte der ganzen Welt bei der Kunde von den Ereignissen in Österreich und Spanien durchzog, wie die heldenmütigen Kämpfe der Proletarier zur Verteidigung Oviedos die Werktätigen aller Länder aufrüttelten, welch einen Enthusiasmus bei allen Arbeitern das in Asturien gehißte Banner des Kampfes um die Sowjetmacht auslöste

Der Bankrott der Politik der Sozialdemokratie

Aber warum führte zum Unterschied von dem bewaffneten Aufstand im Oktober 1917 in Rußland der bewaffnete Kampf des Proletariats im Februar 1934 in Österreich und im Oktober 1934 in Spanien nicht zum Siege des Proletariats?

In Spanien wurde im April 1931, wie auch in Rußland im Februar 1917, die Monarchie gestürzt. Es begann die spanische bürgerlich-demokratische Revolution. Zum Unterschied von den Bolschewiki, die in den Sowjets für die Fortsetzung der Revolution kämpften, traten die spanischen Sozialisten in die Azaña-Regierung ein und folgten damit dem Beispiel der russischen Menschewiki und Sozialrevolutionäre, die damals als Minister in die Kerenski-Regierung eintraten.

Was taten die spanischen Ministersozialisten, was tat die gesamte Sozialistische Partei Spaniens in den drei Jahren der Revolution, dieselbe Partei, die im Oktober 1934 die Arbeiter zum bewaffneten Kampf aufrief?

Statt für die Entwaffnung der reaktionären faschistischen Bürgergarde einzutreten, bewilligten die spanischen Sozialisten die Kredite für ihren weiteren Ausbau und ernannten den gegen die Republik mit der Waffe in der Hand aufgetretenen Monarchisten General Sanjurjo nach seiner Haftentlassung zum Chef dieser Bürgergarde, die die Republik schützen sollte. Statt sich für die Entfernung der reaktionären Offiziere und die Demokratisierung des Heeres einzusetzen, ließen sie den Reaktionären im Heere völlig freie Hand. Statt die Volksfeinde, die Faschisten, zu entwaffnen und in Gewahrsam zu nehmen, verfolgten sie die Kommunisten und erließen das Gesetz zum Schutze der Republik, auf Grund dessen jetzt die Teilnehmer der der Oktoberkämpfe ‑ Sozialisten und Kommunisten ‑ gerichtet werden.

Die Sozialisten ließen den Boden, das Eigentum und die Rechte der reaktionären Kirche sowie der Klöster heil und unversehrt und gaben den Bauern, die für die Revolution gewonnen werden sollten, keinen Boden. Sie führten keine Arbeiterkontrolle der Produktion ein, verbesserten nicht die Lage der Arbeiter und bewaffneten sie nicht zum Schutz der Revolution. Statt die reaktionäre Bourgeoisie in die Sackgasse zu treiben, machten sie es ihr möglich, sich zu organisieren und zu bewaffnen.

Haben so etwa die Bolschewiki 1917 gehandelt, haben sie so den Erfolg des Proletariats in der Revolution vorbereitet? Haben die spanischen Sozialisten nicht gerade so gehandelt wie Kerenski, dessen Regierung von den Bolschewiki gestürzt wurde?

Noch im Februar 1917 wurde unter dem Drängen der Bolschewiki die zaristische Gendarmerie liquidiert, die Soldatenkomitees eingeführt, den Soldaten die Bürgerrechte gewährt, der Zar und seine höchsten Beamten festgenommen. Die Bolschewiki zogen unter den Losungen: Frieden, Brot, Boden und Freiheit in den Aufstand, kämpften für diese Forderungen in allen Etappen der Revolution und mobilisierten die Volksmassen zur Unterstützung dieser Forderungen.

Am ersten Tage des Aufstandes dekretierten sie die Übergabe des gesamten Bodens an die Bauern.

Sofort nach dem Siege leiteten sie den Kampf für den Abschluß eines Friedensvertrages ein, gaben den unterjochten Völkern die Freiheit, führten die Arbeiterkontrolle in den Betrieben ein, schritten zur Konfiskation des Eigentums der Konterrevolutionäre und räumten restlos mit der Gutsbesitzerklasse und dem bürgerlichen Apparat zur Unterdrückung der Werktätigen auf.

Noch lange vor der Revolution war die gesamte Tätigkeit der Bolschewiki darauf gerichtet, das Proletariat und seine Bundesgenossen zum siegreichen Sturz der Bourgeoisherrschaft, zur Schaffung der Diktatur des Proletariats zu mobilisieren, die die brennendsten Forderungen des Volkes in die Tat umsetzte. Darum unterstützte auch die Mehrheit aller Werktätigen die Bolschewiki und verhalf ihnen zum Erfolg.

Die gesamte Tätigkeit der Führer der spanischen Sozialisten in der Azaña-Regierung und außerhalb derselben war darauf gerichtet, sich mit der Bourgeoisie zu verständigen, das Privateigentum aufrechtzuerhalten, die Interessen der Gutsbesitzer, der Kirche und der Bourgeoisie vor dem revolutionären Ansturm der Massen in Schutz zu nehmen und den alten bürgerlichen Staatsapparat unangetastet zu lassen. Damit schwächten sie das Proletariat und stärkten sie die Faschisten.

In Österreich bestand bis zum Beginn des bewaffneten Kampfes keine revolutionäre Situation wie in Spanien, aber das österreichische Proletariat hatte den Vorteil, daß die übergroße Mehrheit der Arbeiter in einer Partei und in den dieser Partei Gefolgschaft leistenden Gewerkschaften organisiert war und daß das zahlenmäßige Gewicht des Proletariats in diesem kleinen Lande außerordentlich groß war.

Aber die Sozialdemokratische Partei, der 90 Prozent des österreichischen Proletariats folgten, war keine revolutionäre Partei, die den Kampf um den Sieg des Proletariats planmäßig and systematisch vorbereitet hätte. Diese Partei hatte noch in der Revolution von 1918 bis 1920 der Bourgeoisie geholfen, die Oberhand zu gewinnen and sich damit begnügt, daß der Arbeiterklasse formaldemokratische Rechte und einige soziale Errungenschaften blieben.

Als die Faschisten den Kampf gegen die bürgerliche Demokratie aufnahmen, wichen die Führer der Sozialdemokratie Schritt für Schritt zurück und gaben eine Errungenschaft der Revolution von 1918 nach der anderen preis. Sie willigten ein in die Erweiterung der Rechte des Präsidenten, in die Verschlechterung der Verfassung, sie duldeten das Verbot ihrer Presse und die teilweise Entwaffnung des Schutzbundes. Sie redeten jahrelang den Massen ein, auf dem Boden der bürgerlichen Demokratie zu bleiben, sie dachten nicht an eine proletarische Revolution und bereiteten die Massen nicht auf sie vor.

Die Kampfkräfte der Bourgeoisie erstarkten, während die Kampfkräfte des Proletariats schwächer wurden. Der Glaube der werktätigen Massen an die Möglichkeit einer Verbesserung ihrer Lage unter der sozialdemokratischen Führung schwand.

Es ist ein lächerliches Beginnen von Otto Bauer, wenn er jetzt, nachdem die österreichische Sozialdemokratie die Werktätigen durch ihr Vorgehen desorganisierte und den Kampf nicht vorbereitete, den Nachweis zu erbringen versucht, er habe nach dem Vorbild der Bolschewiki gehandelt, nur daß er die Taktik der "asiatischen" Bolschewiki an die "europäischen" Verhältnisse angepaßt habe.

Der bewaffnete Aufstand muß als die Sache der gesamten Arbeiterklasse vorbereitet werden. Die Mehrheit des Proletariats muß dafür gewonnen werden, mehr noch ‑ die Unterstützung dieses Kampfes durch die Mehrheit der Werktätigen ist unerläßlich. Die spanischen und österreichischen Sozialisten haben dagegen den Aufstand in eine Angelegenheit der Kampfformationen allein verwandelt.

Soll der bewaffnete Aufstand Erfolg haben, so ist es notwendig, den für das Proletariat dafür günstigsten Zeitpunkt zu wählen. Die spanischen und österreichischen Sozialisten haben sich dagegen schon lange vorher die Initiative aus den Händen gleiten lassen und es den Faschisten überlassen, den Zeitpunkt des Kampfes zu bestimmen.

Für den Erfolg des bewaffneten Aufstandes ist es notwendig, daß die Massen die klaren Kampfziele kennen, die mit dem Aufstand verfolgt werden. Die spanischen und österreichischen sozialdemokratischen Führer haben aber diese Kampfziele nicht formuliert. Sie hatten nicht zu den Waffen gegriffen, um die Bourgeoisie zu stürzen, sondern lediglich beabsichtigt, einen Druck auf die Bourgeoisie auszuüben und sich gegen ihren Vorstoß zu verteidigen.

Das russische Proletariat schuf 1917 die Sowjets als Organe, die imstande sind, restlos alle Arbeiter, Bauern, Angestellte, Soldaten und Matrosen zu erfassen.

Innerhalb der Sowjets kämpften die Bolschewiki um die Führung der Massen. Die Bolschewiki verwandelten die Sowjets in Organe der Vorbereitung und Durchführung des proletarischen Aufstandes.

Caballero dagegen erklärte, daß man in Spanien keine Sowjets brauche, weil die gesamte Arbeiterklasse in den Gewerkschaften und in den Parteien organisiert sei. Ist das richtig? Nein, ganz und gar nicht. In Spanien ist wie in jedem anderen kapitalistischen Lande die Mehrheit der Arbeiter nicht organisiert.

Dadurch, daß Largo Caballero und die spanischen Sozialisten gegen die Schaffung der Sowjets auftraten, wollten sie den Aufstand, der nur die Sache der gesamten Arbeiterklasse sein kann, in die Sache der Sozialistischen Partei oder in die Sache eines Blockes von Parteien verwandeln, um die Wucht der Bewegung und ihren Massencharakter zu drosseln.

In Österreich dachten Bauer und Deutsch nicht an irgendwelche Massenorgane der Vorbereitung und Leitung des Kampfes, sondern überließen in echt blanquistischer Weise die Sache des bewaffneten Kampfes einzig und allein dem isoliert kämpfenden Schutzbund. Es hätte von ihrer Seite nur des Aufrufes an die Massen zum Kampfe bedurft, um in wenigen Tagen Organe zu schaffen, die imstande gewesen wären, die breiten Massen der Werktätigen für den Kampf zu mobilisieren und die Unterstützung der kämpfenden Schutzbündler zu organisieren. Damit hätte sich der gesamte Verlauf der weiteren Entwicklung der Kämpfe zugunsten des Proletariats geändert.

Die österreichischen und spanischen Sozialisten hielten es jedoch auch im Moment des bewaffneten Kampfes für angebracht, sich über die Erfahrung der russischen Revolution hinwegzusetzen. Dieses Ignorieren der russischen Erfahrungen haben Hunderte von Proletariern mit dem Tode und mit unerhörten Folterqualen bezahlen müssen.

Wir anerkennen die große Tat, daß sowohl in Spanien als auch in Österreich ein Teil der sozialdemokratischen Führer, wenn auch nur unter dem Druck der Massen, sich zum bewaffneten Kampf gegen die Bourgeoisie entschloß. Die Kommunisten haben sie dabei aufopfernd unterstützt.

In Spanien traten die Kommunisten der "Arbeiterallianz" bei, obwohl sie in ihr keinen ernsten Einfluß hatten. In Spanien wie in Österreich kämpften die Kommunisten in den vordersten Reihen, denn der Platz der Kommunisten ist immer dort, wo gekämpft wird. Aber gerade die Erfahrung dieser bewaffneten Kämpfe, die unter sozialdemokratischer Führung standen, zeigt, daß unter dieser Führung das Proletariat nicht zu siegen vermag.

Die Erfolge des bewaffneten Kampfes in Asturien, wo eine Rote Garde organisiert wurde, wo sich unter Führung der Kommunisten der bewaffnete Kampf bis zum regelrechten Aufstand steigerte, bestätigen, was schon die russische Revolution bewiesen hat, nämlich, daß für den Erfolg des bewaffneten Kampfes des Proletariats eine kommunistische, bolschewistische Führung erforderlich ist. Eine solche Führung gab es aber infolge der Schwäche und der Jugend der kommunistischen Parteien weder in Spanien noch in Österreich. Von den revolutionären Elementen des Schutzbundes und der spanischen Sozialisten wurde deshalb auch die richtige Schlußfolgerung gezogen, als sie in die Reihen der Kommunistischen Partei übertraten und damit zu erkennen gaben, daß sie den Kampf nicht für beendet halten.

Die Erfolge der Einheitsfront und der antifaschistischen Volksfront

Der Kampf in Frankreich, der im Februar 1934 besonders große Dimensionen annahm, blieb in seinem äußeren Verlauf auf einer niedrigeren Stufe als in Spanien und in Österreich, übte aber dadurch, daß sich die Kampfaktionen des französischen Proletariats rechtzeitig gegen den Faschismus richteten, einen größeren Einfluß auf die Entwicklung des proletarischen Kampfes in allen Ländern aus.

Worin besteht das Unterscheidungsmerkmal des Kampfes in Frankreich?

Das französische Proletariat ließ sich, als die faschistischen Banden zum erstenmal in Massen auf den Straßen von Paris aufmarschierten, nicht wie in Deutschland durch die Theorie des kleinern Übels und durch das Geschwätz über die die formale Demokratie einschläfern, sondern strömte gleich beim ersten faschistischen Vorstoß ohne Unterschied seiner Parteizugehörigkeit auf die Straßen, um durch die wuchtige politische Demonstration vom 9. Februar und den politischen Generalstreik vom 12. Februar 1934 dem Faschismus entgegenzutreten. Damit hat das französische Proletariat den ersten großen Vorstoß der Faschisten in Frankreich zurückgeschlagen. Das französische Proletariat, das in den Februartagen die Kampfeinheitsfront aufrichtete, brachte damit in demonstrativer Weise zum Ausdruck, welch gewaltige Kraft das Proletariat darstellt, wenn es einig ist und dem Kampfe nicht ausweicht, sondern rechtzeitig gegen seine Feinde Front macht.

Mit diesem Auftreten zwang das Proletariat die Sozialistische Partei Frankreichs ‑ wenn auch nach großen Schwankungen ‑ der Herstellung der Einheitsfront mit der Kommunistischen Partei zuzustimmen. Dadurch legte es den Grundstein zu den einheitlichen antifaschistischen Aktionen der gesamten organisierten Arbeiterbewegung, die auf die unorganisierte Mehrheit der Arbeiterklasse und die kleinbürgerlichen Massen in Stadt und Land einen ungeheuren Einfluß ausüben.

Unsere kräftig gewachsene und von großer Initiative erfüllte Kommunistische Partei Frankreichs hat sich aber mit der Herstellung der Einheitsfront mit den Sozialisten nicht begnügt, sondern ein Programm von Forderungen aufgestellt, die der Bourgeoisie ins Fleisch schneiden. Es sind dies solche Forderungen, wie die der schonungslosen Vermögensbesteuerung, oder Forderungen, die den Faschismus desorganisieren, wie zum Beispiel die Forderung des Verbotes der faschistischen Organisationen und ihrer Presse, der Verhaftung der faschistischen Führer und der Beschlagnahme der materiellen Hilfsmittel der faschistischen Organisationen, oder Forderungen, die die Kriegsgefahr abschwächen sollen, wie z. B. die Forderung des Friedenspaktes mit der Sowjetunion und des wirklichen Kampfes gegen die Kriegsbrandstifter. Das sind alles Forderungen, die die Lage der werktätigen Massen erleichtern und ihre Position befestigen.

Die Kommunistische Partei Frankreichs hat mit ihrem Vorgehen das Fundament zu einer breiten Volksfront zum Kampfe gegen Faschismus und Krieg gelegt, die immer breitere Schichten der Bauernschaft, des städtischen Kleinbürgertums und der Intellektuellen anzieht, der Bewegung die Anhänger der Radikal-Sozialistischen Partei zuführt und das revolutionäre Proletariat immer mehr zum Hegemon, zum Führer des Kampfes aller Werktätigen aufrücken läßt.

Die gewaltige antifaschistische Demonstration am 14. Juli 1935, am französischen Nationalfeiertag, zu der die Kommunisten, die Sozialisten und die Radikalsozialisten gemeinsam aufmarschierten und an der sich in Paris allein über eine halbe Million Werktätige beteiligte, war nicht nur die stärkste aller Demonstrationen, die bisher in den kapitalistischen Ländern stattfanden, sondern war auch der Ausdruck des gewaltigen Einflusses, den die Einheitsfront auf den Kampfgeist der Arbeiter ausübt und durch diesen die übrigen Schichten in die Volksfront einreiht. Hiervon zeugen auch die bedeutenden Wahlerfolge der Kommunistischen Partei Frankreichs bei den letzten Gemeindewahlen in diesem Jahre. Diese Erfolge waren das Resultat des Kampfes der Kommunistischen Partei für die Schaffung der Einheitsfront der Arbeiterklasse und der antifaschistischen Volksfront zur Verteidigung der demokratischen Rechte, das Resultat der Aktivität und Initiative der Kommunisten anläßlich der Regierungskrisen und des Kampfes für den Pakt gegenseitiger Hilfeleistung zwischen Frankreich und der Sowjetunion im Falle eines kriegerischen Überfalles.

Dieser Erfolg der KP Frankreichs stärkt das französische Proletariat und erschwert dadurch der Bourgeoisie den Übergang zu faschistischen Herrschaftsmethoden.

Die Lage in Frankreich hat sich äußerst zugespitzt. Von der weiteren Entwicklung der Einheits- und Volksfront, von der Aktivität der Massen hängt jetzt das Schicksal der Dritten Republik und der Demokratie, das Schicksal der werktätigen Massen ab.

Der Kampf des französischen Proletariats hat große internationale Bedeutung. Der Erfolg des französischen Proletariats, das im Februar 1934 dank der Einheitsfront der Kommunisten und Sozialisten den ersten Massensturm der Faschisten zurückschlug, das am 14. Juli 1935 seinen gewaltigen Kampfaufmarsch gegen den Faschismus vollzog, hat den Werktätigen aller Länder gezeigt, daß nur der einheitliche Kampf der Werktätigen auf Grund einer revolutionären Taktik die Offensive des Kapitals und des Faschismus abzuwehren und den Kriegsbrandstiftern das Handwerk zu legen vermag.

Der Kampf des französischen Proletariats hat allen Werktätigen vor Augen geführt, wie das Proletariat in den kapitalistischen Ländern vorgehen muß, um die Angriffe des Faschismus zurückzuschlagen und sich zur Eroberung der Diktatur des Proletariats, zum Sozialismus aufzuschwingen. Das Einheitsfrontabkommen zwischen den Sozialisten und Kommunisten in Frankreich, auf das die Sozialisten nur unter dem Druck der Massen, entgegen dem ausdrücklichen Willen der Exekutive der II. Internationale, eingingen, hat den linken Sozialdemokraten in allen Ländern den Weg gezeigt.

Es kam zu Einheitsfrontabkommen zwischen den Kommunisten und Sozialisten in Österreich, in Spanien, in Italien und es kam zu Massenaktionen der Arbeiterschaft auf der Grundlage der Einheitsfront in England, in den Vereinigten Staaten, in Polen, in der Tschechoslowakei und vielen anderen Ländern, wo die sozialistischen Parteileitungen ebenso wie die Exekutive der II. Internationale nach wie vor jede Verständigung mit den Kommunisten ablehnen.

In England stellte die kleine Kommunistische Partei die Einheitsfront mit der Unabhängigen Arbeiter-Partei, mit zahlreichen Gewerkschaften und unteren Organisationen der Arbeiterpartei her. Am 9. September 1934 vermochte sie 150 000 Arbeiter auf die Straße zu führen und im Januar/Februar 1935 durch eine Welle von Demonstrationen, Versammlungen, und Streiks die Regierung zu zwingen, von der Durchführung des zweiten Teils des Arbeitslosengesetzes Abstand zu nehmen, eines Gesetzes, das die Organisierung von Arbeitsdienstlagern und die Überweisung der Angelegenheit der Erwerbslosenunterstützung an eine außerparlamentarische Kommission vorsah. Die Herstellung der Einheitsfront mit den örtlichen Gewerkschaftsorganisationen und die zähe Arbeit der Kommunisten in ihnen hat in England bereits das Ergebnis gehabt, daß die Gewerkschaften in einer Reihe von Fällen gegen den Generalrat der Gewerkschaften Stellung nehmen und das von ihnen herausgegebene "Schwarze Rundschreiben", das den Ausschluß der Kommunisten aus den Gewerkschaften fordert, verwarfen.

In den Vereinigten Staaten Amerikas gelang es den revolutionären Arbeitern infolge der Einheitsfronttaktik, ihren Einfluß in einer Reihe der AFofL-Organisationen zu festigen und zu erweitern, in breitem Maße die Gewerkschaften zur Unterstützung des von den Kommunisten eingebrachten Gesetzentwurfes über die Einführung einer Erwerbslosenversicherung zu gewinnen und damit diese Forderung zu einer Angelegenheit aller Werktätigen zu machen. Hierdurch gelang es den revolutionären Arbeitern, entscheidenden Einfluß in dem großen Streik von 1934, im Seeleutestreik an der Pazifikküste und im Generalstreik in San Franzisko zu gewinnen und damit eine Reihe materieller Vorteile für die Arbeiter, sowie die Verstärkung der allgemeinen politischen Positionen und des Klassenbewußtseins des amerikanischen Proletariats zu erreichen. Damit hat der Charakter der amerikanischen Arbeiterbewegung eine einschneidende Änderung erfahren und die Arbeiterklasse wurde zum Beschreiten des Weges einer selbständigen Politik veranlaßt.

In Polen hat, obwohl die Leitung der Sozialdemokratischen Partei (PPS) jegliches Abkommen mit den Kommunisten ablehnte, der Umschwung in der Stimmung der Massen dazu geführt, daß die Kommunisten mit verschiedenen Organisationen der Sozialisten die Einheitsfront verwirklichten und daß die antifaschistische Bewegung der breiten werktätigen Massen erstarkte. Das kam am klarsten in der auf Initiative der Kommunistischen Partei ausgelösten mächtigen Welle politischer Streiks und Bauernaktionen gegen die neue faschistische Verfassung zum Ausdruck. Diese Welle erfaßte alle Industriezentren und einige Bauernbezirke des Landes und wurde von beiden Parteien unterstützt Diese politische Streikbewegung, deren Führung die PPS für sich allein in Anspruch nehmen will, während sie gleichzeitig bemüht ist, die Bewegung in einzelne Streiks zu zersplittern, wird unbedingt zur weiteren Revolutionierung der der PPS folgenden Massen und zum weiteren Ausbau der Einheitsfront in Form von Abkommen zwischen Kommunisten und Sozialisten zum Kampf gegen den Faschismus, für die Verteidigung der Legalität der Gewerkschaften und der Arbeiterorganisationen führen.

Die Einheitsfrontbewegung der Werktätigen bricht sich in sämtlichen kapitalistischen Ländern Bahn, wie immer auch die Führer der Sozialdemokratie sich zur Praxis der Verständigung mit den Kommunisten stellen mögen, wie immer auch diese Führung die revolutionierende Wirkung der Einheitsfront mit den Kommunisten auf die hinter ihnen stehenden Massen scheuen möge. Es würde sehr große Zeit in Anspruch nehmen, wenn ich alle Erfolge dieser Einheitsfront der Werktätigen in diesem Bericht darlegen wollte.

Diese Bewegung kommt in den mannigfaltigsten Formen zum Ausdruck, angefangen von Abkommen zwischen den Parteien und der überparteilichen Amsterdam-Pleyel-Bewegung gegen Faschismus und Krieg, an deren Spitze unser Freund Henri Barbusse steht, bis zur Vereinigung von gewerkschaftlichen Organisationen, von Jugend-, Sport-, Kultur- und anderen Organisationen. Die reformistischen Führer sind, wenn sie sich auch noch so große Mühe geben, nicht mehr imstande, dem gewaltigen Einfluß der Losung der Kampfeinheit aller Proletarier gegen Faschismus und Krieg Abbruch zu tun. Noch weniger gelingt es ihnen, den wachsenden Einfluß zu unterbinden, den der Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion auf die werktätigen Massen in der ganzen Welt ausübt.

Mögen die Sozialdemokraten in den Regierungen der Tschechoslowakei, Belgiens, Dänemarks, Schwedens und Norwegens sitzen, mögen die Arbeiterparteiler in England die Regierung in ihre Hand nehmen ‑ die Kommunisten werden sie gegen die Faschisten unterstützen ‑ die Arbeitermassen in diesen Ländern haben angefangen zu begreifen, daß ihre Kraft nicht in den Ministersitzen, sondern im Einheitsfrontkampf liegt.

Aber die sozialdemokratischen Minister in der Tschechoslowakei, in Dänemark, Schweden, Norwegen führen keinen wirklichen Kampf gegen den Faschismus.

Das tschechische Volk ist von Unruhe über das Schicksal seiner nationalen Unabhängigkeit erfaßt. Diese Unruhe wird auch von den Kommunisten geteilt. Doch was tun die sozialdemokratischen Minister? Statt durch eine, den nationalen und wirtschaftlichen Interessen der werktätigen Massen Rechnung tragende Politik den Hitleragenten in der Tschechoslowakei den Boden unter den Füßen zu entziehen, züchten sie die faschistische Henlein-Bewegung groß und ermöglichen es Henlein, die Mehrheit der Deutschen in der Tschechoslowakei in seine Partei hineinzuziehen. Statt alle Kräfte des Volkes gegen den Faschismus zu mobilisieren, verfolgen sie die Kommunisten. Statt die Faschisten in die Gefängnisse und Konzentrationslager zu werfen, tun sie das mit den Kommunisten und Antifaschisten. Statt gegen die Kriegsbrandstifter den Kampf zu führen, unterstützen die dänische und die schwedische sozialdemokratische Regierung durch ihre Politik objektiv die deutschen Faschisten. Diese von den sozialdemokratischen Parteien der Tschechoslowakei und der skandinavischen Länder betriebene arbeiterfeindliche Politik bringt den Arbeitermassen klar zum Bewußtsein, daß die sozialdemokratischen Minister kein Schutzdamm sind gegen Faschismus, Kriegsvorbereitungen und Kapitalsoffensive.

Diese Erkenntnis veranlaßt die Arbeiterklasse, wie dies besonders in der Tschechoslowakei ersichtlich ist, die Einheitsfront mit den Kommunisten anzustreben, um mit dem Faschismus und den Kriegsbrandstiftern auf proletarische Art abzurechnen und einer Lage vorzubeugen, wie sie das deutsche Proletariat gegenwärtig zu erdulden hat und nicht zuzulassen, daß es zu einem neuen Weltgemetzel kommt.

Die große Kraft und den Wert der Einheitsfront hat vor allem die Arbeiterklasse In den faschistischen Ländern begriffen. Ungeachtet einer Reihe von sektiererischen Auffassungen, die vor kurzem noch in der Leitung der Kommunistischen Partei Deutschlands hervortraten, und ungeachtet des Widerstandes der sozialdemokratischen Führer, begreifen die Arbeitermassen Deutschlands immer mehr, daß nur durch die Einheitsfront der Kommunisten und Sozialdemokraten ein wirksamer Kampf gegen den Faschismus geführt und sein Sturz erreicht werden kann.

In Ungarn erkennen die Arbeiter, daß sie ihre Gewerkschaften und selbst die sozialdemokratischen Organisationen nur in der Einheitsfront mit denselben Kommunisten verteidigen können, die noch vor kurzem von den sozialdemokratischen Führern an die Polizei verraten wurden.

Der Weg zur Überwindung der Spaltung in der Arbeiterklasse

Die Bewegung für die Einheitsfront der Kommunisten und Sozialisten ist tief fundiert. Sie geht hervor aus dem tiefen Eindruck, den der Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion in den breiten Arbeitermassen hervorruft, unter dessen Einfluß der Gedanke des Sturms auf den Kapitalismus im Bewußtsein der Massen heranreift. Sie geht hervor aus den Erfahrungen der gesamten internationalen Arbeiterbewegung in den kapitalistischen Ländern, aus der Erfahrung der deutschen Niederlage, aus der Erfahrung der bewaffneten Kämpfe in Österreich und Spanien, aus der Erfahrung des Generalstreiks der Einheitsfront in Frankreich. Die Arbeiterklasse zieht daraus die Schlußfolgerung, daß der Kampf gegen den Kapitalismus in der Einheitsfront und in engster Verbundenheit mit der Sowjetunion geführt werden muß.

Diese aus der eigenen Kampferfahrung der Massen gezogene Schlußfolgerung bewirkte den seit der Oktoberrevolution größten Umschwung in der internationalen Arbeiterbewegung.

Genossen! Die Bewegung für die Einheitsfront ‑ das ist bedeutend mehr als die rechnerische Zusammenzählung der Kräfte zweier Arbeiterparteien. Die Mehrheit der Arbeiterklasse in den kapitalistischen Ländern ist unorganisiert und leistet in vielen Ländern noch den bürgerlichen Parteien Gefolgschaft. Die Einheitsfront der Arbeiterbewegung bedeutet eine solche Steigerung ihrer Kräfte, daß sie zur gewaltigen Anziehungskraft für die bisher nicht klassenbewußten Proletariermassen wird, diese von den bürgerlichen Parteien losreißt und sie in den Klassenkampf einreiht.

In Polen, wo die Sozialdemokratische Partei noch legal ist, während die Kommunisten den grausamsten Verfolgungen ausgesetzt sind, wo die sozialistischen und parteilosen Arbeiter in gemeinsamen Aktionen mit den Kommunisten sich den gleichen Verfolgungen wie diese aussetzen, legt die Einheitsfront Zeugnis ab von der gewaltigen Steigerung der Revolutionierung der Arbeitermassen und ihrer Bereitschaft, Opfer für den revolutionären Kampf zu bringen. Wenn die drei Millionen Mitglieder der englischen Arbeiterpartei zur Einheitsfront mit der Kommunistischen Partei Englands stoßen, so bedeutet das, daß wir es hier durchaus nicht mit einer rechnerischen Addierung der Kräfte beider Parteien zu tun haben, sondern daß hier eine Wendung der Massen vom Reformismus zur revolutionären Politik vor sich geht.

Die Einheitsfront ist der erste Schritt zur Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung, zur Schaffung einer einheitlichen, starken, revolutionären Partei des Proletariats.

In Österreich haben die Kommunisten die Frage der Vereinigung mit der Partei der Revolutionären Sozialisten aufgeworfen. Diese Vereinigung kam bisher nicht zustande, weil die Sozialisten sie nicht wollten.

In Frankreich gingen die Kommunisten auf Verhandlungen mit der Sozialistischen Partei über eine einheitliche revolutionäre Partei ein.

Die in den baltischen Ländern laut werdenden Stimmen mancher Sozialisten, die die politische Annäherung an die sowjetische Arbeiterbewegung für notwendig halten, können von uns nur begrüßt werden.

Die Bewegung für die einheitliche revolutionäre Partei wird sich unzweifelhaft weiterentwickeln, da der Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion die Grundlagen des Reformismus zerstört hat und sich um die Politik der Sowjetunion alle Werktätigen der Welt zusammenschließen werden.

Das wird nicht nur durch die Entwicklung in den imperialistischen Ländern, sondern auch durch die Entwicklung in den Kolonien und abhängigen Ländern bestätigt.

Der Siegeszug der chinesischen Sowjets

Das überragende, der ganzen kolonialen Welt in der Nachkriegszeit den Stempel aufdrückende Ereignis ist die chinesische Revolution, die nach dem VI. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale die Sowjetform annahm. Die Entstehung und siegreiche Entwicklung der Sowjetbewegung in China ist von weittragendster weltgeschichtlicher Bedeutung. Der heldenmütige Kampf der chinesischen Roten Armee, die sich mit unvergänglichem Ruhm bedeckt hat, leuchtet den Werktätigen der gesamten Kolonialwelt als Beispiel voran. Schon sechsmal haben die Militaristen der Kuomintang mit allseitiger Unterstützung der internationalen Imperialisten Expeditionen ausgerüstet, um die Sowjetbewegung niederzuschlagen. Trotz der ungeheuren Mittel und Kräfte, die zu diesem Zweck von den Feinden des chinesischen Volkes aufgeboten wurden, vermochte die Rote Arbeiter- und Bauernarmee Chinas alle von den Imperialisten und den chinesischen konterrevolutionären Ausbeuterklassen geführten Schläge abzuwehren. Alle sechs Feldzüge der Generale gegen die Sowjetgebiete endeten mit der Niederlage der Kuomintang-Militaristen.

Obwohl die chinesische Rote Armee nach dem sechsten Feldzug, um ihre Einkreisung durch die Kuomintangtruppen zu vermeiden, gezwungen war, das Territorium des früheren Zentralen Sowjetgebietes in der Provinz Kiangsi zu verlassen, ist es ihr gelungen, den Plan der Imperialisten und der chinesischen Militaristen, der auf Umzingelung und Aufreibung der chinesischen Roten Armee abzielte, zu durchkreuzen. Im Verlaufe erbitterter Kampfe hat die Rote Armee einen bedeutenden Zuwachs an Streitkräften erfahren. Der von den Hauptstreitkräften der chinesischen Roten Armee glänzend durchgeführte Marsch in die Provinz Szetschuan läßt die Perspektiven erkennen, die sich der Weiterentwicklung Sowjetchinas eröffnen. Die Lehren des militärischen Kampfes der chinesischen Roten Armee liefern den schlagenden Beweis dafür, daß ein vom Imperialismus niedergetretenes Volk fähig ist, im revolutionären Kriege, der schon in seinem Verlauf die grundlegenden Bedürfnisse der Werktätigen befriedigt, mit Erfolg den Kampf gegen einen überlegenen Feind und den bis an die Zähne bewaffneten internationalen Imperialismus aufzunehmen.

Die Erfolge der chinesischen Sowjets liefern eine glänzende Bestätigung der Richtigkeit der auf der Lehre von Lenin und Stalin über die koloniale Revolution beruhenden Linie der Kommunistischen Internationale. Die Erfolge der chinesischen Sowjets sind ein Ausdruck des überwältigenden Einflusses der sozialistischen Oktoberrevolution, die eine neue Epoche in der Geschichte der menschlichen Gesellschaft eingeleitet hat.

Zum erstenmal in der Weltgeschichte mündet in China ein nationalrevolutionärer Befreiungskampf in eine unumschränkte revolutionär-demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft aus. Zum erstenmal in der Weltgeschichte verläuft die antiimperialistische Agrarrevolution eines halbkolonialen Landes in der Form des Kampfes um die Sowjets. Damit ist in der Praxis die Möglichkeit der Aufrichtung der Sowjetmacht in einem kolonialen Lande erwiesen, der Sowjetmacht, die hier als Staatsform der revolutionär-demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft auftritt und das Hinüberwachsen der bürgerlich-demokratischen Revolution in die sozialistische Revolution gewährleistet.

Die chinesische Revolution liefert das Vorbild der ersten Kolonialrevolution, in der die ideologische und in der Anfangsform auch die staatliche Hegemonie des Proletariats verwirklicht ist. In der Gestalt der chinesischen Arbeiterklasse hat das koloniale Proletariat in der Praxis seine Fähigkeit bewiesen, große historische Probleme zu lösen, die völlige wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit des Landes zu behaupten, restlos mit den feudalen Überresten aufzuräumen, den Großgrundbesitz zu liquidieren, die Eiterbeule des Wuchertums zu beseitigen  und revolutionäre Umgestaltungen vorzunehmen, die dem Sieg des Sozialismus die Bahn frei machen.

Die Politik der chinesischen Sowjets, die von ihnen getroffenen praktischen Maßnahmen, durch die eine absolut greifbare Verbesserung der Lage der Arbeiter und Bauern gewährleistet wird, tragen dazu bei, die breiten Massen der Werktätigen zum aktiven politischen Leben zu erwecken, ihre Organisiertheit und ihr politisches Bewußtsein rasch zu steigern. Unter der werktätigen Bevölkerung der Kuomintanggebiete Chinas, die unter Verhältnissen lebt, die sie völliger Rechtlosigkeit, dem Ruin, der Hungersnot und dem Aussterben preisgeben, während das Kuomintangregime sie zu weiterer kolonialer Sklaverei verdammt, erstarkt die Überzeugung, daß nur die Sowjets China zu retten vermögen. Mit jedem Tag kommen immer breitere Massen von Werktätigen Chinas zur Erkenntnis, daß die Sowjets allein diejenige Kraft sind, die imstande ist, die Einheit und die Unabhängigkeit Chinas zu verteidigen, das Land zu vereinigen, die Angriffe der imperialistischen Eroberer zurückzuschlagen und eine radikale Besserung der Lage der werktätigen Massen zu gewährleisten.

Die erfolgreiche Entwicklung der Sowjetbewegung in China begeistert die Werktätigen der ganzen Kolonialwelt, für die die chinesischen Sowjets Vorbild und Banner des revolutionären Freiheitskampfes geworden sind, zum revolutionären Kampf.

*

Genossen, damit schließe ich die Analyse der drei Kampfabschnitte ab. Fassen wir die Ergebnisse der Entwicklung der internationalen Arbeiterbewegung in der Zeit nach dem VI. Weltkongreß zusammen.

Das unerträgliche wirtschaftliche Joch, das Fehlen jeglicher Aussicht auf Besserung der Lage der Massen im Rahmen des Kapitalismus, die unmittelbare Kriegsgefahr, die blind wütende Offensive der Bourgeoisie gegen die letzten Reste der demokratischen Freiheiten und des Parlamentarismus und die Versuche, in immer weiteren Ländern das faschistische Blut- und Terrorregime aufzurichten, lassen die Welle des Klassenkampfes des Proletariats in der kapitalistischen Welt mit jedem Monat höher ansteigen.

Die Sowjetunion wird immer mehr zum Anziehungspunkt für die werktätigen Massen, was bedeutet, daß im Bewußtsein der Massen der Gedanke von der Notwendigkeit der Schaffung ihrer eigenen Sowjetmacht heranreift.

Keinerlei vorübergehende Veränderungen der Wirtschaftskonjunktur, keinerlei Manöver "linker" und sozialdemokratischer Regierungen vermögen diese Hauptrichtung in der Entwicklung der internationalen Arbeiterbewegung zu ändern[7]. Dieser Aufschwung der Arbeiterbewegung und der gesteigerte Wille der Massen zum Kampf um den Sozialismus zeigen, daß die revolutionäre Krise in der ganzen Welt heranreift.

Ich gehe nunmehr zu dem Teil meines Berichtes über, der den Zustand unserer Sektionen behandelt.

IV. Die Kommunistische Internationale und ihre Sektionen

Die Entwicklung der geschichtlichen Ereignisse hängt heute mehr denn je vom Grad des Bewußtseins und von der Organisiertheit der Arbeiterklasse, von einer geschickten und klugen Taktik der Kommunisten, von der Macht und der Stärke der Kommunistischen Internationale ab.

Auf dem 17. Parteitag der KPdSU(B) im Januar/Februar 1934 sagte Genosse Stalin in seinem Bericht:

Manche Genossen glauben, wenn einmal eine revolutionäre Krise da ist, so müsse die Bourgeoisie in eine ausweglose Lage geraten, ihr Ende sei also bereits vorausbestimmt, der Sieg der Revolution dadurch bereits gesichert, sie brauchten bloß auf den Sturz der Bourgeoisie zu warten und Siegesresolutionen zu schreiben. Das ist ein schwerer Irrtum. Der Sieg der Revolution kommt nie von selbst. Man muß ihn vorbereiten und erkämpfen. Ihn vorbereiten und erobern kann aber nur eine starke proletarische revolutionäre Partei. Es gibt Momente, wo die Lage revolutionär, die Macht der Bourgeoisie bis auf den Grund erschüttert ist, der Sieg der Revolution aber trotzdem nicht kommt, weil keine revolutionäre Partei des Proletariats vorhanden ist, die genügend Stärke und Autorität besitzt, um die Massen zu führen und die Macht in ihre Hände zu nehmen. Es wäre unvernünftig zu glauben, daß solche "Fälle" nicht vorkommen können.

Genossen! Wir müssen gestehen, daß solche "Fälle" wiederholt vorkommen, daß solche "Fälle" sich noch wiederholen können, wenn wir nicht die Warnung des Genossen Stalin beherzigen und nicht alles tun, was möglich und notwendig ist, um die kommunistischen Parteien zu festigen und dafür zu sorgen, daß die kommunistischen Parteien die Möglichkeit erhalten, die Mehrheit des Proletariats zu erobern.

Erinnern wir uns: war etwa in den Jahren 1918 bis 1920 und 1923 die Situation in Deutschland nicht revolutionär? Und dennoch hat das Proletariat nicht gesiegt, weil es in Deutschland zu dieser Zeit keine starke, revolutionäre Partei des Proletariats gab, die fähig war, seinen Sieg über die Bourgeoisie zu organisieren. Selbst im Jahre 1932 erwies sich die KPD als noch nicht stark genug, um die sozialistischen Arbeiter, entgegen dem Willen der sozialdemokratischen Führer, gegen den Faschismus zum Generalstreik zu führen.

Und war etwa 1920 in Italien die Situation nicht revolutionär? Und dennoch hat das Proletariat damals nicht gesiegt, sondern die Faschisten sind zur Macht gelangt, weil es noch keine starke revolutionäre Partei des Proletariats gab.

Weiter. Hätte etwa der Ausgang der Ereignisse in Österreich im Februar 1934 nicht ein anderer sein können, wenn es damals in Österreich eine starke Kommunistische Partei gegeben hätte, wenn in Österreich nicht die Sozialdemokratische Partei herrschte, die selbst Otto Bauer als eine nicht revolutionäre Partei bezeichnet?

Könnte etwa nicht in Spanien, wo die bürgerlich-demokratische Revolution nun schon seit vier Jahren nicht vom Fleck kommt, die Lage für die weitere Entwicklung der revolutionären Bewegung anders sein?

Und hätten die Erfolge der Erwerbslosenbewegung und der politischen Aktionen der Arbeiterklasse während der letzten Jahre in einer Reihe kapitalistischer Länder nicht größer sein können, wenn die kommunistischen Parteien stärker gewesen wären, wenn sie ein mächtiges System proletarischer Massenorganisationen zu schaffen, das Proletariat und die breiten werktätigen Massen mitzureißen und zum Angriff auf den Kapitalismus zu führen vermocht hätten?

Wenn im Oktober 1917 das russische Proletariat siegte, so vor allen Dingen deshalb, weil es in Rußland die starke und erfahrene Partei der Bolschewiki gab, die es unter der festen Führung Lenins verstanden hatte, mit der gesamten Masse der Ausgebeuteten und Unterdrückten enge Fühlung zu nehmen und die Mehrheit des Proletariats für sich zu gewinnen, um das gesamte Proletariat zur erfolgreichen, sieggekrönten Revolution zu führen.

Ohne eine solche Partei hätte das Proletariat Rußlands trotz der revolutionären Situation die Macht nicht zu erobern vermocht.

Die Hauptlehre, die uns die Geschichte der revolutionären Bewegung gibt, besteht somit darin, daß wir Kommunisten unablässig an der Organisierung der Massen, an der Stärkung der kommunistischen Parteien und ihrer Verbindung mit den Massen, an der Festigung der Kommunistischen Internationale zu arbeiten haben.

Wenn wir uns auf die Lösung dieser Aufgabe nicht vorbereiten, dann kann ‑ mag auch die revolutionäre Krise noch so tief sein ‑ der Fall eintreten, daß es der Bourgeoisie gelingt, die Massen zu täuschen, die Befreiungsbewegung des Proletariats noch einmal auf eine gewisse Zeit niederzuwerfen, die faschistische Diktatur in einer weiteren Reihe von Ländern aufzurichten und in einem neuen imperialistischen Krieg um die Neuaufteilung der Welt einen Ausweg aus ihrer schwierigen Lage zu suchen.

Die Zeit zwischen dem VI. und dem VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale war, wie ich schon vorhin sagte, eine Periode des Umschwungs in den Arbeitermassen zugunsten des revolutionären Kampfes, eine Periode der raschen Zunahme des Einflusses der kommunistischen Parteien in den Massen und zugleich damit eine Periode der organisatorischen und politischen Festigung der kommunistischen Parteien.

Diese politische und organisatorische Festigung der kommunistischen Parteien vollzog sich im Kampfe gegen die rechten Elemente, die die Partei zur Kapitulation vor der Sozialdemokratie drängten. Gleich nach dem VI. Weltkongreß kam es zur Auflehnung der Rechten gegen die Linie des Kongresses: in Deutschland durch Brandler, etwas später in den Vereinigten Staaten Amerikas durch Lovestone, in der Tschechoslowakei durch Jilek, in Schweden durch Kilbom, in Frankreich durch Sellier und später durch Doriot.

Jedoch weder in Deutschland, noch in den Vereinigten Staaten, weder in der Tschechoslowakei noch in Frankreich gelang es den Rechtsopportunisten, nennenswerte Teile der Parteimitgliedschaft unter ihre Gefolgschaft zu bringen. Nur in Schweden gelang es den Kilbomleuten, infolge mangelhafter Aufklärungsarbeit und Fehler der Anhänger der Kominternlinie, die Kommunistische Partei Schwedens zu spalten und der Kommunistischen Internationale einen Teil der revolutionären Arbeiter abspenstig zu machen.

Im Kampfe gegen die Rechten, sowie im gleichzeitigen Kampf gegen die "linken" sektiererischen, zur Isolierung der Partei von den breiten Massen führenden Einstellungen haben sich die kommunistischen Parteien hinreichend gestählt, um den opportunistischen Einfluß abzuwenden; sie überprüften ihre Reihen, warfen die morschen, für den Kampf untauglichen Elemente hinaus und erwarben gleichzeitig die Fähigkeit, besser im Kampfe gegen die Bourgeoisie und den Reformismus zu manövrieren und ihre Taktik mehr den konkreten Bedingungen des Klassenkampfes des Proletariats in jedem einzelnen Lande anzupassen.

Die heldenmütigen Kampftrupps des Kommunismus

Durch die innerparteiliche Festigung, dank den in der neuen Kampfetappe gesammelten Erfahrungen und der ernsthaften Ausbildung der Kader sind die kommunistischen Parteien auf eine neue, höhere Stufe gelangt. Davon zeugen die heldenmütigen Kämpfe der chinesischen Roten Armee, an deren Spitze Bauern, Landarbeiter, Studenten stehen, die in diesen sieben Jahren von der Partei geschult wurden und die sieh zu bedeutenden Organisatoren und Führern der Massen und zu proletarischen Staatsmännern entwickelt haben.

Davon zeugt die Arbeit der Kommunistischen Partei Deutschlands, die Arbeit ihrer unteren Parteikader, die trotz häufiger Desorganisierung der zentralen Leitung durch die Gestapo (Geheime Staatspolizei) und des grauenhaften mittelalterlichen Terrors sich selbständig in komplizierten politischen Fragen zurechtfinden, Tausende von illegalen Zeitungen herausgeben und den Kampf der Arbeiter gegen die Nationalsozialisten organisieren. Davon zeugt die geschickte Taktik der Kommunistischen Partei Frankreichs, die zur Herstellung der Einheitsfront und zur Vereinigung der breiten Volksmassen zum Kampfe gegen die Offensive der Faschisten geführt hat. Davon zeugen die Oktoberkämpfe in Spanien, wo es noch vor fünf Jahren nur eine unbedeutende kommunistische Propagandistengruppe gab, geleitet von halbtrotzkistischen Elementen, die später sogar mit der Komintern brachen, wo aber im Verlaufe der letzten Jahre eine starke Kommunistische Partei geschaffen wurde, die in einem bedeutenden Teil Asturiens die bewaffneten Kämpfe leitete.

Die verflossenen sieben Jahre haben der Welt gezeigt, daß ‑ wenn irgendwo die werktätigen Massen gegen das imperialistische Joch, gegen die Ausplünderung der Werktätigen durch Hochfinanz, Banken und Trusts zur Verteidigung der Freiheit der Völker und der Kultur der Menschheit in den Kampf traten ‑ die Kommunisten in den vordersten Reihen kämpften.

Im Verlaufe der verflossenen sieben Jahre konnte sich die Welt von der Standhaftigkeit und Aufopferung, von der grenzenlosen Hingabe der Kader der Kommunistischen Internationale an die Sache des Kampfes um die Befreiung aller Ausgebeuteten und Unterdrückten überzeugen.

Gedenkt des Auftretens des Genossen Dimitrow auf dem Leipziger Prozeß, gedenkt der Prozesse gegen Rákosi in Ungarn, Antikainen in Finnland, Fiete Schulze in Deutschland, gedenkt des Heldentodes der Genossen Tsu Zo-Bo[8] (Strachow), Lütgens, Kofardschiew, gedenkt der zahlreichen Helden und Opfer des großen Befreiungskampfes in allen Ländern der Welt!

Außerordentliche Bedeutung kommt dem Umstande zu, daß in dieser Berichtsperiode einzelne Parteien oder mehrere Parteien zusammen oftmals die Initiative zu internationalen Aktionen in der Sache des Kampfes für die Arbeitslosen, gegen Faschismus und Krieg ergriffen. Außerordentliche Bedeutung kam auch der Tatsache zu, daß die stärkeren und erfahrenen Parteien den schwächeren Parteien mit Ratschlägen zur Hand gingen, Programme und Dokumente für sie ausarbeiteten, daß die Kommunisten der imperialistischen Länder ständig den Kommunisten der Kolonialländer in ihrer Arbeit halfen und den schwächeren Parteien sowohl in ihrer inneren Konsolidierung als auch in ihrem Kampfe gegen die Bourgeoisie beistanden.

Im Zusammenhang damit, daß in den letzten Jahren im Bewußtsein der breiten Arbeitermassen, insbesondere der sozialdemokratischen Arbeiter, ein Umschwung eingetreten ist, entstehen für die kommunistischen Parteien unvergleichlich größere Möglichkeiten, die Arbeitermassen für sich zu gewinnen. Unsere Losungen gewinnen Popularität in immer breiteren Schichten der Arbeiterklasse, auch innerhalb der sozialdemokratischen Parteien.

Es muß schlecht um die Positionen der sozialdemokratischen Führer in den Massen stehen, wenn viele von ihnen jetzt die Diktatur des Proletariats, die Sowjetform des Staates, die Beschlagnahme der Produktionsmittel und ihre Nationalisierung, den gewaltsamen Sturz der Macht der Ausbeuterklasse anzuerkennen beginnen. Dieser Sieg der Losungen und Ideen der Kommunistischen Internationale zeigt, [daß,] wenn die kommunistischen Parteien in den Jahren der Stabilisierung ihren Einfluß nur langsam auszudehnen und den Einfluß der alten einflußreicheren reformistischen Parteien nicht zu brechen vermochten, nunmehr alle Voraussetzungen gegeben sind, um den kommunistischen Parteien ein beschleunigtes Wachstum ihres Einflusses und Erfolge bei der Gewinnung der Mehrheit der Arbeiterklasse für die kommunistischen Parteien rascher zu ermöglichen.

Die Bourgeoisie versucht, den kommunistischen Parteien die Gewinnung der Mehrheit der Arbeiterklasse dadurch zu erschweren, daß sie die kommunistische Propagandafreiheit einschränkt, die legale Arbeit der kommunistischen Parteien unterbindet, mit dem Terror gegen die Kommunisten vorgeht und den Losungen der Kommunisten die Losungen der verschiedenen bürgerlichen, halbfaschistischen und faschistischen Parteien entgegenstellt.

Angesichts der stürmischen Abkehr der Massen vom Reformismus und der Gefahr der proletarischen Revolution betreibt die Bourgeoisie die Liquidierung der letzten Reste der bürgerlichen, demokratischen Freiheiten und der Organisationen des Proletariats, darunter auch die der sozialdemokratischen Parteien und der Gewerkschaften.

Infolge dieser Offensive der Bourgeoisie gegen die Arbeiterorganisationen können heute von den 67 Sektionen der Kommunistischen Internationale in den kapitalistischen Ländern nur 22 Sektionen und davon nur 11 Sektionen in Europa legal oder halblegal arbeiten. 45 Sektionen, darunter 15 in Europa, sind gezwungen, in strengster Illegalität und unter dem grausamsten Terror zu arbeiten. Darunter sind einige Länder wie Italien, Deutschland, Österreich, Lettland, wo die Faschisten sämtliche Organisationen des Proletariats, einschließlich der sozialdemokratischen Parteien und Gewerkschaften, zerstört haben und die Arbeiter gewaltsam in die faschistischen Organisationen treiben.

Man muß den Massen das Programm, die Strategie und Taktik der Komintern klarmachen

Die Formen und Methoden des Kampfes der Kommunisten um die Arbeitermassen, die Agitation und Propaganda, die Organisationsarbeit, werden durch die Lage der kommunistischen Parteien in jedem einzelnen Lande bestimmt. Jedoch in allen kapitalistischen Ländern ohne Ausnahme verläuft dieser Kampf unter den allgemeinen Losungen des Kampfes gegen die Kapitalsoffensive, gegen den Faschismus und gegen die Vorbereitung eines neuen imperialistischen Krieges. In allen Ländern verläuft die Arbeit der Kommunisten unter der Hauptlosung der Kommunistischen Internationale: der Losung des Kampfes um die Sowjetmacht.

Unsere Agitation und Propaganda wurde durch den Umstand bedingt, daß die Kommunisten in ihrem Kampfe gegen den Kapitalismus, gegen Faschismus und Krieg gleichzeitig auch die Sozialdemokratie bekämpfen mußten, die die Massen vom Kampfe zurückhält. Ohne die Bekämpfung der Sozialdemokratie war es unmöglich, gegen die Bourgeoisie zu kämpfen, weil es darum ging, die sozialdemokratischen Arbeiter für den Kampf zu gewinnen.

Gerade die gegenwärtige Situation zwingt uns, die Kritik gegen jene sozialdemokratischen Parteien und Führer zu verstärken, die die Massen nach wie vor vom Kampfe zurückhalten und eine Streikbrecherrolle im Kampfe der Arbeiterklasse spielen. Aber gleichzeitig müssen wir uns in unserer Agitation und Propaganda mit aller Schärfe gegen die Bourgeoisie, insbesondere gegen ihre reaktionärsten faschistischen Parteien wenden, die danach trachten, die ‑ früher nicht klassenbewußten und politisch passiven ‑ Massen, die sich vom Reformismus abwenden und zum erstenmal in Bewegung kommen, durch ihre demagogischen, antikapitalistischen Losungen für sich einzufangen.

Die Methoden der Agitation und Propaganda, die von den Faschisten und vielen anderen bürgerlichen Parteien und ihren Führern angewandt werden, zeugen davon, daß die Bourgeoisie sich schwach fühlt, daß sie bereits nicht mehr imstande ist, ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten durch offenes Eintreten für den Kapitalismus vor den Massen.

Viele unserer Agitatoren und Redakteure glauben, daß es unsere Aufgabe sei, nur den theoretischen Nachweis zu erbringen, daß diese Losungen der Bourgeoisie unwissenschaftlich seien und der marxistisch-leninistischen politischen Ökonomie nicht entsprechen. Das ist ganz müßig. Unsere Aufgabe ist es, mit allen Mitteln zu beweisen, daß die bürgerlichen Führer mit diesen Losungen die Massen betrügen, daß keine bürgerliche Partei diese Losungen durchführen kann, und daß nur die Sowjetmacht die Werktätigen von der Herrschaft der Banken und Trusts, vom Joch des Kapitals, von Armut, Hunger und Elend befreien wird.

Unsere Aufgabe ist es, den Massen zu zeigen, daß im deutschen "Nationalsozialismus" kein Körnchen Sozialismus enthalten ist. Die faschistischen Demagogen suchen sich in die Toga von Volkstribunen zu hüllen, die die "Belange" der gesamten Nation wahren.

Unsere Aufgabe ist es daher, sie als Agenten der mächtigsten Trusts, der Kanonenkönige zu entlarven, den Massen aufzuzeigen, was hinter der Legende von der nationalen Einheit steckt, wie eine Handvoll Kapitalisten und faschistischer Führer sich auf Kosten des Volkes mästet. Wir müssen den Massen aufzeigen, daß nur die Diktatur des Proletariats - diese einzige und wirkliche Demokratie für die Werktätigen, geschaffen nach dem Vorbild der Sowjetunion ‑ den Werktätigen zu helfen vermag.

Das kapitalistische System zeigt sich in immer widerlicherer Gestalt vor den Werktätigen. Gegen das kapitalistische System wenden sich alle hervorragenden Menschen der Gegenwart. Der Kommunismus ersteht in den Augen der Massen als einziger Rettungsanker.

Die werktätigen Massen sind gegen den Kapitalismus, sie haben den Glauben an den Reformismus verloren und beginnen mit ihm zu brechen. Die werktätigen Massen sind für die Kampfeinheitsfront gegen Kapital, Faschismus und Krieg.

Die Kommunisten, die in konsequenter Weise den Kampf gegen die Kapitalsoffensive, Faschismus und Krieg organisieren, sind für die Einheitsfront als jene Form der Einheit, die sofort verwirklicht werden muß.

Doch mit der Aktionseinheit allein ist es nicht getan. Der Umschwung, der in den Massen eingetreten ist in Verbindung mit der Änderung der Weltlage, dank dem Siege des Sozialismus in der Sowjetunion und dank dem Umstand, daß die Bourgeoisie in immer weiteren Ländern zu den Methoden der faschistischen Diktatur übergegangen ist, hat dazu geführt, daß sich die sozialdemokratischen Massen spontan der Einheitsfront zuzuwenden begannen. Aber das bedeutet noch nicht, daß diese Massen ebenso spontan zum Kommunismus kommen werden.

Die Arbeiter sind für eine einheitliche Partei, aber sie stellen sich die Schaffung einer solchen Partei oft zu einfach vor. Sollen sämtliche revolutionären Arbeiter zu einer Partei vereinigt werden, so bedarf das einer breiten Erörterung der programmatischen und taktischen Fragen und Ziele des Kampfes durch die Massen selbst.

Eine wirklich einheitliche Partei des Proletariats kann nur auf der Grundlage der Einheit des Programms, der Strategie und Taktik geschaffen werden. Programm und Taktik der Sozialdemokratie haben bankrott gemacht. Programm, Strategie und Taktik der Kommunistischen Internationale haben jede Prüfung bestanden. Deshalb haben wir allen Grund, den sozialdemokratischen Arbeitern unser Programm, unsere Taktik und Strategie verständlich zu machen, auf dieser Grundlage für die Vereinigung aller revolutionären Kräfte zu kämpfen und an der ganzen Front zur Offensive gegen den Reformismus überzugehen.

Die Verbindung mit den Massen ‑ ein Gesetz des Bolschewismus

Ich komme nunmehr zum organisatorischen Zustande unserer Sektionen. Unsere Sektionen sind in allen Ländern politisch und auch zahlenmäßig gewachsen. Aber das organisatorische Wachstum entspricht nicht dem Wachsen unseres Einflusses, und das kann dazu führen, daß die kommunistischen Parteien nicht imstande sein werden, sich der gewaltigen Aufgabe, die ihnen die politische Lage in der Frage der Führung der Massen auferlegt, vollauf gewachsen zu erweisen.

Das organisatorische Wachstum der Sektionen der Kommunistischen Internationale in den Ländern mit legaler Bewegung wird heute vor allem durch eine Reihe von Mängeln in der Werbung neuer Mitglieder, in der Schulungsarbeit an ihnen, sowie im Aufbau der Parteiorganisationen behindert. Das tritt 'besonders in der sogenannten Fluktuation hervor, die sich darin äußert, daß die neugewonnenen Parteimitglieder entweder den Reihen der Partei faktisch nicht beitreten oder nach einigen Monaten die Partei wieder verlassen. Viele der der Partei neubeitretenden Arbeiter sind politisch noch wenig geschult, noch nicht genügend aktiv und diszipliniert. Die Parteiorganisation muß sich sehr um sie kümmern, um sie zu kampfgewillten Kommunisten und aktiven Funktionären der Partei zu erziehen. Aber gerade daran lassen es die alten Mitglieder der Partei sehr oft fehlen.

Das organisatorische Wachstum der Sektionen der Kommunistischen Internationale in den Ländern mit illegaler Bewegung wird durch die polizeilichen Verfolgungsmaßnahmen und durch die Befürchtung des Eindringens von Provokateuren in die Organisation stark gehemmt. Aber in den illegalen Sektionen sind die neu eingetretenen Mitglieder in der Regel besser geschult, besser diszipliniert und auch aktiver. Aber auch hier machen sich große Mängel bemerkbar.

Sehr häufig sind die Zellen keine politischen Organisationen, die die verschiedenen politischen Fragen beraten, was keineswegs etwa durch die notwendige Konspiration bedingt ist. Die Zellen sind häufig nur Organisationen, die die Mitgliedsbeiträge kassieren oder die Parteifunktionen verteilen.

In vielen Organisationen, sowohl in den legalen wie in den illegalen Sektionen, herrscht eine geradezu sektiererische Scheu vor dem Zustrom ehemaliger sozialdemokratischer Arbeiter. Dieses Sektierertum ging in manchen Organisationen in Deutschland so weit, daß man für ehemalige Sozialdemokraten entweder bestimmte Aufnahmebedingungen festsetzte oder sie in besonderen Zellen zusammenfaßte und vielfach auch an sie zu hohe politische Anforderungen stellte. Ein solches Vorgehen gegenüber ehemaligen Sozialdemokraten zeugt von einer völligen Verständnislosigkeit für den in den sozialdemokratischen Massen vor sich gehenden Umschwung.

Von diesem Umschwung zeugt das Beispiel unserer österreichischen Partei, die heute zu mehr als zwei Dritteln aus Genossen besteht, die noch vor einem Jahre in der Sozialdemokratischen Partei waren und jetzt treue, ergebene und aktive Mitglieder der Kommunistischen Partei Österreichs sind. Und dies gilt nicht nur für die einfachen ehemaligen Mitglieder der Sozialdemokratie, sondern auch für die ehemaligen sozialdemokratischen Funktionäre. Ich will hier mit besonderer Freude hervorheben, daß die Delegation unserer österreichischen Sektion auf diesem Kongreß zu einem beträchtlichen Teil aus Genossen besteht, die bis zum Februar 1934 noch hervorragende Funktionäre der Sozialdemokratischen Partei waren. Gerade die Zusammensetzung der österreichischen Delegation ist das beste Zeugnis für den Niedergang des Reformismus und den Sieg unserer Losungen.

Es ist das Grundprinzip unserer Parteiorganisation, daß sie es verstehen muß, engste Fühlung mit den Massen zu halten und alle gebotenen Möglichkeiten zur Organisierung des Kampfes und der Einbeziehung der Arbeiter in diesen Kampf auszunutzen. Hierbei muß sie sich auf die entscheidenden Schichten der Arbeiter der wichtigsten Betriebe und Industriezweige stützen.

Ich möchte hier zwei besonders wichtige Aufgabengebiete der Organisationsarbeit unserer Parteien hervorheben, die gerade am meisten vernachlässigt werden. Das ist die Arbeit unter den Frauen und der Jugend. Für ihre Gewinnung für den revolutionären Kampf sind gerade in der gegenwärtigen Situation in allen Ländern die günstigsten Voraussetzungen gegeben.

Die entscheidende Voraussetzung für die erfolgreiche Massenarbeit der Kommunisten und für die Eroberung der Massen durch die kommunistischen Parteien ist die Arbeit der Kommunisten in den Gewerkschaften und in anderen Organisationen, in denen Arbeitermassen erfaßt sind. Ohne Sicherung des Einflusses auf die Mitgliedermasse dieser Organisationen kann von der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse durch die kommunistischen Parteien keine Rede sein.

In der letzten Zeit ist eine gewisse Belebung unserer Arbeit in den Amsterdamer Gewerkschaften in England, Ungarn, Polen und im amerikanischen Gewerkschaftsbund eingetreten. Das hat bereits dazu geführt, daß die Reformisten weder in England noch in den Vereinigten Staaten imstande sind, die in ihrem sogenannten "Schwarzen Rundschreiben" gegebenen Direktiven über den Ausschluß der Kommunisten durchzuführen. In Ungarn und Polen wurde durch unsere Arbeit den Faschisten die Liquidierung der Gewerkschaftsorganisationen erschwert.

Eine starke Initiative bekundeten in letzter Zeit auch die Kommunisten in Österreich und Deutschland, die sich aktiv an der Wiederherstellung der Freien Gewerkschaften beteiligen. Aber viele Kommunisten betrachten die Amsterdamer Gewerkschaften noch immer als eine Domäne der Sozialdemokratie und nicht als ihre eigenen Organisationen, nicht als eine der grundlegenden Organisationen der Arbeiterklasse, für deren Stärkung wir sachlich arbeiten müssen.

In den Ländern, wo alle Arbeiterorganisationen von den Faschisten zerschlagen sind, werden die Kommunisten die breiten Arbeitermassen nicht zu erfassen vermögen, wenn sie nicht alle legalen und halblegalen Möglichkeiten ausnutzen, wenn sie nicht in den faschistischen Gewerkschaften in Italien und Österreich, sowie in den Reihen der sogenannten "Arbeitsfront"[9] in Deutschland arbeiten und in diesen Organisationen um den Einfluß auf die Massen, um ihre Führung zu kämpfen.

Unsere Losung im Kampfe um die Gewinnung der Mehrheit des Proletariats für die Kommunistische Partei ist: breitere Front, tiefer in alle Massenorganisationen hinein!

Die Aufgabe unserer Arbeit innerhalb der Partei ist: Stärkung der Partei und Hebung des politischen Niveaus der Parteiorganisationen.

Die wichtigsten Sektionen der Komintern

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Der Leninsche Stil der Leitung

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Die Ära der II. Internationale ist zu Ende

Die Ära der II. Internationale in der Arbeiterbewegung ist zu Ende. Die Lage in den kapitalistischen Ländern, die Lage des Weltkapitalismus, der unfähig ist, einen Ausweg aus seinen Schwierigkeiten zu finden, der unfähig ist, Not und Hunger der Massen zu lindern, zeigt, daß ein neuer Aufstieg, eine neue Blüte des Reformismus bereits nicht mehr möglich Ist. Wohl können in einzelnen Ländern sich auf kurze Zeit die sozialdemokratischen Parteien festigen, können sie da und dort noch an die Macht gelangen und sich an bürgerlichen Regierungen beteiligen. Doch dies wird nicht mehr deshalb geschehen, weil die Massen noch die Illusion hegen, daß dies zum Sozialismus führt, sondern nur deshalb, weil die Massen sich noch nicht stark genug fühlen, die Herrschaft der Bourgeoisie zu stürzen und sie deshalb glauben, daß man die Vorstöße der Reaktion, sei es auch mit Hilfe sozialdemokratischer Regierungen, aufhalten könne.

Die II. Internationale macht eine tiefe politische Krise durch. Es ist dies die Krise des Weltreformismus, hervorgerufen durch die Verschärfung der gesamten Weltlage, heraufbeschworen durch die begonnene Umgruppierung der Massen, durch ihre Wendung zum Kampfe gegen die Bourgeoisie, ihre Wendung zur Revolution.

Die Krise der Sozialdemokratie und der gesamten II. Internationale stellt alle sozialdemokratischen Arbeiter, alle ehrlichen sozialdemokratischen Funktionäre vor die Frage: was weiter?

Wir haben dem Exekutivkomitee der II. Internationale wiederholt die Herstellung der Einheitsfront zum Kampf gegen Kapitalsoffensive, Faschismus und Krieg vorgeschlagen. Nicht zur Schaffung von Deklarationen, sondern den wirklichen Kampf anstrebend, schlugen wir im Jahre 1933 vor, Verhandlungen zwischen den einzelnen Parteien einzuleiten. Doch die II. Internationale lehnte unseren Vorschlag ab und erklärte, daß Verhandlungen nur zwischen den beiden Internationalen geführt werden könnten. Im Jahre 1934 schlugen wir dem Exekutivkomitee der II. Internationale unmittelbare Verhandlungen über konkrete, gemeinsame Aktionen vor. Unsere Vorschläge wurden wiederum abgelehnt. Im Jahre 1935, vor dem 1. Mai, schlugen wir dem Exekutivkomitee der II. Internationale erneut die Herstellung der Einheitsfront vor. Diesmal wurde von ihm erklärt, daß Verhandlungen zwischen den Parteien und nicht zwischen den Internationalen stattfinden können.

Was will die II. Internationale? Wohin will sie die Massen führen?

Eines von beiden: entweder sie kann bereits nicht mehr als internationale Organisation handeln, oder sie sabotiert die Einheit des Proletariats. Wenn die Führer der II. Internationale hoffen, auch noch diese für den Reformismus schwierige Zeit zu überdauern, wenn sie glauben, daß die Konjunktur für den Reformismus doch noch einmal wiederkehren wird, so erklären wir vor den breiten Arbeitermassen: jedes Manövrieren der Sozialdemokratie in der Hoffnung, daß die Konjunktur für den Reformismus wiederkehren wird, ist vergeblich für die reformistischen Führer und katastrophal für die Arbeiterklasse.

Wir schlagen allen Sozialisten, wir schlagen allen sozialistischen Parteien den einzigen richtigen und möglichen Weg vor, mit uns Kommunisten zusammen zu marschieren in der Einheitsfront zum Kampf gegen Faschismus, Krieg und Kapitalismus - für den Sozialismus.

Wir schlagen die Vereinigung aller revolutionären Kräfte des Proletariats zu einer einzigen revolutionären Partei auf den erprobten theoretischen und organisatorischen Grundlagen der Lehren von Marx und Lenin vor.

Vor uns, den Kommunisten der ganzen Welt, steht eine Aufgabe von höchster Wichtigkeit ‑ die Aufgabe, durch die Arbeit der eigenen Partei dafür zu sorgen, daß jeglichen Gaunereien der Bourgeoisie jede Möglichkeit versperrt wird, durch irgendeine Demagogie die vom Reformismus enttäuschten Massen zu betören, die Aufgabe, das Proletariat auf dem Boden der Einheitsfront zum Kampf gegen Kapitalsoffensive, Faschismus und Krieg zu führen, das Proletariat für die Revolution, für den Kampf um die Sowjetmacht zu gewinnen.

Genossen, ich komme nunmehr zum Schlußteil meines Berichts, zur Frage der Perspektiven der Weltentwicklung und der Weltrevolution.

V. Die Perspektiven der Weltentwicklung und der Weltrevolution

Welches sind die Perspektiven der Weltentwicklung, welches sind die Perspektiven der Weltrevolution? Das kapitalistische System ist durch die Entwicklung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, durch die Weltwirtschaftskrise, durch die zunehmende Revolutionierung der Werktätigen und durch die sich in vielen Ländern geltend machenden Anzeichen einer politischen Krise bis in seine Grundfesten erschüttert.

Die Kräfte der Bourgeoisie sind schwächer geworden, die Kräfte des Proletariats sind erstarkt. Das Kräfteverhältnis im Weltmaßstabe hat sich zugunsten des Sozialismus, zu ungunsten des Kapitalismus verändert.

Die UdSSR ‑ der Stolz und Ruhm des Weltproletariats

Die Sowjetmacht ist zum mächtigsten und wichtigsten Faktor im Weltkampf um den Sozialismus geworden. Wenn die UdSSR zur Zeit des VI. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale noch ein verhältnismäßig schwacher Staat war, der keine nennenswerte Großindustrie besaß, so ist heute die Sowjetunion zu einer in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht kraftstrotzenden sozialistischen Großmacht geworden, die sich auf eine ausgebaute Schwerindustrie und die beste zeitgenössische Technik stützt.

Heute wirkt die UdSSR durch ihre gesamte Politik mit jedem Tage stärker auf die Geschicke des Weltkapitalismus und auf die Entwicklung des Befreiungskampfes des Weltproletariats und der Völker der kolonialen und abhängigen Länder ein. In diesem stets ansteigenden Einwirken des Sieges des Sozialismus in der Sowjetunion auf die Weltentwicklung und auf das Bewußtsein der werktätigen Massen in den kapitalistischen Ländern kommt die Weltbedeutung des Sieges des Sozialismus in einem einzelnen Lande zum Ausdruck, eines Sieges, der nicht isoliert bleiben kann, sondern zum Siege des Sozialismus in der ganzen Welt führen wird.

Es unterliegt für uns keinem Zweifel, daß der Umschwung in den werktätigen Massen, der die Wendung dieser Massen zum revolutionären Kampf gegen die Kapitalsoffensive, gegen Faschismus und Krieg bedeutet, in entscheidendem Maße durch die Erfolge der Sowjetunion herbeigeführt ist. Diese Erfolge haben der ganzen Welt bewiesen, daß die Arbeiterklasse imstande ist, aus eigener Kraft eine neue, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, daß der Sozialismus die Werktätigen einem Leben in Glück, Freiheit und Wohlstand entgegenführt.

Die Überlegenheit des neuen, des sozialistischen Wirtschaftssystems über das kapitalistische, die Überlegenheit der neuen, der sozialistischen Gesellschaftsordnung über die bürgerliche Klassengesellschaftsordnung, der in die Augen springende Kontrast zwischen der UdSSR und den Ländern des Faschismus ist jene Kraft, die bei ernster und energischer Arbeit der Kommunisten fähig ist, in wenigen Jahren den Masseneinfluß des Reformismus zunichte zu machen.

Der Sieg des Sozialismus in der UdSSR beweist zugleich, daß der Sieg des Sozialismus in der ganzen Welt unausbleiblich ist.

Auf der Basis der kolossalen Vorzüge der sozialistischen Wirtschaft, die sich auf die beste zeitgenössische Technik und die kollektivierte Landwirtschaft stützt, auf der Basis der Festigung des gesellschaftlichen Eigentums wird sich das materielle und kulturelle Niveau der Werktätigen weiterhin mit außerordentlicher Schnelligkeit heben und die wirtschaftliche und politische Macht der Sowjetunion weiter wachsen, wird die Sowjetdemokratie für alle Werktätigen weitere Vervollkommnung erfahren.

Das Sowjetland wird in stetig steigendem Maße vor der ganzen Welt dastehen als das Land der fortgeschrittenen Kultur und Technik, als das Land des Friedens und des Wohlergehens des gesamten Volkes, als das Land der Demokratie und Freiheit, als das große sozialistische Land, in dem jeder Mensch die Möglichkeit der vollen Entfaltung seiner individuellen Fähigkeiten und Anlagen besitzt.

Aus dem Siege des Sozialismus In der Sowjetunion und der durch nichts beschränkten Perspektiven der weiteren Entwicklung der Sowjetunion auf der Bahn des Sozialismus schöpfen wir die Gewißheit, daß unser Einfluß auf die werktätigen Massen der ganzen Welt mit kolossaler Schnelligkeit wachsen wird, daß der Sieg des Sozialismus die Schwenkung der Arbeiterklasse aller Länder zum Kommunismus und den Sieg des Sozialismus in der ganzen Welt herbeiführen wird.

Es bedarf bloß des Friedens, der die Möglichkeit neuer Siege des Sozialismus in der UdSSR gewährleistet. Es bedarf bloß der Möglichkeiten, um die Werktätigen in den kapitalistischen Ländern aufzuklären und zu organisieren, es bedarf bloß der Energie, der Willenskraft, der Hingabe der Kommunisten an die Sache des Kampfes um den Sozialismus, damit unser Sieg im Weltmaßstabe in geschichtlich kurzer Frist gesichert sei.

Wenn von der ersten wirklichen bürgerlichen Revolution, der großen französischen Revolution von 1789, bis zum Ausbruch der Zeit, als durch Europa eine Welle von bürgerlichen Revolutionen raste, die die Macht des Feudalismus vernichtete, nicht ganz 50 Jahre erforderlich waren, so sind vom Siege der ersten sozialistischen Revolution, der großen Oktoberrevolution im Jahre 1917, bis zum Siege des Sozialismus in der ganzen Welt keine größeren, sondern bedeutend geringere Fristen erforderlich.

Die revolutionäre Krise reift heran

Aber das kapitalistische System wird nicht kampflos von der Bühne der Weltgeschichte abtreten.

Das kapitalistische System ist geschwächt, aber es ist dem Kapitalismus gelungen, aus dem äußersten Tiefstand der Wirtschaftskrise herauszukommen. Jedoch drei Jahre nach Überwindung dieses äußersten Tiefstandes der Krise hat ‑ trotz namhaften Einflusses der Kriegsvorbereitungen auf das Wachstum der Produktion ‑ die Produktion in den meisten Ländern dennoch den Vorkrisenstand nicht wieder erreicht. Die Schrumpfung des Außenhandels infolge der Lockerung der weltwirtschaftlichen Beziehungen dauert bis zur letzten Zeit an.

Die gewaltige Zunahme der Arbeitslosigkeit im Vergleich mit der Vorkrisenzeit, das außerordentlich gesunkene Lebenshaltungsniveau aller Werktätigen, die Agrarkrise in den Bauernländern, das außerordentlich tiefe Niveau der Kapitalanlagen in der Industrie in der überwiegenden Mehrzahl der Länder, die gewaltige Zunahme des Schmarotzertums des Staates, der Umstand, daß der Staat in Form von Steuern einen bedeutenden Teil des Volkseinkommens zur Finanzierung der Kriegsvorbereitungen und zum Unterhalt des angeschwollenen Staatsapparates an sich reißt ‑ alles dies hat die Aufnahmefähigkeit des Binnenmarktes der imperialistischen Länder stark vermindert.

Dazu kommt, daß die gewaltige Verstärkung der monopolistischen Trusts und Kartelle, die die Preise auf dem Binnenmärkte hochzuhalten bestrebt sind, die Erweiterung des Marktes und die Aufsaugung der Warenvorräte hemmt und zur beschleunigten Aufstapelung neuer Warenvorräte führt. Die Prohibitivzölle, die Liquidierung der Reste des Freihandels, der Handelskrieg, das Dumping, die Schrumpfung der Aufnahmefähigkeit der Kolonialmärkte, die fortdauernde Krise in den Kolonien, die Zerrüttung des internationalen Kredit- und Währungssystems ‑ alles dies hemmt die Wiederherstellung der internationalen Verbindungen und die Ausdehnung des Außenhandels. Dies aber setzt einem möglichen Aufschwung der Industrieproduktion enge Schranken und macht einen ernstlichen, für alle Länder gemeinsamen Aufschwung der Produktion außerordentlich schwierig.

Die allgemeine Spannung der Beziehungen zwischen den Klassen und Staaten, die unmittelbar drohende Gefahr eines Krieges und die Symptome einer politischen Krise in einer ganzen Reihe von Ländern schaffen eine Alarmsituation, die eine Konsolidierung der Wirtschaft und einen wirtschaftlichen Aufschwung nicht begünstigt.

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die allgemeine Krise des Kapitalismus, auf deren Grundlage sich die Wirtschaftskrise entwickelt, eine Situation geschaffen hat, unter der diese für die wirtschaftliche Entwicklung ungünstigen Bedingungen auch weiterhin fortbestehen, die die kapitalistische Ökonomik an einem irgendwie ernst zu nehmenden Aufstieg hindern und den Prozeß ihrer Fäulnis weiter fördern.

Infolge dieser Ursachen herrschen in den meisten Ländern offenbare Tendenzen zur weiteren Verschleppung der Depression besonderer Art vor, und die kurzfristige, in den einzelnen Ländern und Branchen ungleichmäßige Produktionssteigerung wird höchstwahrscheinlich von neuen Anfällen einer Wirtschaftskrise begleitet sein.

Diese durch die Fortdauer der Depression besonderer Art gekennzeichnete Wirtschaftslage, die in allen kapitalistischen Ländern Dutzende von Millionen Arbeitsloser zu Hunger und Aussterben und Hunderte von Millionen Arbeiter, Bauern, Intellektuelle, städtische Kleinbürger und Kolonialsklaven zu einem Bettlerdasein verdammt, hat die Kluft zwischen der Handvoll Monopolisten des Finanzkapitals und der in den Abgrund des Elends und der Verzweiflung gestürzten Hauptmasse des Volkes noch weiter aufgerissen.

Der Glaube an den Kapitalismus, an die Fähigkeit der Führer der kapitalistischen Wirtschaft und des Staates, einen Ausweg aus der Krise zu einer neuen Prosperität zu finden, ist in den breiten Volksmassen untergraben. Die Autorität der Imperialisten in den Kolonien ist geschwächt, alle wirtschaftlichen, sozialen und politischen Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft sind zerrüttet, so daß selbst die herrschenden Klassen gezwungen sind, zu antikapitalistischer Demagogie Zuflucht zu nehmen.

Das ist jene Situation, die den werktätigen Massen den Kontrast zwischen Kapitalismus und Sozialismus am greifbarsten vor Augen führt, unter der der Kampf der Unterdrückten gegen ihre Unterdrücker sich rasch zuspitzen, die Empörung der Massen gegen das kapitalistische Regime rasch anwachsen, die revolutionäre Krise heranreifen und im Bewußtsein immer breiterer proletarischer Massen die Idee des Sturmes auf den Kapitalismus heranreifen wird.

Es kann jedoch der Fall eintreten, daß in einigen Ländern die kapitalistische Wirtschaft nach Überwindung der ungünstigen Bedingungen ihrer Entwicklung noch einen vorübergehenden Aufschwung und die Lage der Bourgeoisie dieser Länder eine Erleichterung erfahren wird. Aber ein solcher Aufschwung der kapitalistischen Wirtschaft kann angesichts der Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus nicht zu einer Stabilisierung und zum Abebben der revolutionären Welle führen. Er wird im Gegenteil den Kampf unter den verschiedenen Gruppen der Bourgeoisie, die sich beeilen, von der sich verbessernden Konjunktur zu profitieren, verstärken, er wird den Kampf in der Weltarena verschärfen, weil die Märkte durch hohe Zollschranken abgesperrt sind, weil schließlich der Aufschwung irgendeines Landes auf Kosten anderer Länder vor sich gehen wird, die dadurch ins Hintertreffen geraten.

Alles dies wird die gesamte politische Situation zuspitzen, die Kriegsgefahr wird wachsen, die Ungewißheit der Massen über ihre nächste Zukunft wird sich nicht vermindern. Das bedeutet, daß ‑ wie sich auch die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahre gestalten mag ‑ die Verwesung des Kapitalismus schon so weit vorgeschritten ist, daß eine ernstliche Besserung der Lage des Kapitalismus bereits unmöglich ist. Das bedeutet, daß die ganze Entwicklung des Kapitalismus dem Heranreifen der revolutionären Krise entgegentreibt.

Der Verfall des kapitalistischen Systems einerseits und der Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion und das Anwachsen ihres Einflusses auf die Werktätigen in den kapitalistischen Ländern andererseits, revolutionieren die werktätigen Massen der ganzen Welt und machen die Lage der herrschenden Klassen immer unsicherer und schwankender.

Die Bourgeoisie fühlt sich schwach und isoliert. Die Macht der Bourgeoisie gerät immer mehr ins Wanken, ihre reformistische, soziale Basis wankt und schwindet immer mehr. Darum kann die Bourgeoisie ihre demokratische Maske, die ihr bei der Verwirklichung ihrer Herrschaft Dienste geleistet hat, nicht mehr aufbehalten, sie ist gezwungen, diese Maske abzulegen. Die Bourgeoisie ist ‑ der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe ‑ in immer stärkerem Maße in einer immer größeren Zahl von Ländern gezwungen, danach zu trachten, sich die Erhaltung ihrer Herrschaft durch den Übergang von der parlamentarischen Methode zur terroristischen, faschistischen Regierungsmethode zu sichern, indem sie den Werktätigen die letzten Reste der demokratischen Rechte und das Recht des Schutzes ihrer Interessen raubt.

Faschismus bedeutet Krieg

Aber die Politik der Autarkie, des ökonomischen Nationalismus, die von den Faschisten betrieben wird, um den Binnenmarkt restlos der einheimischen Bourgeoisie zur Ausplünderung der Massen auszuliefern, desorganisiert den Außenhandel und die Geldwährung noch mehr. Die Orientierung auf die Neuaufteilung der Welt verstärkt das militaristische Joch, zerrüttet die Staatsfinanzen immer mehr, führt zum Raub eines immer größeren Teiles des Volkseinkommens zur Finanzierung der Kriegsvorbereitungen und verschlechtert immer mehr die Lage der werktätigen Massen.

Der auf die Spitze getriebene Chauvinismus der Faschisten und die Kriegsvorbereitungen der größten faschistischen Länder führen zu einer Verstärkung des Chauvinismus und des Rüstungsfiebers in der ganzen kapitalistischen Welt.

Dort jedoch, wo es der Bourgeoisie gelungen ist, die faschistische Diktatur aufzurichten, werden den Arbeitermassen durch die Unterdrückung, die Rechtlosigkeit, die steigende Ausbeutung und die Kriegstreiberei immer mehr die Augen geöffnet, daß der Faschismus nicht im Interesse des Volkes handelt, sondern lediglich im Interesse der Finanzoligarchie. Dort wächst rasch die Unzufriedenheit der Massen, die ihre Illusionen über den Kapitalismus, über die demokratischen Wege des Kampfes verloren haben. Dort reift im Geheimdunkel der faschistischen Diktatur die Empörung der Volksmassen gegen den Faschismus heran.

Die Offensive der Bourgeoisie, ihre Versuche, die faschistische Diktatur aufzurichten, haben bereits zu politischen Krisen in Österreich, Spanien, Frankreich geführt. Jetzt, wo jeder Arbeiter schon weiß, was ihm der Faschismus beschert, wird der Widerstand der Massen gegen die Aufrichtung der faschistischen Diktatur sich mit jedem Tag verstärken, die Unzufriedenheit der Massen in immer größerem Maße wachsen.

Die ganze Politik der Faschisten bewirkt eine Verstärkung der antifaschistischen Bewegung in jenen Ländern, in denen noch Reste des Parlamentarismus und der demokratischen Freiheit geblieben sind. Dadurch wird es der Bourgeoisie dieser Länder schwerer gemacht, zur faschistischen Diktatur überzugehen. Das gesamte imperialistische System gerät dadurch immer mehr und mehr in Desorganisation. Unsere Losung heißt ‑ Kampf gegen den Faschismus.

Sozialismus bedeutet Frieden

Wir sind überzeugt, daß durch den gemeinsamen Kampf des Proletariats der kapitalistischen Länder und der Sowjetunion für den Frieden, der Krieg abgewendet werden kann.

Wenn es durch den Kampf der Sowjetunion und der Werktätigen aller Länder gelingen wird, die Imperialisten an der Entfesselung eines neuen Weltgemetzels zu hindern und den Frieden zu erhalten, so wird das nicht nur von einem gewaltigen Wachstum der Kräfte des Proletariats Zeugnis ablegen, sondern auch dazu führen, daß der Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion und der immer größer werdende Kontrast zwischen der Sowjetunion und der kapitalistischen Welt eine gewaltige Steigerung der Revolutionierung der werktätigen Massen sichert.

Wenn durch den Kampf der Sowjetunion und der Werktätigen aller kapitalistischen Länder für den Frieden der Krieg auch nur für eine gewisse Zeit aufgeschoben wird, so wird auch dies dem Proletariat die Möglichkeit geben, seine Position in den kapitalistischen Ländern besser auszubauen, die Macht der Sowjetunion noch mehr zu verstärken und sich günstigere Voraussetzungen für die Umwandlung des Krieges zwischen den Imperialisten oder des Krieges der Imperialisten gegen die Sowjetunion in eine erfolgreiche, sieggekrönte Revolution zu schaffen.

Sollte es aber dem Proletariat nicht gelingen, den Krieg abzuwenden, so wird der von den Imperialisten angezettelte neue Weltkrieg ein Krieg der imperialistischen Räuber um die Plünderung der Völker der Sowjetunion, um die Knechtung der heute unabhängigen kleinen und schwachen Völker, um die Aufteilung der Kolonien und Einflußsphären der imperialistischen Großmächte sein.

Der Krieg wird allen Werktätigen namenloses Elend bringen. Werden die Werktätigen dies dulden?

Wenn der Krieg Japans gegen das chinesische Volk schon eine Gärung der Volksmassen beider Länder und den Drang der besten Leute des chinesischen Volkes nach Zusammenschluß zum gemeinsamen Kampfe, Schulter an Schulter mit der chinesischen Roten Armee ausgelöst hat, wenn die Kriegsvorbereitungen Deutschlands eine Antikriegsbewegung in der ganzen Welt ausgelöst haben, so kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Entfesselung eines Krieges der Imperialisten gegen die Sowjetunion oder der Imperialisten untereinander zum offenen Zusammenprall aller Gegensätze des imperialistischen Systems führen und die Proletarier aller Länder, die Werktätigen der ganzen Welt und ganze Völker zur höchsten Steigerung des Klassenkampfes bringen wird.

Die Entfesselung des Krieges durch die Imperialisten wird den Beginn der revolutionären Krise in der ganzen kapitalistischen Welt bedeuten.

Die Aufgabe der Proletarier der ganzen Welt wird sein, um den Sieg der Revolution, um die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg gegen die Bourgeoisie zu kämpfen.

Wie auch die weitere Entwicklung verlaufen mag ‑ sie treibt zur Revolution.

Die revolutionäre Krise ist noch nicht reif, aber sie reift in der ganzen Welt heran. Durch ihre rasenden Kriegsvorbereitungen und die Versuche, die faschistische Diktatur in immer neuen Ländern aufzurichten, spitzt die Bourgeoisie die Situation immer mehr zu und beschleunigt das Ausreifen dieser Krise.

Die folgenden Worte Lenins charakterisieren die Lage:

Die Bourgeoisie benimmt sich wie ein frech gewordener Räuber, der den Kopf verloren hat, macht eine Dummheit nach der anderen, verschärft die Lage und beschleunigt den eigenen Untergang [...] Wir müssen jetzt durch die Praxis der revolutionären Parteien "beweisen", daß sie genügend Zielklarheit, Organisation, Verbindung mit den ausgebeuteten Massen, Entschlossenheit und Fähigkeit besitzen, diese Krise für den Erfolg, für den Sieg der Revolution auszunützen.

Keine einzige Gesellschaftsordnung fällt von selbst, mag sie auch noch so verfault sein, sie muß gestürzt werden Keine revolutionäre Krise kann dem Proletariat den Sieg verleihen, wenn das Proletariat es nicht versteht, diesen Sieg zu organisieren und zu erkämpfen.

Unter dem Banner Lenins-Stalins zum Sturm auf den Kapitalismus

Unsere Aufgabe ist es, diese gegen den Kapitalismus sich erhebenden werktätigen Massen zu einer geschlossenen, revolutionären Armee des Proletariats zu organisieren und diese zum Sturm auf den Kapitalismus zu führen.

Unser Weltkongreß muß den Willen aller Proletarier nach Überwindung der Spaltung innerhalb der Arbeiterklasse, nach Herstellung einer breiten Einheitsfront stärken, die imstande ist, die allerbreitesten Volksmassen zum Kampf gegen Kapitalsoffensive, Faschismus und Krieg zu mobilisieren.

Unser Weltkongreß muß dem Proletariat den Weg zu einer einigen revolutionären Partei weisen, die auf dem unerschütterlichen Boden des Marxismus-Leninismus steht.

Wir alle müssen von diesem Kongreß die klare Erkenntnis mitnehmen, daß von uns, von unserer Arbeit die Geschicke des Proletariats und der gesamten Menschheit abhängen.

Wir müssen von diesem Kongreß die klare Erkenntnis mitnehmen, daß nur der Weg des Sturzes der Herrschaft der Ausbeuterklassen, nur die Aufrichtung der Diktatur des Proletariats und der Sowjetmacht die werktätigen Massen aus Elend, Not und Greuel herauszuführen vermag.

Das Proletariat erwies sich in einer ganzen Reihe von Klassenkämpfen noch als zu schwach, weil es gespalten war, weil die kommunistischen Parteien noch schwach waren.

Das Gebot der Stunde ist es, die kommunistischen Parteien als die Führer im Kampf um die Sowjetmacht zu festigen. Die Weltlage ist äußerst gespannt. Jeder Tag kann uns vor große revolutionäre Ereignisse, vor die Notwendigkeit stellen, an die Spitze einer Bewegung von Millionenmassen um ihre Befreiung zu treten. Wir, die Kommunisten, weisen den Massen den einzigen Weg aus der Krise, den Weg der Arbeiter und Bauern der Sowjetunion, den Weg der Sowjetmacht.

Unsere Aufgabe ist es, den Massen nicht nur diesen Weg zu weisen, sondern zusammen mit den Massen, an der Spitze der Massen, diesen Weg zu beschreiten.

Wir ziehen in den Kampf um Freiheit, für den Frieden, um Brot, um die Sowjetmacht, um den Sozialismus.

Unsere Hauptlosung ist der Kampf um die Sowjetmacht.

Unser Banner ist das Banner Marx', Engels', Lenins, Stalins!

Unser Führer ist Stalin!

Unter diesem Banner ‑ tiefer hinein in die Massen, enger das Band mit den Massen, breiter die Einheitsfront des Proletariats!

Kommunisten, schweißt die revolutionäre Klasse zusammen zu einer einzigen organisierten politischen Millionenarmee.


Fussnoten



[1].       In dieser Quelle liegen stenographischen Berichte in verkürzter Fassung vor. Für eine vollständigere Veröffentlichung, siehe: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.), VII. Kongreß der Kommunistischen Internationale - Referate und Resolutionen, Berlin, Dietz, 1975.

Hier folgt die Wiedergabe des Textes der Rundschau als Quelle. Nur einige Ergänzungen werden nach dem vom IML herausgegeben Werk in Fußnoten angegeben.

[2].       [321ignition] Die Fussnoten sind von uns, unter Verwendung von eventuellen in der Quelle enthaltenen Fussnoten, formuliert.

[3].       Am 2. Januar 1930 begann im Ruhrgebiet der Arbeitskampf, der sich gegen die von den Unternehmern angedrohte Kündigung der Belegschaften aller Schachtanlagen zur Durchsetzung einer generellen Lohnkürzung richtete. Am ersten Streiktag nahmen 33 Schachtanlagen mit 45 000 Bergarbeitern den Kampf auf, am nächsten Tag kamen noch 10 Zechen mit 15 000 Mann Belegschaft hinzu. Von 300 000 Bergarbeitern des Ruhrgebiets nahm also nur ein Fünftel am Streik teil. Er wurde von der Revolutionären Gewerkschafts-Organisation (RGO) geführt, während die reformistischen und christlichen Gewerkschaftsführer den Streik ablehnten und sich mit der Lohnkürzung abzufinden bereit waren. Am 9. Januar erließ die Brüning-Regierung eine Notverordnung zur Änderung der Schlichtungsordnung. Zur gleichen Zeit fällte das diktatorisch eingesetzte Schiedsgericht einen Spruch, der den Bergarbeitern des Ruhrgebiets einen Lohnraub von über 6 Prozent brachte. Die zentrale Streikleitung im Ruhrgebiet empfahl daher den Belegschaften, die noch im Streik standen, den Kampf abzubrechen und die Arbeit wieder aufzunehmen unter der Bedingung, daß keine Maßregelung erfolgte.

[4].       Es handelt sich um eine Anspielung auf den englischen Kapitalisten Sir Alfred Mond. Am 12. Januar 1929 waren Verhandlungen in die Wege geleitet worden zwischen dem reformistischen Generalrat der englischen Trade-Unions und einer kleinen Gruppe von Industriellen, die von dem Chemiemagnaten und Freund der italienischen Faschisten Sir Alfred Mond vertreten wurde. Zweck der Konferenzen war die Schaffung einer “Arbeitsgemeinschaft” zwischen Gewerkschaften und Kapitalisten und die Herstellung eines “Industriefriedens”.

[5].       Mitte Januar 1929 fand in Berlin eine Konferenz der RGI statt, an der Delegierte aus den mitteleuropäischen Ländern und Großbritannien teilnahmen. Sie wurde als Straßburger Konferenz bezeichnet.

[6].       Nach IML (Dietz 1975) folgt an dieser Stelle:

"Die große Masse der Arbeiterschaft hat jedoch nicht gleich verstanden, daß der einzige Schuldige an der Spaltung und Schwächung der Arbeiterklasse die Führerschaft der Sozialdemokratie ist, die in allen Ländern die Politik der Klassenzusammenarbeit mit der Bourgeoisie verfolgt und in Deutschland kampflos vor dem Faschismus kapitulierte. Die große Masse der Arbeiterschaft versteht, daß die kommunistische Partei die Partei des revolutionären Kampfes, die Partei des Proletariats ist, daß die Kommunistische Partei der Sowjetunion die Werktätigen eines Sechstels des Erdballs zum Sozialismus geführt hat. Aber sie sahen in den ersten Monaten nach der deutschen Niederlage immer noch den Weg zur Konsolidierung der Kräfte des Proletariats nicht sosehr in einer Änderung der Politik der Sozialdemokratie, als vielmehr in der Beilegung des „Bruderzwistes" in der Arbeiterklasse, sie wollten immer noch nicht mit ihren alten traditionellen Führern und Organisationen brechen. Die Weltlage wurde indessen immer gespannter. Die Sowjetunion begann eine immer größere Rolle in der Weltpolitik zu spielen. Ihre wachsende weltpolitische und weltökonomische Bedeutung übte eine starke Einwirkung auf die Entwicklung des Klassenkampfes in den kapitalistischen Ländern aus. Seit der Aufrichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland hat sich die Kriegsgefahr im Herzen Europas ungeheuer gesteigert. Dank der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Macht der Sowjetunion und ihrer aktiven Friedenspolitik, die alle in den kapitalistischen Ländern für den Frieden eintretenden Kräfte ermutigt und zusammenfaßt und die die Wucht der Antikriegs- bewegung in der ganzen Welt vergrößert, ist es bisher gelungen, einem neuen Blutbade auszuweichen. Mit der Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland schwoll den reaktionären faschistischen Cliquen in allen kapitalistischen Ländern der Kamm. Die Bourgeoisie betrat in immer weiteren Ländern den Weg der Liquidierung der demokratischen Überreste und der Aufrichtung des faschistischen Terrors gegen die Werktätigen, um dadurch ihre Klassenherrschaft zu festigen. Die faschistische Gefahr hat sich in allen kapitalistischen Ländern äußerst verstärkt. Jedoch die Entfaltung der proletarischen Demokratie und der rasch ansteigende Wohlstand der Massen in der Sowjetunion im Gegensatz zu den Greueln des Faschismus in Deutschland beschleunigten die zunehmende Revolutionierung der Massen und das Anwachsen der antifaschistischen Bewegung, wodurch es der Bourgeoisie erschwert wird, zu faschistischen Herrschaftsmethoden überzugehen. Die Krise hat ihren äußersten Tiefstand überwunden und ist in eine Depression besonderer Art übergegangen. Für die werktätigen Massen ist jedoch der Krisenzustand in Kraft geblieben. Die Arbeitslosigkeit ist immer noch zwei- bis dreimal größer als vor der Krise. Die Arbeiterlöhne sind nicht gestiegen, und die Bourgeoisie betreibt eine Offensive mit dem Ziele des weiteren Lohnabbaus. Es wird für die Werktätigen immer klarer, daß sie nicht darauf rechnen können, daß die Kapitalisten ihnen eine Besserung ihrer Lage verschaffen werden. Das ist der Grund, warum in einem bedeutenden Teil der Länder die Streikbewegung erneut und immer höher anschwillt und die Arbeitslosenbewegung sich von neuem verstärkt."

[7].       Nach IML (Dietz 1975) folgt an dieser Stelle:

"Und je schärfer das Kapital die Arbeiterklasse angreift, je mehr die Bourgeoisie zu den Methoden des faschistischen Terrors und der Kriegsrüstungen greift, desto rascher wird nicht nur der Wille der werktätigen Massen wachsen, sich gegen die Angriffe der Bourgeoisie und des Faschismus sowie gegen den Krieg zur Wehr zu setzen, sondern desto rascher wird auch der Gedanke des Sturmes auf den Kapitalismus, der Gedanke des Sturzes des verhaßten Jochs der imperialistischen Bourgeoisie in den Köpfen der Massen ausreifen. Der wuchtige Aufschwung der internationalen Arbeiterbewegung der letzten Jahre, die Siege der Roten Armee in China, der bewaffnete Kampf in Österreich und Spanien, der Generalstreik in Frankreich, der mächtige Schwung der Streikbewegung in den Vereinigten Staaten von Amerika, die Einreihung der Völker jener Länder, die früher als die im Sinne der Arbeiterbewegung rückständigsten Länder galten, in den Klassenkampf, die große historisch bedeutsame Wendung der Massen zur Sowjetunion und die überwältigende Bewegung für die Kampfeinheitsfront in allen kapitalistischen Ländern - das ist das Wichtigste und es stellt das, was sich seit der Zeit des ersten Turnus von Revolutionen und Kriegen in der Arbeiterbewegung der kapitalistischen Länder zugetragen hat, weit in den Schatten."

[8].       Andere Umschriften: Tsou-tsu-bo, Tsiou Tsiou-Bo, Tsiui Tsube, Qu Qiubai.

[9].       Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) wurde am 10. Mai 1933 gegründet. Sie sollte als neue einheitliche Organisation "durch Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft, die dem Klassenkampfgedanken abgeschworen hat" die Interessen "aller schaffenden Deutschen" wahrnehmen. Die Vertreter der Großindustrie setzten sich gegen die Perspektive ein, daß die DAF sich zu einer Institution der Vertretung der Arbeiterinteressen entwickle. Das am 19. Mai 1933 angenommene Gesetz über Treuhänder der Arbeit schuf dann zur Regelung der Arbeitsverträge und zur "Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens" öffentliche Verwalter, was dem Wunsch der Unternehmer entgegenkam. Letzten Endes wurde der DAF ein Tätigkeitsbereich zugewiesen, der die Betriebe ausschloß. Die DAF zählte zwar 1942 25 Millionen Mitgliedern, aber mit 44 000 hauptamtlichen und 1,3 Millionen ehrenamtlichen Mitarbeitern war sie zu einer rein bürokratisch-zentralisierten Organisation geworden.